Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Nächte mit großem Stillbaby

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Nächte mit großem Stillbaby

Aprilbabymama

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Hallo! Mein Sohn ist 12 Monate alt und wird noch gestillt. Schnuller und Flasche wollte er nie, allerdings hab ich es auch nicht sehr darauf angelegt. Mittlerweile ist es bei uns so, dass mein Sohn fast nur noch nach Bedarf nuckelt (Mittags und abends zum Einschlafen, nachts und tagsüber zur Beruhigung usw). Hunger ist selten Beweggrund. Ein paar Schlucke sind es schon immer wieder, aber eben wirklich nur noch sehr, sehr wenig und kurz. Leider sind unsere Nächte seit Monaten sehr anstrengend und es ist irgendwie keine Besserung in Sicht. Früher hat das Nuckeln und Trinken gereicht, damit er gleich wieder eingeschlafen ist (nach wie vor im Familienbett, ich bleibe auch so gut wie immer bei ihm - tagsüber und auch abends/nachts, da er sonst gleich wieder aufwacht..). Oft ist es jetzt nachts leider auch noch so, dass er selbst mit Stillen nur schwer wieder einschlafen kann.. Das ist gerade sehr mühsam und ich bin wirklich sehr müde, da er nachts meist 10-20mal aufwacht. Mein Mann kann mir da nicht wirklich helfen, da unser Kind, gerade was den Schlaf betrifft, sehr auf mich fixiert ist. Ich frage mich, ob es vielleicht doch besser wäre, ihm eine andere Einschlafhilfe als das Stillen anzubieten bzw tatsächlich (teilweise?) abzustillen. Dass er meine Nähe noch sehr stark braucht, ist mir aber auch klar. Gleichzeitig hab ich das Gefühl, dass ich ihn an das Nuckeln/Stillen zum Ein- und Weiterschlafen gewöhnt habe. In der Trage schläft er beim Spazieren auch schon immer gut ein (wird aber zunehmend schwer..) Schlafen im Kiwa und Maxi Cosi oder gar allein ging nie. Vielleicht haben Sie ein paar Tipps um uns die Nächte leichter zu machen bzw auch Ideen, wie ein möglichst sanftes Abstillen ohne Schnuller und Flasche etwas später klappen könnte und wie mein Mann vielleicht doch mehr mit an Bord geholt werden könnte. Vielen Dank und liebe Grüße!! Ps: Unser Sohn ist zwar ein Leichtgewicht, aber noch in der Norm. Das war für mich bisher auch immer ein Grund mehr fürs Weiterstillen und dabei bleiben. Jetzt stillt er aber nur mehr so wenig, dass ich nicht glaube, dass diese Überlegung noch relevant ist.


