Frage im Expertenforum Erziehung an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens:

Normal oder selektiver mutismus?

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens
Diplom Sozialpädagogin

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Frage: Normal oder selektiver mutismus?

danisahnee

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Hallo Frau Ubbens, Ich mache mir Gedanken über das Soazialverhalten meiner kleinen Tochter und bitte Sie um eine Einschätzung. Eine Info vorab: Alida wurde diesen Monat 3 Jahre alt, Hat Seit über einem Jahr Kindereheuma, sehr viele schmerzhafte Krankenhausaufenthalte und auch im Alltag sehr viele (schmerzhafte) Termine beim Arzt über sich ergehen lassen müssen. (Sie bekommt wöchentlich 2 spritzen, alle 4 Wochen blutentnahmen) Seit einiger Zeit geht sie einmal wöchentlich in den (Wald)Kindergarten, seit Juli täglich. Leider mit einer 2 wöchigen Pause, da sie stationär behandelt wurde. (Wieder sehr schmerzhaft mit einigen angteinflösenden Situationen für sie) wir sind mitten in der eingewöhnung Sie kennt "hallo und tschüss" sagt es aber nicht... grundsätzlich zu niemandem ausser zu ihrem papa. Auf den hinweis, dass sie ruhig "hallo" sagen darf, antwortet sie mit "alida hat keinen Mund" Wenn sich eine andere Person ausser mama oder papa ihr nähert, verteinert sie richtig, antwortet auf keine fragen (wie alt bist du, wie heisst du). Oder eben wieder "alida hat ihren mund verloren" Bei kindern ist es besonders schlimm. Sie spricht im kiGa nicht mit anderen Kindern. Kein einziges Wort. Sie guckt mich sehr hilfesuchend an, wenn ein kind zu ihr hingeht und spielt oder sie nur anspricht. Sie ignoriert die kinder. Meistens ist es dann so, dass die Kinder etwas machen, was sie nicht möchte... (mit dem selben topf wie sie spielen, "ihre" Schaukel besetzen, sie anschubsen wollen) sie lässt es dann einfach mit sich machen, solange bis sie aus der Situation flüchten kann oder guckt mich an und/oder bittet mich um hilfe. Mit den erzieherinnen spricht sie, aber nur wenn sie merkt, dass die Erzieherin sich nur ihr widmet. Da erzählt sie und ist fröhlich. Und genau dann schickt sie mich weg. Sie sagt dann sehr deutlich, dass ich einkaufen gehen soll etc. Wenn sie zu einer erwachsenen person vertrauen gefunden hat, spricht sie auch mit ihr und spielt. Beim kinderarzt gibt sie seeeeeehr zögerlich die hand (wenn überhaupt und nur ihm) und eine lieblingsarzthelferin hat sie, zu der sie sogar ohne mich geht und wenige minuten alleine in der Praxis bleibt, wenn ich etwas aus dem auto holen muss. Zu ergotherapie geht sie auch wegen dem rheuma, da ist sie nicht mehr schüchtern, sobald die Therapeutin etwas tolles mit ihr macht (rutschen, schaukeln, basteln). Ebenso die krankengymnastik. Ich frage deshalb, weil der kinderarzt heute bei der u7a etwas hellhörig wurde als ich erzählte, dass alida sich "tot-stellt" sobald ein kind ihr zu nahe kommt. Auf Nachfrage, ob sie mit Erziehern redet und ich das bejahte, meinte er, dass alida einfach nur unglaublich unsicher ist und sich das mit der zeit gibt, es aber wichtig ist sie in den kiga zu schicken. (Dafür bin ich auch). Ich hab dann natürlich gegooglet und bin auf selektiver mutismus gestoßen. Was denken sie? Bisher hat keiner diesen Verdacht geäussert, gerade weil alida eine sehr schwierige Zeit hat. Aber das sie diese Angst ausgerechnet bei den Kindern zeigt? Dieses ignorieren hatte sie jetzt im letzten klinikaufenthalt sehr deutlich, vorallem dieser einfrierende Blick sobald eine Schwester das Zimmer betreten hat... klar, es hat ihr unterm Strich ja doch immer jemand weh getan... aber eben kein kind... Bitte entschuldigen Sie, der text wurde recht lang aber ich denke nur so können sie sich ansatzweise ein bild aus der Ferne machen. Wie verhalte ich mich am besten? Eigentlich merke ich selber beim schreiben dass sie sehr wohl kommuniziert und ich ihr wohl tatsächlich zeit geben muss... was meinen Sie? Vielen Dank fürs lesen und herzliche Grüße


