Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Schlafverhalten & Stillen/Loslösung & Langzeitstillen

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Schlafverhalten & Stillen/Loslösung & Langzeitstillen

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Hallo Frau Welter, ich habe eine Empfehlung von Dr. Posth bekommen, mich mit meinen Anliegen an Sie zu wenden und sende Ihnen diese nachstehend, inklusive seiner Antwort, in der Hoffnung, Sie können mir weiterhelfen. Falls Sie noch mehr Auskünfte benötigen, schreibe ich Ihnen gerne noch einmal. Besten Dank vorab für Ihre Antwort!! Colette Sehr geehrter Dr. Posth, bei unsere Tochter (27M) ist seit Klinikaufenthalt (Nierenbeckenentzündung) mit 18M Sand ins Getriebe der LL gekommen. Vorher wollte sie ca. 5 Wo lang nichts von mir wissen. Stattdessen war nur Oma gefragt (ausser Stillen u Einschlafen durch Stillen). Es lief alles altersentsprechend (trotz Langzeitstillen). Seither haben wir eine erschwerte LL,die erst langsam wieder in Gang kommt. Sie ist sehr mamaanhänglich u ich kann nicht ausser Haus,ohne dass ich Angst haben muss,dass sie unter Tränen nach mir o Stillen verlangt. Was -neben der Brustentwöhnung,von der ich weiß,dass Sie dafür plädieren- ist zur Förderung der LL sinnvoll? Oma verbringt seit ca. 7. Monat fast so viel Zeit mit ihr wie ich. Wäre es z.B. gut,wenn Oma u Vater mal ein paar Wo versuchen,alles zu übernehmen (ausser Einschlafen&Nachtbetreuung) u ich nur einspringe,wenn sie mich einfordert u braucht,d.h. im Haus bin,aber anderen Tätigkeiten nachgehe. Bei Unternehmungen ausser Haus muss ich derzeit sowieso mit,da sie entweder erst gar nicht ohne mich geht o unterwegs manchmal unter Tränen nach mir verlangt. Auch das abendliche Zubettbringen klappt nur mit mir u Stillen. Oder ist so etwas kontraproduktiv,da nach ein paar Wo das Programm wieder heruntergefahren werden muss u ich wieder vieles übernehme. Oma&Papa-Programm heißt auch viel mehr Angebote,die ich im Alltag gar nicht leisten kann.Und sie ist jetzt schon sehr fordernd,macht nichts alleine u quengelt schnell,wenn sie nicht die volle Aufmerksamkeit hat. Was raten Sie? Erlauben Sie mir noch folgende Frage: Ich möchte zudem für meine Tochter einen allmählichen u vor allem guten Übergang zum Abstillen schaffen. Sie will noch sehr oft stillen (mindestens alle 3 Stunden am Tag, meist sogar in wesentlich kürzeren Abständen) u nutzt es auch mal als Ausweg aus unliebsamen Situationen u aus Langeweile. Was halten Sie für eine verständliche Regel,das Stillen am Tag zu Hause u unterwegs zu handhaben. Ich habe bereits vieles versucht, kürzer Stillen, viel Ablenkung, kurzer Aufschub ('Ich mache zuerst xy, dann kannst Du stillen..') etc., aber es tritt keine Veränderung ein. Wenn ich ihrem Wunsch nicht schnell nachkomme, fängt sie sofort an zu weinen. Besten Dank für Ihre Antwort,Colette Liebe Colette, auch Sie würde ich bitten, die Situation erst einmal mit der Stillberaterin, Frau Biggi Welter, hier im Forum zu besprechen. Die Konflithaftigkeit, die zwischen den Anforderungen der Loslösung und dem Bindungserhalt durch das Dauerstillen entsteht, ist für das Kind hoch kompliziert und verkompliziert sich immer weiter, bis eines Tages das "Band" unter der starken Spannung reißt. Ich glaube zwar nicht, dass die Bindung dadurch nachhaltig beschädigt wird, wie vielleicht manch ein Anderer, aber der momentane Defekt, der dabei entsteht, muss wieder repariert werden. Dadurch ergibt sich