Liebe Stillberaterinnen,
in den letzten Wochen lief es dank Ihrer Tipps und Tricks wirklich hervorragend mit dem Stillen. Meine Tochter und ich genießen die intensiven Momente jedes Mal sehr ... und machen den Papa damit ein bisschen neidisch, der eben nur zuschauen darf und kann.
In den letzten Tagen treten aber wieder kleine Sorgen auf. Nachdem Amélie schon fünf Stunden am Stück geschlafen hatte, sind es jetzt nachts im Höchstfall drei, eher aber zwei. Abgesehen von meiner Müdigkeit, die ich gerne in Kauf nehme, habe ich nun allerdings Angst, dass meine Milch nicht mehr nährreich genug ist.
Ich spüre zwar den Milcheinschuss häufiger als früher, weiterhin laufe ich gelegentlich aus und erhalte auch sofort Milch, sobald ich die Brust massiere, trotzdem weiß ich nicht, ob das genug ist.
Amélie ist topfit und hat auch rosige Haut, ist eben nur oft schlecht gelaunt, meckert viel und schläft wenig.
Daraufhin habe ich die benutzen Windeln innerhalb der letzten 24 Stunden gewogen. Nach Abzug des Windelgewichts blieben 640 Gramm übrig. Ist das ausreichend für ein Baby mit 14 Wochen?
Vielen lieben Dank im Voraus für die Beantwortung dieser Frage.
Liebe Grüße aus Paris,
Isi.
P.S. Amélie ist für ihr Alter übrigens sehr groß und entsprechend schwer. Die französischen Kinder hier hat sie spielend in die Tasche gesteckt, woraufhin mir die neidischen Mamas und Papas gedopte Milch angedichtet haben.
:-)
von
isi1980
am 26.10.2012, 17:23
Antwort auf:
Frage zum Wiegen der Windeln
Liebe isi1980,
keine Sorge :-).
Es ist ein Ammenmärchen, dass es „zu dünne" oder „zu wenig nahrhafte" Muttermilch gäbe. Obwohl sich Frauen in verschiedenen Ländern und unterschiedlichen Kulturen sehr unterschiedlich ernähren (und leider nicht selten auch mangel oder unterernährt sind), gibt es so gut wie keine Unterschiede in der Zusammensetzung der Muttermilch. Es ist sehr schwierig bis unmöglich, die Milchzusammensetzung deutlich über die Ernährung zu beeinflussen. Dies ist ein weiser Schachzug der Natur, um das Überleben der Nachkommen zu sichern. Du kannst daher sicher sein, dass auch deine Milch nahrhaft genug für dein Baby ist.
Nach sechs Wochen kann die Anzahl der nassen Windeln auf fünf bis
sechs (Stoff) bzw. vier bis fünf (Wegwerfwindeln) zurückgehen, aber die
Urinmenge pro Windel wird zunehmen (116 ml und mehr). Der Grund dafür
ist, dass mit zunehmendem Alter des Babs auch die Blase größer wird. Dann kann es sein, dass einzelne Windeln deutlich mehr Urin enthalten und die Gesamtzahl der nassen Windeln zurückgeht.
Ob dein Kind gedeiht kannst Du bei einem vollgestillten Baby an den folgenden Anzeichen erkennen:
• mindestens fünf bis sechs nasse Wegwerfwindeln hat (um zu sehen wie nass „nass" ist, kannst Du sechs Esslöffel Wasser auf eine trockene Windel geben). Diese Regel gilt aber nur für voll gestillte Kinder, das heißt das Baby bekommt nichts außer Muttermilch (kein Wasser, Tee, Saft usw.).
• in den ersten sechs Wochen täglich mindestens zwei bis vier Stuhlentleerungen (später sind seltenere Darmentleerungen normal)
• eine Gewichtszunahme entsprechende den Angaben der WHO Child Growth Standards WHO Multicentre Growth Referencs Study Group, 2006, d.h. im Durchschnitt:
• 1. bis 3. Monat: 200 400 g/Woche, mind. 150 g/Woche
• 4. Monat: 110 160 g/Woche
• 5. Monat. 400 500 g/Monat
• 6. Monat: 350 500 g/Monat
• eine gute Hautfarbe und eine feste Haut,
• Wachstum in die Länge und Zunahme des Kopfumfangs
• ein aufmerksames und lebhaftes Verhalten des Babys in den Wachphasen.
Solange diese Kriterien erfüllt sind, dürfte alles in Ordnung sein.
als Eltern glauben und hoffen wir immer auf eine lineare Weiterentwicklung der Fähigkeiten unserer Kinder. Beim Schlafverhalten können wir jedoch nicht davon ausgehen, dass die Entwicklung kontinuierlich verläuft, im Gegenteil, relativ viele Babys schlafen mit drei Monaten deutlich länger und anhaltender als mit vier oder sechs Monaten.
Das Schlafverhalten hängt nicht unbedingt oder nur in extrem geringem Maße von der Ernährung ab. Gerade in der Zeit ab etwa vier bis sechs Monate wachen viele Babys (wieder) vermehrt auf. Dies liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung auch keine Garantie für angenehmere Nächte.
Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ...
Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet.
Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt dir in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten.
Als stillende Mutter hast Du den ungeheuren Vorteil, dass Du dein Kind durch diese für alle anstrengende Zeit begleiten kannst, ohne dass Du richtig wach werden und aufstehen musst. Genieße dieses Privileg, dich einfach nur umdrehen zu müssen, so dass dein Kind an deine Brust kann und dann, wenn schon nicht sofort weiterschlafen zu können, so doch zumindest ruhen kannst.
Wenn Du gerne liest und ein Buch lesen möchtest, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich dir wärmstens „Schlafen und Wachen ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen, das Du im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL Stillberaterin bekommen kannst.
LLLiebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 26.10.2012