Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Abstillen oder nicht? Und wenn ja wie?

Frage: Abstillen oder nicht? Und wenn ja wie?

beissbaby

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Liebe Stillberaterinnen, ich hoffe, dass ihr mir erneut mit eurer Kompetenz weiterhelfen könnt :) Meine Tochter ist jetzt fast 18 Monate alt und trotz anfänglicher Schwierigkeiten habe ich sie immer gerne gestillt. Gestern hatte ich plötzlich eine Art 'Eingebung' und dachte, ich sollte abstillen. Es gibt verschiedene Gründe dafür. Zum einen trinkt sie eigentlich selten richtig an der Brust, sondern möchte eigentlich nur, dass ich beide Brüste auspacke, damit sie ihren Kopf drauf legen und mit den Brustwarzen spielen kann. Dann nuckelt sie gelegentlich dran. Das beruhigt sie total und hat mich bisher eigentlich nicht gestört (mache ich natürlich nur zu Hause). Jetzt denke ich aber, dass sie dafür vielleicht doch langsam zu groß ist. Dazu kommt, dass sie davon überzeugt ist, einen Anspruch auf mich und die Brüste zu haben. Wenn mein Mann sich beispielsweise beim Stillen nur daneben setzt, wird er böse angeschaut und oft folgt auch ein lautes 'Nein!' und sie schiebt ihn weg oder haut sogar. Er darf sie generell fast gar nicht tragen, anziehen, wickeln, trösten oder Ähnliches. Das gilt natürlich nur wenn ich dabei bin. Wenn ich nicht da bin klappt alles wunderbar. Sie ist sehr auf mich fixiert und ich hatte gedacht, dass (auch wenn ich mich sehr geehrt fühle) es sich zugunsten ihres Papas etwas lockert wenn ich abstille. Sie ist ein sehr schlaues Mädchen und hat ihren ganz eigenen Kopf. Das sage nicht ich (habe ja nur das eine Kind und keine Vergleichsmöglichkeiten), sondern andere, auch ihre Tagesmutter. Ich habe ein wenig Angst, dass das Abstillen sie in irgendeiner Art verändert und dass es vielleicht doch noch zu früh dafür ist. Aber ist es für das Kind (wenn es sich nicht zufällig selbst abstillt) nicht immer ein Einschnitt und bringt Veränderung? Ich arbeite 75% und in der Zeit ist sie bei der Tagesmutter. Vielleicht braucht sie in der restlichen Zeit, in der sie mich hat, einfach mehr Geborgenheit und ist deswegen so anhänglich. Ich will ihr ja auch keine Nähe wegnehmen, sondern einen Ersatz für die Brust finden. Sie hat bisher noch nie durchgeschlafen und das Stillen hat mich gut durch sehr unruhige Nächte mit bis zu 8 mal aufwachen gebracht. Ich habe natürlich auch Angst davor, wie es nachts aussehen könnte wenn ich abstille. Ist es vielleicht eine Option, tagsüber nicht mehr zu stillen, aber nachts schon? Ich weiß, dass ihr mir nicht sagen könnt, was ich machen soll, aber vielleicht könnt ihr mir ein bisschen aus eurer Erfahrung berichten, wie ihr die Situation seht. Ich hatte eine ganz tolle Hebamme, die ich gerne anrufen würde, aber sie hat jetzt selber ein Baby bekommen und steht leider nicht zur Verfügung. Ich danke euch ganz herzlich im Voraus! Liebe Grüße beissbaby


