Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Ludger Nohr:

Ist mein Verhalten "Strafen mit Liebesentzug"?

Dr. med. Ludger Nohr

Dr. med. Ludger Nohr
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frage: Ist mein Verhalten "Strafen mit Liebesentzug"?

Hurch

S. g. Experten! Mein Sohn (4a) ist dzt. wieder in einer Trotzphase und ich würde gerne wissen, ob ich das so ok mache, oder ob folgendes als Liebesentzug anzusehen ist: Er brüllt und tobt wegen einer Kleinigkeit, ich versuche ruhig zu erklären, warum dieses und jenes jetzt nicht geht. Er hört mir natürlich nicht zu. Ich sage "komm her, kuscheln wir, bis du dich beruhigt hast". Will er nicht, brüllt, heult, tobt, ich warte, wissend dass er eigentlich kuscheln will. Dann kommen 1000 Bedingungen, zb "du musst 1 Schritt näher kommen, dann kuschel ich dich". Auf sowas gehe ich dann nicht ein, weil ich aus Erfahrung weiß, dass dann nur weitere komische Bedingungen folgen und nicht gekuschelt und beruhigt wird. Ich sage dann "wenn du kuscheln willst komm einfach her". Macht er nicht. Wir geraten manchmal in so eine Spirale, weil ich dann auch eine Bedingung äußere (zb "wenn ich 'das' machen soll musst du mir vorher mal zuhören"). Bis wir tatsächlich kuscheln und sich dadurch alles beruhigt dauert es ewig. Oft kommt das kuscheln überhaupt erst danach. Oder ich unterbreche das Kuscheln weil er sich nicht an die Abmachung hält (nicht zuhört). Wie bleibe ich konsequent und komme schneller zum Kuscheln? Was hat es mit den endlosen Bedingungen auf sich? Ist es richtig sich darauf nicht einzulassen? Danke für Tipps Gruß Hurch


Hallo, Sie beschreiben das, was man einen Abhängigkeits-Autonomie-Konflikt. Den gibt es in jedem Alter (auch bei Erwachsenen), aber in bestimmten Phasen heftiger als sonst. Ihr Sohn möchte seine Autonomie (und auch "Macht") demonstrieren, fühlt aber gleichzeitig die Abhängigkeit von Ihrer Zuwendung.Das ist ein Dilemma, das er versucht, mit Bedingungen oder Forderungen aufzulösen. Objektiv steht er sich so selbst im Wege, aber subjektiv braucht er diese demostrativen Distanzierungen. Es soll bitte so aussehen, als würde er Ihnen etwas schenken, als erlaube er Ihnen, sich ihm zuzuwenden. Das ist seelisch ziemlich kompliziert für ihn, deshalb diese "Konstruktionen". Wie kann man damit umgehen? Ich denke, wenn man diesen Hintergrund nachvollziehen kann, kann man ihm leichter entgegenkommen. Das sollte aber nicht unbegrenzt sei (also z.B., du darfst 2/3 Bedingungen sagen, mehr möchte ich jetzt nicht), weil er das selbst eben nicht einschränken kann (s.o.). Manchmal ist auch kuscheln gar nicht die Lösung, sondern Distanz, die er aber jederzeit auflösen kann (ich glaube, im Moment willst du sauer sein. Wenn das vorbei ist, dann können wir gerne kuscheln). Also kein Liebesentzug, keine Abwertung, akzeptable Vorgaben und Grenzen und am besten eine Vorbereitung in einer ruhigen Situation. Da sind die Kinder viel mehr erreichbar, als wenn die emotionale Erregung schon da ist. Dr.Ludger Nohr


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