Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Schlafprobleme und Abstillen bei älterem Baby

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Schlafprobleme und Abstillen bei älterem Baby

SaLue79

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Liebe Biggi und Kristina, bis jetzt war ich stiller Leser und habe auch schon viele Antworten gefunden, die mir weitergeholfen haben. Aber mittlerweile stehen wir doch wie ein Ochs vorm Berg und wissen nicht mehr weiter. Unser knapp 11 Monate alter Sohn tut sich seit Wochen unfassbar schwer mit dem Schlafen. Sowohl tagsüber als auch nachts. Er hat noch nie sehr lange am Stück geschlafen (maximal 4 Stunden, was aber sehr selten ist, 2 Stunden sind eher die Regel). Durchs Stillen ist er bis vor einigen Wochen zumindest verlässlich eingeschlafen - tags und nachts. Da er nachts aber sehr oft wach wurde (bis zu 8 Mal) und dann immer gestillt werden wollte, habe ich begonnen, ihm kurz vorm Einschlafen die Brust rauszuziehen um die Verbindung "Schlafen nur durch Stillen" etwas zu lösen. Das hat auch wunderbar funktioniert und mittlerweile schläft er nachts ab und zu sogar ohne Stillen weiter. Ich schlafe momentan mit ihm auf der Couch, da es im Schlafzimmer unterm Dach viel zu heiß ist und der Papa mit uns im Bett auch kein Auge zutut. Wir versuchen ihn nun immer mal wieder in sein eigenes Bettchen zu legen, was er aber nur im Halbschlaf akzeptiert. Wenn er dort schläft scheint er aber tatsächlich länger zu schlafen. Das größte Problem ist aber, dass wir ihn tagsüber gar nicht mehr zum Einschlafen bekommen - er kann noch so müde sein. Selbst Tragen hat bei uns noch nie funktioniert. Das einzige was gerade verlässlich noch geht ist der Kinderwagen, den wir momentan auf unserer großen Terrasse etliche Male im Kreis fahren. Im Auto klappt es auch, aber das ist unpraktikabel. Wir sind ein bisschen verzweifelt, da es ja auch nicht ewig Sommer ist und sich auch unsere nächtliche Schlafsituation kaum verbessert hat. So langsam würde ich zudem auch gerne Abstillen, da ich seit zwei Wochen an zwei Tagen der Woche auch wieder arbeite (dann ist der Papa zuhause). Essen tut unser Sohnemann ganz gut, aber Trinken ist nicht so sein Ding - da kriegen wir tagsüber nur um die 100 ml Wasser (haben es aber auch mit Tee und sogar Saft versucht) mit der Schnabeltasse in ihn rein. Schnuller und Flasche hat er nie akzeptiert. Tagsüber stille ich (wenn ich nicht arbeite) meist noch 2-3 Mal nach Bedarf neben den Breimahlzeiten. Kann es sein, dass er nachts tatsächlich einfach Durst hat? Er nuckelt nämlich nicht, sondern trinkt 2,3 Minuten in ordentlichen Zügen, dockt ab und schläft dann direkt weiter... Lösen sich meine (nächtlichen) Probleme vielleicht auf, wenn ich abstille und er genügend andere Flüssligkeit zu sich nimmt? Wie soll ich das anstellen, wenn er ja nichts außer Milch aus der "Originalverpackung" akzeptiert? Sorry, wenn ich nun mehrere "Baustellen" miteinander vermengt habe und so viel geschrieben habe, aber ich glaube, dass die Probleme alle miteinander zusammenhängen... Tausend Dank im Vorfeld für einen Rat und sommerliche Grüße, Sabrina