Sylvia Ubbens

Sylvia Ubbens

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Liebe danisahnee, Sie haben schon eine sehr gute Rückmeldung erhalten. Dem kann ich nichts mehr hinzufügen. Nur auch noch einmal von hier: Keinesfalls hört es sich bei Ihrer Tochter nach selektivem Mutismus an. Viele Grüße Sylvia


cube

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Ich denke, dein KiA hat Recht - sie ist sehr unsicher/verunsichert und benötigt noch Zeit, sich einzugewöhnen. Zeit auch, um insgesamt offener auf fremde Personen zuzugehen. "Hallo/Tschüss" oder die Hand geben - das ist für viele Kinder sehr schwer bzw. sie möchten es noch nicht/trauen sich noch nicht. Das würde ich als ganz normal sehen. Ich persönlich finde auch nicht, dass man zwingend die Hand geben muss. Ich tue das tatsächlich auch nicht immer - ist eher situationsabhängig. Und es gibt auch genug Erwachsene, die es nur tun, wenn es gar nicht anders geht. Und auch mit fremden Personen selbst sprechen tun nun wirklich nicht alle Kinder mit 3 Jahren. Klar gibt es die Plappertaschen ;-) Aber genau so viele Kinder, die sich das erst 1-2 Jahre später wirklich locker zutrauen. Unser Kind ist 7 - und in fremden Situationen mit zusätzlich fremden Menschen ist er auch eher sehr zurückhaltend, beobachtet erst mal und Grüßt eigentlich nur, weil "man das so macht" - nicht, weil er das jetzt wirklich will. Was das "tot-stellen" gegenüber Kindern angeht - ich denke, dies kann sie in ihren Reaktionen einfach schwerer einschätzen als einen Erwachsenen und ist deswegen dort noch verunsicherter. Auch, wenn ihr noch kein Kind Schmerzen zugefügt hat. Aber ihre normale Umgebung hat bislang gerade auch durch die Krankenhausaufenthalte hauptsächlich wohl aus Erwachsenen bestanden. Diese Begegnungen waren nicht immer schön - aber sie sind für sie einschätzbar geworden. Kinder hingegen sind impulsiv, sagen in der einen Minute dies und in der nächsten das Gegenteil. Wollen jetzt gerade mit ihr spielen und 2 min. später doch lieber schaukeln gehen. Ich glaube auch, sie braucht einfach Zeit, sich an die Impulsivität und Unwägbarkeiten von vielen Kindern auf einem Haufen gewöhnen zu können.


danisahnee

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Vielen Dank für deine tolle, ausführliche Antwort. Bis gestern hab ich das 1 zu 1 genau so gesehen wie du...der KiA hat mich nur momentan verunsichert. Bzw das googlen danach... dass der KiA nachfragt ist ja gut... übrigens ist er derjige der immer die Hand reicht... keiner aus unserem Umfeld legt Wert drauf, ich möchte sie da auch auf keinen Fall dazu zwingen... genau so wie das Grüßen ohne hand schütteln... ja und die Situationen mit Kindern... du hast es als aussenstehende toll beschrieben, so hab ich jetzt auch wieder nen anderen Blick drauf. Ein Gespräch mit der Erzieherin hat heut morgens übrigens gleiches "ergeben" und ich bin froh, sie gefragt zu haben...


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