Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Stillen nach Bedarf - stündlich?

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Stillen nach Bedarf - stündlich?

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Liebe Biggi! Zuallererst einmal ein dickes Lob und große Anerkennung für das, was Du hier leistest! Ich freue mich, dass ich auf dieses tolle Forum gestoßen bin, hab auch schon viele meiner Fragen beantwortet gefunden und fühle mich gar nicht mehr so ratlos und allein mit meinen Sorgen... Danke dafür!!! Nun von mir eine Frage: Mein Sohn (9 Wochen alt) trinkt seit geraumer Zeit stündlich. (Ich stille voll.) Es gab Zeiten, da trank er alle 2 Stunden und alles war gut, aber irgendwie ist der Takt "durcheinandergeraten". Ich glaub, es fing an mit Bauchschmerzen, die ich mit Durst verwechselte: Immer wenn ich ihn nach dem Trinken hochnahm, quiekte er auf und ich ließ ihn weiter"trinken". Wohl doof... Im Prinzip stört es mich nicht, nur sagte die Ärztin, es sollten mindestens 2 Stunden Abstand sein, das lese ich auch hier im Forum und meine Brustwarzen bestätigen das gelegentlich... Auch meine Hebamme meinte, ich soll es auf 2 Stunden hinauszögern, wenn es irgendwie geht. Tja, aber wie geht das, wenn ich das mit "Stillen nach Bedarf" in Einklang bringen will und er - inzwischen- offensichtlich den Bedarf hat zu trinken? Deute ich seine Gesten (schreit und schnappt und saugt am Arm und allem was ihm in die Quere kommt)evtl. falsch? Er trinkt gut, 15-20 Minuten, danach manchmal noch ein bisschen rumnuckeln, aber es geht auch ohne, wenn ich keine Lust drauf hab. ;-) Danke im voraus für Deine Antwort! Liebe Grüße Susi


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Liebe Susi, danke für das liebe Lob :-). Hier hast Du sicherlich nicht gelesen, dass Du einen Zwei-Stunden-Abstand einhalten solltest :-). Muttermilch ist innerhalb von 60 bis 90 Minuten verdaut und der Organismus eines Babys ist auf häufige Mahlzeiten eingestellt. Dabei ist es nun nicht unbedingt immer so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys und vor allem am späten Nachmittag und abend kommt es verstärkt zu solchen Cluster Phasen. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass dein Baby durch den Stillmarathon deine Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, dass die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht. Eine Kollegin von mir hat einen Artikel zu diesem Thema veröffentlicht, den ich dir hier anhänge. Ich denke in diesem Artikel findest Du die Antwort auf deine Frage. LLLiebe Grüße Biggi Woher kommt der Mythos vom "Mindestabstand" ? Von Denise Both, IBCLC "Sie dürfen nicht so oft anlegen, dann hat die Brust ja keine Zeit, sich wieder zu füllen." "Zwischen zwei Stillzeiten MUSS ein Abstand vom mindestens zwei Stunden liegen sonst bekommt das Kind Bauchschmerzen" "Frische Milch darf sich nicht mit bereits angedauter Milch vermischen, deshalb dürfen Babys frühesten nach zwei Stunden wieder angelegt werden" Wohl jede Stillberaterin ist schon mit diesen Aussagen konfrontiert worden. KinderärztInnen, Hebammen und auch wohlmeinende Mitmenschen kommen immer wieder damit. Ist ein Mindestabstand wirklich notwendig oder sinnvoll? Die Antwort auf diese Frage ist ein klares NEIN. Ein Baby sollte nach Bedarf gestillt werden. Alle Stillexperten sind sich einig, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am Besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Es ist nicht sinnvoll, den Abstand zwischen den Stillzeiten lange zu halten "damit sich mehr Milch ansammelt", denn die Brust funktioniert nicht wie eine Flasche, die wieder aufgefüllt werden muss. Der größte Teil der Milch wird während des Stillens gebildet. Ebenso ist es ein Ammenmärchen, dass ein Baby einen Mindestabstand zwischen zwei Stillzeiten einhalten müsse, um zu verhindern, dass frische Milch auf angedaute Milch kommt. Im Extremfall kann das "Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. Es gibt keinen Beweis, für die "Frische Milch auf halbverdaute Milch Theorie", die besagt, dass zwischen zwei Stillmahlzeiten ein Mindestabstand von zwei Stunden eingehalten werden müsste, weil das Baby sonst Bauchschmerzen bekäme. Doch woher kommt diese Meinung? Die Vorstellung, dass der Magen zwischen zwei Mahlzeiten vollständig geleert werden müsse, geht wahrscheinlich auf den Kinderarzt Prof. Adalbert Czerny (1863 - 1941) zurück, vor allem auf das, was er in seiner 1893 erschienen Veröffentlichung "Die Ernährung des Säuglings auf Grundlagen der physiologischen Funktionen des Magens" und seinem 1922 veröffentlichten Buch "Der Arzt als Erzieher des Kindes" geschrieben hat. Czerny hielt es einerseits für absolut notwendig feste Abstände zwischen den Stillmahlzeiten einzuhalten, damit sich zwischen den Mahlzeiten der Magen komplett entleert und sich die Magensäure (Salzsäure) ansammeln und antiseptisch wirken kann und andererseits maß er dem streng einzuhaltenden Stillrhythmus einen hohen erzieherischen Wert bei. Nach seinen Beobachtungen entwickelten sich mit künstlicher Säuglingsnahrung (zur damaligen Zeit überwiegend Kuhmilch) gefütterte Babys besser, wenn zwischen den Mahlzeiten ein Abstand von vier Stunden eingehalten wurde. Daraus schloss er, dass es auch für gestillte Kinder besser sei, einen Mindestabstand und festen Rhythmus einzuhalten. Nachdem er festgestellt hatte, dass Muttermilch nach eineinhalb bis zwei Stunden den Magen vollständig verlassen hatte und Kuhmilch nach drei Stunden, legte er die Abstände der Mahlzeiten für gestillte Kinder auf mindestens drei Stunden, für kuhmilchgefütterte Kinder auf mindestens vier Stunden fest. Es wurde - wie so oft - einfach eine Vorgehensweise, die für nicht gestillte Kinder sinnvoll sein konnte, auf gestillte Kinder übertragen und bis heute hält sich die Vorstellung von dem Mindestabstand in vielen Köpfen, zum Leidwesen vieler junger Mütter und ihrer Bab


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