Hallo!
Ich stille meine Tochter nun seit 2 Jahren und 4 Monaten nach Bedarf und bin dankbar für unsere intensive Stillbeziehung. Allerdings merke ich momentan, wie sehr ich meine eigenen Bedürfnisse zurückstelle und welchen Stress ich mir oft mache, um ihrem deutlich geäußerten Wunsch nach Gestilltwerden nachzukommen. Die kleine Maus hat eine Willensstärke, die mich immer wieder staunen lässt.
Jetzt habe ich mich dazu entschieden, nachts schrittweise abzustillen, damit sie lernen kann alleine einzuschlafen und ich abends wieder mal das Haus verlassen kann. Tags würde ich gerne erstmal normal weiterstillen.
Wir versuchen nun seit 5 Tagen die erste nächtliche Stillmahlzeit (um 23.00) auszulassen und sie durch streicheln/ beruhigen wieder zum Schlafen zu kriegen (wir sagen ihr, dass sie wieder trinken kann, wenn die neue "Stilllampe" angeht - um 02.30 Uhr, 7 Stunden nach dem Einschlafen). Meine Tochter protestiert extrem heftig, es wurde in Nacht 2 und 3 zunächst besser und dann so schlimm, dass ich gestern aufgegeben und sie bereits um 22.30 Uhr gestillt habe (sie ist unter lautem Geschrei sogar früher wach geworden als sonst). Am Tag trinkt sie seitdem noch mehr als sonst (alle 1-2 Stunden) und lässt sich hier kaum noch vertrösten. Sie wirkt insgesamt sehr instabil.
Leider isst sie kaum am Tag (war schon immer so), was wohl auch dazu führt, dass sie nachts richtig Hunger hat. Sie hat nachts auch schon nach Milch (Kuhmilch) gefragt, habe das aber abgelehnt, weil ich eigentlich möchte, dass sie ohne nächtliche Nahrungsaufnahme zurecht kommt. Oder sollte ich dem nachkommen?
Ich würde sehr gerne dran bleiben, weil ich glaube, dass es mir und unserer Familie (ich habe noch zwei Kinder) nicht gut tut, wenn das Stillen weiterhin unsere Tage und Nächte so stark bestimmt. Aber ihr verzweifeltes Schreien geht mir ganz schön an die Substanz. Wenn ich wenigstens eine Perspektive sehen würde...
Habt ihr noch einen Tipp für uns?
Ganz herzlichen Dank im Voraus und viele Grüße,
s.marti
von
s.marti
am 11.03.2020, 22:02
Antwort auf:
Nächtliches Abstillen beim Kleinkind
Liebe s.marti,
für viele von uns ist es sehr ungewohnt zu sehen, wie begeistert und mit wie viel Freude ein Kleinkind stillt. Deine Kleine verhält sich gar nicht so "brustversessen" wie Du glaubst, viele langzeitgestillte Kinder zeigen sehr deutlich wie viel ihnen das Stillen bedeutet.
So lange DU nicht ABSOLUT sicher bist, dass Du weniger stillen möchtest, wird dein Kind das spüren.
Ist die Mutter innerlich nicht davon überzeugt, dass sie ihr Kind ab- oder weniger stillen will, dann ist dieser Zweifel für das Kind sehr deutlich fühlbar und es reagiert in fast allen Fällen so, dass es eher noch häufiger gestillt werden mag. Zweifel und Unsicherheit sind für ein Kind unerträglich, Kinder brauchen Klarheit.
Dein Kind spürt jetzt deinen Zwiespalt und da es sich nicht hinsetzen und sagen kann „Mama, ich spüre, dass Du dir nicht sicher bist, was jetzt das Richtige ist, deshalb werde ich dir jetzt bei deiner Entscheidungsfindung helfen" reagiert es auf deine Zweifel mit Unruhe, Weinen und Verunsicherung. Es hat keine anderen Ausdrucksmöglichkeiten als Weinen und (vermehrte) Anhänglichkeit. Kinder sind für „geordnete Verhältnisse", Unsicherheit und Zweifel bringen sie aus dem Gleichgewicht.
Wichtig ist nun, dass ihr zum einen wirklich miteinander redet und Du deinem Kind klar erklärst und sagst, was Du willst und was Du nicht mehr willst. Zum anderen muss für dein Kind deutlich erkennbar sein, wo deine Grenzen gesetzt sind. Liebevolle Konsequenz ist das Zaubermittel in der Erziehung.
Wenn sich dein Kind dann in der Nacht beschwert, dass es nicht trinken darf (und das kann es natürlich nur durch weinen oder schreien), dann tröste es und sprich liebevoll-beruhigend mit ihm, und gestehe es ihm auch wirklich zu, sauer zu sein, aber bleib konsequent beim "Nein", bis der vereinbarte Zeitpunkt (z.B. der Radiowecker geht an) für das Stillen gekommen ist. Dann jedoch solltest Du auch von dir aus deinem Kind die Brust anbieten - so lernt es, dass es sich auf dein Wort verlassen kann.
Ehrlicherweise muss ich dazu sagen, dass die ersten Nächte zwangsläufig sehr unruhig sein werden. Doch in der Regel akzeptieren Kinder relativ schnell die neuen "Spielregeln", und je älter sie sind, desto einfacher. Einen "Knacks" beim Kind brauchst du nicht befürchten, wenn du ihm wirklich beistehst und es nicht "strafst" für seine natürliche Reaktion auf diese Veränderung.
Deine Kleine wird vermutlich schreien, toben, treten oder dich schlagen wollen. Ist das schlimm? Nein, es ist völlig normal, denn es ist die einzige Art, wie sie in diesem zarten Alter ihren Frust ausdrücken kann. Wie kannst du damit umgehen? Lass es zu. Lass dich nicht verunsichern, denn es geht deinem Kind ja trotzdem gut, es bekommt kein Trauma fürs Leben, wird nicht an deiner Liebe zweifeln. Deine Tochter ist sauer, und das wird auch wieder vergehen. Bleibe bei ihr und sei du ruhig und klar, so dass sie sich an dir orientieren kann. Vielleicht wirst du sie ein wenig ablenken wollen (falls sie sich ablenken lässt), vielleicht bleibst du auch einfach nur in ihrer Nähe und versicherst ihr, dass alles ok ist, und dass ihr weiter stillen könnt (oder kuscheln), sobald sie sich etwas beruhigt hat.
Wenn du konsequent bleibst, wird es klappen. Nur davon hängt es ab: Schaffst DU es...
Wichtig ist, dass dein Kind weiterhin deine Liebe und Zuneigung spürt und Du nicht gleich die Geduld verlierst, wenn es nicht so schnell klappt mit dem Abstillen. Viele Frauen glauben, dass sie sich beim Abstillen vom Kind distanzieren müssen, aber genau das Gegenteil ist der Fall. Deshalb halte ich auch nicht viel von der Lösung, dass die Mutter einige Tage alleine verreist. Diese plötzliche Trennung kann das Kind in tiefe Trauer und Verzweiflung stürzen und vor allem: Was macht die Mutter, wenn das Kind nach der Rückkehr doch wieder an die Brust will?
Probiere es einmal mit immer kürzerem Stillen und viel Kuscheln.
LLLiebe Grüße
Biggi Welter
von
Biggi Welter
am 11.03.2020