Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Naechtliches Stillen und andere Fragen

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

zur Vita

Frage: Naechtliches Stillen und andere Fragen

Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Liebe Biggi, da ich heute mal wieder echt verzweifelt und muede bin, wende ich mich an Sie. Mein Sohn Julius schlief seitdem er 9 Wochen alt war zwischen 7 und 9 Stunden nachts. Ich habe also in den fruehen Morgenstunden gestillt und dann haben wir beide weitergeschlafen. Insgesamt kam er auf ca. 11 Stunden Schlaf (inklusive der Stillzeit). Nach einem Deutschlandurlaub (Anfang Mai) und gleichzeitig durchbrechenden Zaehnen ist unser Nachtrhythmus nun ziemlich gestoert. Julius ist jetzt fast 8 Monate alt und bekommt mittags und abends Beikost. Ich stille aber auf Ihren Rat hin nach wie vor voll. Nachts kommt er jetzt wieder sehr frueh (in letzter Zeit nach ca. 6 Stunden), nuckelt sich wieder in den Schlaf und moechte drei Stunden spaeter dann wieder an die Brust (das ist dann leider immer noch nachts, bzw. sehr frueh morgens). Heute nacht hat er um 2.15 getrunken und fing um 5.10 wieder an zu jammern. Nach 25 Minuten quengeln (nicht bruellen!) unter meinem staendigen guten Zuspruch ist er wieder eingeschlafen und kam dann um 6.30 wieder. Er hat kurz ein bisschen getrunken und dann bis 8.00 geschlafen. Ich bin auch dagegen nachts ein Kind bruellen zu lassen aber eigentlich glaube ich, dass es sich hier um eine nette Angewohnheit handelt und er auch ohne die naechtliche Nahrung auskommen wuerde. Sein Bettchen steht bei uns im Zimmer und ich lege ihn nach dem Stillen auch wieder zurueck. Wenn ich diese Aktion zwei mal pro Nacht mache bin ich schon recht unausgeschlafen am naechsten Tag. Fuer ein Famlienbett ist unser Ehebett nicht gross genug. Ausserdem schlafe ich nur sehr unruhig, wenn er zwischen uns liegt. Was soll ich tun? Ich geniesse das Stillen (tagsueber!!) sehr, befuerchte aber, dass er auch die naechsten Monate nachts an Mamas Brust moechte. Eine andere Frage betrifft Flasche bzw. Becher. Julius hat mit zwei Monaten die Flasche verweigert und da es mich auch nicht so sehr gestoert hat, haben wir keine weiteren Versuche unternommen, ihn wieder daran zu gewoehnen. Jetzt wuerde ich ihm schon gerne ab und zu Wasser geben, speziell an den heissen Tagen, wenn wir unterwegs sind. Weder eine Flasche mit Sauger (und vergroessertem Loch) noch ein Trinklernbecher wecken sein Interesse. Wasser bzw. Fencheltee empfindet er als Zumutung. Ich zoegere jedoch nach wie vor das Wasser mit ungesuesstem Apfelsaft zu verduennen. Aus Trinklernbechern mit spillproof -Einsaetzen (ich weiss das deutsche Wort dafuer nicht) bekommt er gar keine Fluessigkeit heraus. Er beisst lieber auf dem Mundstueck herum. Direkt aus dem Glas mag er Wasser auch nicht trinken. Gibt es Tricks (ausser hartnaeckig weiterhin probieren, was ich ohnehin tue), ihn an den Becher zu gewoehnen? Noch eine letzte Frage einfach aus Interesse. Frueher gab es ja viele Ammen, die die Kinder anderer Leute gestillt haben. In irgendeiner Antwort haben Sie einmal von Risiken des Fremstillens gesprochen, das aber nicht weiter vertieft. Im Internet war zu diesem Thema so gut wie nichts zu finden. Was sind die Risiken? Vielen Dank im voraus. Fuer dieses Stillforum bin ich sehr dankbar, da es mir schon viele Fragen beantwortet hat. Sonnige Gruesse aus Connecticut, Annen


