SBrock
Liebe Frau Welter! Schon wieder eine Frage von mir...Ich hatte Ihnen schonmal geschrieben, dass ich meinem 11 Monate alten Sohn den Zeitpunkt des Abstillens selbst überlassen möchte - hierzu nun eine Frage: Es haben mir zwei Personen unabhängig voneinander gesagt, dass das "Stillen nach Bedarf" vor allem nachts nur in den ersten sechs Monaten praktiziert werden sollte, danach müssten die Kinder, die ja nun physiologischerseits ohne Mahlzeit über die Nacht kommen könnten, lernen zu akzeptieren, dass es bei einem eingehaltenen Tag-Nacht-Rhythmus (und dem generellen Einhalten und Annehmen von Regeln und Grenzen...) nachts keine Stillmahlzeit mehr gäbe. Ich selbst kann mir nun absolut nicht vorstellen, das so zu praktizieren, möchte aber Ihre Meinung dazu wissen. Mein Sohn meldet sich nachts zum Stillen in der Regel noch ein bis zwei Mal und kann in der Tat auch häufig nur an der Brust einschlafen, was sicher irgendwann auch von mir als problematisch empfunden werden könnte - jetzt aber eben noch nicht. Meine Hebamme hatte ich dazu befragt, aber lediglich die für mich inakzeptable Antwort bekommen, dass alle Mütter, die über den sechsten Monat hinaus stillen, ein eigenes Problem hätten, das die Kinder ausbaden müssten. Danke für Ihre Meinung! Silke
Liebe Silke, es ist nun einmal eine Sache der Einstellung, ob ich mein Kind als „Feind", der mich „drangsalieren" will ansehe und so schnell wie möglich diesem Kind klar machen will, dass ich am längeren Hebel sitze und in der Lage bin, es zu etwas zu zwingen, was dann für mich vielleicht von Vorteil ist, aber die Bedürfnisse und Persönlichkeit des Kindes in keinster Weise berücksichtigt oder ob ich das Kind und mich, ja die ganze Familie, als gleichberechtigtes „Team" sehe, in dem auf das schwächste Glied Rücksicht genommen wird und dem Kind und seinen Bedürfnissen Achtung entgegengebracht wird. Die meisten Mütter haben durchaus noch ein Gefühl dafür, was ihre Kinder brauchen und schaffen es, trotz aller Ratschläge von außen, doch ihrem Gefühl zu folgen. Einige Frauen haben zwar noch das Gefühl, dass ihr Kind Bedürfnisse hat, die gestillt (ist es nicht interessant, dass hier von „stillen" gesprochen wird) werden müssen, sind aber so verunsichert, dass sie gegen ihre innere Stimme handeln. Hast du gewusst dass ein junger Elefant eingeht, wenn er in den ersten 2 Lebensjahren nicht die PERMANENTE Anwesenheit seines Hauptbezugs"tieres" hat (kann auch ein Mensch sein...). Wenn ein Elefantenbaby zum Waisenkind wird bekommt es im Zoo selbstverständlich einen Pfleger zur Seite gestellt, der Tag und Nacht Hautkontakt bietet. Kein Mensch würde die Notwendigkeit dafür in Frage stellen. Und viele Erwachsene sind ihren Haustieren gegenüber toleranter als den Bedürfnissen unserer Babys. Wieso eigentlich? Von unseren eigenen Babys, die total unreif geboren werden, erwarten wir so viel mehr. Das ist ein Punkt, der viele Diskussionen auslöst und bei Mutter und Kind zu vielen Tränen führen kann: Das Kind soll "wach" ins Bett gelegt werden und alleine einschlafen können (was eine enorme neurologische Leistung darstellt). Wenn es aber nur an der Brust oder im Körperkontakt mit der Mutter einschlafen kann, dann verurteilen wir dies als schlechte oder gar schädliche Angewohnheit... Aber das ist es gar nicht! Es hat seinen Grund, warum stillende Mütter die besten Einschlafhilfen SIND. Beim Saugen an der Brust findet ein Baby das, was es braucht: Trost, Nahrung, Sicherheit. Es liegt vermutlich an einer gewissen neurologischen Unreife, wenn einige Babys das mehr brauchen als andere, und es "verwächst" sich wirklich von alleine!! Ich kann dir dazu ein ganz interessantes Buch empfehlen, dass leider den gruseligen Titel "die neue Elternschule" trägt, von Margot Sunderland. Im Buch wird der Aufbau und die Entwicklung des menschlichen Gehirns vorgestellt und der Einfluss der Erziehung bzw. des Umgangs der Eltern mit dem Kind auf das kindliche Gehirn erklärt. Besonders schön sind die ersten Kapitel über Nähe. Dieses Buch hilft sogar bei genervten Phasen, weil es einem bewußt macht, wie sehr das Kind noch unfähig ist, seine Gefühle zu kontrollieren (geschweige denn seine Eltern zu manipulieren, wie man so oft hört!) und man kann sich dem Kind wieder besser zuwenden, ohne Angst, es zu "verwöhnen" oder andere katastrophale Fehler zu machen! Dann habe ich kürzlich noch ein neues Buch gelesen, welches mich sehr beeindruckt hat, vielleicht wäre das auch was für dich? "Besucherritze - Ein ungewöhnliches Schlaf- Lern- Buch" setzt sich mit dem Kinderschlaf auseinander und eröffnet dem Leser einen neuen Blickwinkel auf dieses Thema. Das Buch befasst sich mit entwicklungspsychologischen Erkenntnissen zum Bindungsverhalten von Kindern, mit gesellschaftlichen und kulturellen Einflüssen, die das Schlafverhalten und die Einstellung der Eltern beeinflussen und wirft einen kritischen Blick auf die Ratschläge in den gängigen Schlaflernbüchern. Der gesamte Themenkomplex wurde mit einem humorvollen Unterton aufgearbeitet und wird dem Leser in leicht zu lesender und unterhaltsamer Form präsentiert. Ein kurzer Theorieteil befasst sich mit den Erkenntnissen der Bindungstheorie. Das Buch bietet keine rezeptartigen Ratschläge, wie andere Elternratgeber es tun, sondern plädiert für einen entspannten Umgang und eine neue Sichtweise auf das als problematisch empfundene Schlafverhalten von Kindern. Das Lesen soll aber in erster Linie Spaß machen und die Eltern in ihrem intuitiven, an den kindlichen Bedürfnissen orientierten Erziehungsverhalten bestärken. Dein Kind verhält sich absolut normal, und wirklich, das Beste was du machen kannst (langfristig ist das für JEDEN von euch tatsächlich das Beste) ist, auf seine Bedürfnisse einzugehen!! Lass dich nicht verunsichern, in deinem Innern weißt Du, dass dein Kind nicht dein Feind ist, der bekämpft werden muss. LLLiebe Grüße, Biggi
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