Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Nachts Hunger oder Kuschelbedürfnis?

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Nachts Hunger oder Kuschelbedürfnis?

row0510

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Hallo liebes Stillteam, unsere Tochter ist 9,5 Monate alt und wird noch abends zum Einschlafen, nachts bei Bedarf und manchmal morgens gestillt. Ansonsten bekommt sie tagsüber Brei oder auch schon mal Brot. Sie ist in der Regel gut und trinkt bisher ca. 150ml Wasser dazu. Seit ca. 1 Monat muss ich nachts wieder sehr häufig stillen: ins Bett geht's ca. 19:30, dann wieder ca. 22:30 und dann schon alle 2-3h. Ich habe kein Gefühl, ob sie wirklich viel trinkt - sie schläft gerade direkt neben mir und ich bin meist im Halbschlaf. Hat sie nun so viel Hunger (ich merke außer 1x tagsüber keinen Milcheinschuss mehr und habe nachts das Gefühl, als ob keine Milch mehr drin ist in den Brüsten)? Die Windel habe ich mal 1 Nacht nicht gewechselt - sie ist zwar morgens richtig voll, aber ausgelaufen ist nichts. Spricht doch eher dafür, dass sie nur Nähe braucht und nicht so viel trinken braucht, oder? Oder würde sie gerne mehr trinken, aber es ist nichts da? Eine Freundin von mir hatte das gleiche "Problem"; hat nun auf Fertignahrung umgestellt - ihr Kleiner trinkt jetzt nur noch einmal nachts (er ist 1 Monat älter). Da war's wohl Hunger. Wäre das eine Option? Viele Dank für eure Hilfe.


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Liebe row0510, es ist ein normaler entwicklungsphysiologischer Verlauf, dass Babys in diesem Alter von nachts (wieder) vermehrt aufwachen. Dieses Aufwachen liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung oder eben das Abstillen auch keine Garantie für angenehmere Nächte. Eine Flasche mit künstlicher Säuglingsnahrung (oder ein Abendbrei) verbessern das Schlafverhalten nicht (das wurde in Studien nachgewiesen). Es gibt nicht wenige Kinder, die dann sogar noch weniger schlafen. Die Kinder beginnen die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet. Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. Es gibt kein Patentrezept, um ein Kind zu längeren Schlafphasen zu bringen. Hätte ich eines, das das Kind achtet, würde ich ein Buch darüber schreiben und damit einen Bestseller landen, an dem sich gut verdienen ließe. Wenn Sie gerne lesen und ein Buch lesen möchten, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich Ihnen wärmstens `Schlafen und Wachen ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen, das Sie im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL Stillberaterin bekommen können. LLLiebe Grüße Biggi Welter


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