AnniLou
Sehr geehrte Frau Henkes, ich möchte Sie um Rat bitten wie ich meinem erstgeborenen Sohn (4 Jahre, wird bald 5) helfen kann. Im Kindergarten (in 2 verschiedenen wegen Umzug) ist er mit seinem Verhalten aufgefallen. Meist wird gesagt "er lebt in seiner eigenen Welt". Man kommt häufig nicht zu ihm durch. Er "hört nicht" zieht sich nicht an, wenn er das im Kindergarten soll. Er ist (früher täglich, mittlerweile nur noch gelegentlich) durch sehr lange andauernde "Ausraster" aufgefallen. Absolut nicht aggressiv. Er schreit und weint dann lange Zeit und lässt sich nicht beruhigen. Anlässe waren z.B. anderes Kind schmeißt Turm um den er gebaut hat, er muss sein Spielzeug an der Garderobe ablegen und darf es nicht mit rein nehmen,... Außerdem fiel in beiden Kindergärten auf, dass er die Kinder nicht auseinander halten kann. Er nennt sie häufig beim falschen Namen. Freunde finden fällt ihm schwer. Obwohl er sehr offen ist und auf jeden zugeht, aber eher auf Erwachsene. Zu Hause ist er von Anfang an ein sehr forderndes Kind. Schreibaby gewesen. Schläft schon immer auffällig wenig. Extrem lange intensive Trotzanfälle im typischen Trotzalter gehabt. Sein Verhalten ist etwas zwanghaft (immer gleiche Reihenfolge, nichts darf kaputt gehen oder verloren gehen etc). Veränderungen sind schwer zu ertragen für ihn. Bezüglich Erziehung war ich sicherlich nicht konsequent genug. Ich weiß nicht, ob sein Verhalten an meiner Erziehung liebt. Zum Beispiel erteilt er ständig Aufträge an uns Eltern wie ihm Ausmalbilder drucken. Mit so einer Penetranz. Er schreit und nörgelt stundenlang. Wir ziehen trotzdem mehrmals am Tag durch, da ein Wunsch auf den anderen folgt und man ihn tatsächlich nie zufrieden bekommt. Egal wie viele Sachen bereits erfüllt wurden. Er ist seit er 2 Jahre ist tags und nachts trocken. Allerdings erledigt er sein großes Geschäft nur in eine Windel, die er dann verlangt. Er wirkt ziemlich ungeschickt und stolpert häufig. Brille wegen leichter Fehlsichtigkeit trägt er aber bereits seit über einem Jahr. Er liebt Autos und redet seit er sprechen kann zu 90 Prozent über Autos/Automarken. Ansonsten interessiert er sich sehr für Zahlen, Buchstaben und Verkehrsschilder. Er redet sehr sehr viel, fast ununterbrochen. Platzt anderen auch immer ins Wort. Ermahnungen helfen bisher nicht. Wenn ich das so aufschreibe, klingt es eventuell nach Asperger-Autismus. Was wir als Eltern aber aufgrund folgenden Eigenschaften eher ausschließen: Er ist extrem mitfühlend und sensibel (evtl. hochsensibel? auf Kritik oder Schimpfen reagiert er extrem). Er merkt Gefühle anderer sofort. Er hält gut Blickkontakt. Unser Kinderarzt sieht zwar keinen Handlungsbedarf, hat uns allerdings auf unseren Wunsch hin Ergotherapie für ihn verschrieben wegen der motorischen Ungeschicklichkeit. Könnten Sie mir Ihre Einschätzung schreiben, ob wir außer Kinderarzt zu einem Psychologen sollten? Oder zur Erziehungsberatung für mich als Mutter? Oder was wäre die richtige Stelle? Der Text ist leider sehr lang geworden. Besten Dank Anni
Guten Tag, nach Ihrer Beschreibung denke ich, dass Sie der Ansicht des Kinderarztes folgen können. Eine Autismusproblematik hätte er sicherlich bemerkt. Vier- oder Fünfjährige dürfen noch in Ihrer eigenen Welt oder verträumt sein. Kinder spielen in der Phantasie Vieles durch, was sie beschäftigt oder brauchen die eigene Welt auch mal, um sich zurückzuziehen. Das ist völlig normal. Ihr Sohn braucht als fast Fünfjähriger schon deutliche Grenzen. Sie müssen seine Aufträge nicht ausführen. Auch wenn das vermutlich sehr anstrengend ist, vermitteln Sie Ihrem Sohn, dass Sie nicht mehr reagieren, wenn er schreit und quengelt. Er hat das inzwischen wohl als "Druckmittel" herausgefunden. Er kann einen Wunsch aber auch anders vortragen. Wenn Ihr Sohn merkt, dass Sie ihm standhalten und sich nicht unter Druck setzen lassen, kann er dieses Verhalten aufgeben. Ich denke nicht, dass Sie außer dem Kinderarzt andere Fachleute hinzuziehen müssen. Sollten Sie sich Unterstützung zur Stärkung Ihrer erzieherischen Kompetenzen wünschen, ist eine Erziehungsberatung sicherlich gut geeignet. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes
AnniLou
Sehr geehrte Frau Henkes, vielen Dank für Ihre beruhigende Antwort. Damit bestätigen Sie auch die Ansicht meines Mannes, der Sozialpädagoge ist und sich fachlich mit psychischen Auffälligkeiten sowie Behinderungen gut auskennt. Ist natürlich nochmal was anderes beim eigenen Kind etwas zu bemerken als bei anderen. Ich hatte mich vom aktuellen Kindergarten verunsichern lassen, da sie ihm einen Integrationsplatz beantragen wollten. Wir haben dies abgelehnt, da weder Arzt, noch Ergotherapeutin, noch wir Eltern einen Bedarf hierfür sehen. Und anhand meiner Beschreibung finden Sie jetzt auch nichts untypisches/ besorgniserregend für sein Alter. Ja, um mehr Sicherheit in Sachen Erziehung zu erlangen möchte ich auf jeden Fall etwas machen. Erziehungsberatung/ Erziehungstraining oder Ähnliches. Vielen Dank nochmal. Anni
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