Biggi Welter

Biggi Welter

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Liebe beissbaby, das ist tatsächlich eine anstrengende Phase und diese solltet Ihr ohne Druck zusammen überstehen. Wenn Du jetzt mit Gewalt abstillst, wird dein Baby noch unsicherer und wird deshalb nicht besser auf den Vater reagieren. Es wäre gut, wenn Du dein Baby tröstest, der Papa kann und sollte aber ruhig dabei sein. Irgendwann wird es von alleine besser und dein Kind macht evtl. gerade einen Entwicklungsschub durch und klammert deshalb so. Wenn Du also stillst, sollte sich dein Mann daneben setzen, wenn dir das wichtig ist. Vielleicht ist es wirklich so, dass dein Kind diese „Extraportion Mama“ braucht und die Brust bedeutet Nähe und Geborgenheit. Stillen behindert NICHT die Loslösung. Oft wird einfach nur zu viel von unseren Kindern erwartet, und nicht berücksichtigt, dass jedes Kind einen ganz individuellen Reifeprozess durchmacht. Die Einstellung, dass das Langzeitstillen die Loslösung beeinträchtige oder ein Problem in Hinblick auf die Theorie des Übergangsobjektes darstellt, ist keineswegs wissenschaftlich begründet. Dieser Vorstellung liegt eine Hypothese zugrunde, für die es keinen Beweis gibt. Die Überlegungen beruhen auf Beobachtungen in einer bestimmten Bevölkerungsgruppe, die vor langer Zeit gemacht wurden. Dem Stillen oder gar dem längeren Stillen wurde dabei überhaupt keine Aufmerksamkeit entgegengebracht (wohl auch, weil kaum bzw. nicht lange gestillt wurde). Die Praxis zeigt jedenfalls, dass langzeitgestillte Kinder nicht unselbständiger sind als kurz oder gar nicht gestillte Kinder und auch keine vermehrten Probleme mit der Loslösung haben, im Gegenteil: Oft haben sie ein so starkes Vertrauen in sich und die Welt, dass sie recht forsch die Welt entdecken wollen. Außerdem spricht gegen diese Theorie, dass es dann weltweit gesehen sehr viele Kinder Probleme mit der Selbstregulation haben müssten, denn es gibt ja nun mal viele Kulturen, in denen das lange Stillen deutlich über das Babyalter hinaus üblich ist und es gibt Kulturen, in denen keine Übergangsobjekte bekannt sind. Das lange Stillen führt definitiv nicht zu einer verspäteten Loslösungsphase, aber dein Kind spürt jetzt deine Unsicherheit und das ist etwas, was Kinder extrem schlecht vertragen. Kinder brauchen Klarheit und Zweifel sowie Unsicherheit der Eltern verwirren sie und beeinflussen ihr Verhalten, so dass sie z.B. besonders klammern oder eben sehr lange und häufig an der Brust trinken. Das Problem ist nicht das Stillen - das in diesem Alter außerdem noch vollkommen normal ist, denn statistisch gesehen findet ein selbstbestimmtes Abstillen meist irgendwann zwischen dem zweiten und dem vierten Geburtstag statt - sondern der Druck, der von außen auf einer Mutter lastet. Im Grunde geht es darum: Was hältst DU für das richtige, welcher Ansatz fühlt sich für dich und dein Kind besser an? Wenn dein Kind anhänglich ist, dann doch deshalb, weil es dich braucht. Unsere Erfahrung zeigt: Je uneingeschränkter diese Bedürfnisse befriedigt werden, desto leichter fällt es einem Kind loszulassen. Wenn Du allerdings nicht mehr stillen möchtest, dann ist das dein gutes Recht und Du solltest ohne schlechtes Gewissen abstillen. Auch da ist es wichtig, dass DU klar und konsequent bist, dann wird dein Kind es akzeptieren. Wenn Du magst, können wir gerne mal miteinander telefonieren und in Ruhe alles besprechen. LLLiebe Grüße, Biggi


beissbaby

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Noch ein Nachtrag: Ich frage mich, ob ein harter Schnitt einfacher ist, als viele kleine Veränderungen. Ist es zum Beispiel sinnvoll -falls ich abstille- sie auch gleich an ihr eigenes Bett in ihrem Zimmer zu gewöhnen? Bisher schläft sie bei mir und mein Mann auf dem Sofa... Dann hat sie zwar erst einmal mehr Stress, sobald sie sich an die neue Situation gewöhnt hat, hat sie aber ihre Ruhe. Wenn man alles nach und nach macht hat sie immer wieder Stress. Allein einschlafen (bzw. mit den anderen Kindern) klappt bei der Tagesmutter prima, zu Hause bisher nicht. Danke noch einmal!


beissbaby

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Liebe Biggi, vielen Dank für deinen Rat! Ich denke, dass ich erst noch etwas abwarte und schaue, wie sich die nächsten Tage anfühlen. Ich glaube sie braucht mich noch und ich will für sie da sein. Es ist aber schön zu wissen, wo man Hilfe suchen kann! Vielen lieben Dank noch einmal! Liebe Grüße von beissbaby


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