Liebes Stillteam,
meine Tochter ist 5 1/2 Monate alt und bekommt seit 2 Wochen mittags etwas Gemüse-Kartoffel-Brei. Dazu stille ich sie nach Bedarf noch sehr oft. Tags wie Nachts etwa alle 1-2 Stunden. Meine Hebamme meint, dass sie dadurch kein normales Essverhalten lernen würde und in der Tat weiß ich nie wann ich ihr den Brei geben soll, so dass sie einigermaßen hungrig ist (und auch nicht zu müde). Bekommt sie wirklich mit dem Essverhalten Probleme, wenn sie andauernd so Mini-Portionen isst?
Ich stille sie auch so oft, da ich sie zum Einschlafen (Tagschläfe meist 3-4 mal für gut 30 min --kann man das ändern?) stillen muss und sie auch anlege, wenn sie sehr nörgelig ist. Nun habe ich Angst, dass sie dadurch lernt, dass egal was sie hat (Müdigkeit, Unruhe evtl. auch Langeweile) man sich durch Essen beruhigen kann und sie dann im späteren Leben Probleme mit ihrem Essverhalten und Übergewicht bekommt, Wie weit geht Stillen nach Bedarf?
Natürlich versuche ich sie zuerst anders zu beruhigen, aber allzu langes Tragen geht aufgrund meines Rückenleidens nicht.
Noch eine Frage zum Abend-Brei: Ich überlege den Brei mit Pre-Milch anzurühren. Diese haben wir in den ersten drei Monaten zum Zufüttern bereits geben müssen. Ich denke aber nicht, dass sie dann, insbesondere nachts, weniger stillen würde. Bekommt sie dann nicht zu viel Milch und Kalorien? Da sie ja dann meist nicht aus Hunger trinkt. Oder reguliert sich dass von alleine. Sie hat jetzt bereits ganz ordentliche Speckröllchen und wiegt 7700g (Geburtsgewicht 3700g).
Falls ich einen reinen Getreide Brei geben werden, muss ich dann direkt im Anschluss stillen oder reicht eine Stunde später beim einschlafen? Meine Hebamme sagt, dass in diesen reinen Getreide Brei dann 1TL Öl müsste. Ist dies korrekt?
Sorry, dass es so lang geworden ist.
Vielen Dank im voraus im Speziellen für die Beantwortung dieser Frage und im Allgemeinen für die Arbeit in diesem Forum.
surikate
von
surikate
am 22.07.2014, 17:00
Antwort auf:
Einschlafstillen/Beruhigungsstillen Übergewicht und Beikost
Liebe surikate,
keine Bange, Du machst alles richtig :-).
Sicher ist es richtig und gut, einem etwa sechs Monate alten Baby, das Interesse an fester Nahrung zeigt, diese dann auch anzubieten. Doch diese Einführung der Beikost sollte langsam erfolgen und keinesfalls kann die feste Kost die Muttermilch jetzt bereits in größerem Maße ersetzen.
Ich weiß, dass fast überall steht: „zunächst wird die Mittagsmahlzeit ersetzt und im Abstand von etwa vier Wochen ersetzen Sie die nächste Mahlzeit usw". Gleichzeitig wird „eine Mahlzeit" als die Menge definiert, die in ein Gläschen passt und zwar für alle Kinder gleich. Doch dieses Schema, das leider immer noch oftmals propagiert wird verursacht in vielen Fällen nichts weiter als Stress und Tränen. Es ist einfach zu sehr in den Köpfen vieler Menschen verwurzelt, dass eine Stillmahlzeit „ersetzt" werden müsse, dabei stimmt das gar nicht. Schon der Begriff BEI Kost drückt doch aus, dass es sich bei dieser Nahrung um eine ergänzende Nahrung und nicht um einen Ersatz für die Muttermilch handelt. Wäre es ein Ersatz, dass würde es ANSTATT Kost heißen.
Die Empfehlung lautet also nicht strikt erst eine komplette Mahlzeit vollständig zu ersetzen, ehe die nächste Mahlzeit ersetzt wird, sondern erst etwa eine Woche abwarten, ehe ein neues Nahrungsmittel eingeführt wird und die Beikost als Ergänzung und nicht als Ersatz für die Muttermilch betrachten. Daher gibt es auch keine festgelegte Zahl für die Stillmahlzeiten, sondern das Kind kann weiterhin nach Bedarf gestillt werden. Im gesamten ersten Lebensjahr sollte Muttermilch das Hauptnahrungsmittel des Kindes sein.
