Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Ludger Nohr:

Eingewöhnung

Dr. med. Ludger Nohr

Dr. med. Ludger Nohr
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frage: Eingewöhnung

Florentina046

Hallo Dr. Nohr, meine Tochter (13 Monate) wird gerade in der Kita (U3) eingewöhnt. Seit Dienstag gehe ich raus. Beim Abgeben an der Gruppentür (wird direkt einer Erzierherin in den Arm gegeben) weint sie immer unheimlich laut, richtig empört und entsetzt,und krallt sich an mir fest. Die Erzieherinnen sagen aber, dass sie danach sich beruhigen lässt und dann entspannt (zumindest nach außen hin) spielt. Nach 2 Stunden habe ich sie gestern abgeholt und sie sass da entspannt am Tisch mit einer Erzieherin und hat Wasser getrunken. Ich habe trotzdem ein schlechtes Gefühl, weil sie so sehr weint beim Abgeben. Es sind drei Erzieherinnen in der Gruppe und sie wechseln sich ab mit auf den Arm nehmen zu Beginn, damit das Kind zu allen eine gute Bindung aufbaut, falls mal einer krank wird. Alle meine 4 älteren Kinder waren auch in der Gruppe und ich habe Vertrauen zu denen. Was meinen Sie dazu? Ist das Schreien beim Abgeben ein Zeichen für ein Problem für Ihre Entwicklung oder Bindungserfahrung? Mir macht das so viel aus, weil ich selbst ungern alleine bin und ein Gefühl des Verlassenseins mich mein ganzes Leben begleitet. Ich wurde mit 6 Monaten fremdbetreut und fühle mich in Gruppen immer außen vor. Meine Mutter fand es schlimm, dass sie so früh wieder arbeiten musste und hat mir das Gefühl offensichtlich weitergegeben.


Hallo, ich habe mich ja schon oft zum Thema frühe Fremdbetreuung geäußert. Wo sie nötig ist ist es gut, dass es die Möglichkeit gibt. Wenn es möglich ist, würde ich es später machen. Es geht also immer um die Alternative. Sie werden Ihre Situation am besten einschätzen können und da möchte ich nicht moralisierend erscheinen. Aber es ist für Einjährige eben noch nicht wirklich möglich, eine stabile Objektkonstanz (Sicherheit, dass die nicht sichtbare Person noch da ist und wiederkommt) zu haben. Also ist die Trennungsangst größer, tritt häufiger auf usw.. Viele Kinder hören tatsächlich nach kurzer Zeit auf zu weinen und fügen sich in die Situation. Was das innerlich und für die Beziehungserfahrung bedeutet, ist unterschiedlich.( Wie sehen Sie das bei sich?) Für die Eingewöhnung so junger Kinder sollte man sich ausreichend Zeit nehmen (nicht je schneller, desto besser), um die Vertrautheit mit den ErzieherInnen zu erhöhen und die Verlässlichkeiterfahrung zu stabiliseren . Das wissen Sie aus eigener Erfahrung. Dr.Ludger Nohr


Curcuma

Hallo, ich habe vor einigen Monaten eine ähnliche Frage gestellt (https://m.rund-ums-baby.de/experten/entwicklung-von-babys-und-kindern/Krippe-mit-1-Jahr-worauf-achten_4270.htm) und erst letzte Woche ging es auch um das Thema (https://m.rund-ums-baby.de/experten/entwicklung-von-babys-und-kindern/Kita-Besuch-mit-einem-Jahr_5487.htm), dort habe ich ein bisschen von meinen bisherigen Erfahrungen erzählt. Vielleicht ist das interessant für Dich. Was mich massiv wundert, ist, dass Deine Tochter keine Bezugserzieherin hat, wenn ich das richtig rauslese?! Arbeitet die KiTa nach einem Eingewöhnungsmodell? Alles, was ich mir zu dem Thema angelesen habe, beruht darauf, dass das Kind eine sichere Bindung zu einer Erzieherin aufbaut. Erst danach sollten die ersten Trennungsversuche erfolgen, weil sich dann das Kind von dieser Bezugsperson trösten lässt etc. Vielleicht sprichst Du das mal bei den Erzieherinnen oder der KiTa-Leitung an? Stichworte zum Googlen, um mehr zu erfahren: „Berliner Modell“ oder auch „sanfte Ablösung“. Und ganz viel Hintergründe habe ich mir beim Nifbe (Niedersächsisches Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung e.V.) anlesen können, z. B. das hier: „Bindung, Eingewöhnung und Qualität in der KiTa“ https://www.nifbe.de/fachbeitraege/beitraege-von-a-z?view=item&id=418&catid=33&showall=&start=1 Das gibt Dir evtl. etwas Munition für ein Gespräch? Vielleicht ist eine neue Eingewöhnung mit fester Erzieherin möglich (falls das bei Dir zeitlich klappt). Übrigens bezieht mein Sohn die anderen Erzieherinnen nun auch nach und nach ein bzw. diese ignorieren ihn natürlich auch nicht. Ich denke, mit der Zeit werden sich dann eh auch mal die anderen kümmern können. Die Ersetzbarkeit einer Erzieherin wäre für mich also kein Argument, auf eine feste Bezugserzieherin zu verzichten. Viel Erfolg und wenn Du magst, berichte mal!


wundertuete

Eine Anmerkung an Curcuma: Tatsächlich gibt es auch in unserer Kita kein Bezugserziehermodell. Erklärt wurde mir das genau so, wie es die Fragestellerin schreibt: Das Kind soll sich an alle Betreuungspersonen gewöhnen, da nicht immer jeder von ihnen da ist. Wenn die Kita das nun mal so im Konzept hat, wird man das als Elternteil kaum ändern können. Der Hintergrund wird sicher keine Ahnungslosigkeit seitens des pädagogischen Personals sein, sondern schlicht und einfach Personalmangel. Wir haben einen theoretischen Schlüssel von 1:5 (3 Betreuungspersonen für 15 Krippenkinder), wovon in der Praxis noch Urlaubszeiten, Krankheitstage, Dokumentationszeit etc. abgezogen werden müssen. Hinzu kommt, dass nicht alle 3 Betreuungspersonen ausgebildete Erzieher sind und einer von ihnen Elternzeitvertretung für ein Jahr ist. Das sind die Rahmenbedingungen, die die Politik vorgibt, da kann man als Elternteil nicht viel ändern - friss oder stirb. Bei meiner Tochter verläuft entgegen meiner Befürchtungen (ich hatte hier vor Kurzem ja auch eine Frage gestellt...) die Eingewöhnung zum Glück sehr gut und die Betreuungspersonen sind alle sehr engagiert, aber es gibt auch bei uns Kinder, denen die Trennung sehr schwer fällt.


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