Hallo liebe Biggi Welter,
nachdem ich übers Mitlesen der anderen Fragen schon viele Tipps von Ihnen bekommen habe, kommen nun ein paar eigene Fragen.
Mein Sohn wird nach Bedarf gestillt und er schläft auch am besten dabei ein.
Wenn er an mir einschläft, wacht er oft auf und nuckelt weiter. Manchmal bleibt er ewig dran, manchmal dockt er von alleine ab. Sobald ich ihn tagsüber aber ablegen möchte (nach allen Künsten des Ablegens), wacht er sofort auf. Lasse ich ihn an/bei mir, schläft er mindestens eine halbe Stunde, oder aber auch länger. Die Stillabstände sind zwischen 1,5 - 2h, auch mal länger wenn er schläft. Tagsüber als auch nachts.
Damit ist er ja, besonders was das Schlafen angeht, sehr abhängig von mir.
Oft höre ich Sätze von anderen Muttis, dass sie ihr Baby ins Bett legen und die schlafen dann sogar mehrere Stunden. Meist sind das Flaschenkind er.
Macht das so einen Unterschied ( Flasche vs. Stillen) ?
An sich find ich es nicht schlimm, es macht allerdings manche Sachen im Alltag komplizierter, zum Beispiel den Rückbildungskurs (da er sehr abhängig von mir ist und der Kurs länger geht, als der eigentliche Stillrhythmus es zulässt) oder Besuch zu empfangen (ich kann mich entscheiden ihn nur kurz schlafen zu lassen, oder den Besuch allein zu lassen.
Warum bleibt er manchmal Stundenlang nuckelnd an der Brust und manche dockt er nach paar Minuten ab? Bis jetzt hab ich ihn sein Ding machen lassen, da ich denke, Babys wissen mehr was sie tun, als Eltern :-)
Hab ich meinen Sohn ein untypisches Verhalten angewöhnt?
Oder ist das einfach der "Preis" eines Stillkindes.
Vielleicht haben Sie ja noch einen Rat für mich.
Herzliche Grüße und vielen Dank für all die vielen und tollen Tipps hier im Forum. Navygold
von
navygold
am 21.11.2022, 15:03
Antwort auf:
Schlafen an der Brust
Liebe Navygold,
gleich einmal zu deiner Beruhigung – Du hast NICHTS falsch gemacht!
Es kann sein, dass dein Kleiner ein noch sehr hohes Saugbedürfnis hat und zusätzlich einfach viel Nähe braucht.
Stillen ist viel, viel mehr als reine Nahrungsaufnahme. Es ist Trost, Geborgenheit, sicherer Hafen und ein Weg zur Ruhe zu kommen, wenn die Wellen des Alltags hoch geschlagen sind.....
Also, ganz klar: Du hast nichts falsch gemacht, und es liegt auch nicht an dir, dass Dein Kleiner sich verhält, wie er sich verhält! (wäre es anders, warum glaubst du gibt es soooo viele Ratgeber zum Thema??)
Hast du schon einmal den so genannten Kinn-Trick ausprobiert?
Dabei legst du, wenn du die Brust dem schlafenden Kind aus dem Mund gezogen hast, einen Finger längs unter die Unterlippe, so dass die Lippe beim "Suchen" einen gewissen Widerstand spürt. Dieser Widerstand wirkt beruhigend auf viele Kleinen, und sie schaffen es sich zu entspannen und eine tiefere Schlaf-Ebene zu erreichen…probiere es mal aus.
Wie alt ist denn dein Sohn?
Das „Marathonstillen“ ist so weit verbreitet, dass es als „normal“ angesehen werden sollte. Der Fachausdruck dafür lautet „Cluster Feeding“. So kleine Babys wollen häufig, aber vor allem in unregelmäßigen Abständen gestillt werden und fast alle Babys haben eine Tageszeit, zu der sie fast ununterbrochen an der Brust trinken (oder auch nur nuckeln) wollen.
Das Marathonstillen kann für dich sehr anstrengend und auch nervend sein, aber es hat seinen Sinn. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass das Baby durch den Stillmarathon die Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, dass die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht.
Ein Baby sollte nach Bedarf gestillt werden. Alle Stillexperten sind sich einig, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Während eines Wachstumsschubs kann es durchaus sein, dass ein Baby alle Stunde an die Brust möchte.