Man kann eine Faustregel aufstellen, dass ein Baby mit sieben Monaten eine bis zwei zusätzliche Beikostmahlzeiten ergänzend zur Muttermilch bekommt, mit acht Monaten zwei bis drei, mit neun Monaten zwei bis vier, mit zehn Monaten vier und mit zehn bis zwölf Monaten drei bis fünf. Daneben kann und darf es so oft gestillt werden, wie es möchte.
Mit sieben bis neun Monaten braucht das Kind noch mindestens drei Milchmahlzeiten, mit zehn bis zwölf Monaten noch mindestens zwei. Wird das Kind ausreichen häufig gestillt, braucht es keine andere Milchnahrung und auch keinen Milchbrei oder Flaschennahrung.
Du kannst dann direkt nach dem Brei stillen oder aber später.
Das Fett ist erforderlich um dem Kind einerseits genügend Energie zuzuführen und andererseits wegen der fettlöslichen Vitamine. Auf 200 g Gemüse Kartoffelbrei werden 10 g Fett empfohlen. Das wertvollste Fett ist kaltgepresstes Pflanzenöl. Trotzdem sollte bis zum Ende des achten Monats nicht kaltgepresstes Öl verwendet werden, da empfindliche Babys auf die (ansonsten wünschenswerte) Reste der Ölsaat reagieren können. Deshalb sollte anfangs Soja , Raps oder Maiskeimöl, später dann auch kaltgepresstes Sonnenblumenöl verwendet werden.
Solange das Kind nur ein paar wenige Löffel Karotten (oder anderes Gemüse) isst und in Zusammenhang mit dem Karottenbrei gestillt wird, ist die Fettzugabe noch nicht ganz so dringend erforderlich, sobald die Menge aber gesteigert wird, sollte das Fett auf jeden Fall zugegeben werden.
Allmählich wird sich die Menge der Beikost von selbst steigern und etwa ab den ersten Geburtstag werden sich das Verhältnis Beikost zu Muttermilch langsam umkehren, bis sich das Kind (wenn es dazu die Gelegenheit erhält, die Entscheidung selbst zu treffen) schließlich irgendwann ganz abstillen wird.
Lass dich bitte auch nicht verunsichern, dass dein Kind sich ein falsches Essverhalten angewöhnt.
Mit der Brust kannst Du dein Kind nicht zustöpseln. Kein Kind lässt sich an die Brust zwingen und wenn dein Kind nicht gestillt werden will, sondern ein anderes Bedürfnis hat, dann wird es dies unmissverständlich kund tun. Stillen ist eine aktive Sache von beiden Partnern und ohne dass das Kind mitmacht, geht es nicht.
Ich bin sicher, dass manche Mutter gelegentlich versucht, das Kind mit der Brust zu beruhigen, einfach, weil es jetzt gerade praktisch und bequem wäre, aber das funktioniert in den allermeisten Fällen nicht solange das Kind nicht will, weil das Kind nicht gegen seinen Willen an die Brust gebracht werden kann. Die (weiche) Brust, kann nicht einfach in den Mund gesteckt werden wie zum Beispiel eine Flasche oder ein Schnuller (der ja sogar im Mund festgehalten werden kann).
Stillen ist viel mehr als nur eine Form der Ernährung: es ist Trost, gibt Nähe, Geborgenheit und Zuwendung. Deshalb ist das Stillen in keiner Hinsicht mit dem Flaschegeben zu vergleichen. Dennoch bedeutet es keineswegs, dass eine stillende Frau nur mit der Brust Zuwendung gibt.
Seit Anbeginn der Menschheit werden Kinder an der Brust der Mutter getröstet und Essstörungen sowie die ganzen (angeblichen) Schlafstörungen bei Kindern sind ein recht neue Erscheinung, die es in unserer modernen Welt gibt, in der die überwiegende Mehrheit der Menschen nicht oder nur kurz gestillt wurden.
LLLiebe Grüße,
Biggi
von
Biggi Welter
am 22.07.2014