die Frage, wartet man, bis das Kind von sich aus "aufgibt" oder die Mutter aufgibt und sich dem Kind verweigert, oder beginnt man doch ein gezieltes Abstillprogramm, das ja jetzt nur noch mit dem Regelkonzept zu machen ist. Sie können mir ja einmal berichten, was Frau Welter für solche Fälle empfiehlt. Es insteressiert mich. Viele Grüße Sg Dr. Posth, meine Tochter (26 M,sichere Bindung,kein Schreien lassen,Familienbett,Langzeitstillen) ist seit jeher eine schlechte Schläferin.Sie ist geistig weit,ängstlich,hochsensibel,fordernd,nimmt sicher viel mit in den Schlaf.Dieser ist unruhig u leicht.Sie kennt seit ihrer Geburt eine schnelle Beruhigung durch mich (streicheln,stillen,hochnehmen).Kann das ihr Schlafverhalten beeinflusst haben?Dieses ist seit ca. 1 J wie folgt:beim Mittagsschlaf (ca 2 Std) wacht sie bis 4x auf.In der Nacht (ca 10 Std) sind 3 Std Schlaf am Stück ein Highlight.Sie wacht bis 20x auf,davon ca. 5-6x zur Nahrungsaufnahme (Stillen).Bei den restlichen Malen denke ich,sie wird durch Träumen wach,versucht müde wieder einzuschlafen,schafft es aber nicht richtig u wacht nach ein paar Min wieder auf,versucht es erneut,ist wieder kurz weg u bald wieder da.Das kann über Std gehen u das Einschlafen wird von Mal zu Mal schwerer. Meist ist dies in der 2. Nachthälfte.Als Wiedereinschlafhilfe will sie gestillt o manchmal getragen werden.Beim Aufwachen erzählt sie im Halbschlaf kurze Sätze von am Tag Erlebtem,weint auch manchmal.Mein Gefühl ist,sie verarbeitet ganz viel im Schlaf u das lässt sie seit jeher nicht zur Ruhe kommen.Ich habe bereits viel probiert:Mittagsschlaf kürzen,mehr essen,keine ‚intellektuellen’ Inputs,viel Bewegung draußen,wenig o viel Action am Tag etc.Abende sind ruhig,sie wächst grundsätzlich sehr umsorgt auf,ist noch sehr Mama-anhänglich.Einen direkten Zus.hang mit bes Vorkommnissen kann ich nicht herstellen.Der KIA sagt,solange sie nicht häufig über 1-2 Std wach ist u spielen etc. will,läge keine Schlafstörung vor.Wie sehen Sie das?Und vor allem,was raten sie mir? Das Aufwachen zum Stillen ihres Hungers stellt für mich kein gr Problem dar (das sind ‚ruhige’ Nächte für mich,die auch vereinzelt vorkommen).Jedoch das ständige Aufwachen aufgrund der Unruhe,lässt meine Kraft nach über 2 J schwinden.VG Hallo, Sie dürfen davon ausgehen, dass das Langzeitstillen und das derzeit feststellbare Schlafverhalten Ihrer Tochter zusammenhängen. Ich persönlich rate vom nächtlichen Füttern, und nichts anderes ist auch das Stillen nach dem 1. Geburtstag, grundsätzlich ab (s." Brustentwöhnung in der Nacht", gezielter Suchlauf). Ich weiß aber, dass es dazu sehr konträre Meinungen gibt, insbesondere die der Stillverfechterinnen. Über meine differenzierte Haltung zum Langzeitstillen gibt es im gezielten Suchlauf auch ein entrpechendes Stichwort. Sie sollten aber erst einmal an die Stillberaterin hier im Forum, Frau Biggi Welter, wenden, die ein ausgezeichnete Beratung macht. Viele Grüße


Biggi Welter

