Liebe Frau Neumann.
Ich lese hier immer wieder fleißig im Forum mit, vielen Dank für die vielen Rezeptideen und Vorschläge. Eine grobe Vorstellung habe ich mittlerweile auch schon, wie ich meinen Sohn (10 Monate) langsam an die Familienkost gewöhnen kann, doch so richtig konkret weiß ich leider gerade nicht, wie ich Ihre Tipps am besten umsetzen sollte.
- Er scheint aktuell immer weniger Lust auf Brei zu haben, weswegen ich eigentlich denke, dass ein guter Zeitpunkt für die Umstellung erreicht ist. Seit etwa 3-4 Wochen isst er morgens Brot mit Frischkäse oder mit Obstmus. Hier sitzt er mit am Tisch und wir essen zusammen, was ich sehr schön finde und was auch gut klappt.
- Im Laufe des Vormittags oder Nachmittags bekommt er nochmal etwas Brot oder selbstgebackene Bananenmuffins oder Apfelpfannkuchen (ohne Zucker oder nur ganz wenig). Was könnte ich alternativ anbieten? Ich habe leider nicht immer die Zeit etwas zu backen bzw manchmal haben wir Brot mit Körnern, das kann er ja noch nicht essen.
- Mittagessen ist momentan schwierig. Er isst fast nichts, obwohl er Hunger haben müsste. Stattdessen albert er rum, dreht den Kopf weg, schlägt den Löffel weg. Egal was ich ihm anbiete. Ganz fein pürierter Brei, stückig, teilweise stückig. Heute habe ich es mit (getrennt serviert) Reis, weich gekochten Möhrenstückchen und püriertem Hühnerfleisch probiert. Eigentlich Dinge die er schon kennt und bisher problemlos gegessen hat. Er wollte fast nichts. Gestern und in den letzten Tagen öfters dasselbe. Was kann ich tun?
- Mein Gedanke war nun, vielleicht möchte er lieber selbst essen? Bisher wurde er gefüttert. Leider war mir die Wichtigkeit des Selbst-Essens und Ausprobierens in dem Alter bisher nicht so bewusst bzw. ich habe es in der Vergangenheit unterbunden, weil er oft viel zu viel in den Mund genommen und sich verschluckt hat. Ein Stück Gurke mussten wir ihm schon mal aus dem Hals klopfen. Jetzt habe ich natürlich Angst, dass das wieder passiert. Andererseits muss er es ja lernen selbst zu essen.
Wie kann ich jetzt einen guten Anfang dafür finden? Selbst wenn es nur ums Ausprobieren und Kennenlernen geht. Ich habe ihm in den letzten Tagen verschiedenes Essen aufs Tischchen seines Hochstuhls gelegt, in dem er sitzt. Weiche Bananenstückchen, Brotstückchen, Blumenkohlstückchen, Muffin, etc. Er will es nicht mal anfassen und lässt sofort los, wenn ich es ihm in die Hand gebe. Wenn ich es ihm vor den Mund halte isst er es meistens. Habe ich den guten Zeitpunkt verpasst? Ich weiß, dass es mal anders war, er wollte alles anfassen und selbst machen.
- Wenn er anfängt selbst zu essen, wie kann ich vermeiden, dass er wieder zu große Stücke abbeißt und sich verschluckt?
Pinzettengriff kann er noch nicht.
- Er bekommt momentan seine beiden oberen Schneidezähne, die beiden unteren hat er schon. Könnte es sein, dass er wegen Zahnschmerzen nicht essen will? Zeitweise verweigert er alles außer der Milchflasche, was mir zeigt, dass er Hunger hat. Doch eigentlich ist er mittlerweile zu groß um ständig die Flasche zu bekommen. Wir waren zuletzt (bevor es so schwierig wurde) soweit, dass er nur noch nachts 2x und abends zum Einschlafen eine Milchflasche getrunken hat, tagsüber gab es ausschließlich "feste" Kost.
- Milch bekommt er ausschließlich Pre HA (wg. Neurodermitis) bzw. im Abendbrei etwas Kuhmilch, den verweigert er aber mittlerweile fast völlig.
- Familienkost heißt ja, er isst das was wir auch essen. Das kann ich mir momentan noch nicht so richtig vorstellen, denn mein Mann isst viel Fleisch und alles gerne scharf gewürzt. Was können wir konkret kochen, dass unser Kleiner mitessen kann und alle zufrieden sind?
Ich bin ratlos, ich hoffe Sie können mir etwas weiterhelfen. Vielen Dank und liebe Grüße,
Nela
von
sch0koperle
am 13.04.2020, 21:16
Antwort auf:
Einführung der Familienkost
Hallo Sch0koperle
ui, das ist ja eine ganze Menge, was du schreibst. Im Prinzip weißt du eine ganze Menge und suchst nun nach praktikablen Lösung für die Familienküche.
Dein Sohn möchte immer seltener und immer weniger Brei essen, er liebt aber durchaus schon einige feste Speisen wie Brot und Obst, Gemüse, kleine kuchenartige Speisen sowie anderes. Das alles klappt durchaus schon sehr routiniert und bis auf einen Schreckmoment verlief der unbewusste Übergang von Brei zu fester Kost in den letzten 3-4 Wochen durchaus ganz entspannt und zufriedenstellend für beide Seiten. Für Eltern und Baby.
