Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

schlafen

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: schlafen

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Hallo Biggi, ich stille meine tochter(1,5) zwar schon seit einem halben Jahr nicht mehr, aber da du immer so kompetent auf diverse Fragen antwortest stell ich jetzt einfach einmal eine Frage:seit ungefähr zwei bis drei Monaten kann meine Tochter nicht mehr alleine einschlafen,d.h. mein Mann oder ich stehen bei ihr am Gitterbett(wir brauchen nichts singen, sie nicht berühren)-wir stehen einfach an ihrem Bett.Sobald wir versuchen das Zimmer zu verlassen protestiert sie sofort(aber wirklich ganz bitterliches weinen).ist es ganz "normal" daß solche Phasen auftauchen oder haben wir sie schon so weit verwöhnt, daß sie gar nicht mehr alleine einschlafen möchte? Oder wie könnten wir denn probieren,sie zum alleine schlafen zu animieren? soviele Fragen, aber es ist teilweise wirklich anstrengend. Vielen Dank im voraus, Roswitha


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Liebe Roswitha, um Menschen bewusst zu anipulieren, muss ein gewisses logisches Denkvermögen und auch bereits eine vorausschauende Denkweise vorhanden sein. Über beides verfügt ein Baby oder Kleinkind noch nicht, denn es kennt noch keinen Zeitbegriff und es hat auch noch keine zielgerichteten Gedankenfolgen wie sie erforderlich sind, um den Eltern "auf der Nase herumzutanzen". Es ist deshalb auch nicht möglich ein Baby zu "verwöhnen" im Sinne von "verziehen". Ohnehin ist verwöhnen ja nichts Negatives. Freuen wir uns nicht alle darüber, wenn uns jemand verwöhnt will heißen etwas Gutes tut. Verwöhnen ist nichts anderes als jemandem etwas Gutes tun, dafür zu sorgen, dass er sich wohl fühlt und das ist etwas Positives. Nein, das Kind kann nicht "verwöhnt" werden, wenn es viel Nähe und Zuwendung bekommt. Eine Kollegin von mir hat dazu einen schönen Text geschrieben, aus dem ich jetzt einen Abschnitt zitiere: "Das Kind wird verwöhnt und verzogen. "Ja, das ist jetzt schon total verwöhnt" "Ihr verzieht das Kind, nachher will es nur noch auf den Arm" "So lernt das Kind ja nie alleine einzuschlafen, alleine zu spielen, sich mit sich selbst zu beschäftigen ..." "Wie soll das Kind denn seinen Rhythmus finden, wenn Du es ständig mit der herumziehst". So und ähnlich lauten viele Aussagen wohlmeinender Freunde, Verwandte und auch wildfremder Menschen, von denen man auf der Straße angesprochen wird. Was ist dran an dieser Theorie, dass das Baby durch die Zuwendung, die es erhält verwöhnt und verzogen wird? Bernadette Stäbler beschreibt in ihrem Buch "Mama" die Angst, sein Kind nicht richtig zu erziehen: "Und schon ist sie da, diese Angst, sein Kind zu verziehen. Welche Ursachen hat sie? Denn, wer dieses unschuldige Baby anschaut, fühlt sich sehr glücklich. Niemand kann sich vorstellen, dass es eines Tages unerwünschte Handlungen vollbringen wird. Wenn wir also von "verziehen" sprechen, haben wir ein älteres Kind vor Augen. Das Kind im Trotzalter, das immer "nein" ruft, läßt seine Mutter denken: "Was für einen Dickkopf habe ich mir großgezogen. Sicher habe ich es falsch gemacht!" Ist es wirklich so wichtig, dass unsere Kinder vor der Zeit lernen, alleine zu schlafen, alleine zu sein und sich mit sich selbst zu beschäftigen? Ist es notwendig, dass wir Erwachsenen unseren Lebensrhythmus ändern und an das Baby anpassen, damit sich das Kind gut entwickelt? Auch hierzu möchte ich wieder aus dem Buch von Bernadette Stäbler zitieren: "In vielen ursprünglich lebenden Kulturen, die wir "primitiv" nennen, wurden inzwischen Untersuchungen durchgeführt, deren Ergebnisse eine Umwälzung unserer Ansichten über die herkömmliche Kindererziehung