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Liebe Colette, ich habe mich gerade lange und intensiv mit meiner Freundin und Kollegin Denise Both über deine Frage unterhalten. Es ist ein Geschenk für mich, dass ich durch ihre Kompetenz noch immer dazulernen darf (ein ganz herzliches Dankeschön für ihre Hilfe an dieser Stelle ). Hier das Wesentliche aus unserem Gespräch: Die These, dass das Langzeitstillen die Loslösung beeinträchtige oder ein Problem in Hinblick auf die Theorie des Übergangsobjektes darstellt, ist keineswegs bewiesen. Dieser Vorstellung liegt eine Hypothese zugrunde, für die es keinen Beweis gibt. Diese Überlegungen beruhen auf Beobachtungen in einer bestimmten Bevölkerungsgruppe die vor langer Zeit gemacht wurden. Dem Stillen oder gar dem längeren Stillen wurde dabei überhaupt keine Aufmerksamkeit entgegengebracht (wohl auch, weil kaum bzw. nicht lange gestillt wurde). Die neueste Verlautbarung der American Academy of Pediatrics ist übrigens sehr eindeutig. Dort steht nämlich "There is no upper limit to the duration of breastfeeding and no evidence of psychologic or developmental harm from breastfeeding into the third year of life or longer". (Es gibt keine Obergrenze für die Stilldauer und keinen Beleb für Schädigungen hinsichtlich der Psyche oder der Entwicklung, wenn bis in das dritte Lebensjahr oder länger gestillt wird). Es ist immer wieder interessant wie unterschiedlich Menschen die Entwicklung von Kindern betrachten und wie sehr doch die Vorstellung davon, was in der kindlichen Entwicklung als „normal“ bezeichnet wird, sich unterscheiden kann. Gerade die Themen „Loslösung“ und „Bindung“ sind hier ein gutes Beispiel für etwas, was sehr stark kulturell und vom Zeitgeist geprägt ist. In Deutschland gibt es eine starke Tendenz, Kinder von Anbeginn an möglichst „selbständig“ sein zu lassen, enge Bindung – die sich nicht zuletzt ja auch in körperlicher Nähe zeigt – wird als eher negativ angesehen und Mütter/Eltern haben oft Befürchtungen, dass das Zulassen von (körperlicher) Nähe und enger Bindung, das „Kleben“ des Kindes an der Mutter bestärkt und die „Loslösung“ erschwert. Aus diesem Grund wird von einigen Seiten dafür plädiert, Kinder möglichst früh abzustillen, von Anfang an oder spätestens mit wenigen Monaten alleine schlafen zu lassen, nicht zu tragen usw. Um die Trennung von Mutter und Kind voranzutreiben gibt es seit einiger Zeit sogar so genannte Loslösegruppen, in denen das Kind lernen soll, ohne Mutter auszukommen. Parallel zu dieser Tendenz, sich möglich früh vom Kind abzugrenzen und dies als „positiv für die Loslösung“ zu verkaufen, zeichnet sich ein Trend ab, dass es immer mehr bindungsunfähige und in ihrer Gesamtheit unsichere Jugendliche und Erwachsene gibt. Ganz anders sieht es in Kulturen aus, in denen Nähe zwischen Mutter und Kind gefördert wird, in denen es normal ist, das Kind im wahrsten Sinne des Wortes an sich zu binden indem ihm zum Beispiel durch weit über das Säuglingsalter hinaus andauerndes Tragen, gemeinsames Schlafen und auch langes Stillen anhaltender Körperkontakt vermittelt wird. Gerade in punkto stillen sei hier angemerkt, dass es sich hier um weit mehr als reines Ernährung handelt. Und nun kommt der wichtige Punkt: Die älteren Kinder und Erwachsenen aus den Kulturen, in denen es keinen forcierten Loslöseprozess gibt, sind keineswegs psychisch oder sozial gestört, unselbständig oder lebensunfähig, sondern im eher das Gegenteil ist der Fall. Die Praxis zeigt, dass langzeitgestillte Kinder nicht unselbständiger sind als kurz oder gar nicht gestillte Kinder und auch keine vermehrten Probleme mit der Loslösung haben, im Gegenteil: Oft haben sie ein so starkes Vertrauen in sich und die Welt, dass sie recht forsch die Welt entdecken wollen. Außerdem spricht gegen diese Theorie, dass es dann weltweit gesehen sehr viele Kinder Probleme mit der Selbstregulation haben müssten, denn es gibt ja nun mal viele Kulturen, in denen das lange Stillen deutlich über das