Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Langzeitstillen und Loslösung

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Langzeitstillen und Loslösung

AnnaC

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Hallo Ihr Lieben, ich stille meine Tochter, 27 Monate alt, immer noch nach Bedarf. Der ist manchmal ziemlich gross, zumal sie zuletzt eine Magen-Darm-Grippe hatte. Das ist auch ok für mich, auch wenn es manchmal anstrengend ist. Meine Sorge ist die Loslösung. Sie war immer viel mit Papa zusammen, schon alleine deswegen, weil ich arbeiten musste. Dann sind wir allerdings zweimal umgezogen, im August und im Oktober. Dazwischen war der Papa nicht bei ihr (der ist gleich ins Zielland). Nun sind wir wieder vereint und sie ist glücklich. Allerdings ist sie wieder viel stärker an mich gebunden. Früher schlief sie tagsuber beim Papa ein, wenn ich nicht da war. Nun schläft sie wieder nur bei mir. Viele sagen hier, sie wird erst sich loslösen und auch erst richtig essen (essen ist mühsam bei ihr, sie mag oft einfach nur Kräcker, das ist ja auch nix), wenn ich sie abstille. Ich will das eigentlich ihr überlassen, zumal zwei grosse Umzüge (drei verschiedene Länder, Sitten, Essen, Klima) ja auch nicht einfach zu bewältigen sind. Andererseits will ich der Loslösung nicht im Weg stehen. Was meint Ihr? Vielen Dank für Eure tolle Arbeit und liebe Grüsse, Anna


Biggi Welter

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Liebe Anna, Stillen ist viel, viel mehr als reine Nahrungsaufnahme. Es ist Trost, Geborgenheit, sicherer Hafen und ein Weg zur Ruhe zu kommen, wenn die Wellen des Alltags so hoch geschlagen sind, dass das Kind keinen Weg mehr weiß, um mit sich selbst und der Umgebung ins Reine zu kommen. Leider verstehen manche Menschen (vor allem diejenigen, die selbst nicht oder nur sehr kurz gestillt haben) nicht, dass Stillen all das, was ich oben beschrieben habe und noch viel mehr bedeutet. Sie erkennen nicht, dass ein entsetztes, wütendes oder verletztes Kind an der Brust wieder den Weg zu sich selbst zurück findet und dabei auch noch sein Gesicht wahren kann. Es wird von der Mutter nicht bloßgestellt, sondern angenommen und kann sich in der sicheren Geborgenheit des Stillens wieder erholen und beruhigen. Sicherlich kommt es manchmal zu Konflikten, wenn die Mutter nicht stillen mag, aber das passiert in diesem Alter ständig und nicht nur beim Stillen ;-). Der Einstellung, dass das Langzeitstillen die Loslösung beeinträchtige oder ein Problem in Hinblick auf die Theorie des Übergangsobjektes darstellt, ist keineswegs bewiesen. Dieser Vorstellung liegt eine Hypothese zugrunde, für die es keinen Beweis gibt. Diese Überlegungen beruhen auf Beobachtungen in einer bestimmten Bevölkerungsgruppe die vor langer Zeit gemacht wurden. Dem Stillen oder gar dem längeren Stillen wurde dabei überhaupt keine Aufmerksamkeit entgegengebracht (wohl auch, weil kaum bzw. nicht lange gestillt wurde). Die Praxis zeigt jedenfalls, dass langzeitgestillte Kinder nicht unselbständiger sind als kurz oder gar nicht gestillte Kinder und auch keine vermehrten Probleme mit der Loslösung haben, im Gegenteil: Oft haben sie ein so starkes Vertrauen in sich und die Welt, dass sie recht forsch die Welt entdecken wollen. Außerdem spricht gegen diese Theorie, dass es dann weltweit gesehen sehr viele Kinder Probleme mit der Selbstregulation haben müssten, denn es gibt ja nun mal viele Kulturen, in denen das lange Stillen deutlich über das Babyalter hinaus üblich ist und es gibt Kulturen, in denen keine Übergangsobjekte bekannt sind. Das lange Stillen führt definitiv nicht zu einer verspäteten Loslösungsphase. LLLiebe Grüße, Biggi


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