Liebe Biggi!
Ich hätte zwei Fragen an Sie. Als erstes: warum sind eigentlich Stillhütchen so verpönt? Ich habe extreme Schlupfwarzen und stille deshalb seit gut 6 Monaten mit den Hütchen. Habe zwar während meiner Schwangerschaft auf eigene Faust probiert mit der Nipplette meine Brustwarzen rauszuziehen, was aber überhaupt nichts gebracht hat. Auch jetzt, nachdem ja täglich einige Zeit daran gesaugt wird treten die Brustwarzen nicht weiter hervor.
Darum zu meiner zweiten Frage: ist es möglich ein evtl. weiteres Kind auch ohne die Hütchen zu stillen und wenn ja, dann wie?
Danke für Ihre Antwort und ein dickes Lob an Sie, daß Sie sich die Zeit nehmen und uns wissbegierigen und problemgeplagten Müttern immer mit kompetenten Antworten Zur Seite stehen!!!
Mitglied inaktiv - 27.05.2003, 14:15
Antwort auf:
Stillhütchen
?
Liebe Silvisonne,
Stillhütchen sind ein Stillhilfsmittel und können in bestimmten Situation sinnvoll sein. Doch nun kommt das ABER: sie sind nicht - wie es leider oftmals geschieht - Mittel der ersten Wahl bei den unterschiedlichsten Stillproblemen, auch nicht bei Hohlwarzen und wenn sie eingesetzt werden, dann nur so, dass die anschließende Betreuung der Mutter durch eine erfahrene Stillberaterin gewährleistet ist.
Werden Stillhütchen einer Frau einfach ohne weitere Betreuung in die Hand gedrückt und die Frau muss dann alleine damit klar kommen, dann erleben wir Stillberaterinnen es immer wieder, dass die Stillhütchen eine Vielzahl von weiteren Problemen hervorrufen (und das ursprüngliche Problem nicht gelöst ist) und dann kann ein langer und anstrengender Weg für das Stillpaar beginnen, wenn die Frau nicht sowieso schon so frustriert ist, dass sie gleich abstillt.
Hohlwarzen sind nicht zwingend ein Stillhindernis. Diese Warzenform kann - muss aber nicht - Probleme beim Anlegen verursachen. Das englische Wort für „Stillen" verdeutlicht so schön, dass die Form der Brustwarze nicht unbedingt wichtig für den Stillerfolg ist: Stillen heißt „Breastfeeding" also Brusternährung. Es heißt nicht etwa „Nipplefeeding" sondern „Breastfeeding". Das Kind trinkt nicht ausschließlich an der Brustwarze, sondern an der Brust. Ein korrekt angelegtes Kind umfasst nicht nur die Brustwarze, sondern auch einen Teil des Warzenhofes. Wenn ein Kind ausschließlich die Brustwarze beim Saugen an der Brust fasst, dann führt das zu wunden Brustwarzen.
Das Tragen von Brustwarzenformern (gibt es von den Firmen Medela und Ameda und können bei Apotheken oder der La Leche Liga oder LLL-Stillberaterinnen bestellt werden) kann helfen, die Brustwarzen hervortreten und besser fassbar zu machen. Die mit der Schwangerschaft einhergehenden Hormonveränderungen erhöhen die Elastizität der Haut einer Frau. Brustwarzenformer wurden erdacht, um diese natürliche Dehnbarkeit auszunutzen und durch sanften, aber fortwährenden Druck die Brustwarze herauszuziehen.
Brustwarzenformer bestehen aus leichtem Hartplastik. Einige haben eine nachgiebige Innenseite aus Silikon (Medela). Sie sollen von der Mutter im Büstenhalter getragen werden. Der innere Ring übt sanften, aber anhaltenden Druck auf den Brustwarzenhof der Mutter aus, was die Brustwarze veranlasst, hervorzutreten und die Verwachsungen dehnt, die sie einziehen. Die Schale - die mit Löchern versehen sein sollte - hält den Büstenhalter von der nach außen strebenden Brustwarze fern. Um sie bequem im Büstenhalter unterzubringen, kann es notwendig sein, dass die Mutter eine um eine Nummer größere Körbchengröße trägt. Ist der Büstenhalter der Mutter nicht groß genug, kann durch den Druck eine Brustentzündung hervorgerufen werden.
Brustwarzenformer sollten in den letzten Wochen (ev. drei Monaten) der Schwangerschaft verwendet werden, häufig ist es auch sinnvoll sie in der ersten Zeit nach der Geburt vor dem Anlegen zu tragen. Sie müssen jedoch keinesfalls ununterbrochen getragen werden.
Brustwarzenformer sollten zunächst nur kurzfristig (vielleicht erst mal eine halbe Stunde) und dann mit zunehmend längerer Zeitdauer getragen werden. Dabei muss darauf geachtet werden, dass der BH wirklich groß genug ist, so dass nichts drückt.
Bei sehr empfindlichen Frauen kann es zum Auslösen von Wehen kommen, aber lange nicht bei allen. Solltest Du „Unruhe" in deinem Bauch bemerken, ist es vermutlich besser die Brustwarzenformer wieder abzusetzen.
Seit einiger Zeit wird auch die „Niplette" auf dem deutschen Markt angeboten, um die Brustwarzen herauszuziehen und zu formen. Meine Erfahrungen mit diesem Hilfsmittel sind allerdings nicht überzeugend und außerdem kann die Niplette bei manchen Frauen wehenauslösend wirken.
Nach der Geburt kann der Einsatz einer Milchpumpe oder einer anderen Saugapparatur helfen, Flach- oder Hohlwarzen unmittelbar vor dem Stillen herauszuziehen und dem Baby das Fassen der Brustwarze erleichtern.
Ganz wichtig ist, dass bei Hohl- oder Flachwarzen auf absolut korrektes Anlegen geachtet wird.
Wenn Sie (ein weiteres Kind) ohne Stillhütchen stillen wollen, ist es wichtig, dass Sie sich sehr gründlich über das optimale Anlegen informierst und sich verschiedene Stillpositionen zeigen lassen.
Am besten wenden Sie sich dazu an eine Stillberaterin in Ihrer Nähe und besuchen die Stilltreffen. Wenn Sie mir Ihren Wohnort mit Postleitzahl angeben, suche ich Ihnen gerne die nächstgelegene LLL-Stillberaterin heraus.
LLLiebe Grüße
Biggi Welter
von
Biggi Welter
am 28.05.2003