Sehr geehrter Herr Dr. Paulus,
seit Beginn meiner Schwangerschaft (vor 5 Monaten) habe ich das Medikament Citalopram (das ich in der Dosis 10mg pro Tag einnahm) abgesetzt. Seither leide ich wieder an einer mittelschweren bis schweren Depression. Ich bin sehr besorgt um mein ungeborenes Kind, das möglicherweise sehr viel von meinem Zustand mitbekommt.
Ich habe aber auch Angst, das Medikament in der Schwangerschaft einzunehmen, da es keine Erfahrungsberichte gibt, wie es sich auf das Ungeborene auswirkt. Mein Therapeut und mein Apotheker raten mir davon ab, das Medikament zu nehmen und ich selber war bisher davon überzeugt, dass es schädlichen Einfluss haben könnte.
Ich bitte Sie um Ihre fachkundige Meinung. Vielen Dank.
Mitglied inaktiv - 15.07.2011, 19:38
Antwort auf:
Antidepressiva in der Schwangerschaft?
Bis Dezember 2004 dokumentierte das Swedish Medical Birth Registry 6.555 Kinder nach intrauteriner Exposition mit SSRI in der Frühschwangerschaft. Die kumulierte Fehlbildungsrate lag bei 4,1%, was dem erwarteten Hintergrundrisiko entspricht. Dabei wurde kein typisches Fehlbildungsmuster beobachtet. In diesem Kollektiv sind 2.701 Kinder nach mütterlicher Medikation mit Citalopram enthalten. Die Fehlbildungsrate gab mit 4,4% keinen Anlass zur Beunruhigung (Kallen & Otterblad Olausson 2007). Nach vorgeburtlicher SSRI-Medikation wurden bei Neugeborenen in einigen Fällen vorübergehende Anpassungsstörungen wie Zittrigkeit, Übererregbarkeit und erhöhter Muskeltonus beobachtet. Daher sollte in den ersten Lebenstagen auf entsprechende Symptome geachtet werden.
Bei Bedarf wäre die Fortsetzung der Medikation mit Citalopram in der Schwangerschaft in moderater Dosierung (z. B. 20 – 40 mg/d) durchaus vertretbar, zumal Sie sich schon weit jenseits der sensiblen Phase der Organdifferenzierung befinden.
von
Dr. Wolfgang Paulus
am 22.07.2011