Hallo,
ich nehme 40 mg Citalopram ein und bin in der 26. Schwangerschaftswoche. Die Tabletten nehme ich schon einige Jahre. Ich habe versucht sie auf 20 mg herabzusetzen, aber dann ging es mir schlecht. Ich bekam Panikattacken! Jetzt nehme ich sie wieder und es geht mir gut. Es ist meine 4. Schwangerschaft. Mein Arzt meinte mit dem Citalopram sollte ich 4 Wochen vor der Geburt aufhören. Und ich solle in einem Perudialzentrum entbinden. Bei meiner letzten Geburt ging allles gut. Da nahm ich die auch....außerdem meinte er ich könne dann nicht stillen. Ist das wirklich so? Kann ich dann das Medikament umstellen? Möchte unbedingt stillen? Danke schon mal für die Antwort.
Gruß
Anna
Mitglied inaktiv - 26.03.2010, 13:00
Antwort auf:
citalopram
Bis Dezember 2004 dokumentierte das Swedish Medical Birth Registry 6.555 Kinder nach intrauteriner Exposition mit SSRI in der Frühschwangerschaft. Die kumulierte Fehlbildungsrate lag bei 4,1%, was dem erwarteten Hintergrundrisiko entspricht. Dabei wurde kein typisches Fehlbildungsmuster beobachtet. In diesem Kollektiv sind 2.701 Kinder nach mütterlicher Medikation mit Citalopram enthalten. Die Fehlbildungsrate gab mit 4,4% keinen Anlass zur Beunruhigung (Kallen & Otterblad Olausson 2007).
Nach vorgeburtlicher SSRI-Medikation wurden bei Neugeborenen in einigen Fällen vorübergehende Anpassungsstörungen wie Zittrigkeit, Übererregbarkeit und erhöhter Muskeltonus beobachtet. Daher sollte in den ersten Lebenstagen auf entsprechende Symptome geachtet werden.
Bei Bedarf kann demnach Citalopram in möglichst moderater Dosis auch in der Schwangerschaft beibehalten werden. Ein Absetzen vor der Geburt ist nicht erforderlich.
Es wäre jedoch eine Entbindung in einem Perinatalzentrum sinnvoll, wo auch bei Anpassungsstörungen eine kinderärztliche Betreuung gewährleistet ist, da ca. 30% der Kinder bis zu 14 Tage nach Geburt vorübergehende Beschwerden aufweisen.
Auf der Basis einer Studie zu Citalopram in der Stillzeit an 3 Patientinnen würde ein Säugling über die Muttermilch 0,7% bis 5,9% einer Erwachsenendosis aufnehmen (Spigset et al 1997). In einer weiteren Untersuchung an 7 Säuglingen wurde ein Übergang von Citalopram und seinen Hauptmetaboliten in einer Größenordnung von 4,4% bis 5,1% registriert (Rampono et al 2000). Dabei fanden sich bei den meisten Säuglingen keine messbaren Serumspiegel. Auffälligkeiten zeigten sich weder in der körperlichen Entwicklung noch im Verhalten der Säuglinge.
Eine Veröffentlichung berichtet von einem Säugling mit Schlafstörungen, dessen Mutter täglich 40 mg Citalopram einnahm. Der Serumspiegel des Säuglings betrug ca. 1/6 des mütterlichen Spiegels. Der kindliche Schlaf normalisierte sich nach Halbierung der mütterlichen Dosis und Ersatz von zwei Stillmahlzeiten durch Flaschennahrung (Schmidt et al 2000). Außerdem wird von 2 Säuglingen mit Schläfrigkeit, Trinkschwäche und Gewichtsverlust unter mütterlicher Anwendung von Citalopram berichtet.
Nach einer aktuellen Auswertung aller verfügbaren Studien in der Weltliteratur treten keine relevanten Serumspiegel beim Säugling unter therapeutischen Dosen der Antidepressiva Nortriptylin, Paroxetin und Sertralin auf (Weissman et al 2004). Diese Antidepressiva wären demnach mit dem Stillen am besten vereinbar.
von
Dr. Wolfgang Paulus
am 28.03.2010