Liebe Birgit Neumann,
Ihnen und dem Expertenteam vielen Dank für Ihre Arbeit. Ich konnte durch das Mitlesen schon viele interessante Informationen gewinnen. Nun habe ich selbst eine konkrete Frage:
Unser Sohn wurde Mitte Januar geboren. Da er früh aktiv war, hat die Kinderärztin schon nach dem 4. Monat gesagt, wir könnten Beikost langsam einführen. Uns war das noch zu früh, so dass wir nach dem 5. Monat erstmals Bei angeboten haben. Dann auch nur mit mäßigen Erfolg und vielen Pausen. Nach dem 6. Monat ging es dann "richtig" los.
Mittags- und Milchbrei sind eingeführt. Mit den GOB haben wir diesen Monat begonnen. Allerdings mag er Obst überhaupt nicht. Pur als Obstmus oder im GOB verzieht er das Gesicht und würgt sofort.
Beim Gemüse- und Milchbrei schaffen wir an guten Tagen und mit viel Ablenkung (2. und 3. Löffel, separates Schüsselchen für ihn) max. 100 g oder ein bisschen mehr. KA und Hebamme meinen, er sei wohl eher ein Brustkind und solange er aktiv und agil bleibt sei es noch kein Grund zur Sorge und wir sollen Fingerfood anbieten.
Nachdem die ersten Zähne kürzlich gekommen sind, kaut er auch ganz gerne auf Brotrinden rum. Mit allem anderen (gegartes Gemüse, Bananenscheiben) spiel er bisher nur.
Entschuldigen Sie meine lange Einführung, nun zu den konkreten Fragen:
Die Rezeptur des Milchbreis habe ich etwas abgewandelt:
50 ml Wasser + 50 ml Vollmilch
4 Esslöffel Hirse oder Hafer (lt. Rezeptur sind 4-5 Esslöffel für 200 ml, aber mit weniger wird der Brei so dünnflüssig)
ca. 4 Esslöffel Obstmus
Diesen Brei mag er mittlerweile ganz gerne, so dass wir nach der anfänglichen Ablehnung des Milchbreis auf ca. 100 g kommen.
Spricht ernährungstechnisch was gegen diese Rezeptur? Ist ja so eine Mischung aus Milch und GOB? Kann er evt. sogar 2 x am Tag gegeben werden?
Wie können wir ihm das Obstmus "schmackhafter" machen? Einfach immer wieder anbieten oder lieber mal ne längere Pause?
Da er den GOB gar nicht mag und er auch zeitlich in den Mittagsschlaf fällt, habe ich mir überlegt lieber morgens einen Brei anzubieten. Das hat heute auch schon mit den Milchbrei funktioniert. Aber was biete ich als 3. Beikost-Mahlzeit an? Morgens z.B. Milch/Getreide/Obstbrei, mittags Gemüsekartoffelfleischbrei und abends?
4 Zähne sind inzwischen raus, aber nur einer ganz. Würden Sie dann auch schon Hirsekringel oder Dinkelzwieback anbieten? Ich wollte eigentlich damit warten, bis die Breie gut gehen, aber das scheint in weiter Zukunft zu sein ...
Vielen Dank im Voraus für Ihre Einschätzung und Hilfe!
von
Elvo
am 02.10.2017, 10:49
Antwort auf:
Abwandlung Rezept Milchbrei / Baby mag kein OGB
Hallo Elvo
Die beste Möglichkeit für den Abend ist die, mit der du (und dein Baby) zufrieden (b)ist. Muttermilch bleibt in Bezug auf die Nährstoffe aber auf jeden Fall die Nr 1! Mit Mumi erhält dein Baby alle lebenswichtigen Nährstoffe und wird bestens versorgt..
Als Stillmama kannst du im 1 Lj auf eine weitere Milchsorte komplett verzichten, wenn du dein Baby ausreichend, nach Bedarf stillst.
Der klassische Milchbrei im üblichen Beikostplan ist vor allem für Babys wichtig, die mit Flaschenmilch ernährt werden. Ein Fläschchen wird hierbei durch einen Milchbrei ersetzt. Hierzu kann man die gewohnte Säuglingsmilch verwenden oder Kuhmilch. Da Kuhmilch aufgrund ihres höheren Eiweißgehaltes u.a. in letzter Zeit etwas in Verruf geraten ist, geht der Trend wieder zur Säuglingsmilch als Basis für den Milchbrei. Zuvor fanden es viele Mamas gut, ihren Babys Kuhmilch statt Säuglingsmilch im Brei zu geben, weil sie die "künstliche" Milch zugunsten eines echten Lebensmittels ersetzen wollten. Allerdings entwickelten auch viele Babys Allergien gegen Kuhmilch und es wurde wiederum zugunsten der Allergieprophylaxe, bei allergiegefährdeten Babys, davon abgeraten. Die Empfehlungen in Bezug auf Allergien haben sich aber inzwischen geändert. Babys sollten möglichst im 1. Lj mit etwaigen Allergenen in Kontakt kommen, was Allergien eher verhindern soll. Nur wenn ein Baby bereits allergisch auf etwas reagiert hat, sollte die Gabe von Kuhmilch vorerst auf jeden Fall hintanstehen, bzw mit dem KiA besprochen werden.
