Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Entwöhnung vom Stillen in der Nacht?! Richtig?

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Entwöhnung vom Stillen in der Nacht?! Richtig?

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Hallo, mein Kleiner ist jetzt 7,5 Monate alt. Seit er 6 Monate alt ist, bekommt er Beikost. Mittags Gemüsebrei, Nachmittags Obstbrei und Abends Hirse-Milchbrei. Dazu stille ich ihne nach Bedarf. Letzte Woche wollte er jede Nacht alle 45-60 min gestillt werden. Er schlief bis dahin im Babybay. Ich konnte einfach nicht mehr und habe mit meinem Mann besprochen, ihn nachts nicht mehr zu stillen und er sollte auch in seinem Bett schlafen. Mir wurde auch immer gesagt, dass er Nachts keine Nahrung braucht. Er ist bis dahin überwiegend an der Brust eingeschlafen. Davon wurde uns auch immer abgeraten. Freitag haben wir es dann probiert. Ich konnte ihn nach langem kuscheln und tragen wach ins Bett legen und er ist selbst eingeschlafen und nur einmal wach geworden. Dann hat mein Mann ihn 1h getragen und im Kinderwagen geschuckelt und konnte ihn wieder wach ins Bett legen. Er ist gut eingeschlafen. Die letzten 2 Nächte ist er 8-10x Wach geworden. Jeweils 2x konnten wir ihn streicheln oder kurz was sagen und er schlief weiter. Die anderen Male mussten wir ihn tragen. Von alleine beruhigt er sich nicht. Ich will auch nicht dass er schreit. Wir hatten daher beschlossen, alles zu tun damit er ohne Stillen auskommt und nicht schreit. Er hatte schon mal 2 Wochen in seinem Bett geschlafen. Da bin ich ca 3 x zum Stillen zu ihm gegangen. Dann wurde er krank und bekam seine ersten 2 Zähne - da habe ich ihn wieder zu uns genommen. Von da an wurde es mit dem nächtlichen Stillen immer schlimmer. Ich wollte eigentlich erreichen, dass er Nachts nicht mehr gestillt wird und dadurch langsam durchschläft. Aber das ist jetzt nur schrecklich. Warum hat es die erste Nacht so gut geklappt? Gibt es einen sanfteren Weg? Schade ich ihm womöglich damit? Und ist es wirklich so schlimm, wenn er mal an der Brust einschläft? Muss ich absolut konsequent sein?


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Liebe patriciav, nein, das musst Du nicht! Ich halte absolut nichts davon einem Baby die nächtlichen Stillzeiten zu verweigern. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. Es gibt kein Patentrezept, um ein Kind zu längeren Schlafphasen zu bringen. Hätte ich eines, das das Kind achtet, würde ich ein Buch darüber schreiben und damit einen Bestseller landen, an dem sich gut verdienen ließe. Es ist auch ein normaler entwicklungsphysiologischer Verlauf, dass Babys in diesem Alter nachts (wieder) vermehrt aufwachen. Dieses Aufwachen liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung oder eben das Abstillen auch keine Garantie für angenehmere Nächte. Die Kinder beginnen die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet. Es gibt keinen Grund, dass Du etwas daran ändern musst, dass Du dein Baby bei dir im Bett hast und nach Bedarf stillst und auch in den Schlaf stillst, es sei denn DICH persönlich stört etwas daran. Auch die immer wieder geäußerten Argumente, das Baby würde auf diese Weise verwöhnt oder es würde so nie lernen alleine einzuschlafen bzw. nie wieder aus dem Elternbett ausziehen, sind nicht stichhaltig. Babys in diesem Alter können noch nicht verwöhnt werden und Kinder, die sich den Platz im Elternbett nicht erkämpfen oder ertrotzen mussten, ziehen von selbst aus dem Elternbett aus, sobald sie reif genug dafür sind. Im Gegensatz dazu wollen viele Kinder, die als Babys alleine schlafen mussten noch lange ins Elternbett, weil ihr Bedürfnis (noch) nicht gestillt wurde. Sobald ein Baby die nötige Reife hat, lernt es alleine (ein)zuschlafen und wird auch längere Schlafphasen haben. Ich möchte dir zu diesem Thema das Buch "Schlafen und Wachen ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen. Dr. Sears (Professor für Kinderheilkunde) hat zusammen mit seiner Frau Martha einige Bücher zum Thema Schlaf und Kindererziehung geschrieben, in die nicht nur sein Wissen als Kinderarzt sondern auch die reichhaltige eigene Erfahrung als achtfache Eltern eingeflossen sind. In "Schlafen und Wachen" beschreibt er nicht nur, warum Kinder so schlafen, wie sie es nun einmal tun und wo sie am besten schlafen, er gibt auch Tipps wie Eltern und Kinder zu ruhigeren Nächten kommen können. Das Buch ist im Buchhandel, bei der La Leche Liga und bei jeder LLL Stillberaterin erhältlich. LLLiebe Grüße, Biggi


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