Hallo!
Der Sohn meiner Freundin (2 Monate) ist sehr trinkfaul. Er schläft ziemlich schnell dabei ein. Dementsprechend ist er zierlicher. Sie ist in einer Stillgruppe, aber ich bin etwas skeptisch über die Ratschläge, die ihr diese Stillberaterin gegeben hat und möchte gerne nochmal bei anderen Experten nachfragen, weil meine Freundin nun schon darüber nachdenkt ganz abzustillen:
Als das Baby 3 Wochen alt war, hat ihr die Stillberaterin geraten, den Stillabstand zu vergrößern, nämlich auf mindestens 3 h, damit das Baby mehr Hunger hat und dann besser saugt. Ich dachte immer, dass man diesen Stillproblemen nur mit häufigem Anlegen entgegenwirkt.
Vorige Woche hatte das Baby Bronchitis und war 2 Tage im Krankenhaus, weil es nicht mehr von der Brust getrunken hat. Meine Freundin hat dort abgepumpt und mit der Flasche gefüttert. Jetzt zuhause war sie wieder beim Stilltreff und die Beraterin hat ihr geraten, dass wenn sie zufüttert, sie 1 Messlöffel weniger ins Fläschchen gibt, damit die Milch da nicht zu süß ist und der Kleine dann lieber wieder an die Brust will. Außerdem sagte die Beraterin, dass der Kleine eine "Gedeihstörung" hat. Ich muss ehrlich sagen, ich war etwas entsetzt, dass man zuerst eine Gedeihstörung diagnostiziert und im gleichen Atemzug meint, dass man dem Kind ein gewässertes Fläschchen gibt. Braucht das Kind nicht die ganze Energie um zu wachsen und genug Kraft zu haben um richtig zu saugen? Oder bin ich hier völlig auf dem falschen Dampfer?
Ich muss dazu sagen, dass ich leider bei beiden Kindern frühzeitig abgestillt habe. Beim 1. wurde ich auch falsch beraten (von Freundinnen) und hatte da dann mit der Psyche sehr zu kämpfen. Ich mach mir Sorgen, dass das meiner Freundin dann auch so passiert. Sie sagt selber, dass sie ja stillen will, aber sie hat das Gefühl dass es nicht so wirklich passt und sie überlegt ganz abzustillen, eben weil ihr Kind so schlecht trinkt.
Was meinen Sie dazu?
von
Lisi85
am 11.03.2015, 08:00
Antwort auf:
Muss die Milch zum Zufüttern gewässert sein?
Liebe Lisi85,
au weia, auch bei schrillen alle Alarmglocken!
Wenn ein Kind schon schlecht zunimmt, dann braucht es MEHR und nicht weniger Nahrung.
Ich wende mich direkt an deine Freundin, vielleicht kannst Du ihr das ausdrucken:
In Absprache mit dem Kinderarzt und in Zusammenarbeit mit einer Stillberaterin vor Ort, wäre es der erste Schritt, festzustellen, wodurch die geringe Gewichtszunahme verursacht wurde und ob es notwendig ist sofort zusätzliche Nahrung zu geben und dabei gleichzeitig daran zu arbeiten die Milchmenge der Mutter zu erhöhen oder ob zunächst noch abgewartet werden kann mit der zusätzlichen Nahrung und die Mutter mit geeigneten Maßnahmen ihre Milchproduktion ankurbeln kann.
Aus der Distanz kann ich dir jetzt keines Falls sagen, was in deinem Fall erfolgen sollte. Am besten setzt Du dich mit einer KOMPETENTEN Stillberaterin in deiner Nähe in Verbindung und sprichst nochmals mit dem Kinderarzt (oder holst die Meinung eines zweiten Kinderarztes ein), ob es möglich ist, zunächst zu versuchen, das Kind durch ausschließliches Stillen weiter zu ernähren oder ob sofort Handlungsbedarf also die zusätzliche Gabe von künstlicher Säuglingsnahrung besteht.
Ist es notwendig zusätzliche Säuglingsnahrung zu geben, dann sollte diese Nahrung möglichst nicht mit der Flasche, sondern mit einer alternativen Fütterungsmethode nach dem Anlegen gegeben werden (z.B. Becher). Gleichzeitig sollte durch die im folgenden beschriebenen Maßnahmen versucht werden, die Milchmenge der Mutter zu erhöhen und das Kind zu häufigerem Trinken an der Brust anzuregen.
Die Maßnahmen zur Steigerung der Milchmenge gelten auch dann, wenn keine Zusatznahrung erforderlich ist.
Oberste Regel: Häufiges Anlegen und ein gut saugendes Kind stimulieren die Brust zu mehr Milchbildung. Deshalb solltest Du dein Baby in den nächsten Tagen oft anlegen.