Biggi Welter

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Liebe Aprilbabymama, du kannst jetzt sicherlich abstillen, aber besser schlafen wird dein Kind erstmal nicht, das muss dir klar sein. Trotzdem kann dein Kind jetzt lernen, dass auch du deinen Schlaf brauchst und nicht immer sofort reagierst, wenn dein Kind aufwacht. Mit 12 Monaten kann ein Baby es langsam schaffen, ein paar Stunden ohne Brust auszukommen. Ja, mag sein, dass es sich nicht anders beruhigen lässt, oder gar "einfach so" einschläft (das wäre auch eher ungewöhnlich). Aber ich würde es trotzdem probieren und unbedingt auch den Vater mit einbezoehen. Wichtig ist, dass du jemanden hast, zu dem dein Baby schon eine Bindungsbeziehung aufgebaut hat, und der oder die in der Lage ist, ruhig zu bleiben, auch wenn das Baby unglücklich ist. Ich zitiere dir mal einen Vorschlag von Sibylle Lüpold, Mutter, Stillberaterin und Expertin für Babyschlaf (www.1001kindernacht.ch): "Wenn du die Rolle des nächtlichen Begleiters übernimmst, ist es zu erwarten, dass Euer Kind vorerst unglücklich ist und nach deiner Frau weint. Das bedeutet nicht, dass es dich ablehnt: Es würde in der unsicheren Situation der Nacht und des Einschlafens ganz einfach seine Mutter bevorzugen. Viele Väter sind mit dieser Situation überfordert und befürchten, dass es so bleiben wird. Wichtig ist hier aber, dass du nicht vorschnell aufgibst, sondern dir und deinem Kind mehrere Chancen gibst, die gemeinsame Beziehung langsam zu festigen. Nur weil dein Kind bei dir weint, heißt es nicht, dass es leidet. Du bist eine enge Bindungsperson und kannst es genauso liebevoll betreuen wie seine Mutter. Mit der Zeit wird es sich auch bei dir immer besser entspannen können. Damit dein Kind bei dir einschläft, kannst du es zu Hause herumtragen, mit ihm spazieren gehen oder dich bequem mit ihm hinsetzen/-legen. Streichle es dabei liebevoll und sprich leise zu ihm. Du kannst ihm auch etwas vorsingen – die tiefe Stimme des Vaters kann für ein Kind sehr beruhigend ein. Wichtig ist, dass du (auch wenn dein Kind weint) innerlich ruhig sein kannst. So gelingt es deinem Kind besser, sich bei dir zu beruhigen, denn deine Emotionen übertragen sich nonverbal. Du kannst dir bildlich vorstellen, du seiest der stabile Felsen inmitten des wilden Meeres, auf dessen Wellen das Schiffchen (dein Kind) hin und herschaukelt. Verlässt du die stabile, entspannte Position, kann dein Kind keinen Halt an dir finden. Bleibst du aber ruhig, indem du dich z. Bsp. auf deine Atmung konzentrierst, hilfst du damit auch deinem Kind, zur Ruhe zu kommen." Das muss aber gar nicht der Papa sein, eine liebevolle Oma oder gute Freundin, die dein Kind gut kennt, geht auch. Wichtig ist: Diese nächtlichen Stunden sind nicht dazu da, das Baby umzuerziehen. Es geht nur darum, für es da zu sein, während du mal ein paar Stunden am Stück schlafen kannst. Sibylle Lüpold hat auch einen Ansatz entwickelt, wie das nächtliche Stillen reduziert werden kann, siehe hier: https://www.still-lexikon.de/nachts-abstillen/ Parallel dazu weiß ich, dass sich auch die Pantley-Methode oft genug bewährt hat, darum kopiere ich sie dir hier ein: Erkläre deinem Kind schon bei Tag, was sich in der Nacht ändern wird, und versuche, Signale zu definieren, die es wieder erkennen kann (z.B. "erst wenn der Radiowecker angeht, dann darfst du trinken") und die sich eventuell anpassen lassen (den Radiowecker kann man etwa jeden 2. Tag eine viertel Stunde nach hinten programmieren, so dass die Pause immer länger wird). So wird die Nacht allmählich stillfrei. Wenn sich dein Kind dann in der Nacht beschwert, dass es nicht trinken darf (und das kann es natürlich nur durch weinen oder schreien), dann tröste es und sprich liebevoll-beruhigend mit ihm, und gestehe es ihm auch wirklich zu, sauer zu sein, aber bleib konsequent beim "Nein", bis der vereinbarte Zeitpunkt (z.B. der Radiowecker geht an) für das Stillen gekommen ist. Dann jedoch solltest Du auch von dir aus deinem Kind die Brust anbieten - so lernt es, dass es sich auf dein Wort verlassen kann. Natürlich kannst du ihr während der Nacht einen Schluck Wasser oder auch einen Schnuller anbieten, doch sei nicht allzu überrascht, wenn das anfangs mit Wut abgewiesen wird. Im Idealfall ist jemand da, der dein Baby bis zum nächsten "Jetzt ist Stillzeit"-Signal nimmt, herumträgt und liebevoll begleitet. Ehrlicherweise muss ich dazu sagen, dass die ersten Nächte zwangsläufig sehr unruhig sein werden. Doch in der Regel akzeptieren Kinder relativ schnell die neuen "Spielregeln", und je älter sie sind, desto einfacher. Einen "Knacks" beim Kind brauchst du nicht befürchten, wenn du ihm wirklich beistehst und es nicht "strafst" für seine natürliche Reaktion auf diese Veränderung. Nur wenn sich dein Kind über mehrere Tage hinweg gegen diese stillfreie Zeit sperrt, oder gar tagsüber extrem anhänglich bzw. weinerlich wird, oder gar eine Hautreaktion zeigt, dann weißt du, dass es noch zu früh ist und du vielleicht einfach noch ein paar Wochen warten und durchhalten solltest. Dieser Vorschlag stammt von Elizabeth Pantley, Autorin des Buchs "Schlafen statt Schreien: Das liebevolle Einschlafbuch: Das 10-Schritte-Progamm für ruhige Nächte", und das ich wärmstens empfehlen kann. Pantley hat ein Programm entwickelt, mit dem man älteren Babys, auch Stillkinder, dabei helfen kann, auch ohne Brust oder ständiges Stillen die Nacht zu schaffen. Auch wenn man nicht alle ihre Schritte anwendet haben viele Mütter doch gute Erfahrungen mit diesem Buch gemacht. Ultima Ratio, wenn diese Methode nichts bringt, wäre noch die Methode von Jay Gordon: https://www.stillkinder.de/das-10-naechte-programm-fuer-besseres-schlafen-im-familienbett/ Auch sie ist zunächst einmal mit Stress verbunden, hat aber bei einigen Familien geholfen. Letztenendes bleibt nichts anderes übrig, als es auszuprobieren. Ich hoffe, dass dir meine Antwort weiterhilft. Liebe Grüße Biggi


