Mitglied inaktiv
Liebe Biggi, mein Sohn ist jetzt bald 20 Monate alt, und vor ein paar Tagen beim Termin bei der Kinderärztin (wegen etwas ganz anderem) hat sie uns ziemlich verunsichert. Der Kleine sei zu leicht, viel zu leicht. Tatsächlich hat er in den letzten acht Monaten nur ca. 1 Kilo zugenommen und wiegt jetzt 9,3kg bei einer Größe von 81cm. Natürlich ist uns das auch schon aufgefallen, aber da er nicht apathisch ist, sondern einen ganz normalen, aufgeweckten Eindruck macht, hatte uns das nicht übermäßig besorgt, zumal wir beide ebenfalls klein und leicht sind und als Kinder spindeldürr waren. Am Anfang lag er eher in der Mitte der Größen-Gewichts-Kurve, inzwischen hat er sich ganz allmählich eben über die dritte Perzentile bewegt - einen "Knick" würde ich das nicht nennen, da es wirklich ganz allmählich ging. Die Diagnose unserer KiÄ - nach eingehender Befragung - lautete: es liegt am Stillen. Unser Sohn zieht Muttermilch allen anderen Nahrungsmitteln vor. Wir bieten ihm immer wieder Essen an. Meistens hat er nach ein paar Löffelchen genug. Selten kommt es vor, dass er eine richtige Portion von etwas isst, und selbst dann ist es oft so, dass er es am nächsten Tag nicht mehr essen will. Die Ärztin meinte nun, dass er zu den Kindern gehöre, die gerade eben ihren Minimalbedarf mit leicht verdaulicher Muttermilch stillen, nichts anderes essen mögen, weil schon die Verdauung zu viel Energie kosten würde, und damit gefährdet seien, in der Entwicklung zurückzubleiben. Sie meinte, dass man schon sehe, dass unser Sohn kaum Muskulatur habe und daher manche Bewegungen etwas unsicher und instabil seien. Ihr Therapie-Vorschlag: sofortiges und radikales Abstillen. Da musste ich ganz schön schlucken, denn eigentlich hatte ich vor, ihn zu stillen, bis er von selbst nicht mehr mag. Andererseits muss ich zugeben, dass auch mir unsere Stillbeziehung zuweilen etwas pathologisch vorkommt. Der Kleine möchte eigentlich dauernd an die Brust und reagiert meistens ziemlich verzweifelt, wenn er nicht darf. Nachts (er schläft seit seiner Geburt bei uns im Bett) wacht er mindestens alle zwei Stunden auf, um zu trinken. Gegen Morgen durchaus auch häufiger. Manchmal hat er nachts Dauernuckelphasen, wo er gar nicht mehr richtig trinkt, sondern nur sein Saugbedürfnis befriedigen will. (Einen Schnuller nimmt er natürlich nicht.) Die paar Male, die ich einfach nicht mehr wollte oder konnte, war es so, dass er die ersten paar Minuten furchtbar unglücklich war, sich dann aber meist beruhigte (mit immer mal wieder Weinen zwischendurch), aber grundsätzlich erst dann wieder einschlief, wenn ich - manchmal durchaus erst nach Stunden! - ihn doch wieder an die Brust ließ. Morgens nach dem entgültigen Aufwachen will er natürlich auch ausgiebig stillen. Tagsüber kommt er auch sehr oft an: wenn er keine Lust auf anderes Essen hat, wenn er sich wehtut, er mich nackt sieht, er etwas nicht darf oder einfach wenn er sich langweilt. Mittags schläft er an der Brust ein, wacht nach 45 Minuten bis 1,5 Stunden wieder auf, um zu stillen, möchte dann aber meistens noch weiterschlafen. Ich habe schon versucht, ihm dann die Brust nicht mehr anzubieten, aber dann weint er und ist solange unglücklich, bis ich ihn doch wieder anlege und er weiterschläft. Meinst du auch, dass ich ihn abstillen sollte? Ich hatte mir das vorher immer so vorgestellt, dass ich ihn in diesem Alter vielleicht