Babyalter hinaus üblich ist und es gibt Kulturen, in denen keine Übergangsobjekte bekannt sind. Das lange Stillen führt definitiv nicht zu einer verspäteten Loslösungsphase. Ein sicher gebundenes Kind, dem die Mutter erlaubt, sich gemäß seinem eigenen Zeitplan zu entwickeln, braucht keine „Unterstützung“ im Loslöseprozess durch Loslösegruppen, forciertes Abstillen oder gezielt geplante Trennungen von Mutter und Kind. Im Gegenteil: Erhält das Kind die Gelegenheit, eine gute und verlässliche Bindung zu Mutter (und Vater) aufzubauen, zu wissen, dass es diese(n) Menschen restlos vertrauen kann, dann wird es aus seinem eigenen Antrieb heraus beginnen, sich für die Welt „außerhalb“ zu öffnen. Es wird seine natürliche Neugierde ausleben und die Umgebung erforschen, Kontakt zu anderen Menschen aufnehmen und seinen Aktionsradius zunehmend vergrößern und sich dabei natürlicherweise von der Mutter/den Eltern „lösen“. Und ja, es wird sich auch selbst abstillen, wenn es so weit ist. Allerdings ist es nicht so, dass eine Mutter, die einfach nicht mehr stillen kann oder will, „ewig“ weiterstillen muss, es ist durchaus möglich, ein Kind liebevoll abzustillen und dabei gleichzeitig seine Bedürfnisse nach Nähe, Geborgenheit, Sicherheit und Bindung weiter zu erfüllen. Dein Kind zeigt dir doch ganz deutlich, dass es DICH jetzt sehr braucht. Es braucht jetzt keine forcierte Loslösung, sondern ein Eingehen auf sein Bedürfnis nach Nähe und Bindung. Wird dies nicht erfüllt, dann kann zwar eine scheinbare Selbständigkeit des Kindes erzwungen werden, denn jedes Kind wird sich früher oder später darin einfügen, was die Eltern als Rahmenbedingungen vorgeben, aber dies hat nichts damit zu tun, dass das Kind selbst einen weiteren Entwicklungsschritt gemeistert hat. Langer Rede kurzer Sinn: Wenn Du jetzt abstillen magst, dann ist das absolut getrennt davon zu sehen, dass dein Kind sich von dir „löst“. Das Abstillen wird nichts an dem Bedürfnis deiner Tochter nach deiner Nähe und einer engen Bindung zu dir ändern, auch wenn das von außen gesehen so scheinen mag. LLLiebe Grüße, Biggi


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Liebe Biggi, ich danke Dir ganz ganz herzlich für Deine schnelle und ausführliche Antwort, die eigentlich meinem eigenen Gefühl entspricht! Dieses ist, das meine Tochter einfach ihr ganz eigenes Tempo mit den Dingen hat, das nicht unbedingt dem der Norm entspricht. Allerdings komme ich manchmal von diesem Gefühl ab und weiß nicht mehr, ob ich noch auf dem rechten Weg bin. Denn die von Dr. Posth und auch anderen Psychologen vertretenen Ansichten zur Loslösung und Bindung sowie auch die in meinem Umfeld haben mich sehr verunsichert. In einer Antwort an mich schrieb er sogar von einem temporären ‚Defekt’ der Mutter-Kind-Bindung, der durch den Konflikt von Loslösungsbestrebungen und Bindungserhalt durch Dauerstillen entstehen kann. Du wirst es gelesen haben. Das alles trifft bei mir insbesondere deshalb einen Nerv, da meine Tochter zu ihrer starken Bezogenheit auf mich, viele andere Verhaltensweisen aufweist, die zu einer „Loslösungsproblematik“ mit entsprechenden Auswirkungen passen. Wenn ich mir andere Kinder anschaue, so sind diese einfach so anders als meine Tochter, viel entdeckungsfreudiger, ungezwungener, laufen auch mal ohne Mama auf dem Spielplatz oder in der Spielgruppe herum oder sind sogar 1-2 Stunden ganz alleine in einer betreuten Spielgruppe, haben wenig Berührungsängste mit anderen Kindern und