Um das Interesse deines Babys an der Brust wach zu halten, kannst Du es mit Wechselstillen versuchen. Dabei legst Du dein Baby an und stillst es, solange es wirkungsvoll saugt, d.h. es schluckt nach jeder oder jeder zweiten Saugbewegung. Sobald es seltener schluckt, nimmst Du es sanft von der Brust (vergiss nicht den Saugschluss zu lösen) und lässt es aufstoßen, streichelst seine Fußsohlen oder massierst es sanft entlang der Wirbelsäule, um seine Aufmerksamkeit zu wecken. Dann wird es an der anderen Brust angelegt und wieder gestillt, so lange es wirkungsvoll saugt. Schluckt es wieder seltener, wird es zurück an die erste Brust gelegt, nachdem Du es wieder etwas ermuntert hast. Dieses „Wecken und Wechseln“ wird zwanzig bis dreißig Minuten lang ausgeführt, wie bereits erwähnt tagsüber alle zwei Stunden und nachts mindestens alle vier Stunden
Eventuell ist es tatsächlich sinnvoll zusätzlich zu pumpen, vielleicht kannst Du dir für das ältere Kind Unterstützung holen. Wenn gepumpt wird, dann sollte eine möglichst effektive Pumpe verwendet werden, am besten eine vollautomatische, elektrische Kolbenpumpe mit Doppelpumpset. Zu wenig Milch ist eine medizinische Indikation für die Verordnung der Pumpe durch den Arzt (auf der Verordnung muss „mit Zubehör“ stehen, sonst musst Du das Zubehör selbst zahlen).
Richte dich mit deiner Flüssigkeitszufuhr nach deinem Durstgefühl. Eine zu hohe Flüssigkeitsaufnahme führt nicht zu mehr, sondern zu weniger Milch, da sie dazu führt dazu, dass das antidiuretische Hormon (ADH) zurückgeht, die Frau erfährt dann eine vermehrte Wasserausscheidung („schwemmt aus“) und die Milchbildung verringert sich. Zwei bis drei Liter Flüssigkeit (davon höchstens zwei bis Tassen Milchbildungstee) sind im Allgemeinen ausreichend. Wenn der Urin dunkelgelb wird und die Menge gering ist, trinkst Du zu wenig. Schwarzer Tee, Matetee und Kaffee sollten nur mäßig genossen werden. Auf Limonaden oder Colagetränke sowie künstlich gesüßte Getränke sollte möglichst verzichtet werden. Auf die (angebliche) milchflussfördernde Wirkung von Bier oder Sekt sollte verzichtet werden. Alkohol geht bereits in kleinen Mengen in die Milch über und belastet den Stoffwechsel des Babys.
Achte darauf, dass DU ausreichend und möglichst ausgewogen isst. Kohlenhydratreiche Nahrung hat einen positiven Einfluss auf die Milchbildung.
Ruhe dich oft aus und entspanne dich. Arbeite für eine Weile so wenig wie möglich. Die Hausarbeit läuft dir nicht davon! Stress wirkt sich ungünstig auf den Milchspendereflex und auf die Milchbildung aus. Vielleicht kannst Du ja ein paar „Stilltage“ einlegen, das heißt Du legst dich mit deinem Baby ins Bett und kümmerst dich ausschließlich um dein Baby und das Stillen.
Wenn möglich, sollte dein Kind keinen Schnuller und auch keine Flaschensauger bekommen, denn diese können dazu führen (bzw. schon dazu geführt haben), dass dein Baby nicht mehr weiß, wie es richtig an der Brust trinken soll. Die eventuell notwendige Zusatznahrung sollte mit einer alternativen Fütterungsmethode gegeben werden.
Außerdem solltest Du Kontakt zu einer Stillberaterin vor Ort aufnehmen, die dich und dein Kind beim Stillen beobachten kann. Es ist wichtig, dass Du korrekt anlegst und dass dein Kind korrekt saugt. Es kann auch sein, dass dein Baby nicht richtig saugt oder eine Saugschwäche hat, was korrigiert werden müsste. Das kann ich nicht beurteilen, denn ich kann dich nicht sehen.
Adressen von Stillberaterinnen findest Du im Internet unter:
http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC).
Ich würde dir zusätzlich noch empfehlen, ihm eine Kalorienbombe aus Muttermilchsahne zu geben, das gibt den Kleinen meist einen wirklich guten Zunahme- und Entwicklungskick. Schau, dass du Milch ausstreichst oder abpumpst, die du in 10 ml Spritzen aufziehst und dann kopfüber in ein Glas stellst (also mit der Spitze nach unten). Lass aber ein bisschen Luft, denn die Schwerkraft wird den Kolben vielleicht etwas weiter in die Spritze drücken... Oben auf der Milch wird sich eine Fettschicht absetzen, der Muttermilchrahm. Nach ca. 2 Stunden kannst du den wässrigen unteren Teil der Milch ausdrücken und deinem Kind die verbleibende Sahne in den Mund träufeln.
Statt mit leeren Spritzen kannst du natürlich auch mit einer Tasse arbeiten, in die du die gewonnene Muttermilch gibst. Oben wird sich der fetthaltige Rahm absetzen, du kannst ihn mit einem Löffel abschöpfen und deinem Baby geben.
Wenn du das 3-4 Tage lang machst (je mehr, desto besser), wird er ganz sicher einen Schub machen!
Probier es mal aus!
LLLiebe Grüße,
Biggi
von
Biggi Welter
am 11.03.2015
Antwort auf:
Muss die Milch zum Zufüttern gewässert sein?
Vielen Dank für Ihre Einschätzung!
Genau das habe ich mir nämlich auch gedacht. Diese "Stillberaterin" wird von meinen Bekannten über den grünen Klee gelobt. Ich denke meine Freundin weiß, dass das nicht richtig sein kann was ihr diese Frau sagt, aber sie ist sich einfach zu unsicher.
Da ich selber nicht (lange) gestillt habe, ist es halt schwer sich in etwas "einzumischen", wovon man ja eigentlich keine Ahnung hat. Da werde ich mein ganzes diplomatisches Können aufwarten müssen. Mit Ihrer Antwort habe ich aber sicher gute Karten. Vielen Dank!
von
Lisi85
am 11.03.2015, 16:23