Einschlafstillen und häufiges Aufwachen

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Einschlafstillen und häufiges Aufwachen

Liebe Biggi, Mein Sohn wird in 2 Wochen 1 Jahr alt. Er wird noch viel tagsüber und nachts gestillt. Ich biete es von mir aus nicht mehr an, aber er fordert es von sich aus ein, zeigt auf meine Brust, macht Schmatzgeräusche ect. Vor allem Nachts und tagsüber zum Einschlafen geht es nicht ohne Brust. Eigentlich stille ich gerne, auch weil ich merke, wie sehr er es noch genießt und braucht, aber gerade nachts belastet es mich immer mehr. Von Monat zu Monat schläft er schlechter und alle aus meinem Umfeld meinen, es läge am Stillen/Einschlafstillen und dass ich langsam abstillen sollte. Mich belastet vor allem, dass ich nachts fast stündlich stillen muss, sonst gibt es rasendes Gebrüll und tobende Wutanfälle. Auch sein Papa bekommt ihn nicht beruhigt und kann ihn vor allem nichts ins Bett bringen. Er erwartet halt jedes Mal gestillt zu werden und wenn die Erwartung nicht erfüllt wird, lässt er sich stundenlang nicht beruhigen. Er läuft schon und je mobiler er wird, desto anhänglicher scheint er bei mir zu sein. Essen tut er auch eher schlecht, das liegt aber wahrscheinlich daran, dass im Moment auch noch die ersten Backenzähne kommen. Ist das nur eine Phase? Habe ich schon alles falsch gemacht mit dem Einführen des Einschlafstillens? Ich habe die Befürchtung, dass es wahrscheinlich nur mit "Schreien lassen und Aushalten" zu ändern ist. Ich bin einfach verunsichert und sehe auch im Moment keine Besserung. Ich wünsche mir so sehr, abends mal etwas für mich machen zu können. Herzlichen Dank und liebe Grüße  

von proserpina am 22.01.2024, 10:50



Antwort auf: Einschlafstillen und häufiges Aufwachen

Liebe proserpina,   du kannst jetzt mit vielen Tricks versuchen, die Situation zu verändern, aber es wird nur Stress und Tränen geben, denn dein Kind IST einfach in der Phase, in der es dich so viel braucht. Die unruhigen Tage und Nächte sind furchtbar anstrengend, daran kann ich mich auch noch gut erinnern. Trotzdem: sie sind normal und werden garantiert irgendwann vorbei sein. Wann, kann ich leider nicht sagen. Aber sie gehen wirklich vorbei! Bis dahin kannst du probieren, dir den Alltag so einfach wie möglich zu machen, so dass auch du tagsüber mal ein kurzes Nickerchen machen kannst. Ich habe mein Baby damals einfach auf der Couch im Wohnzimmer einschlafen lassen und habe gelesen oder Fern geschaut, das Baby ist erst mit uns ins Bett gegangen. So würdest du dich nicht so eingeengt fühlen und dein Kind kann diese Phase auch leichter überstehen. Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist es so, dass Mütter ihre Babys in den Schlaf stillen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses „natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit „Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben. Leider geht der Trend zu immer früherer Anwendung sogenannter Schlaftrainingsprogramme und Eltern von Babys, die sich nicht dieser „Norm" anpassen, wird mehr oder weniger direkt vermittelt, dass sie selbst schuld sind, ja manchmal kommt unterschwellig sogar dazu, dass dies Eltern sich als Versager fühlen sollten. Hast du gewusst dass ein junger Elefant eingeht, wenn er in den ersten 2 Lebensjahren nicht die PERMANENTE Anwesenheit seines Hauptbezugs"tieres" hat (kann auch ein Mensch sein...). Wenn ein Elefantenbaby zum Waisenkind wird bekommt es im Zoo selbstverständlich einen Pfleger zur Seite gestellt, der Tag und Nacht Hautkontakt bietet. Kein Mensch würde die Notwendigkeit dafür in Frage stellen. Nur mit unseren eigenen Babys, die viel unreifer geboren werden, erwarten wir so viel mehr. Das ist ein Punkt, der viele Diskussionen auslöst und bei Mutter und Kind zu vielen Tränen führen kann: Das Kind soll "wach" ins Bett gelegt werden und alleine einschlafen können (was eine enorme neurologische Leistung darstellt). Wenn es aber nur an der Brust oder im Körperkontakt mit der Mutter einschlafen kann, dann verurteilen wir dies als schlechte oder gar schädliche Angewohnheit... Aber das ist es gar nicht! Es hat seinen Grund, warum stillende Mütter die besten Einschlafhilfen SIND. Beim Saugen an der Brust findet ein Baby das, was es braucht: Trost, Nahrung, Sicherheit. Es liegt vermutlich an einer gewissen neurologischen Unreife, wenn einige Babys das mehr brauchen als andere, und es "verwächst" sich wirklich von alleine!! Dein Baby braucht also vor allem eines: Zeit zum Reifen. Vielleicht "schenkst" du ihm einfach noch ein bisschen von dieser Zeit, in der du ihm gestattest, so zu sein, wie es ist. Du machst nichts falsch! Und hast du es schon einmal mit dem Kinn-Trick" probiert? Der ist oft sehr hilfreich bei Babys, die die Brust fast ein wenig aus Gewohnheit im Mund haben wollen beim Schlafen. Dabei legst du, wenn du die Brust dem schlafenden Kind aus dem Mund gezogen hast, einen Finger längs unter die Unterlippe, so dass die Lippe beim "Suchen" einen gewissen Widerstand spürt. Dieser Widerstand wirkt beruhigend auf viele Kleinen, und sie schaffen es sich zu entspannen und eine tiefere Schlaf-Ebene zu erreichen... das geht auch, wenn das Kind im Schlaf oder Halbschlaf wieder zu "suchen" beginnt: Man drückt ganz sanft sein Kinn nach oben. Bei vielen Babys wirkt das Wunder und sie schlafen plötzlich auch ohne Brust weiter/wieder ein. Manche Mütter berichten, dass es sogar geholfen hat, wenn sie ein kleines Kuscheltier ans Kinn des Kindes gelegt haben... da ist es natürlich wichtig darauf zu achten, dass die Atemwege nicht blockiert werden :-).   Liebe Grüße Biggi  

von Biggi Welter am 22.01.2024



Antwort auf: Einschlafstillen und häufiges Aufwachen

Vielen lieben Dank für die schnelle und ausführliche Antwort. :) Das hilft mir vor allem standhaft zu bleiben und auch nach außen mehr dafür einzustehen und mich weniger verunsichern zu lassen. Bei mir im Umfeld stillt auch niemand mehr oder alle Kinder schlafen schon durch. Da denkt man ja schnell, dass man selbst was falsch macht. Liebe Biggi, danke für die Tipps. Ich werde sie ausprobieren! Danke, danke, danke ❤️

von proserpina am 22.01.2024, 11:56



Antwort auf: Einschlafstillen und häufiges Aufwachen

Ich danke DIR für dier nette Rückmeldung! Biggi

von Biggi Welter am 22.01.2024



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