Biggi Welter

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Liebe Sabrina, ein Baby muss eine gewisse Reife erreichen, um längere Zeit schlafen zu können. Wann dieser Zeitpunkt erreicht wird, ist von Kind zu Kind unterschiedlich. Du kannst jetzt mit vielen Tricks versuchen, die Situation zu verändern, aber es wird nur Stress und Tränen geben, denn dein Kind IST einfach in der Phase, in der es dich so viel braucht. Die unruhigen Tage und Nächte sind furchtbar anstrengend, daran kann ich mich auch noch gut erinnern. Trotzdem: Sie sind normal und werden garantiert irgendwann vorbei sein. Wann, kann ich leider nicht sagen. Aber sie gehen wirklich vorbei! Bis dahin kannst du probieren, dir den Alltag so einfach wie möglich zu machen, so dass auch du tagsüber mal ein kurzes Nickerchen machen kannst. Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist es so, dass Mütter ihre Babys in den Schlaf stillen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses „natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit „Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben. Leider geht der Trend zu immer früherer Anwendung sogenannter Schlaftrainingsprogramme und Eltern von Babys, die sich nicht dieser „Norm" anpassen, wird mehr oder weniger direkt vermittelt, dass sie selbst schuld sind, ja manchmal kommt unterschwellig sogar dazu, dass dies Eltern sich als Versager fühlen sollten. Hast du gewusst dass ein junger Elefant eingeht, wenn er in den ersten 2 Lebensjahren nicht die PERMANENTE Anwesenheit seines Hauptbezugs"tieres" hat (kann auch ein Mensch sein...). Wenn ein Elefantenbaby zum Waisenkind wird bekommt es im Zoo selbstverständlich einen Pfleger zur Seite gestellt, der Tag und Nacht Hautkontakt bietet. Kein Mensch würde die Notwendigkeit dafür in Frage stellen. Nur mit unseren eigenen Babys, die viel unreifer geboren werden, erwarten wir so viel mehr. Das ist ein Punkt, der viele Diskussionen auslöst und bei Mutter und Kind zu vielen Tränen führen kann: Das Kind soll "wach" ins Bett gelegt werden und alleine einschlafen können (was eine enorme neurologische Leistung darstellt). Wenn es aber nur an der Brust oder im Körperkontakt mit der Mutter einschlafen kann, dann verurteilen wir dies als schlechte oder gar schädliche Angewohnheit... Aber das ist es gar nicht! Es hat seinen Grund, warum stillende Mütter die besten Einschlafhilfen SIND. Beim Saugen an der Brust findet ein Baby das, was es braucht: Trost, Nahrung, Sicherheit. Es liegt vermutlich an einer gewissen neurologischen Unreife, wenn einige Babys das mehr brauchen als andere, und es "verwächst" sich wirklich von alleine!! Dein Baby braucht also vor allem eines: Zeit zum Reifen. Vielleicht "schenkst" Du ihm einfach noch ein bisschen von dieser Zeit, in der du ihm gestattest, so zu sein, wie es ist. Du machst nichts falsch! Und hast Du es schon einmal mit dem Kinn-Trick" probiert? Der ist oft sehr hilfreich bei Babys, die die Brust fast ein wenig aus Gewohnheit im Mund haben wollen beim Schlafen. Dabei legst du, wenn du die Brust dem schlafenden Kind aus dem Mund gezogen hast, einen Finger längs unter die Unterlippe, so dass die Lippe beim "Suchen" einen gewissen Widerstand spürt. Dieser Widerstand wirkt beruhigend auf viele Kleinen, und sie schaffen es sich zu entspannen und eine tiefere Schlaf-Ebene zu erreichen... Das geht auch, wenn das Kind im Schlaf oder Halbschlaf wieder zu "suchen" beginnt: Man drückt ganz sanft sein Kinn nach oben. Bei vielen Babys wirkt das Wunder und sie schlafen plötzlich auch ohne Brust weiter/wieder ein. Manche Mütter berichten, dass es sogar geholfen hat, wenn sie ein kleines Kuscheltier ans Kinn des Kindes gelegt haben... Da ist es natürlich wichtig darauf zu achten, dass die Atemwege nicht blockiert werden :-). Natürlich kannst Du auch versuchen, Dein Baby abzustillen. DU kennst DEIN Baby am besten und spüren, was dein Kind verkraften kann und was nicht. Wenn Du abstillen möchtest, dann sprich mit deinem Kind darüber, dass eure Stillzeit nun langsam zu Ende geht und zeige ihm, dass Du es selbstverständlich noch genau so lieb hast wie schon immer. Du entziehst ihm die Brust aber nicht dich selbst und deine Liebe. Dazu kannst Du die Stillzeiten immer weiter verkürzen. Viele Mütter haben festgestellt, dass es wirksam und relativ wenig belastend ist, ein Kind so oft anzulegen, wie es möchte, aber es nicht so lange zu stillen. Du kannst dein Kind eine kleine Weile anlegen und es dann ablenken oder ihm etwas zu essen oder zu trinken anbieten. Ihr könnt ein festes Ritual mit Kuscheln und Vorlesen oder Geschichte erzählen einführen. Viele Eltern beginnen auch bereits bei einem wenige Monate alten Baby damit, den Tag am Abend noch einmal Revue passieren zu lassen und so ein Gespräch (das sich im Laufe der Zeit dann entwickeln wird) über die Erlebnisse, Freuden, aber auch Sorgen und Nöte des Kindes zu führen. Durch solch ein Gespräch bleiben Eltern dann auch in engem Kontakt mit ihrem Kind und der leider viel beobachtet Sprachlosigkeit zwischen Eltern und Kind kann entgegengewirkt werden. Wenn dein Partner nicht einspringen kann, bleibt es an dir, Euer Kind auf andere Weise zu trösten und zu beruhigen und ihm einen Ersatz für die Brust anzubieten. In dieser Situation ist ein Nachthemd bzw. Kleidung, die sich vorne nicht öffnen lässt oft hilfreich. Wichtig ist, dass dein Kind weiterhin deine Liebe und Zuneigung spürt und Du nicht gleich die Geduld verlierst, wenn es nicht so schnell klappt mit dem Abstillen. Viele Frauen glauben, dass sie sich beim Abstillen vom Kind distanzieren müssen, aber genau das Gegenteil ist der Fall. Deshalb halte ich auch nicht viel von der Lösung, dass die Mutter einige Tage alleine verreist. Diese plötzliche Trennung kann das Kind in tiefe Trauer und Verzweiflung stürzen und vor allem: Was macht die Mutter, wenn das Kind nach der Rückkehr doch wieder an die Brust will? Probiere es einmal mit immer kürzerem Stillen und viel Kuscheln. LLLiebe Grüße Biggi Welter