Aprilbabymama

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Liebe Biggi, Danke für deine Tipps!! Meinst du, für unseren Sohn wäre es trotz allem das Beste, wenn wir es so fortführen könnten oder bist Du eher der Meinung, es läuft tatsächlich etwas schief, da er derart oft wach wird? Ich mach mir immer wieder Gedanken darüber, ob bzw was ich falsch mach in dieser Hinsicht oder ob er halt einfach noch nicht so weit ist und das einfach durch zu halten ist.. Danke!!


Biggi Welter

Biggi Welter

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Liebe Aprilbabymama, gleich einmal zu deiner Beruhigung – Du hast NICHTS falsch gemacht! Es kann sein, dass dein Kleiner ein noch sehr hohes Saugbedürfnis hat und zusätzlich einfach viel Nähe braucht. Stillen ist viel, viel mehr als reine Nahrungsaufnahme. Es ist Trost, Geborgenheit, sicherer Hafen und ein Weg zur Ruhe zu kommen, wenn die Wellen des Alltags hoch geschlagen sind..... Gerade in diesem Alter schlafen viele Babys sehr schlecht, gerade weil sie am Tag so viel erleben und das in der Nacht verarbeiten müssen. Also, ganz klar: Du hast nichts falsch gemacht, und es liegt auch nicht an dir, dass dein Kleiner sich verhält, wie er sich verhält! (wäre es anders, warum glaubst du gibt es soooo viele Ratgeber zum Thema??) Was ist für DICH wichtig und richtig???? Es geht NICHT um das Kind deiner Bekannten, sondern um DEIN EIGENES Kind. Es geht um DEINE Beziehung zu DEINEM Sohn und da hat außer deinem Partner niemand ein Mitspracherecht. Auch wenn es hart klingt, da hat keiner ein Recht sich einzumischen. Es gibt keinen Grund, dass du etwas daran ändern musst, dass du dein Baby bei dir im Bett hast und nach Bedarf stillst und auch in den Schlaf stillst, es sei denn DICH persönlich stört etwas daran. Auch die immer wieder geäußerten Argumente, das Baby würde auf diese Weise verwöhnt oder es würde so nie lernen alleine einzuschlafen bzw. nie wieder aus dem Elternbett ausziehen, sind nicht stichhaltig. Babys in diesem Alter können noch nicht verwöhnt werden und Kinder, die sich den Platz im Elternbett nicht erkämpfen oder ertrotzen mussten, ziehen von selbst aus dem Elternbett aus, sobald sie reif genug dafür sind. Im Gegensatz dazu wollen viele Kinder, die als Babys alleine schlafen mussten noch lange ins Elternbett, weil ihr Bedürfnis (noch) nicht gestillt wurde. Sobald ein Baby die nötige Reife hat, lernt es alleine (ein)zuschlafen und wird auch längere Schlafphasen haben. Dein Kind wird von ganz alleine lernen, alleine einzuschlafen, ohne Druck und ohne Brüllen. Lass dich nicht verunsichern! Lieben Gruß Biggi


Aprilbabymama

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Danke!! Ich werde versuchen, noch etwas durchzuhalten und mich während des Mittagsschlaferls noch besser selbst zu entspannen. Ich bring es jetzt noch nicht übers Herz, meinem Kleinen mich bzw die Brust vor zu enthalten. Trotzdem bin ich froh, die Strategien jetzt in petto zu haben.. Danke!


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