mit sich brachten. Ich möchte eine afrikanische Studie herausgreifen und vereinfacht darstellen: Die erste Gruppe gebar ihre Babys zuhause und ließ diese keinen Moment allein. Geborgen bei der Mutter, wurden sie nach Bedarf gestillt und mussten niemals schreien. Bald ging die Mutter wieder auf das Feld, um die gewohnte Arbeit zu verrichten, das Neugeborene in ein Tragtuch geschlungen. Die Kontrollgruppe bekam ihre Babys im Krankenhaus mit aller medizinischen Hilfe, einschließlich schmerzlindernden Medikamenten. Gleich nach der Geburt wurden Mutter und Kind getrennt, um zu ruhen. Die Babys bekamen Fläschchen und Schnuller, weil dies "das Moderne" war. Daheim schliefen die Kinder in ihrem Bettchen, in ihrem eigens dafür hergerichtetem Zimmer. Allein, ohne Körperkontakt. Alles ging recht zivilisiert zu, nämlich nach einem genauen Zeitplan, denn die Kinder sollten sich früh an ein geordnetes Leben gewöhnen und weder kleine Tyrannen noch nervös werden. Ein Jahr später offenbarte sich das Unerwartete: Die Kinder der ersten Gruppe waren in allem den anderen voraus: Sie waren intelligenter in ihren Verhaltensweisen und auch viel sozialer eingestellt, selbst die körperliche Entwicklung war besser, obwohl sie die ganze Zeit "festgebunden" waren. Ähnliche Ergebnisse ergaben vielseitige Studien in den verschiedensten Kulturkreisen. Wenn wir versuchen, dies mit einer natürlichen, einfühlsamen Intelligenz nachzuvollziehen, wissen wir, warum das Ergebnis so ausfallen musste. Das Baby fühlt sich bei seiner Mutter geborgen. Es muss seine Kräfte nicht für das Weinen verbrauchen. Der mütterliche Körper gibt ihm Wärme. Wenn das Baby sich an seine Mutter schmiegt, fühlt es ein wenig von dem Glück, das es neun Monate lang im Mutterleib haben durfte. Es kennt von daher ja auch schon die Herztöne seiner Mutter, es kennt sogar schon ihre Stimme und nun sieht es endlich ihr Gesicht, ihre Augen und darf an der Brust trinken, wenn es möchte. Das ist das Glück, die mütterliche Liebe, die Impulse gibt für die Intelligenz und das soziale Verhalten. Wenn das Baby sich an die Körperbewegungen der Mutter anpassen muss, während sie ihre alltägliche Arbeit verrichtet, übt es in wundervoller Weise seine Muskeln und den Gleichgewichtssinn." (Aus: Denise Both: "Tragen") Ich persönlich halte es für wichtig, liebevoll auf ein Baby einzugehen und ihm so das Gefühl zu geben, dass es wichtig ist und ernst genommen wird. Die vertrauensvolle Beziehung, die sich dann zwischen Baby und Eltern aufbaut, ist von unschätzbarem Wert für beide Seiten. Es ist ein ganz gravierender Unterschied, ob ein Baby alleine daliegt und weint oder ob es geborgen in der körperlichen Nähe einer vertrauten Person weint. Wenn Du ein Buch lesen willst, das sich mit dem Schlafverhalten von Babys und Kleinkindern beschäftigt und dabei auch das Kind achtet, dann kann ich dir "Schlafen und Wachen - ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen. Dr. Sears ist Professor für Kinderheilkunde in Kalifornien und selbst achtfacher Vater, also ein Mann der weiß wovon er spricht. Das Buch ist im Buchhandel, bei der LLL und jeder LLL Stillberaterin erhältlich. Es ist für mich immer traurig, wenn Mütter so verunsichert werden, wenn es darum geht ihre Kinder wie Kinder zu behandeln und auf das meist doch noch irgendwo vorhandene Gefühl zu verlassen, das ihnen sagt: mein Kind braucht mich, es will mich nicht ärgern oder manipulieren, es ist einfach auf mich angewiesen. Das Leben mit Kindern ist nicht immer einfach und Babys können sehr anstrengend sein. Doch das Leben mit unseren Kindern lässt uns Erfahrungen machen, die unvorstellbar wertvoll sind. LLLiebe Grüße Biggi


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