Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Ludger Nohr:

Schlaftraining Säugling

Dr. med. Ludger Nohr

Dr. med. Ludger Nohr
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frage: Schlaftraining Säugling

Fly-Baby

Sehr geehrter Herr Dr Nohr, ich melde mich nochmal mit unserem Säugling, 9 Wochen alt. Er ist tagsüber müde, kann aber nicht abschalten und schläft ausschließlich im Tragetuch. Selbst damit aber nur maximal 12 von 24h. Zum Teil können wir auch nicht länger tragen (Rücken). Nun wurde uns von einem Therapeuten ein Schlaftraining nahe gelegt. Der Säugling soll in seinem Bett schlafen, auch tagsüber abgedunkelt. Er soll schläfrig abgelegt werden und wenn er schreit hochgenommen werden. Man muss selbst ganz ruhig sein (Meditationsmusik empfohlen). Das Kind an sich pressen, halt geben, bis es aufhört zu schreien. Dann ablegen, Hand auf den Brustkorb legen und leise und beruhigend mit ihm reden. So oft wiederholen bis er schläft. Was sagen Sie dazu? Im Versuch 1 hat er heute mittag 10 min und nach kurzer Pause nochmal 6min geschrien - wie am Spieß. Dann eingeschlafen. Kann dadurch sein Urvertrauen zerstört werden? Er tat mir so leid weil er so schreien musste. Das sollen wir nun immer so machen, bis er sich dran gewöhnt wach abgelegt zu werden und zu festen Zeiten seinen Schlaf zu bekommen. Danke für Ihre Einschätzung


Hallo, um es vorwegzunehmen, ich bin kein großer Freund von schematisierten Techniken, weil sie eine Scheinsicherheit geben und die Einzelsituation oft übersehen lassen. Was Sie beschreiben könnte aber für eine umschriebene Zeit eine Hilfe in einer Situation sein, in der Sie an Ihre Grenzen gekommen sind und es anderer Lösungen bedarf. Das Kind z.B. tagsüber ins abgedunkelte Bett zu legen, dabei zu bleiben, zu beruhigen wenn es schreit und Nähe braucht und über Körperkontakt das einschlafen erleichtert, das ist ja eine ganz übliche Einschlafhilfe. Und wenn Sie das auch abends in dieser Weise machen, kann für das Kind auch ein akzeptables Muster entstehen. Die Entstehung und Erhaltung von Grundvertrauen ist nicht an Sonnenschein-Situationen gebunden, sondern bildet sich auch und gerade, wenn das Kind Hilfe in schwierigen Situationen erfährt. Das tun Sie ja, deshalb brauchen Sie sich da keine Sorgen zu machen. Versuchen Sie es und spüren nach, ob es Ihrem Kind und Ihnen gut tut und wie Sie es evtl. modifizieren müssen, dass es gerade für sie beide passt. Viel Erfolg. Dr.Ludger Nohr


ara-sunshine

Hallo Habe dir eine PN geschickt. Liebe Grüße


Schniesenase

Hallo Fly-Baby, Herr Dr. Nohr wird sicher noch in seiner unnachahmlich offenen Art antworten. Nur so viel für Euch zur Beruhigung: So lange Euer Kind nicht allein weinen/schreien muss, so lange es Euren Herzschlag und Eure Wärme am Körper spüren kann, wird das Urvertrauen (da geht es ja wohl um Bindungsfragen) keinen Schaden nehmen. 10 und 6 Minuten schreien, bevor er schläft, finde ich im übrigen sensationell schnell. ;-) Auch wenn es natürlich übel ist, sich das als Eltern anhören zu müssen. Nach meiner Erfahrung wird es für ihn schnell vertraut, und er weiß dann, dass er so gut und sicher aufgehoben ist. Für so ein kleines Baby ist ja alles neu. Für manche Babys ist es wichtig, dass gleich jemand in Körperkontaktnähe da ist, wenn sie zwischendurch aufwachen. Darauf würde ich achten. Viel Freude mit Eurem süßen Baby! VG Sileick


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