Frage:
Stillen nach Plan oder nach Bedarf
Guten Tag,
ich bin momentan bisschen verzweifelt und wende mich an Sie, weil ich gerne Ihre Meinung zum Thema Stillen hätte.
Meine kleine Paulina ist nun 3 1/2 Wochen alt.
Meine Hebamme hat mir einen
„Plan“ an die Hand gegeben, wie ich am besten stillen soll.
20 Minuten eine Seite, abdocken, wickeln gehen, 20 Minuten die andere Seite. Und das frühestens alle 2 Stunden von Beginn der letzten Stillmahlzeit.
Nun schläft die Kleine beim Stillen immer wieder ein und ich wecke sie, damit sie weiter trinkt.
Wenn ich sie nach 20 Minuten abdocke, wird sie richtig quengelig und weint und lässt sich nur wieder mit der Brust beruhigen. Dann trinkt sie wieder bisschen, dockt dann entweder von selbst ab oder nuckelt noch etwas, und ich nehme die Brustwarze dann vorsichtig aus ihrem Mund.
Grundsätzlich beruhigt sie auch nur die Brust. Schnuller mag sie nicht. Häufig weint sie so doll und nichts hilft, außer bisschen trinken oder auch einfach nur bisschen nuckeln an der Brust.
Sie nimmt gut zu und ich lass sie immer an die Brust, entgegen der Empfehlung meiner Hebamme. „Sie wird sich so überfressen und dann kriegt sie Bauchschmerzen.“
Seit Geburt an lass ich sie immer nach Bedarf an die Brust und bisher hatte sie dadurch keine Bauchschmerzen.
In den letzten Tagen, wenn sie nach dem Stillen auf der Brust einschläft, lässt sie sich nicht ablegen. Sie wacht sofort auf und wird unruhig und dann hilft es nur, wenn ich sie auf den Armen in den Schlaf schauckel.
Meine Hebamme sagt, dass die Kleine mich schon gut im Griff hat und ich ihr das Nuckeln und das Schauckeln zum Einschlafen bloß nicht angewöhnen soll.
Ich soll sie lieber nach dem Stillen ablegen, auch wenn sie weint, dann soll ich einfach leicht auf ihren Rücken klopfen, sagen dass ich da bin und warten bis sie sich beruhigt.
Aber sie weint dann so doll, dass nur die Brust sie wieder beruhigt. Ich mein, so lautes Schreien über 10 Minuten oder mehr verbraucht ja auch enorm Energie.
Heute Nacht ist sie alle halbe Stunde nach dem Stillen wieder wach geworden und hat bitterlich geweint und hatte wieder hunger. Kann das mit dem bevorstehenden Entwicklungsschub zusammenhängen?
Soll ich sie dann einfach auf meiner Brust schlafen lassen?
Wie stehen Sie zu dem Thema? Soll ich sie trotzdem immer an die Brust lassen, wenn ich denke sie hat hunger, oder besteht wirklich die Gefahr, dass sie sich „überfrisst“?
Vielen Dank im Voraus.
LG Katharina
Mitglied inaktiv - 15.11.2021, 17:41
Antwort auf:
Stillen nach Plan oder nach Bedarf
Liebe Katharina,
das hört sich nach dem ganz normalen Trinkverhalten eines verhältnismäßig jungen Menschenkindes an.
Das„Marathonstillen“ ist in diesem Alter so weit verbreitet, dass es als „normal“ angesehen werden sollte. Der Fachausdruck dafür lautet „Cluster Feeding“. So kleine Babys wollen häufig, aber vor allem in unregelmäßigen Abständen gestillt werden und fast alle Babys haben eine Tageszeit, zu der sie fast ununterbrochen an der Brust trinken (oder auch nur nuckeln) wollen.
Das Marathonstillen kann für Dich sehr anstrengend und auch nervend sein, aber es hat seinen Sinn. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass das Baby durch den Stillmarathon die Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, dass die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht.
Ein Baby sollte nach Bedarf gestillt werden. Alle Stillexperten sind sich einig, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Während eines Wachstumsschubs kann es durchaus sein, dass ein Baby alle Stunde an die Brust möchte.
Es gibt keinen Grund einen Mindestabstand zwischen zwei Stillmahlzeiteneinzuhalten. Im Extremfall kann das „Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. All die Erzählungen von einem bestimmten Rhythmus eines Babys sind schlicht und ergreifend falsch.
Muttermilch ist innerhalb von 60 bis 90 Minuten verdaut und der Organismus eines Babys ist auf häufige Mahlzeiten eingestellt.
So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys. Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Altersstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Babys manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen.
Ich weiß, wie sehr man sich verunsichern lässt und mir hilft es immer, wenn ich mir aus mehreren Meinungen meine eigene bilde.
Ich hoffe, ich konnte Dich ein wenig beruhigen?
Liebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 15.11.2021
Antwort auf:
Stillen nach Plan oder nach Bedarf
Liebe Biggi,
vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Das beruhigt mich aufjedenfall.
Du hast recht, man lässt sich von den vielen Meinungen so sehr verunsichern. Gerade wenn man dann gesagt bekommt „Oh die Kleine hat dich ja echt schon gut im Griff. Bekommt direkt alles was sie will.“
Also lese ich das richtig raus, dass ein Baby sich garnicht „überfüttern“ kann und Bauchweh bekommt? Das ist nämlich der Grund, wieso meine Hebamme mir so sehr vom Cluster feeding abrät. „Ihr kommt in ein Teufelskreis. Du lässt sie zu viel an die Brust, sie überfüttert sich und kriegt Bauchweh.“
Danke dir im Voraus.