Als Stillmama bräuchtest du aber gar nicht zwingend einen Milchbrei zu geben, weil du eigentlich nichts ersetzen musst. Gestillte Baby erhalten Beikost idealerweise zusätzlich und als Ergänzung - und nicht anstatt. Beikost ist nämlich viel mehr als das Ersetzen von Mumi. Beikost, d.h. mehr zu essen als nur Milch, ist ein wichtiger Schritt in der Entwicklung. Beikost und aus mehreren Gründen wichtig - nicht nur zum Sattwerden. Es geht bei nach Bedarf gestillten Babys auch um das spielerische Entdecken der verschiedenen sensorischen Eigenschaften von Lebensmitteln (Geschmcack und mehr), um das Loslassen von Mama etc.
Als Stillmama kannst du die Beikost ganz gelassen sehen, kannst sie wörtlich nehmen und zusätzlich zum Stillen mit deinem Baby das Abenteuer Beikost spielerisch handhaben.
Du brauchst deinen Kleinen darum nicht auf Biegen und brechen an Obst zu gewöhnen. Er wird noch fürh genug, Gefallen daran finden. Du kannst den Obstanteil in Breien einfach durch Gemüsemus ersetzen. Das ist inzwischen auch schon häufiger gebräuchlich und wird in Rezepten und Fertigbreien angepriesen.
Bei der Beikost (bei nach Bedarf gestillten Babys) geht es nicht nur darum Brei zu geben, um Nährstoffe und Kalorien zuzuführen, sondern es geht auch darum, neue Geschmackseindrücke, eine neue Esstechnik, neue Rituale, neue Konsistenzen und Nahrung i.A. kennen zu lernen, damit sich der Organismus langsam umstellen und daran gewöhnen kann.
Ziel ist es, deinem Baby zusätzlich zum Stillen neue Esseindrücke zu geben. Das angebotene Essen sollte ganz einfach sein: Brei oder Stückchen- weich gegart und salzfrei.
Kennst du BLW?
Das sog. " baby-led-weaning" ist eine Methode, die die Beikosteinführung bei nach Bedarf gestillten Babys sanft und langsam einleitet. Der Sinn ist das Fördern der Selbständigkeit. Es entsteht eine Eigendynamik, die im individuellen Prozess für den Verlauf nicht vorhersehbar ist.
BLW ermöglicht dem Baby einen eher spielerischen Zugang zu fester Nahrung. Es ermöglicht eine ganzheitliche Vorgehensweise durch Berühren und Betasten der Lebensmittel. Dies geschieht mit den Händen und dem Mund. Babys können bei dieser Art der Beikost in ihrem Tempo lernen und die Menge der Beikost komplett frei bestimmen. Es gibt keine Angaben über idealerweise zuzuführende Mengen, sondern konkrete Empfehlungen zur Beschaffenheit und/oder Zubereitungsweisen der angebotenen Lebensmittel.
BLW geeignete Lebensmittel sollten weich und salzfrei sein. BLW-geeignete Speisen sollten, vor allem am Anfang, sehr basically sein: Gekochte Gemüsesticks, gekochte Kartoffel, ggf weiches (rohes) Obst.
Babys erste Fingerkost sollte aus weich gedünsteten Obst/Kartoffel/Gemüsestücken bestehen. So kann dein Baby das Essen auf - wörtlich genommen - eigene Faust erkunden.
Zubereitung babygerechte Gemüsesticks:
Schneide aus rohen Gemüsesorten (bspw Möhre, Pastinake, Kohlrabi, Zucchini, Kürbis, Süßkartoffel, Kartoffeln, auch: Brokkoliröschen, Blumenkohlröschen) oder Obstsorten wie Apfel, Birne fingerdicke ca 8-10cm lange Stücke. Gare sie (dampfgaren oder in wenig Wasser dünsten) ohne Zusätze in einem Topf mit etwas Wasser einfach sehr weich.
Fertig ist das Fingerfood.
Als Stäbchen/Stick lässt sich das weiche Gemüse (Kartoffel oder Obst) gut mit der Faust umschliessen und festhalten. Die Kleinsten lutschen das Stückchen vorsichtig ab und erspüren und erschmecken das "Ding".
2 -3 max 3 Breie am Tag reichen i.d.R. vollkommen aus. Zusätzlich könntest du Fingerfood anbieten. Wichtiger als die Essmenge ist bei gestillten Babys sogar eher die Vielfalt der LM und das gemeinsame, spielerisch erlebbare Zusammensein am Esstisch.
Grüße
Birgit Neumann
von
Birgit Neumann
am 03.10.2017