Erwachsenen, beschäftigen sich kurzzeitig alleine etc. Meine Tochter hingegen wirkt ausser Haus immer gehemmt und selbst zu Hause manchmal, sie zeigt keine Entdeckungsfreude aus sich heraus (Explorationsdrang), sie will viel Körpernähe und noch immer viel getragen werden beim Spazieren (Buggy hasst sie und laufen mag sie auch nur selten), aber auch zu Hause, sie würde nie mal einfach nur so losrennen. Sie braucht immer ein Gegenüber zum Spielen, zum Sprechen etc. Sie ist sehr skeptisch anderen Erwachsenen und insbesondere Kindern gegenüber und ängstlich. Erstarrt mindestens zu einer Salzsäule, wenn sich ihr ein Kind nähert, bis vor kurzem geriet sie manchmal total in Panik, wenn dies geschah. Als ihre andere Oma, die sie in ihrem Leben ca. 10x gesehen hat, vor 2 Wochen zu Besuch war, konnte ich mit meiner Tochter für Stunden kaum den Raum betreten, in dem die Oma war, ohne dass sie anfing sich steif zu machen, bitterlich zu weinen und schnell wieder weg wollte. Für mich alles Dinge (insbesondere das Ausmaß ihrer Ängstlichkeit als Anzeichen dafür, dass ihr Selbst noch nicht stark genug ausgebildet ist) die mir Grund zur Sorge geben, dass die Loslösung nicht altersentsprechend verläuft. Ohne mein Kind zu viel vergleichen zu wollen, aber die Unterschiede sind einfach so groß und auffallend. Aufgrunddessen bin ich nachhaltig ins Zweifeln gekommen, ob ich sie ausreichend in Richtung Selbständigkeit unterstütze. Ich war immer dafür, ihr offensichtlich großes Bedürfnis nach Nähe u Stillen auch zu befriedigen u mein Kind zwar zu unterstützen, aber allein entscheiden zu lassen, wann es sich in Richtung Abstillen bewegt. Nun sorge ich mich aber doch sehr, dass ich sie nicht aktiv genug unterstütze und ich sie durch das viele Stillen zu sehr an mich binde und hemme, da sie sich in Abhängigkeit zu mir bzw. meiner Brust erlebt, sie aber altersgemäß eigentlich bereit ist, den nächsten Entwicklungsschritt zu meistern. Hinzu kommt, dass mir kaum Langzeitstillende bekannt sind, die noch in ähnlichem Ausmaß wie ich stillen. Meine Tochter liebt das Stillen über alles und wenn es nach ihr geht, könnte sie fast alle 30 Min gestillt werden. Wenn dies dann nicht sofort geschieht, weint sie. Seit einigen Monaten versuche ich, ohne großen Leidensdruck für sie, sie durch Ablenkung, verkürzte Stillzeiten, einige Minuten warten lassen, Angebot von Alternativen (Essen, Herumtragen u kuscheln oder Spielen) oder ‚in der Spielgruppe stillen wir nicht’ etwas in eine andere Richtung zu bewegen. Insgesamt stille ich jetzt sicher kürzer, aber nicht weniger häufig, kommt mir vor. Das wird sicher nichts in Punkto irgendwann Abstillen bewirken. Wobei ich dazu sagen muss, dass es für mich - losgelöst von der Loslösungsthematik - im Moment wünschenwert wäre und auch von meinem eigenen Gefühl an der Zeit, dass meine Tochter etwas weniger stillt. Was dann kommt, sprich der nächste Schritt, dann noch ein weiterer und irgendwann das Abstillen werde ich dann wieder sehen. Mir ist nur überhaupt nicht klar, wie hierzu ein guter Übergang aussehen könnte. Kannst Du mir hierzu bitte ein paar Tips geben. Wie kann so etwas anders bzw. effektiver, als ich es beschrieben habe aussehen, ohne meiner Tochter zuviel zuzumuten??? Dr. Posth schrieb vom Regelkonzept, nur wie kann eine solche Regel für meine Tochter verständlich und halbwegs akzeptabel lauten? Ich versuche bereits, z.B. Langeweile-Stillen herauszufiltern etc. siehe oben Diverse von der La Leche Liga