Biggi Welter

Biggi Welter

Beitrag melden

? Liebe Anne, fangen wir von hinten an: Das Ammenstillen war in vergangenen Zeiten eine gängige Praxis und hat sicher vielen Babys das Leben gerettet als es noch keine hochwertige künstliche Säuglingsnahrung gab. Auch heute noch listet die WHO gespendete Frauenmilch vor künstlicher Säuglingsnahrung auf, wenn es um die optimale Ernährung eines Babys geht. Doch es gibt einige Dinge, die bedacht werden müssen: Es gibt zwar nur wenige Krankheiten, die über die Muttermilch übertragbar sind, doch es gibt bestimmte Risiken. So kann zum Beispiel der Zytomegalie-Virus (CMV) durch das Stillen übertragen werden. Für das eigene voll ausgetragene Baby einer CMV-positiven Mutter ist dies kein Problem, für ein fremdes Baby, dessen Mutter CMV-negativ ist, kann es ein Problem werden. HTLV-I (Human T-Cell-Leucaemia-Virus) ist ein anderer Virus, der in dieser Hinsicht problematisch sein kann, ebenso HIV. Aus diesem Grund wird Spendermilch für ein fremdes Baby in den Milchbanken pasteurisiert. Milchbanken lehnen übrigens die Milch ab, wenn die Spenderin oder ihr Kind krank sind. Der Traum von fast allen Eltern ist ein Baby, das sich möglichst bald an bestimmte Zeiten hält und nachts möglichst lange schläft. In fast jedem Babybuch steht dann auch noch, dass mit zunehmendem Alter die nächtlichen Schlafphasen länger würden und das Kind auch sonst zu einem dem Alltag der Eltern angepassten Rhythmus fände. Die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus: es kommt zwar häufiger vor, dass ein Baby nach den allerersten Wochen längere Schlafphasen in der Nacht hat und vielleicht sogar so etwas wie eine gewisse Regelmäßigkeit in den Tag kommt, doch irgendwann ist dann alles wieder ganz anders und auch die ungestörten Nächte sind wieder vorbei. Das Einzig Konstante im Leben mit Kindern ist, dass es nichts Konstantes gibt. Leben mit Kindern bedeutet permanente Veränderung. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab einem bestimmten Alter nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. In einem amerikanischen Buch über die Entwicklung von Kindern (Aldrich: „Babys are Human Beeings"‘) habe ich einmal den wichtigen Satz gefunden „Damit Kinder sich gut entwickeln können, sind liebevolle Fürsorge und ein beständiges, direktes Eingehen auf ihre Bedürfnisse so ausgesprochen wichtig". Das steht zwar manchmal im Widerspruch zu unserem „modernen, westlichen" Lebensstil, aber es zahlt sich langfristig aus. Außerdem stellt sich doch auch die Frage: Ist der seelische Hunger nicht ebensowichtig wie der körperliche Hunger? Warum sollte es weniger wichtig sein, das Bedürfnis des Babys nach Nähe und Geborgenheit zu stillen, als seinen körperlichen Hunger zu stillen? Es gibt unzählige Gründe, warum ein Kind nachts (wieder vermehrt) aufwacht und die Nähe und Geborgenheit und auch Nahrung an der Brust sucht. Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen . All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt ... Insgesamt sind dies eine Menge Gründe unruhiger zu sein und nachts immer wieder aufzuwachen. Für die Mütter ist es meist schwer, diesen „Rückschritt" zu akzeptieren. Doch in Wirklichkeit ist es ein Fortschritt, denn Ihr Kind hat wichtige neue Entwicklungsschritte gemeistert und ist dabei noch weitere anzugehen. Als stillende Mutter haben Sie den ungeheuren Vorteil, dass Sie Ihr Kind durch diese für alle anstrengende Zeit begleiten können, ohne dass Sie richtig wach werden und aufstehen müssen. Genießen Sie dieses Privileg, sich einfach nur umdrehen zu müssen und dann, wenn schon nicht sofort weiterschlafen zu können, so doch zumindest ruhen können. Wenn Sie Ihr Baby in Ihrer unmittelbaren Nähe schlafen lassen (entweder gleich bei Ihnen im Bett oder im Kinderbett oder auf einer Matratze direkt neben Ihrem Bett) ist das wirklich eine einfache Lösung. Viele Babys schlafen auch deutlich länger und besser, wenn sie im unmittelbaren Kontakt mit der Mutter (den Eltern) schlafen dürfen. Auslaufsichere Becher sind für viele Kinder (zunächst) ein Problem, denn sie verlangen eine bestimmte Technik, um daraus zu trinken. Bieten Sie Ihrem Kind zur Beikost einfach Wasser an (einen ganz normaler Becher ist vollkommen in Ordnung). Wenn es durstig ist, wird es trinken, wenn nicht, wird ed eben nichts trinken. Solange der Urin eines Babys hell, fast farblos aussieht und nicht unangenehm riecht, bekommt es in der Regel genügend Flüssigkeit. Falls Sie beim Beikostfüttern den Eindruck haben, dass Ihr Kind zu wenig Flüssigkeit bekommt und der Stuhl deshalb zu fest wird, können Sie den Brei etwas flüssiger machen, dann gibt es eben Gemüsesuppe statt Gemüsebrei. Geduld ist in fast allen Dingen, die mit Kindern zu tun haben, das Zauberwort. LLLiebe Grüße Biggi Welter


Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Hallo Anne! Gib Deinem Sohn Zeit mit dem Trinken und versuch es einfach immer wieder. Wir haben seit dem Zufüttern (6 Monate) Wasser mit dem Glas/Becher gegeben. Anna Paulina ist jetzt 11 Monate alt. Aber erst jetzt trinkt sie ein wenig, weil sie sieht, dass wir aus dem Glas trinken und uns nachahmen will. Auch mit der Flasche hatte ich Probleme (hab's mit Tee versucht). Dann hab ich die Flasche weggeräumt. Vor ca. 2-3 Wochen hat Anna Paulina die Flasche beim Spielen gefunden und daran genuckelt. Da dachte ich mir, es wäre der richtige Zeitpunkt, es wieder zu probieren. Seitdem gebe ich auch Wasser aus der Flasche. Sie trinkt nicht sehr viel und spielt meistens damit herum (wie auch mit dem Essen). Aber das gehört wohl zur Entwicklung. Und sie wird es sicher ganz gut lernen. Genau wie Dein Sohn. Auch in der Nacht stille ich sie recht häufig (leider noch lange nichts mit durchschlafen). Glaub mir, Du gehörst zu den Glücklichen, denn Dein Sohn gönnt Dir - meiner Meinung nach - viel Schlaf. Liebe Grüße und gib Deinem Sohn Zeit - er wird alles selbst entdecken und lernen - probiert es einfach immer wieder. Liebe Grüße aus Macau Kathrin


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.