Der UNterschied zur echten Familienkost, wie sie ideaelerweise ablaufen sollte, liegt bei euch in der Art und Weise. Du fütterst oder versuchst dein Baby zu füttern. Manchmal gelingt es dir besser und manchmal nur mäßig gut.
Was du vielleicht einmal ausprobieren könntest:
Biete im Lauf der Vormittags lediglich 1 Mahlzeit an, ein Frühstück, welches aus Brotstäbchen und Milch besteht. Entweder du reichst etwas Obst dazu oder du servierst etwas Obst im Verlauf des Vormittags, falls die Zeitspanne dazwischen (bis mittgas) zu groß ist. da sich die Mittagsmahlzeit momentan etwas zäh gestaltet, wie du schreibst, wäre es einen Versuch wert, die Energiezufuhr am Vormittag weniger üppig zu gestalten. Vielleicht sind Brot und Bananenmuffins, Apfelpfannkuchen und dergleichen einfachzu viel, so dass dein Kind bis zum MIttag einfach keinen Hunger hat.
Das Wegdrehen des Kopfes sind durchaus eindeutige Zeichen für Sattsein.
Zum gewohnten Brei dazu kannst und darfst und solltest du ihm zusätzlich Fingerfood anbieten. Blumenkohlröschen neben einem frisch zubereiteten Kartoffelbrei sind super. Dazu könntest du bspw leichte Frikadellen anbieten. Diese könntest du unkompliziert neben den üblichen Frikadellen zubereiten. Die Anteile welche du für dein Baby zubereitest kannst du einfach etwas dezenter würzen. Das ergibt kaum Mehraufwand und trotzdem am Ende alle zufrieden. Und alle essen das Gleiche. Es sieht für deinen Sohn auf jeden Fall so aus. Die Frikadellen dürfen durchaus die gleiche Würzung haben (nur nicht scharf), nur kannst du sie dezenter würzen - weniger von allem. Ein Hauch vom typischen Aroma ist immer noch das gleiche Aroma und auch das Mundgefühl bleibt gleich.
Das Zahnen kann ebenfalls einen Einfluss auf den Appetit haben. In solchen besonderen Zeiten dürfstest du vorübergehend auch ruhig öfter die Pre-(1er)Milchflasche geben. Das müsstest du am besten individuell, situationsbedingt und sensibel entscheiden. Im Alter deines Sohnes wäre es absolut in Ordnung - vorübergehend und dem Zweck dienend.
Was die Stückgröße betrifft - wie wäre es mit länglichen Stücken, die dein Sohn besser in die Hand nehmen könnte.
Das mit der Hand befühlen ist ein wichtiger Zwischenschritt für die Akzeptanz.
Ich glaube, ich habe das in diesem Posting ganz gut beschreiben können:
https://www.rund-ums-baby.de/experten/kochen-fuer-kinder/Familienkost-Mittags-wird-verweigert_48089.htm
Was das Brot betrifft - kaufe vorübergehend eine Sorte, welche dein Kind gut essen kann.
Oder magst du selbst eines backen?
Brot kannst du 2- (3) mal am Tag anbieten. Es lässt sich verschiedentlich ergänzen. Mit Aufstrichen oder Obst, Gemüse, Butter, Öl, etc
Kartoffeln Süßkartoffeln. weich gekochte Nudeln - all das kannst du täglich mittags servieren. Dazu verschiedene Kreationen aus den Zutaten.
bspw:
Süßkartoffelbratlinge
150g Süßkartoffel
1 mittelgroße Zwiebel fein gewürfelt
2 TL getrocknete Petersilie
1 EL Margarine/Öl
Salz
Öl
50g Haferflocken, zerkleinert
Gegarte Süßkartoffel kurz abkühlen lassen, schälen und dann zerstampfen. Den Stampf mit den Haferflocken, dem Ei, 2 Esslöffeln Öl, den gedünsteten Zwiebeln, der Petersilie sowie etwas Salz und Pfeffer vermengen. Anschließend kannst du die Süßkartoffel-Masse zu vier Bratlingen formen und leicht anbraten.
Im Anhang ist ein Foto. Es zeigt Blumenkohlröschen neben Süßkartoffelbrei. Dazu geschnittene Blumenkohlbratlinge an Klecksen von Tomatensosse. Die Zutaten sind beliebig austauschbar. Sie zeigen dir nur eine kleine Idee, wie du eure Familienspeisen für euren Sohn modifizieren kannst.
Weiche Gemüsestückchen, neben Brei und dazu "Fleisch" in einer geeigenten Form. Hier in einer vegetarischen Alternative.
Meld dich gerne wieder, wenn du noch Fragen hast, oder die ein oder andere aus deinem Posting oben jetzt unbeantwortet blieb.
Viele Grüße
Birgit Neumann
P.S. hier noch mal eine Zusammenfasung zur geeigneten Speisenauswahl
geeignete Speisen:
https://www.rund-ums-baby.de/experten/kochen-fuer-kinder/Familienessen_47875.htm
von
Birgit Neumann
am 15.04.2020