Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Stillrhythmus

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Stillrhythmus

Mitglied inaktiv

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Hallo Biggi! Ich habe gelesen, daß die meisten Babys den Rhythmus Essen-Wach sein-Schlafen haben. Meine Tochter ( 6 Wochen )trinkt aber eigentlich an einer Brust, wird dann gewickelt, ist ein bißchen wach und bekommt dann nach ca. einer halben Stunde / manchmal auch eine Stunde wieder Hunger und ich gebe ihr die zweite Brust. Bisher hat das auch ganz funktioniert und sie ist danach wieder eingeschlafen. Seit 1-2 Wochen wird sie aber immer unruhiger tagsüber und schläft kaum noch. Sie wird nach der zweiten Brust wieder wach, man merkt, sie ist müde, aber sie schläft, wenn überhaupt, nur ein , wenn ich sie rumtrage und dann ist sie auch sofort wieder wach wenn ich sie hinlege. (Nachts schläft sie halbwegs mal 2-3 Stunden am Stück, am seit ein paar Tagen ist sie auch nachts immer unruhiger)Jetzt bin ich am überlegen, (da ich gelesen habe, daß man nach der Wachphase auf keinen Fall noch mal Stillen soll,sondern jetzt Schlafen angesagt ist) ob ich ihr Weinen immer falsch gedeutet habe und sie eigentlich müde ist. Allerdings frage ich mich dann, ob sie satt genug wird, wenn ich ihr nur eine Brust gebe und sie dann erst mal schläft, oder ob sie dann sowieso nach einer halben Stunde wieder aufwacht, weil sie hungrig ist. Da sie im Moment so unruhig ist und den ganzen Tag nur noch quengelt, möchte ich versuchen, noch mehr Struktur in den Tagesablauf zu bringen, will aber vorher wissen, was denn nun "richtig" ist. Vielen Dank schon mal für die Antwort, so langsam bin auch ich mit meinem Latein am Ende und dankbar für jeden Rat! Gruß Ulla


Biggi Welter

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Liebe Ulla, dieses Verhalten entspricht schon fast "lehrbuchmäßig" dem eines wenige Tage oder Wochen alten Babys, das eben nicht zehn bis 15 Minuten an der Brust trinkt und danach zufrieden einschläft (Baby, die sich so verhalten, sind so schwierig zu finden, wie eine Nadel im Heuhaufen). Babys haben ein über das reine Ernährungssaugen hinausgehendes Saugbedürfnis und diesem "non nutritiven" Saugen kommt eine sehr große Bedeutung zu. Nun werden viele Menschen sagen: "Dafür gibt es ja einen Schnuller". Doch das ist eine sehr zweifelhafte Antwort. Der Schnuller ist eine Brustattrappe und von der Natur ist vorgesehen, dass das non nutritive Saugen an der Brust stattfindet. Wird der Schnuller eingesetzt, kann es nicht nur zu Saugproblemen kommen, er kann auch dazu führen, dass das Kind zu wenig Zeit an der Brust verbringt, so dass die Brust nicht ausreichend stimuliert wird und das Kind nicht die Milch bekommt, die es braucht. Der Gebrauch des Schnullers ist sehr kritisch zu sehen. Die anderen Nebeneffekte, wie häufiges Aufstehen der Mutter, weil das Kind den Schnuller verliert, sind natürlich auch nicht gerade angenehm. Sie können sich und auch dem Baby das Leben sehr viel einfacher machen, wenn Sie sich auf Ihr Kind einlassen. Die oben erklärten Zusammenhänge machen es Ihnen möglicherweise einfacher, dem Bedürfnis des Kindes entgegenzukommen, zumal es erwiesen ist, dass es sich langfristig auszahlt, diese Bedürfnisse jetzt zu stillen. So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys (und keinesfalls ein Einschlafproblem). Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Alterstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Ein Wachstumsschub ist mit etwa sechs Wochen zu erwarten. Dazu kommt: Menschenbabys sind Traglinge, die den Kontakt zur Mutter brauchen. Es ist von der Natur nicht vorgesehen, dass sie alleine sind und auch nicht, dass sie alleine schlafen. Das widerspricht dem Bild vom süß in der Wiege schlummernden Baby, das fast alle Frauen (zumindest beim ersten Baby) haben. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn Ihr Kind nicht pausenlos schlafen will und ständigen Körperkontakt sucht. Außerdem schlafen die meisten Babys sehr viel weniger als es von den Eltern angenommen wird. Babys sind soziale Wesen, die die Welt, in die sie hineingeboren wurden erkunden und kennenlernen wollen und das geht nicht im Schlaf. Lassen Sie Ihr Kind an Ihrem Leben teilnehmen. Integrieren Sie Ihr Kind in Ihr Leben und versuchen Sie nicht, Ihr früheres Leben einfach wieder aufzunehmen. Es gibt auch noch weitere Gründe, warum Ihr Kind aufwacht, sobald Sie es hinlegen. Es wird einfach deshalb wach, weil es durch die Lageveränderung von senkrecht zu waagerecht geweckt wird. Eine solche Lageveränderung reizt das Gleichgewichtsorgan im Ohr und kann dazu führen, dass das Baby aufwacht. Wenn ein Baby liegend (an der Brust) einschläft und liegen bleiben kann, die Lageveränderung also wegfällt, sind die Chancen, dass es weiterschläft erheblich besser. Das gemeinsame Schlafen hat eine ganze Reihe von Vorteilen und verhilft der Mutter zu mehr Schlaf. Möglicherweise wird Ihr Kind auch wach, weil das Bett kälter ist als der Körper von Mutter oder Vater. Diese Temperaturunterschiede können ebenfalls zum Aufwachen führen. Hier hilft es, das Baby in eine Decke zu wickeln und in die Decke eingewickelt hinzulegen. Auch der Kopf sollte in der Decke liegen. Ich kann Ihnen nur dringend empfehlen, einmal ein Stillgruppentreffen zu besuchen oder zumindest einmal mit einer Stillberaterin in ihrer Nähe ein direktes Gespräch (auch am Telefon) zu führen. Viele Unsicherheiten lassen sich im direkten Gespräch sehr viel besser ausräumen und der Austausch mit anderen stillenden Müttern kann sehr ermutigend sein und vor allem werden Sie sehen und erleben, dass sich andere Babys genau so verhalten wie Ihr kleines Menschlein. Wenn Sie mir Ihren Wohnort mit Postleitzahl angeben, suche ich Ihnen gerne die nächstgelegene LLL Stillberaterin heraus. LLLiebe Grüße Biggi Welter


Mitglied inaktiv

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Hey du, wo auch immer du das alles gelesen hast - wirf das Buch in den Müll und still deinen Schatz immer dann, wenn er will. Keine Sorge, er wird satt, aber Babies halten sich meistens ganz und gar nicht an einen (Still-)Rhythmus, das ist ein Mythos :-) Dein Baby ist ganz normal, lass dich drauf ein und macht euch keinen Stress. Mindestabstände brauchst du auch nicht einhalten. Alles Gute weiterhin!


Mitglied inaktiv

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Liebe Biggi! Erstmal vielen Dank für diese ausführliche Anwort, auch an Felis Danke! Das hat mir schon viel geholfen! Meine Postleitzahl lautet: 30459 Vielen Dank!


Biggi Welter

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Liebe Ulla, Sie können sich an Frau VOGET Kerstin, Tel.: 0511 8602901 wenden. LLLiebe Grüße, Biggi


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