JC03
Liebe Frau Henkes, ich habe zwei Fragen an Sie, die miteinander zu tun haben. Falls es zu umfangreich wäre, beide Fragen zu beantworten, so möchte ich Sie bitten, eine für Ihre Antwort auszuwählen. Ich würde in diesem Fall demnächst mit der zweiten Frage wieder auf Sie zukommen, wenn ich darf. Vielen Dank im Vorfeld! Zunächst zur Situation: Unser Sohn ist zehn Monate alt. Von Anfang an war er sehr temperamentvoll und früh motorisch aktiv, wirkte aber häufig gestresst, was wir etwa an oftmaligem Überstrecken, starker Schreckhaftigkeit, Geräuschempfindlichkeit bemerkten und immer noch bemerken. Phasenweise ist unser Kleiner unheimlich freudig und begeisterungsfähig, aber seit rund zwei Monaten wirkt er häufig, als würde er sich gerade in seiner Haut so gar nicht wohlfühlen. Er quengelt an manchen Tagen fast durchgehend, nur von kurzen Pausen unterbrochen, und fängt oft beim kleinsten Anlass zu schreien an, teilweise brüllt er schrill und mit hochrotem Kopf aus heiterem Himmel, ohne dass wir von außen einen Auslöser identifizieren können. Derzeit passiert das täglich, zum Teil mehrfach. Meist lässt er sich innerhalb einiger Minuten wieder beruhigen; nur einmal war es bisher so, dass er 20 Minuten am Stück gebrüllt hat. Körperlich ist bei ihm laut der Kinderärztin zum Glück alles in Ordnung. In diesem Alter durchlaufen Kinder ja unheimlich viele Entwicklungen. Die anderen Kinder, die ich in diesem Alter kenne, nehmen sowohl die Mütter als auch ich selbst jedoch als vergleichsweise gleichmütiger wahr, ohne solch regelmäßig heftige emotionale Ausschläge in die eine oder andere Richtung. Nun meine Frage an Sie: Wie können mein Mann und ich unseren Sohn am besten unterstützen, gerade wenn ihn die Gefühle so überkommen? Wir versuchen beide, Ruhe auszustrahlen, ich singe ihm viel vor, wir bieten Körperkontakt an, den er aber oftmals gar nicht so haben möchte. Auf den Arm möchte er meist schon, aber gerade ich kann das nur kurzzeitig leisten. Bietet sich noch etwas an, womit wir in seinem jungen Alter co-regulierend wirken können? Ich habe noch eine Frage zu einer konkreten Situation, die täglich auftritt. Wenn ich in der Küche bin, um z.B. seinen Brei zuzubereiten, hängt sich unser Sohn an mein Bein und quengelt, weil er auf den Arm genommen werden möchte. Ich denke, zum einen möchte er gerne verfolgen, was ich am Herd mache, zum anderen möchte er Aufmerksamkeit und vielleicht Nähe haben. Ich zeige ihm dann immer kurz, was ich mache und bin danach hin- und hergerissen, was ich tun soll. Ich versuche zunächst, ihn wegzusetzen, ihm etwas zu spielen zu geben und weiterhin mit ihm zu sprechen. Dies klappt aber nicht lange; nach kurzer Zeit hängt er sich wieder an mein Bein, schreit nach und nach immer vehementer und steigert sich richtig hinein. Ihn in den Hochstuhl zu setzen und von dort aus zusehen zu lassen, klappt nicht, weil er sich einfach gerne bewegt und es gar nicht mag, wenn er irgendwo festsitzt, sei es nun im Hochstuhl oder der Babyschale. Meist gebe ich dann nach und versuche, den Brei irgendwie mit einer Hand fertig zu machen. Dies kann jedoch nicht die Lösung sein. Richtig kochen kann ich so nicht und es strengt mich an, immer erst abends zu kochen, wenn er schläft. Einerseits denke ich, dass er jetzt in einem Alter ist, wo er langsam lernen kann, dass er nicht immer seinen Willen durchsetzen kann, andererseits frage ich mich, ob es ein echtes Bedürfnis nach Nähe ist, dem ich bestmöglich nachkommen sollte, wenn er so klammert und weint. Haben Sie einen Tipp für mich, wie ich in der konkreten Situation vorgehen kann? Sie ist nur beispielhaft, aber da sie täglich auftritt, wäre mir sehr an Tipps gelegen, die ich vielleicht auch auf andere Situationen übertragen kann. Für eine Einschätzung bin ich Ihnen sehr dankbar! Beste Grüße JC03
Guten Tag, das Verhalten von Babys wird nicht nur von verschiedenen Entwicklungsphasen sondern auch von Temperament und Charakter eines Kindes beeinflusst. Möglicherweise hat Ihr Sohn ein besonders lebhaftes Temperament. Das ist in Ordnung und lässt sich v.a. in diesem Alter kaum von außen beeinflussen. Im Alter Ihres Sohnes reagieren viele Kinder noch empfindlich auf bestimmte Geräusche oder sind schreckhaft. Kinder müssen dann erst lernen, solche Geräusche als unproblematisch in ihre auditive Wahrnehmung zu integrieren. Das ist ein Entwicklungsprozess. Ich denke, Sie gehen sehr angemessen und für Ihren Sohn unterstützend mit seinem Verhalten um. Sie bleiben ruhig und geduldig und zeigen ihm so, dass Sie sein Verhalten gut aushalten können und sich um Abhilfe bemühen. Das können Sie ihm sagen, auch wenn er das noch nicht verstehen kann. Spiegeln Sie ihm seinen Zustand. "Jetzt was du gar nicht, was dir hilft. Dann schaue ich mal, wie ich dir am besten helfen kann." Sie können sich zu Ihrem Sohn auf den Boden begeben und Körperkontakt herstellen, wenn Sie ihn nicht gut lange tragen können. Bezüglich der Kochsituation möchte ich Ihnen sagen, dass Ihr Sohn noch nicht in der Lage ist zu lernen, dass er seinen Willen nicht durchsetzen kann. Er kennt seinen Willen noch nicht und versucht auch nicht ihn durchzusetzen. Diese Phase kommt erst später. Jetzt signalisiert er Ihnen ein für ihn wichtiges Bedürfnis, sei es den Wunsch nach körperlicher Nähe oder Neugier auf das, was Sie tun. Ihr Sohn hat die gute Erfahrung gemacht, dass Sie seine Bedürfnisse möglichst umfassend befriedigen. Daher quengelt er jetzt, bis das aktuelle Bedürfnis ebenfalls befriedigt wird. Sie können Ihrem Sohn ermöglichen, Ihnen beim Kochen zuzusehen. Es gibt jetzt Stehhilfen für Kinder, in denen sie geschützt auf die Arbeitsebene der Erwachsenen schauen und so ihre Neugier befriedigen können. Sie können Ihrem Sohn außerdem auf dem Boden eine eigene Kochstelle einrichten. Ein alter Kochtopf, ein Löffel und etwas Sicheres, dass er umrühren kann, ermöglichen ihm eine eigene Aktivität, wie Sie sie gerade vornehmen. Damit lassen sich Kinder oft sinnvoll ablenken und beruhigen. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes
JC03
Liebe Frau Henkes, ich danke Ihnen sehr für Ihre ausführliche und hilfreiche Antwort! Beste Grüße JC03
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