SaLue79

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Vielen Dank liebe Biggi für die schnelle und ausführliche Antwort. Ich begleite meinen Kleinen nach unseren Zubettgeh-Ritualen immer in den Schlaf und lass ihn direkt neben mir einschlafen - aber dabei will er leider so gar nicht kuscheln sondern windet sich aus meinen Armen heraus und klettert auf mir, dem Sofa oder dem Bett herum. Das stillen (auch dabei windet er sich oft) beruhigt ihn dann doch irgendwann und nach dem xten Anlauf schläft er dann auch ein. Tagsüber funktioniert das Einschlafstillen nun leider gar nicht mehr, so dass eben der Kinderwagen für die Mittagsschläfchen die einzige Option geworden ist. Ich hoffe, es ist eine Phase (vielleicht will er unbedingt in jeder Situation seine motorischen Fortschritte üben?).... Wegfahren zum abstillen ist für mich tatsächlich keine Option - ich würde das gerne langsam und behutsam angehen...denn wir hatten eine wundervolle Stillzeit und erst in letzter Zeit ist es sehr anstrengend geworden (vor allem, da er einfach nicht mehr bei der Sache bleibt, sondern ständig an- und abdockt, rumklettert und mit der Brustwarze spielt) -das mit dem kürzer stillen werde ich nun mal ausprobieren! Danke nochmal und viele Grüße, Sabrina


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