Ähnliche Fragen

Hallo, wie komm ich da bloß wieder raus? Seit mehr als vier (!) Monaten (seit meine Tochter ca. 5 Mon. alt ist bis jetzt, gut 9 Mon.) wacht sie JEDE Nacht mindestens 3 Mal auf und will gestillt werden. Ganz selten sind es “nur” 2 Mal, oft genug auch mehr als drei. Sie schläft ca. 2 Stunden lang, dann wacht sie auf und schläft nur mit Brust weite ...

Hallo Frau Welter, mein fast 6 Wochen alter Sohn hat Probleme nachts wieder in den Schlaf zu finden nachdem wir gestillt haben. Momentan schläft er gepuckt. Zuvor hatten wir es mit dem Schlafsack probiert, aber da er dann oft unruhig war, hatte ich mich fürs pucken entschieden. Dadurch hab ich das Gefühl, dass er etwas länger und ruhiger schläf ...

Liebe Frau Welter, ich bin gerade stark am zweiflen. Mein Sohn wird Ende August zwei Jahre alt und unsere Stillbeziehung kriselt seit längerer Zeit. Während mich das Stillen am Tag weniger stört, wurde das nächtliche Stillen immer mehr zur Qual. Das Einschlafen mit der Brust dauerte immer länger und mein Sohn kam immer öfter und zwirbelte mir d ...

Hallo Biggi, mein Sohn ist jetzt 8 Monate (beginnt seinen 9. Monat in ein paar Tagen) und wird nach Bedarf gestillt, tagsüber und auch nachts im Familienbett. Bis auf den holprigen Start ganz zu Anfang (mein erstes Kind), waren die Nächte nie ein Problem. Ich merke wenn er trinken will, dadurch wurde er nie richtig wach und ich war immer sehr a ...

Hallo Frau Welter, ich bin mir bewusst, dass Sie dieses Thema sicher schon hunderte Male beantwortet haben und hoffe, dass Sie noch Kapazitäten für eine weitere Antwort haben, den jeder Fall ist ja sehr individuell. ich möchte gern meine 1,5 Jahre altes Kind nachts abstillen und zwar zwischen 23 Uhr (zu dieser Uhrzeit trinkt es immer, also n ...

Hallo Frau Welter, Meine jüngste Tochter wird Ende September 1 Jahr alt. Sie ist mein 3. Kind, ich hab auch die beiden anderen Kinder (5 und fast 4 Jahre alt) gestillt. Kind 1 habe ich dann mit ca 15 Monaten abgestillt (hat nur mehr nachts getrunken) und Kind 2 hat sich mit 10 Monaten zur Beikost hin selber abgestillt.  Ich stille meine Toch ...

Hallo Biggi, unsere Tochter ist mittlerweile 5,5 Monate alt. Wir haben nachts manchmal längere Wachphasen und teilweise wacht sie auch nach der ersten Schlafphase, die meistens so 5 Stunden ist, auf. Anfangs habe ich sie eine Seite trinken lassen, dann gewickelt und die andere Seite trinken lassen. Ich habe nun bei Dr. Sears gelesen, dass ma ...

(Erneutes Posten, da ich auf meinen Beitrag keine Antwort erhalten habe) Hallo Fr. Welter,   unser genau 8 Monate altes Baby möchte seit ungefähr drei Wochen nachts wieder häufiger trinken. Wir waren bereits bei teilweise 1-2 Mal stillen in der Nacht und sind jetzt bei 3-4 Mal. Nach dem letzten Stillen vor dem Bettgehen hatte er schon oft ...

Guten Tag Frau Welter, unser Sohn wird im Februar 1 Jahr alt. Abends stille ich ihn in der Regel zum Einschlafen und warte, bis er von selbst die Brust loslässt. Nach ca.20-30 Minuten wacht er wieder auf,trinkt nochmal einen Schluck und schläft dann, wenn ich Glück habe, ein bis zwei Stunden. Sobald ich allerdings ins Bett komme (er schläft b ...

Liebe Biggi, meine Tochter ist 18 Monate alt. Im Moment hat sie eine sehr anstrengende Phase, in der sie Nachts ständig nuckeln möchte aber auch dabei unruhig ist. Sämtliche Versuche, einfache Gründe zu finden und zu eliminieren (Hunger, Durst etc) sind gescheitert. Da sich meine Rückenprobleme durch diese dauernde nächtliche Zwangshaltung sehr ...