Wie gehe ich mit extremer Anhänglichkeit und Trotzanfällen um?

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Wie gehe ich mit extremer Anhänglichkeit und Trotzanfällen um?

Hallo Frau Schuster, ich bin langsam am Ende meiner Kräfte und absolut ratlos. Mein Sohn (3,4 Jahre) hat seit einigen Wochen mit steigender Tendenz extreme Wut- und Kreischanfälle, die meinem Gefühl nach oft dadurch ausgelöst werden, dass ich seinem Bedürfnis nach Nähe nicht immer nachkomme/nachkommen kann. Bespiel: Er will morgens etwas essen, dabei aber die ganze Zeit auf dem Arm bleiben. Was ich natürlich nicht leisten kann (Brot schneiden etc.) oder ich kuschel nachmittags mit ihm/lese etwas vor, möchte dann in die Küche/zur Toilette und sofort fängt ein beinahe panisches "Mama, Mama"-Geschrei an mit Vorwürfen, warum ich ohne ihn gegangen wäre. Da bin ich aber höchstens 2-3 Schritte von ihm weg. Und meistens ermuntere ich ihn ja vorher, mitzukommen, wo er sich dann aber weigert. Nun mache ich es für den Übergang beim Frühstück z.b. so, alles schon vorzubereiten, selbst komplett fertig zu sein und dann darf er beim Essen auf meinem Schoß sitzen (zu den anderen Mahlzeiten darf und will er das auch nicht), weil ich dachte, er braucht vielleicht einfach die Extra-Portion Nähe vor der Kita. Das funktionierte auch. Aber auch da, sobald ich mich dann etwas anderem zuwenden muss/will, geht das Geschrei los. Und zwar so heftig, wie ich es bis vor ein paar Wochen nicht kannte. Mit auf den Boden schmeißen, kreischen, kratzen, treten, er versucht mich zu treten. Ich bin dann auch sehr schnell aufgewühlt und versuche zu allererst, ihn davon abzuhalten, halte also seine Hände fest oder gehe weg, was es nur schlimmer macht. Manchmal werde ich aus lauter Verzweiflung auch lauter, was ich aber versuche zu vermeiden. Aber bestimmt spürt er auch meine Aggression/Aufruhr. Ich habe auch schon zweimal ersucht, ihn einfach schreien und auf den Boden wälzen zu lassen. Das habe ich 15 Min. ausgehalten und total verunsichert abgebrochen und ihn in den Arm genommen. Da beruhigte er sich dann recht schnell. Ich habe das Gefühl, irgendwas überfordert ihn, irgendetwas fehlt ihm, aber ich weiß nicht, ob oder was ich tun kann, um ihm zu helfen. Ich habe ein bisschen Angst, dass ich irgendetwas übersehe (in seinem Umfeld, an meinem Verhalten, seinen Bedürfnissen), was ihn so verzweifeln und plötzlich so anhänglich sein lässt. Zum Hintergrund: Er geht seit August in den Kindergarten (3xbis 15h, 2xbis 13:30h), davor wurde er zum Wiedereinstieg in meinen Job, seit er 1,5 Jahre alt ist, jeweils 2 halbe Nachmittag von den Omas und einen Tag von seinem Papa betreut (von dem ich seit kurz nach der Geburt getrennt lebe). Das hat immer gut geklappt, zum Schluss hatte ich allerdings das Gefühl, dass es jetzt auch Zeit für den Kindergarten wird, weil er sich zumindest bei den Omas manchmal schon zu langweilen schien. Seinen Vater sieht er regelmäßig 3-4 Mal die Woche und die beiden haben auch ein liebevolles Verhältnis zueinander. Die Eingewöhnung in der Kita habe ich zwei Wochen begleitet (Berliner Modell) und bis auf ein bisschen Gemecker beim Abgeben taut er dort morgens recht schnell auf und mag auch 2-3 Erzieherinnen recht gern. Trotzdem scheint er mir da noch nicht ganz angekommen, zumindest sagt er jeden Morgen erst mal, dass er nicht dorthin will. Ich hoffe, Sie haben eine Idee, wie wir beide wieder zu mehr Ruhe kommen. Vielen Dank im Voraus. Kamilla

von Kamilla am 31.10.2013, 09:33



Antwort auf: Wie gehe ich mit extremer Anhänglichkeit und Trotzanfällen um?

Liebe Kamilla, Ihr Sohn braucht viel Nähe, aber auch viel Struktur. Er testet seine Grenzen. Er will erfahren, wie weit er gehen kann, um Sie ganz für sich zu beanspruchen. Das er Sie braucht, ist die eine Seite, dass Sie sich davon nicht unter Druck setzten lassen dürfen, die andere. Ihr Sohn ist in einem Alter, in dem man ihm schon viele Dinge erklären kann. Schließen Sie einen Kompromiss: Er sitzt auf seinem Stuhl (oder Ihrem Schoß, wenn Sie es so möchten) und sie frühstücken. Anschließend darf er sich bei Ihnen ankuscheln und sie lesen gemeinsam noch ein kleines Büchlein. Das natürlich nur, wenn das Frühstück gut geklappt hat. Ihr Sohn muss lernen, dass Sie auch Dinge erledigen müssen, ohne dass er dabei an Ihnen "klebt" (zur Toilette gehen z.B.). Fragen Sie erst gar nicht, ob er mitgehen möchte. Geben Sie die Struktur vor, die er benötigt. Sagen Sie ihm nur, dass sie jetzt zu Toilette oder in die Küche ... gehen und gleich wieder bei ihm sind. Gehen Sie, auch wenn er schreit. Beruhigen Sie ihn anschließend. Treten etc. darf er Sie nicht. Handeln Sie konsequent und setzen ihn von sich weg. Lassen Sie ihn sich kurz (2 - 3 Minuten) austoben und versuchen sie dann, ihn durch Körperkontakt zu beruhigen. Das sie morgens nicht in die Kita möchten, äußern viele Kinder, denn ein Tag mit Mama alleine klingt doch viel attraktiver als sich die Erzieher mit so vielen Kindern teilen zu müssen. Dass die Eltern arbeiten müssen und in der Woche kein Wochenendzustand herrscht, dass sehen die Kinder noch nicht. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 01.11.2013



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