Viele liebe Grüße,
Katharina
Mitglied inaktiv - 15.11.2021, 21:40
Antwort auf:
Stillen nach Plan oder nach Bedarf
Liebe Katharina,
nicht der Abstand macht die Blähungen, sondern eher eine falsche Anlegetechnik!
Mit Muttermilch kann ein Baby nicht überfüttert werden!
Blähungen sind bei Babys relativ häufig. Für eine Stillberaterin besteht der erste Schritt bei einem Kind mit Bauchproblemen darin, die Stillposition, Anlegetechnik und das Saugverhalten des Kindes zu überprüfen. Ein nicht korrekt angelegtes Kind und/oder ein Kind, das nicht richtig saugt, schluckt an der Brust meist sehr viel Luft und darin kann schon die Ursache für Blähungen begründet sein. Solange diese Ursache nicht beseitigt wird, können alle anderen Maßnahmen allenfalls "Kosmetik" betreiben, aber nicht wirklich helfen.
Lieben Gruß
Biggi
von
Biggi Welter
am 15.11.2021
Antwort auf:
Stillen nach Plan oder nach Bedarf
Mensch, wie schade, dass eine so schöne Sache wie das Stillen von deiner Hebamme so verkopft wird...Ich stille derzeit unser zweites Kind und ich könnte selbst unter Zwang nicht sagen, wie lange und wie häufig die Stillmahlzeiten jeweils dauern. Wenn er trinkt, trinkt er, so lange wie er mag. Wenn nicht, nicht (gute Gewichtsentwicklung vorausgesetzt!). Er lässt sich übrigens am Tage auch nicht ablegen, genauso wenig wie seine Schwester damals und die schläft mit ihren 3 Jahren inzwischen nicht mehr auf meinem Arm und in ihrem eigenen Zimmer ;-) Es kommt alles mit der Zeit! Vertrau auf dein Bauchgefühl. Und besorg dir eine gute Trage. Hilft bei uns ungemein.
von
Frau_H.
am 16.11.2021, 00:13
Antwort auf:
Stillen nach Plan oder nach Bedarf
@ Biggi:
Vielen, vielen Dank. Das hilft mir alles so sehr weiter und nimmt mir wirklich meine Verunsicherung.
Dadurch, dass Sie aktuell so unregelmäßig kommt, ist es für mich sehr schwierig meinen Tagesablauf zu planen. Selbst so kleine Sachen wie Spazierengehen. Habe teilweise die Sorge, lauf ich los zum spazieren und aufeinmal kommt sie und weint sehr doll und draußen kann ich sie schlecht stillen.
Wird da irgendwann bei ihr ein Rhythmus reinkommen bzw. werden die Hunger-Abstände irgendwann automatisch länger?
@Frau H.: Ich führe tatsächlich ganz penibel ein Still-Tagebuch. ich hoffe, dass ich was das angeht bald auch einfach gelassener werde.
Mitglied inaktiv - 16.11.2021, 06:46
Antwort auf:
Stillen nach Plan oder nach Bedarf
Warum kannst du unterwegs nicht stillen?
Ich habe schon im Stehen inmitten eines Regengusses gestillt.
Ansonsten...belese dich doch Mal zur bedürfnisorientierten Erziehung. Damit du solche Aussagen"das Kind hat dich im Griff" besser einordnen und von dir abprallen lassen kannst.
von
misssilence
am 16.11.2021, 13:20
Antwort auf:
Stillen nach Plan oder nach Bedarf
Aber was erhoffst du dir von dem Stilltagebuch? Hat sie regelmäßig nasse Windeln? Gibt und gab es positive Rückmeldung bei den Vorsorgeuntersuchungen/von der Hebamme bzgl Gewicht? Dann ist doch alles im Lot. :-) Und du wirst hier wieder engmaschig Rückmeldung bekommen, da ja nun noch diverse Vorsorgeuntersuchungen anstehen.
Ich kann mich der Vorrednerin nur anschließen. Da keines meiner Kinder einen Schnuller nahm und nimmt, bin ich auch gezwungen auf der Parkbank, Spielplätzen, Auto usw. zu stillen oder im Schweinsgalopp nach Hause zu laufen, wenn der große Hunger kommt. Das wird besser mit der Zeit. 3,5 Wochen ist ja wirklich auch noch arg klein. Mit der Zeit stellt sich ein gewisser Rhythmus ein. Bis dahin ist die Tagesgestaltung natürlich ein wenig fremdbestimmt. Ansonsten: immer stillen, bevor es losgeht. Und lass dich von deiner Hebamme nicht verunsichern. Babys sind da eigentlich sehr einfach gestrickt: Haben sie Hunger, melden sie sich, wollen sie Nähe, melden sie sich, ist ihnen kalt, melden sie sich... ganz ohne Kalkül und Hintergedanken oder um die Eltern im Griff haben zu wollen...
Viel Spaß weiterhin!
von
Frau_H.
am 16.11.2021, 15:02
Antwort auf:
Stillen nach Plan oder nach Bedarf
Ich hätte an deiner Stelle die Hebamme gewechselt, falls das möglich ist.
Ein Baby kann niemanden manipulieren und handelt nur nach seinem Instinkt.
Schade, dass du so eine schlechte Beratung erhältst, die dich logischerweise verunsichert.
von
Mandrej22
am 17.11.2021, 09:59