empfohlene Literatur habe ich bereits gelesen, finde darin leider für mich keine passgenauen Antworten. Eine weitere wichtige Frage bleibt für mich noch offen und die betrifft meine Kraft, die durch die unruhigen Nächte und durch die alleinige Betreuung von meiner Tochter in der Nacht seit nunmehr 2 Jahren (wegen Stillen als hauptsächlicher Beruhigungsmethode und da sie ihren Vater dafür überhaupt nicht akzeptiert) immer mehr schwindet. Ich lege mich mittags wie auch abends fast immer direkt mit meiner Tochter ins Bett und versuche, so viel Schlaf wie möglich zu bekommen. Selbst wenn ich dies nicht wegen des Schlafs täte, bleibt mir kaum eine andere Wahl, da sie, wie bereits gesagt, meist nach 30 Minuten (manchmal weniger und max. nach 3 Stunden, das allerdings sehr selten!) wieder aufwacht und wenn ich dann nicht schnell reagiere (stille), ist sie so wach, dass es lange dauert, bis sie wieder in den Schlaf findet und auch das Beruhigungsstillen dauert oft ewig. Neben stark schwindender Kraft habe ich dadurch auch kaum noch Zeit für mich, meine Partnerschaft und kaum Sozialleben (auch wegen der Ängstlichkeit meiner Tochter). Nach 2 Jahren leiden sowohl ich, als auch meine Partnerschaft immer mehr darunter, denn es gibt im Grunde für mich nichts mehr anderes als meine Tochter. Dr. Posth führt das auch in meinem ersten Posting genau beschriebene Schlafverhalten einzig auf Stillen zurück. Siehst Du das auch so? Ich weiß, es gibt da wohl leider kein Geheimrezept, aber vielleicht auch da von Deiner Seite den einen oder anderen hilfreichen Tip aus Deinem Erfahrungsschatz. Dafür wäre ich sehr sehr dankbar!!! In diesem Sinne sende ich herzliche Grüße und würde mich sehr freuen, wenn Du Dir die Zeit nehmen könntest, mir nochmal zu schreiben. Nochmals ganz herzlichen Dank für Deine Bemühungen und sorry, dass es so lang geworden ist, Colette Specht


Biggi Welter

Biggi Welter

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Liebe Colette, ich sehe zwei Punkte, die voneinander getrennt behandelt werden müssen. Zum einen die Verunsicherung, die Du durch deine Umwelt erlebst, die es für "nicht normal" hält, dass dein Kleinkind das tut, was Kleinkinder eben tun: Es sucht und braucht die Nähe und Sicherheit der Mutter. Dieses absolut nicht ungewöhnliche Verhalten wird auf das Stillen geschoben, was aber ziemlich unsinnig ist, denn es gibt zahllose Kinder, die nie oder nur kurz gestillt wurden und sich genau gleich verhalten. Dass Du nun kein solches Kind in deinem Umfeld erlebst, ist Zufall und keineswegs der Beleg dafür, dass es sie nicht gibt. Erstaunlicherweise wird den Müttern dieser Kinder aber niemals gesagt, dass sie durch das Nicht-Stillen dazu beigetragen haben, dass ihr Kind "unselbständig", "ängstlich" oder "klebrig" sei, denn offensichtlich ist das Nicht-Stillen bzw. das deutlich kürzere Stillen weitaus mehr von der Gesellschaft akzeptiert und das Stillen, noch dazu länger als sechs Monate muss als Erklärung für alles herhalten, was auf dieser Welt nicht so läuft, wie es sich so manche Menschen vorstellen. Dein Gefühl trügt dich nicht, im Gegenteil. Es hat keinen Sinn, einen Vogel aus dem Nest zu schubsen, ehe er dazu bereit ist. Er wird dadurch nicht schneller fliegen lernen, sondern wie ein Stein ins Bodenlose stürzen. Lass deinem Kind und dir die Zeit, die es braucht, um so in sich selbst zu ruhen und die notwendige Sicherheit zu gewinnen, die es braucht, um - vielleicht in vielen kleinen Schritten - seinen Weg zur Entdeckung der Welt zu machen. Wie schon erwähnt, die ganzen Konstrukte um Loslösung sind genau das "konstruierte Thesen", für die es keinen Beweis gibt und die aus der kulturellen Sicht entstanden sind und schon allein deshalb keine Allgemeingültigkeit haben können, weil es nicht nur eine "Kultur" gibt, sondern viele verschiedene, wie es eben auch verschiedene Menschen gibt. Ich denke, es würde dir gut tun, dich einmal im realen Leben mit Frauen/Familien auszutauschen, deren Kinder ebenfalls lange gestillt werden, damit Du siehst, dass dies keinesfalls ein "seltsames und die Mutter-Kind-Interaktion schädigendes Verhalten" ist. Ich schaue dir gerne nach, ob es in deiner Nähe eine LLL-Gruppe gibt. Der zweite Punkt ist deine Erschöpfung und der hängt nur teilweise am Stillen, denn Du brauchst auch sehr viel Energie, um dich gegen dein Umfeld zu behaupten. Wer nun glaubt, dass Du dazu weniger Energie benötigen wirst, wenn Du abstillst, irrt. Das Abstillen wird den Charakter und das Temperament deiner Tochter nicht verändern. Sie wird weiter vom gleichen Wesen sein und damit weiterhin Anlass für Kritik an dir bieten. Abstillen ist kein Allheilmittel und sorgt nicht dafür, dass eine Mutter plötzlich nicht mehr kritisiert oder ihr in ihr Leben als Mutter und ihre Art der Erziehung von anderen hereingeredet wird. Es gilt aber zweifelsfrei einen Weg zu finden, wie Du selbst wieder Kraft und Energie schöpfen kannst und wenn Du es so empfindest, dass ein Einschränken des Stillens dir dabei helfen kann, dann geh diesen Weg. Es ist möglich friedliche und liebevolle Wege zu gehen, um ein Zweijähriges Kind dazu zu veranlassen seltener zu stillen. Doch dabei ist es wichtig, dass Du als Mutter dir in dieser Entscheidung sicher bist. Wenn Du dir aber für dich sicher bist, dass Du nicht mehr so viel stillen magst, dann wird das vermutlich nicht ganz ohne Trauer bei deinem Kind gehen. Ihr könnt ein festes Ritual mit Kuscheln und Vorlesen oder Geschichte erzählen einführen. Viele Eltern beginnen auch sogar bereits bei einem wenige Monate alten Baby damit, den Tag am Abend noch einmal Revue passieren zu lassen und so ein Gespräch (das sich im Laufe der Zeit dann entwickeln wird) über die Erlebnisse, Freuden, aber auch Sorgen und Nöte des Kindes zu führen. Durch solch ein Gespräch bleiben Eltern dann auch in engem Kontakt mit ihrem Kind und der leider viel beobachtet Sprachlosigkeit zwischen Eltern und Kind kann entgegengewirkt werden. In diesen Gesprächen kannst Du dein Kind immer wieder darauf hinweisen, dass Du der Meinung bist, dass das Stillen nun eingeschränkt wird, dass Du es aber weiterhin genau so sehr lieb hast, wie schon immer. Eine andere Möglichkeit ist es, dass statt dir, dein Partner die Nachtschicht bzw. das zu Bett bringen zum Teil übernimmt. Also nicht Du wendest dich jedes Mal deinem Kind zu, sondern ihr wechselt euch ab und da ein Mann keine Brust zum Stillen hat, wird er euer Kind auf andere Weise beruhigen müssen. Du kannst dein Kind ja in der ersten Zeit zuerst stillen und dann deinem Partner übergeben. Wenn dein Partner nicht einspringen kann, bleibt es an dir, dein Kind auf andere Weise zu trösten und zu beruhigen und ihm einen Ersatz für die Brust anzubieten. In dieser Situation ist ein Nachthemd bzw. Kleidung, die sich vorne nicht öffnen lässt oft hilfreich. Mit Geduld, Ruhe und viel Liebe, werdet ihr das schaffen. LLLiebe Grüße Biggi


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