Frage im Expertenforum Hebamme an M. Sc. Martina Höfel:

Steißgeburt - Gedanken über ungelegte Eier!

M. Sc. Martina Höfel

M. Sc. Martina Höfel
Master of Science in Midwifery, Hebamme im DHV - Deutscher HebammenVerband e.V.

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Frage: Steißgeburt - Gedanken über ungelegte Eier!

Mitglied inaktiv

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Hallo Frau Höfel, mein Bauchbweohner hat ja noch Zeit sich zu drehen (26.ssw), aber ich mach mir Gedanken über eine evtl. Steißgeburt. Bei meiner ersten Tochter hieß es im Krankenhaus, dass sie ungern Erstgebärende eine Steißgeburt machen lassen, aus Sorge, dass dann der Kopf evtl. nicht durchpasst. Bei jedem weitern Kind sehen sie da kein Problem. Erstes Kind passte schon mal durch, war auch normale Schädellage. Gibt es eigentlich irgendwelche Studien, was Kindern bei einer Steißgeburt passieren kann und wie wahrscheinlich das ist. Wird zwar in der heutigen Zeit schwer sein, weil meist ja Kaiserschinitt gemacht wird, aber vielleicht wissen sie da Quellen. Meine Schwiegermutter hat mir da so einen Floh in den Ohr gesetzt, dass eine natürliche Steißgeburt unverantwortlich ist, sowohl für Mutter und Kind. Was kann mir denn passierne, was bei einer Schädellage nicht auch passieren kann? Mir geht es in erster Linie ums Kind. Möchte mir nach Komplikationen nicht Vorwürfe machen, weil ich einen Kaisserschnitt nur wenn das Leben von Kind oder mir auf dem Spiel steht möchte. Was gibt es denn nun eigentlich alles für Möglichkeiten den Zwerg zum Ende hin doch noch zum drehen zu Motivieren? LG Regina


