Hallo Biggi,
mein Sohn ist 13 Wochen alt und seit 3-4 Wochen ist alles anders. Es ist nachts nicht länger als an 1 1/2 bis 2 Stunden Schlaf zu denken. Dabei hat er schon einige Wochen lang 5-6 Stunden nachts geschlafen.
Tagsüber schafft er drei bis vier Stunden zwischen den Stillmahlzeiten, zum Abend hin wird es immer kürzer - genau in der Zeit, wo meine 3-jährige Tochter auch mal was von ihrer Mama haben will und auch kriegen muss. Ausserdem habe ich seit einigen Tagen das Gefühl, die Brust wird überhaupt nicht mehr voll. Abpumpen klappt nicht, höchstens evtl. mit einer elektrischen Pumpe - die habe ich aber nicht.
Seit 2 Tagen lege ich ihn öfter an, um die Milchproduktion anzukurbeln, aber nichts tut sich. Die Brust ist butterweich.
Allerdings trinkt er auch immer nur wenig, als wenn er noch gar nicht wieder richtigen Hunger hat. Ausserdem lässt er sich sehr leicht ablenken. Da reicht schon ein bunter Punkt an der Wand.
Bin etwas ratlos und überlege, ihm nach dem Stillen noch die Flasche anzubieten. Aber so richtig will ich das eigentlich gar nicht. Nachdem bei meiner Tochter das Stillen schon fast eine Katastrophe war (immer wieder Wiegen, Einschlafen an der Brust, Stundenlanges Stillen), war ich froh, das er diesmal doch ganz gut angefangen hat.
Kann man generell sagen, das jede Frau so lange Stillen kann wie sie will oder gibt es das doch, das die Milch nicht mehr ausreicht?
Danke für eine Antwort.
Constance
Mitglied inaktiv - 10.04.2002, 14:29
Antwort auf:
Phänomen: Zu wenig Milch?!
?
Liebe Constance,
etwa 98 % aller Frauen können ihre Kinder stillen, vorausgesetzt sie wollen es und erhalten die richtigen Informationen und Unterstützung. Die restlichen zwei Prozent können tun und lassen was sie wollen, sie werden mit Stillproblemen zu kämpfen haben, die sich nicht oder höchstens teilweise überwinden lassen.
Ich habe jedoch nach deiner Schilderung nicht den Eindruck, dass Du zu den zwei Prozent gehörst.
Eine weiche Brust ist kein Beleg für zu wenig Milch, im Gegenteil, es ist vollkommen normal, wenn die Brust nach den allerersten Wochen wieder weich und bei manchen Frauen auch wieder kleiner wird. Auch ist das Abpumpen kein Weg, um festzustellen wieviel Milch eine Frau bildet. Keine Pumpe kann die Brust so wirkungsvoll stimulieren und entleeren, wie ein gut saugendes Baby.
Dein Sohn ist zum einen im klassischen Alter für einen Wachstumsschub und zum anderen in einer Phase, in der sehr viele Kinder extrem leicht abzulenken sind.
Wachstumsschübe sind Zeiten erhöhter Nachfrage, in denen das Baby sehr oft gestillt werden möchte. Wird das Baby dann auch häufig angelegt (etwa alle zwei Stunden, manchmal sogar noch häufiger), erhält der Körper der Frau das Signal „mehr Milch bilden" und nach ein paar Tagen ist der Spuk vorbei und die Milchmenge hat sich dem Bedarf des Babys wieder angepasst. Stillen funktioniert nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Du hast dann nicht zu wenig Milch und das Kind sucht auch nicht nach einem Schnuller, sondern der Bedarf deines Babys hat sich vergrößert und die Brust muss darauf erst reagieren. Wird in dieser Situation zugefüttert, wird der Brust kein erhöhter Bedarf signalisiert und die Milchmenge kann sich auch nicht auf den erhöhten Bedarf einstellen. Das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage wird gestört und es kann der Beginn eines unfreiwilligen Abstillens sein.
Dein Kind beginnt nun seine Welt sehr eingehend zu entdecken. In solchen Zeiten sind die Kinder sehr leicht ablenkbar (da genügt schon, dass eine Gardine wackelt), lassen die Brust leicht los, sind aber andererseits recht unzufrieden, weil ihre Fähigkeiten noch nicht ausreichen, um das zu erreichen was sie wollen. Das wiederum finden manche der Kinder schlicht und ergreifend „zum Schreien". Nachts, wenn alles ruhig und dunkel ist, ist das Trinken dann meist problemlos.
Abhilfe kann schaffen, wenn Du dich zum Stillen vorübergehend in eine ruhige „langweilige" vielleicht auch abgedunkelte Umgebung zurückziehst.
Dies für alle Beteiligten anstrengende Phase vergeht meist innerhalb von einigen Wochen wieder, was aber nicht heißt, dass dann wieder ein absolut regelmäßiger Rhythmus einkehren wird, denn der „Rhythmus" eines Kindes unter einem Jahr ist immer sehr störanfällig.
Ob dein Sohn gut gedeiht und die Milch bekommt, die er braucht, kannst Du an den folgenden Anzeichen erkennen:
• mindestens fünf bis sechs nasse Wegwerfwindeln hat (um zu sehen wie nass „nass" ist, kannst Du sechs Esslöffel Wasser auf eine trockene Windel geben). Diese Regel gilt aber nur für voll gestillte Kinder, das heißt das Baby bekommt nichts außer Muttermilch (kein Wasser, Tee, Saft usw.).
• in den ersten sechs Wochen täglich mindestens zwei bis vier Stuhlentleerungen (später sind seltenere Darmentleerungen normal)
• eine durchschnittliche wöchentliche Gewichtszunahme von mindestens 110 g pro Woche ausgehend vom niedrigsten Gewicht, mit zunehmendem Alter verringert sich die Gewichtszunahme.
• eine gute Hautfarbe und eine feste Haut,
• Wachstum in die Länge und Zunahme des Kopfumfangs
• ein aufmerksames und lebhaftes Verhalten des Babys in den Wachphasen.
Sind diese Punkte alle erfüllt? Dann musst Du dir keine Sorgen über zu wenig Milch machen.
Es wäre sicher eine gute Idee, wenn Du einmal ein Stillgruppentreffen besuchst. Der Austausch mit den anderen Müttern kann viele Unsicherheiten beseitigen. Wenn Du mir deinen Wohnort mit Postleitzahl angibst, suche ich dir gerne die nächstgelegene LLL-Stillberaterin heraus.
LLLiebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 10.04.2002