Liebe Biggi,
eigentlich bin ich Stillprofi, aber nun brauche ich doch mal Hilfe.
Mein Sohn ist 15 Wochen alt und von Anfang an sind die Nächte sehr schlecht. Bisher hat er maximal zwei Stunden am Stück geschlafen. In letzter Zeit wird er die ganze Nacht stündlich wach. Er meckert dann so lange, bis er die Brust bekommt, sonst würde er weinen. Er trinkt auch jedes Mal, also ich höre ihn schlucken und spüre den MSR. Er ist auch ein Kind, was viel spuckt. Sein Bauch bekommt also nie Ruhe und das Bett ist unter seinem Gesicht ständig vollgespuckt.
Er wird voll gestillt und wir schlafen im Familienbett. Einen Schnuller nimmt er partout nicht, da haben wir alles Mögliche probiert. Er ist sehr groß (72 cm, 8,5kg), also steht gut im Futter. Ich hab schon probiert ihn wärmer oder kälter anzuziehen, das hat nichts geändert. Jetzt denke ich fast darüber nach, nachts abzustillen, wobei ich nicht weiß, wie das klappen soll.
Ich bin einfach nur schlaflos und verzweifelt. Mein großer Sohn war auch ein schlechter Schläfer, aber der hatte wenigstens n Schnuller. Und er hat sich nach zweieinhalb Jahren selbst abgestillt. Ich habe daher keine Abstillerfahrung. Ich weiß aber auch nicht, ob ich das übers Herz bringe. Ich will einfach nur schlafen...
LG und danke für die Antwort
von
angi159
am 11.02.2022, 09:07
Antwort auf:
Horror-Nächte
Liebe angi159,
Dein Baby wird wahrscheinlich auch nicht besser schlafen, wenn Du jetzt abstillst, es ist eher so, dass Du dann aufstehen musst und evtl. Fläschchen zubereiten musst.
Das Schlafverhalten hängt nicht unbedingt oder nur in extrem geringem Maße von der Ernährung ab. Gerade in der Zeit ab etwa vier bis sechs Monate wachen viele Babys (wieder) vermehrt auf. Dies liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt.
Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ...
Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet.
Du kannst jetzt mit vielen Tricks versuchen, die Situation zu verändern, aber es wird nur Stress und Tränen geben, denn dein Kind IST einfach in der Phase, in der es dich so viel braucht.
In dieser Zeit verarbeiten Kinder vieles in der Nacht, und brauchen die Bestätigung, dass Mama ganz nah ist, und die beruhigende Milch, noch ziemlich. Es ist kein Rückschritt, wie es scheint, sondern zeigt, dass sich Dein Kleines weiter entwickelt!
Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist es so, dass Mütter ihre Babys in den Schlaf stillen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses „natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit „Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben.
Es hat seinen Grund, warum stillende Mütter die besten Einschlafhilfen SIND. Beim Saugen an der Brust findet ein Baby das, was es braucht: Trost, Nahrung, Sicherheit. Es liegt vermutlich an einer gewissen neurologischen Unreife, wenn einige Babys das mehr brauchen als andere, und es "verwächst" sich wirklich von alleine!!
Dein Baby braucht also vor allem eines: Zeit zum Reifen. Vielleicht "schenkst" Du ihm einfach noch ein bisschen von dieser Zeit, in der Du ihm gestattest, so zu sein, wie es ist. Du machst nichts falsch!
Wichtig ist auch, dass Du weißt, dass dies zwar eine lange Phase ist, aber sie WIRD vorbei gehen! Bis dahin ist es meist einfacher, das Drumherum zu ändern, als das Baby.
• Nimm ALLE Hilfe an, die Du bekommen kannst. Erkundige dich mal, ob Du nicht eine Haushaltshilfe bekommen kannst (wegen absoluter und chronischer Erschöpfung). Möglicherweise kann dir auch deine Mutter, Schwiegermutter, Schwester oder eine Freundin (selbstverständlich auch das männliche Pendant dazu) etwas unter die Arme greifen. Das können ganz simple Dinge sein z.B. einmal alle Fenster putzen, deinen Bügelkorb leerbügeln, einige vorgekochte Mahlzeiten für deine Tiefkühltruhe, ein Nachmittag Babysitten während Du in die Sauna gehst oder sonst etwas für dich tust ...
• Vielleicht findest Du auch einen verantwortungsbewussten Teenager, der gegen geringes Entgelt bereit ist, mit deinem Kind zu spielen oder spazieren zu gehen. In dieser Zeit solltest Du dann aber wirklich entweder schlafen (bzw. ruhen) oder DIR etwas Gutes tun.
• Lass den Haushalt auf Sparflamme laufen. Nicht alles muss gebügelt werden. Wenn Handtücher nach dem Baden und Duschen wieder aufgehängt werden, statt auf dem Fußboden zu landen, können sie mehrmals benutzt werden, das spart Wäsche. Es ist nicht wesentlich mehr Arbeit die doppelte Menge Spaghettisoße zu kochen, aber Du hast dann eine fast fertige Mahlzeit für die Tiefkühltruhe. Es schadet nicht der Gesundheit der Familie, wenn Du die Fenster erst wieder im nächsten Jahr putzt. Du wirst sicher einiges finden, was im Haushalt nicht so perfekt gemacht werden muss.
• Achte darauf, dass Du genügend isst und trinkst. Du musst keine perfekten Menüs kochen und essen, einigermaßen ausgewogen reicht und es darf auch Tiefkühlgemüse statt frischem Gemüse sein (dann sparst Du dir auch das Schälen und Putzen). Eine hungrige Mutter ist nicht so belastbar.
Ich hoffe, die Antwort hilft Dir weiter.
Liebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 11.02.2022
Antwort auf:
Horror-Nächte
Vielen Dank, das hat mir sehr geholfen. Ich versuche noch etwas durchzuhalten.
Liebe Grüße
von
angi159
am 13.02.2022, 09:10
Antwort auf:
Horror-Nächte
:-)
Danke für die nette Rückmeldung!
Biggi
von
Biggi Welter
am 14.02.2022