Martina Höfel

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Liebe Regina, ich zitiere aus meiner Semesterarbeit. Zitatanfang: „Die sicherste und einfachste Art, das fetale geburtsmechanische Risiko bei Beckenendlagen zu vermeiden, ist die systematische Schnittentbindung“ Kubli 1975 Die Überzeugung Kublis und die technische Aufrüstung der Kreißsäle durch fetales und maternales Monitoring führte dazu, dass in Deutschland den vermeintlichen fetalen Risiken bei einer vaginalen Entbindung mit einer Sectio begegnet wurde. Kubli hat seine Aussage in späteren Jahren relativiert, aber das hat niemanden interessiert. Viele Geburtsmediziner konnten sich zu Beginn der 80er Jahre noch kein Bild von der Größe und Lage des Feten machen, da sie schlecht oder gar nicht in der Ultraschalltechnik ausgebildet waren. So erklärt sich, dass 1984 im Bericht der Standardkommision Beckenendlage (Berg et al 1984), der unter anderem auch Kubli angehörte, die Indikationen für eine Sectio weit gefasst wurden. Die Technik des Kaiserschnittes hatten alle angehenden Frauenärzte anlässlich einer Weiterbildung erlernt. Rauskolb (2005) analysierte die Daten der niedersächsischen Perinatalstatistik und kommt zu dem Ergebnis, dass die Rate bei Erstgebärenden bei fast 100% und bei Mehrgebärenden zwischen 84 und 90% liegt. Da für das gesamte Land kongruente Zahlen angenommen werden können, bedeutet dies, dass die aktuelle Kaiserschnittrate in Deutschland bei Beckenendlage bei 90% liegt. Diese Zahlen betreffen nicht nur Deutschland, sondern sind weltweit zu finden. (Alexandersson 2005) An dieser Entwicklung war eine im Jahr 2000 veröffentlichte, prospektiv randomisierte Studie von Hannah et al maßgeblich beteiligt. Der so genannte „Term Breech Trial“ untersuchte 2088 Geburten aus Beckenendlage. Hannah et al kamen zu dem Schluss, dass kindliche Mortalität und schwere Morbidität bei Beckenendlage bei einem geplanten Kaiserschnitt signifikant geringer waren als bei geplanter vaginaler Geburt. 5% der vaginal geborenen Kinder starben oder waren ernsthaft geschädigt, aber nur 1,6% der Kaiserschnitt-Kinder. Aus diesen Zahlen wurde geschlossen, dass die vaginale Entbindung bei Beckenendlagen ein höheres Risiko für die Kinder beinhaltete als die Sectio. Nach Veröffentlichung des „Term breech Trial“ (TBT) änderte sich weltweit der Geburtsmodus für Beckenendlagen und die Sectio-Raten stiegen überproportional an (Krause & Feige 2002; Alexandersson 2005) Mittlerweile gibt es deutliche Zweifel an der Gültigkeit der Ergebnisse des TBT. Der Studie von Hannah et al. werden erhebliche methodische Schwächen nachgewiesen in Bezug auf die Vergleichbarkeit der Krankenhäuser und der Erfahrung der geburtshilflichen Teams. Bei aktuellen Re-Analysen lösten sich die Unterschiede hinsichtlich Morbidität (Erkrankungen) und Mortalität (Sterblichkeit) der Neugeborenen auf. (Glezerman, 2006; Dirschlmayer 2006; Alarab 2004; Keirse 2002). Nichtsdestotrotz gilt das Ergebnis der Studie jetzt als Evidenz für die Überlegenheit des Kaiserschnittes bei Beckenendlage. Die Rechtsprechung weißt umgekehrt aber kaum Fälle auf, bei der die Sectio als ein für die Mutter gefährliches Verfahren bestraft wird (...) . Die vaginale Geburt bei einer BEL wird dagegen als Vorgehen mit hohen kindlichen Risiko gesehen. (..........) In Deutschland wurde 1994 eine Weiterbildungsordnung für Ärzte verabschiedet, die das Fach Geburtshilfe in drei Spezialgebiete ( spezielle operative Gynäkologie - Endokrinologie und Reproduktionsmedizin- spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin) aufteilte (Weiss 1994). Dies hat zur Folge, dass sich zwei Drittel der Mediziner gedanklich nicht mehr mit der vaginalen Entbindung bei BEL auseinandersetzen. Diese Ärzte betreiben heute Schwangerenvorsorge und beraten Frauen über ein Thema, von dem sie eigentlich keine oder nur wenig Fachkenntnisse besitzen (Rockel-Loenhoff 2005). Die Folge davon ist, dass sich nach entsprechender Aufklärung, immer mehr Frauen für eine Sectio als Geburtsalternative entscheiden. " Zitatende So - und nun? Die primäre Sectio sicherer als die normale Geburt? Die Kinder nach Kaiserschnitt aber schlechter drauf als nach vaginaler Geburt? Und die Frauen? Nach einer der größten Bauchoperationen auch ein stückweit um die Möglichkeit gebracht, das zu tun, was Ihre Bestimmung und ihr Wunsch ist - nämlich zu gebären. Das hört sich pathetisch an - aber wir betreuen oft genug Frauen, die nach einem Kaiserschnitt psychische Probleme haben. Denen einfach etwas fehlt. Und ein Kaiserschnitt ist auch nicht ohne: Wundheilungsstörungen, Thrombosegefahr, die Verletzung der Blase usw. Und das Folgerisiko für weitere Entbindungen, denn die Gebärmutter ist mit einer Narbe versehen! Der "Trick" bei alledem ist doch: was will die Frau und was kann ich ihr anbieten? Eine Frau mit einem 5000g Kind im Bauch wird eine Sectio bekommen - da das Kind zu groß ist. Kein Thema. Die Frau, die Angst vor einer spontanen Entbindung hat, wird ebenfalls ihre Sectio bekommen. Auch kein Thema. Aber nicht jede Frau will einen Kaiserschnitt und dann ist die normale Geburt dran. Dafür müssen ein paar Voraussetzungen gegeben sein: ein erfahrener Arzt und eine erfahrene Hebamme sollten vor Ort sein und ein OP-Team in Rufbereitschaft. Und dann ist auch eine BEL-Entbindung eine sichere Alternative! Fakt ist: Der Kaiserschnitt ist eine der größten Bauchoperationen die wir haben. Die Frau wird bis in die Mitte aufgeschnitten - eine Schicht tiefer und man ist schon wieder auf dem Weg nach draußen! Die Risiken für die Frau sind: Narkoserisiko (Embolie, Kreislauf etc.) Verletzungsrisiko (Blase, Blutgefäße) Wundheilungsstörungen (Entzündung der Naht bis hin zur Sepsis) Spätere Verwachsungen (kleinste Narben im Gewebe - machen unter Umständen massiv Probleme) Verschleppung von Schleimhautgewebe in das umliegende Binde- und Muskelgewebe = Endometriose Die Gebärmutter hat eine Narbe, d.h. festes Bindegewebe. Dieses ist nicht mehr so dehnbar. Gefahr der Uterusruptur (aber nur 2%- also zu vernachlässigen). Dazu paßt aber wiederum die Sudie, die SilkeB zitiert. Das Risiko für die Frau ist somit um das 4-10fache gegebüber der vaginalen Geburt erhöht. Fakt ist auch, dass Kaiserschnittkinder oft massive Anpassungsstörungen (Wärmeregulierung, Atmung etc.) haben, da sie ohne Vorwahrnung aus ihrer Umgebung gerissen werden. Nicht umsonst ist es wünschenswert, dass Frau vor dem Eingriff Wehen hat! Über die Entwicklung von Wunschkaiserschnittkindern gibt es noch keine Langzeit-Studien, da die Kaiserschnittraten erst in den letzten Jahren so rapide gestiegen sind! Und Studien über Bindung, etc. über Jahrzehnte laufen. Auch eine vaginale Entbindung hat Ihre Risiken - natürlich! Der Trick ist es, diese Risiken durch eine gute Betreuung rechtzeitig zu erkennen und durch geeignete Maßnahmen abzuwenden. Für den Notfall ist das z.B. der Kaiserschnitt! Theoretisch hat das Kind die Möglichkeit, sich bis zur Geburt zu drehen. Wir machen nicht umsonst vor einem Kaiserschnitt wegen BEL vor der Fahrt in den OP noch einen Schall! Etwa 5% aller Kinder werden aus BEL geboren. Bei Frühgeburten sind es etwas mehr, denn in der 20.-30. SSW befindet sich ca. jedes 3. Kind noch in BEL, in der 35. SSW noch jedes 10. Selbst nach der 37.SSW dreht sich ein Teil der Kinder noch in eine Schädellage. Die Ursachen sind eher Theorie: - Die Form der Gebärmutter, des Beckeneinganges oder des kindl. Körpers kann so verändert sein, dass die Formübereinstimmung eher durch BEL als durch SL gefunden wird. - Bei überreichlichem Raumangebot soll dem Kind die Orientierung fehlen oder einfach nur der Zwang zur Formübereinstimmung - Raummangel soll eine spontane Drehung verhindern. Wichtig: eine gute Planung, wenn die 32./33. Woche vollendet und das Kind immernoch in BEL liegt! Schritt 1: greifen Sie zum Telefon und rufen eine Hebamme an, damit Sie Ihnen die korrekte Ausführung der Indischen Brücke zeigt. Moxen wäre auch eine Alternative. Auch Akupunktur kommt zum Einsatz (ab 34. SSW). Schritt 2: machen Sie einen Termin zum ambulanten Gespräch in der Klinik. Meist ist das ganze Getöse (Gespräch in der Klinik, Papiere fertigmachen, Gespräch über Sectio und vorherigen Spontanversuch) für die Katz, da sich das Kind noch dreht. Die BEL gehört zu den Risikogeburten. Der Po ist so weich, dass er manchmal den Muttermund nicht genug aufdehnt oder das Kind legt sich in eine geburtsschwierige Lage - dann muß ein Kaiserschnitt gemacht werden. Vor 15 Jahren hat man jeder Frau mit BEL gnadenlos den Bauch aufgeschnitten. Aus Sicherheitsgründen! Weil man Angst hatte, dass der nachfolgende Kopf steckenblieb und das Kind Schaden nahm. Heute zeigt uns der Ultraschall, ob eine spontane Geburt möglich ist. Und noch eins: neueste Studien zeigen, dass die Kinder den primären Kaiserschnitt nicht so gut verkraften - sie reagieren mit Anpassungsstörungen. Ich arbeite an einer Klinik, die Beckenendlagen spontan zur Welt kommen läßt - und kann das nur befürworten. Bei einer spontanen BEL erwartet Sie in der Klinik nur wenig anderes als bei einer Schädellage. Ab Muttermund vollständig werden Sie besonders überwacht, eine PDA ist meist usus und zur Geburt kommt der Oberarzt. Die äußere Wendung ist eher gegen Ende der Schwangerschaft angesagt, da dann weniger Gefahr besteht, dass sich das Kind zurück dreht. Eine äußere Wendung wird meist unter PDA (und manchmal in Sectio-Bereitschaft) gemacht. Sie sehen - von unverantwortlich kann nicht die Rede sein! Liebe Grüße Martina Höfel


