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Guten Tag Frau Henkes Ich schreibe Ihnen hinsichtlich der Selbstständigkeit meines Sohnes (4Jahre). Vor genau 2 Jahren wurde er von seiner Schwester enttrohnt. Das mal zur Ausgangslage. Jedoch schon weit bevor sie auf der Welt war, nämlich schon mit 17-18 Monaten gab es nur eine vergleichsweise kurze Phase, in der er selber seine Sachen anziehen wollte. Oft (ist auch heute noch so) möchte er nicht selbständig sein. Mama soll machen. Ein Beispiel: Wir kommen unten im Haus an, seine jüngere Schwester zieht sich weitgehend selbstständig aus (Schuhe, Skihosen, Jacke usw.). Er steht rum, spielt oder schubst seine Schwester, zeiht sich aber nicht aus. Das geht dann bis zu 25 Min. So. Ich erinnere ihn dann daran, dass er sich doch bitte ausziehen soll. Er meint dann: „Nein, das kann ich nicht, das ist zu schwierig für mich, mach du das!“ Er könnte es aber. Dann sage ich ihm:“ Du ziehst dich jetzt bitte aus, du kannst das…ich habe keine Lust länger zu warten, wir gehen hoch, du kommst, wenn du dich ausgezogen hast!“. Theater. Schreien. Weinen. Natürlich ist es nicht richtig, ihn alleine da zu lassen. Aber ich sehe es auch nicht ein, 40Min. ihm zuzusehen oder ihm die Sachen auszuziehen. Auf Kompromisse geht er auch nicht ein („Du ziehst die eine Seite aus und Mama die andere“). Eine zeitlang habe ich es aufgegeben und ihm einfach alles gemacht. Das ist aber auch keine Lösung, weil kein Fortschritt von ihm kommt. Während er so lange braucht, wird die kleine Schwester unruhig, hat Hunger und möchte oben was essen. Es ist mittlerweile so weit, dass seine 2 jährige Schwester ihn mit der Selbständigkeit beinahe überholt hat. Er kann sich keine Socke alleine anziehen. Pullover auch nicht. Essen kann er auch nicht alleine. Ich muss ihn füttern. Hände waschen will er auch nicht allein. Toilette gehen will er auch nicht alleine. Mittlerweile habe ich mit ihm mehr zu tun… In der Spielgruppe melden die Betreuerinnen die gleichen Probleme. Ein aktuelles Beispiel: Alle Kinder ziehen für die Fasching in der Spielgruppe ein Kostüm an. Er möchte nicht. Er hat das Kostüm mit nach Hause bekommen - eben weil er es nicht anziehen möchte. Die anderen haben es in der Spielgruppe. Ich habe mir nun überlegt, dass ich ihn frage, ob er es anziehen möchte. Wenn nein, soll es seine kleine Schwester anziehen und er geht halt mit der Gruppe mit (ohne Kostüm). Dann tanzt er halt wieder einmal aus der Reihe. Also ich bin langsam wirklich am verzweifeln. Irgendwie klappt so Vieles mit ihm nicht. (Essen ist ein Problem, Selbständigkeit ist ein Problem, Sozialverhalten ist ein Problem). Anscheinend war mein Bruder auch so anstrengend. Und er ist es heute mit 38 Jahren noch nicht in Bezug auf die Selbständigkeit, aber es haben sich neje Probleme ergeben. Können Sie mir weiterhelfen, wie ich die Selbständigkeit fördern kann bzw. Was ihm helfen würde?
Guten Tag, vermutlich sichert sich Ihr Sohn mit seinem Verhalten Ihre dauerhafte Aufmerksamkeit und festigt seine kindliche Macht. Er hat ja auch bereits die Erfahrung gemacht, dass Sie nach einer Weile einknicken. Er benötigt aber die Erfahrung, dass Sie ihm gewachsen sind. Daher wäre es sehr sinnvoll, wenn Sie jetzt hartnäckig bleiben und ihm Dinge, die er selbst tun kann, nicht mehr abnehmen. Widmen Sie dem Ganzen jedoch wenig Aufmerksamkeit und lassen lieber mal was durchgehen. Warten Sie nicht auf Ihren Sohn, bis er sich ausgezogen hat. Er kann ruhig mal alleine unten bleiben oder er geht eben mit den warmen Sachen hoch. Das wird ihm bald zu ungemütlich werden und dann wird er sich ausziehen. Sie brauchen auch nicht zu schimpfen oder zu argumentieren. Ihr Sohn weiß, was zu tun ist und kann das auch. Oft hilft das Ignorieren des unerwünschten Verhaltens weiter. Sie müssen Ihren Sohn auch nicht füttern. Wenn er genügend Hunger hat, wird er schon essen. Um einer Ausweitung der Geschwisterrivalität zu begegnen, ist es sicher wichtig, dass Sie die Konkurrenz Ihrer Kinder nicht fördern. Das Kostüm Ihres Sohnes sollte seins bleiben, auch wenn er es nicht anziehen will. Auch Bemerkungen über die Selbständigkeit der Schwester sind nicht hilfreich. Ihr Sohn muss dann eine Gegenposition beziehen, was seine Unselbständigkeit verstärkt. Der Vater Ihres Sohnes sollte Sie in dieser Phase besonders unterstützen. Ihr Sohn identifiziert sich in diesem Alter zunehmend mit dem männlichen Vorbild des Vaters. Da ist es hilfreich, wenn er erlebt "wir Männer machen das selbst". Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes
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