Es gibt keinen Grund einen Mindestabstand zwischen zwei Stillmahlzeiteneinzuhalten. Im Extremfall kann das „Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. All die Erzählungen von einem bestimmten Rhythmus eines Babys sind schlicht und ergreifend falsch.
Muttermilch ist innerhalb von 60 bis 90 Minuten verdaut und der Organismus eines Babys ist auf häufige Mahlzeiten eingestellt.
So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys. Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden.
Ich könnte mir vorstellen, dass dir der Besuch einer Stillgruppe gut tun könnte, denn dort findest du Frauen, die ganz ähnliche Fragen haben wie du, oder schon Antworten darauf gefunden haben. Kompetente Unterstützung und der Austausch von Mutter zu Mutter sind unendlich wertvoll...
Eine Stillberaterin in deiner Nähe findest Du im Internet unter http://wwwlalecheliga.de (La Leche Liga), http://www.afs stillen.de (Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl stillen.de (Still und Laktationsberaterinnen IBCLC).
Alles alles Gute, solltest du noch Fragen haben, bin ich gerne für dich da!
Biggi
von
Biggi Welter
am 21.11.2022
Antwort auf:
Schlafen an der Brust
Vielen Dank für Ihre Antwort und den Zuspruch :-)
Mein Sohn ist nun 25 Wochen alt.
Nach seiner Geburt war es mit dem Stillen auch sehr extrem, da kamen wir manchmal auf 9h täglich. Ich weiß nicht ob Babys dann immer so ein langes Saugbedürfnis beibehalten?
Mittlerweile trinkt er kürzer, bloß das Schlafen geht nicht ohne mich. Alternativ hab ich die Trage und laufe viel rum, aber nicht jeder Besuch macht das mit und der Haushalt erledigt sich davon auch nicht.
Ich möchte mich darüber auch nicht beschweren. Wenn mein Sohn das braucht, liegt meine Priorität auch voll bei ihm. Ich möchte aber auch nichts unversucht lassen, wenn es vielleicht eine gute Alternative gibt.
Der Kinntrick klappt an sich gut, wenn er in meinen Armen schläft und die Brust am Kinn liegt. Aber auch da nuckelt er dann plötzlich wieder dran.
Und ablegen, sodass er weiter schläft, kann ich ihn ja so trotzdem nicht oder soll ich ihn ein Kissen ans Kinn legen?
Kann man denn von dem Nuckeln einen Rückschluss auf das Päckchen, dass er verarbeiten muss, ziehen?
Also zum Beispiel: Besuch oder neuer Entwicklungsschritt= mehr Dauernuckeln?
Oder ist das eher ein Anregen der Brust für einen höheren zukünftigen Bedarf. Oder passiert das nur beim richtigen Trinken und die Art des Nuckelns hat keinen Hintergrund?
Warum scheinen Flaschenkinder da "so einfach“ zu sein?
Ist denen das Saugbedürfnis durch die Flasche "abtrainiert" wurden?
Beim Stilltreff war ich schon und auch genau bei dem Themen Stillen und Babyschlaf, aber da gab es darauf keine konkreten Antworten. Es war auch nicht leicht, bei so vielen Müttern mit Babys was zu verstehen, oder alle Fragen zu klären.
Ich hoffe, das war jetzt nicht zu Text.
Vielen Dank vorab fürs Lesen und Ihre Kompetenz.
Herzliche Grüße, Navygold
von
navygold
am 22.11.2022, 16:10
Antwort auf:
Schlafen an der Brust
Liebe Navygold,
es gibt einfach Babys, die ein sehr starkes Saugbedürfnis haben, egal ob gestillt oder nicht.
Natürlich kann es sein, dass dein Baby auf den Alltag reagiert und diesen so verarbeitet, aber es muss nicht sein.
Hast du schon einmal versucht, dein Baby ins Tragetuch zu packen?
Ein Tragetuch ist fast ein Zaubermittel. Dein Baby kann deine Nähe spüren, es wird sich an deinem Körper beruhigen, es wird weniger weinen, vielleicht sogar recht gut schlafen und du hast mindestens eine Hand frei (und auch deinen Kopf, weil das Baby wieder ruhiger ist), um andere Dinge zu tun. Versuche es einmal.
Als Saugersatz bietet sich auch ein Finger (von Kind oder Vater oder Mutter) oder eventuell auch ein Lutschetuch an.
Lieben Gruß
Biggi
von
Biggi Welter
am 22.11.2022