noch morgens und abends stille, aber ganz abstillen möchte ich ihn eigentlich nur ungern. Die KiÄ meinte, er müsste davon abgehalten werden, ständig seinen Minimal-Energie-Bedarf mit leicht verdaulicher MuMi zu stillen, damit er richtig Hunger bekäme, dann würde er anfangen, vernünftig zu essen und auch zunehmen. Was hältst du von dieser Theorie? Übrigens: Ich weiß, dass mangelnder Appetit auch an einem Eisen-Mangel liegen kann. In zehn Tagen haben wir einen Termin zur Blutabnahme, damit das überprüft werden kann. Kannst du mir vielleicht außerdem einen Tipp geben, wie ich den Kleinen dazu bringen kann, etwas weniger oft und lange zu stillen? Im Februar erwarten wir ein Geschwisterchen, dann wird zum Beispiel das nächtliche und morgendliche Dauernuckeln einfach nicht mehr möglich sein. Vielen Dank im voraus, Heike
Liebe Heike, der beste Weg, ein Kind zu einem "schwierigen Esser" zu machen besteht darin, es zum Essen zu zwingen! Ein Kind darf essen, aber es muss nicht essen und eine sehr bewährte Methode lautet "Die Mutter bietet an, was es gibt, das Kind entscheidet wie viel oder wenige es davon isst". So wie Du es beschreibst kann sich das Essen schnell zu einem absoluten Kampfthema entwickeln und das Kind ist so weit, dass es sich nur noch mit "Totalverweigerung" wehren kann. Genau diese Situation sollte aber unbedingt vermieden werden, denn mit soviel Kampf und Druck erreichst Du genau das Gegenteil. Das Thema Essen wird immer konfliktbeladener, das Kind erlebt essen nicht als etwas Sinnliche und Angenehmes, sondern nur als Tortur. So kann der Grundstein für eine langfristige Essstörung gelegt werden. Was macht ein Mensch, den man mit Gewalt dazu zwingen will, etwas zu tun? Er blockiert oder zerbricht. Beides ist nicht wünschenswert, schon gar nicht in der Eltern Kind Beziehung. Druck und Zwang sind nicht geeignet, um ein Kind zum Essen zu bringen. Im Gegenteil: je mehr Druck, je mehr Kampf es gibt, umso schwieriger wird die Situation und zum Schluss gibt es in diesem Kampf ums Essen nur Verlierer. Ich würde jetzt erst einmal das Blutbild abwarten und weiterhin feste Nahrung anbieten. Die Empfehlung der WHO (Weltgesundheitsorganisation) lautet, dass JEDES Kind (auch die Kinder, die in unserer westlichen Welt aufwachsen) mindestens zwei Jahre gestillt werden sollte. Jedes Kind stillt sich irgendwann ab. Wird die Entscheidung über den Zeitpunkt des Abstillens dem Kind überlassen, dann fällt das Abstillen meist in den Zeitraum zwischen zwei und vier Jahren. Eben so wenig ist es ungewöhnlich, dass ein Kleinkind nachts aufwacht. Wäre es übrigens sooo außergewöhnlich, dass ein Baby oder Kleinkind nachts aufwacht, dann gäbe es wohl kaum eine solche Flut von Ratgeberbüchern, was zu tun sei, um das Kind zum Durchschlafen zu bringen. Allein die Tatsache, dass Bücher zu diesem Thema in riesigen Mengen verkauft werden zeigt, dass es wohl der "Normalzustand" ist, dass kleine Kinder nun einmal nicht durchschlafen. Für ein Kind ist das Stillen viel, viel mehr als nur Nahrungsaufnahme. Das Abstillen bedeutet daher auch mehr als das reine Ersetzen einer Nahrung durch eine andere. Im Alter deines Kindes ist es dem Kind auch sehr bewusst, dass Stillen mehr als nur Trinken bedeutet. Ich werde dir jetzt ein paar Möglichkeiten aufzählen, ein älteres Stillkind von der Brust zu entwöhnen. Eine Methode, die sich beim allmählichen Abstillen bewährt