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Hallo Regina! Ich habe meine Tochter (3. Kind) aus BEL normal entbunden. Bei der Vorstellung im KH sagte die Ärztin, dass das Risiko für das Kind bei einer BEL- Geburt nicht viel höher wäre als bei einer Geburt aus SL (zumindest, wenn die Geburtshelfer ihr Handwerk verstehen). Allerdings wäre das Risiko für die Frau durch einen Kaiserschnitt Probleme zu bekommen viel höher als bei einer normalen Geburt. Ein KS ist eine große OP, das wird oft unterschätzt. Und den Frauen nicht immer gesagt, da viele ÄrztInnen noch nie eine Geburt aus BEL gemacht haben. Ich würde immer wieder spontan aus der BEL entbinden. Einziger Unterschied war nur, dass ich einen Wehentropf hatte und zwei Oberärztinnen bei der Geburt da waren (eine allerdings nur, weil sie es so toll fand, dass ich spontan entbinde). Ich hatte keine PDA (hatte ich bei den anderen Geburten auch nicht) und es lief alles komplikationslos. OP- Team war natürlich in Bereitschaft, das ist so Usus. Wegen des Drehens setzt dich doch mal mit deiner Hebamme in Verbindung, die kennen da sicher Tricks. Vielleicht hat das Kind ja auch einen Grund, warum es sich nicht dreht. Meine hatte die Nabelschnur um den Arm und hat sich wohl deshalb nicht gedreht. LG Silke


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o.t.


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