hat heißt "biete nicht an, lehne nicht ab". Das bedeutet, dass Du Deinem Kind die Brust nicht von Dir aus anbietest, aber auch nicht ablehnst, wenn es danach verlangt. Viele Kinder wurden auf diese Weise abgestillt. Eine weitere Möglichkeit heißt Ablenkung. Durch Ablenkung abzustillen bedeutet, Deine Gewohnheiten von Tag zu Tag erheblich zu verändern. Du musst die vertrauten Stillsituationen vermeiden und neue Betätigungsfelder schaffen. Für das eine Kind kann das bedeuten, dass Ihr viel häufiger Ausflüge zu Orten unternehmt, die Deinem Kind gefallen und wo es viele Menschen und viel Trubel gibt. Für ein anderes Kind bedeutet dies vielleicht, das Leben erheblich ruhiger zu gestalten, um Situationen, die es als bedrohlich empfindet, zu verringern. Es kann auch ablenkend wirken, wenn Du dein übliches Verhalten in bestimmten Situationen veränderst. Wenn Du zum Beispiel sitzen bleibst anstatt dich hinzulegen, wenn Du dein Kind zum einschlafen bringst. Andere Möglichkeiten sind Vorlesen, Singen oder vielleicht ein neues Spielzeug. Manchmal bringt es dich auch weiter, wenn du das Stillen immer dann, wenn dein Kind diesen Aufschub verkraften kann, für eine Weile verschiebst. Das kannst Du flexibler handhaben als den Vorsatz eine bestimmte Stillmahlzeit ausfallen zu lassen. Du kannst auch versuchen die Stillzeiten zu verkürzen. Viele Mütter haben festgestellt, dass es wirksam und relativ wenig belastend ist, ein Kind so oft anzulegen, wie es möchte, aber es nicht so lange zu stillen. Du kannst Dein Kind eine kleine Weile anlegen und es dann ablenken oder ihm etwas zu essen anbieten. Außerdem möchte ich dir das Buch "Wir stillen noch über das Leben mit gestillten Kleinkindern" von Norma J. Bumgarner empfehlen, das bei La Leche Liga und jeder La Leche Liga Stillberaterin (also auch bei uns) und im Buchhandel erhältlich ist. LLLiebe Grüße Biggi
Mitglied inaktiv
Ist Dir aufgefallen, daß der Kinderarzt sich selber widerspricht? Da ist die Rede davon, daß Dein Sohn seinen Kalorienbedarf mit der leichtverdaulichen Mumi stille. Prima - dann hat er doch die Kalorien, die er braucht, oder? Und dann schreibst Du, daß er mit der Verdauung der Mumi so beschäftigt sei, daß er nichts anderes wolle. Ja, was denn nun - leichtverdaulich (was korrekt ist) oder die Verauung belastend (was absoluter Quatsch ist!)? Welch Glück für den Arzt, daß Du stillst, da ist schnellund leicht der Schuldige gefunden - Die Mutter, die es sich soleicht man und einfach stillt, wenn das Kind will. Es wäre aber ziemlich doof für ihn, wenn du wirklich abstillen würdest und am Gewicht würde sichncihts dramatisches ändern (was übrigens zu erwarten ist). Wenn sowohl Du als auch Dein Mann als Kinder zart und leicht waren, dann ist das höchstwahrscheinlich genetisch bedingt und nicht zu ändern. Also laß Dich bloß nicht verunsichern! Den Eisenwert zu überprüfen ist eine gute Idee, vieleicht liegt es ja auch daran. Meine Tochter hat übrigens auch erst mit einem Jahr angefangen, nenneswerte Menge am Tisch mitzuessen und sehr lange sehr viel gestillt. Mit etwa 18 Monaten hatte ise fast einen Lungenentzündung und hat prompt wieder voll gestillt und danach langsam erst wieder mit dem Essen angefangen. Allerdings weiß mein Kinderarzt, daß er mir mit Abstillen gar nicht zu kommen braucht, und hält sich diesbezüglich zurück. Martina A.
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