Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Die Nächte sind eine Katastrophe!!!

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Die Nächte sind eine Katastrophe!!!

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Liebe Biggi! Meine Kleine (4 Mo.) wird seit über einer Woche nachts ständig wach und möchte gestillt werden. Oft sogar stündlich. Wenn ich Glück habe, schläft sie einmal 2-3 Stunden am Stück. Woran kann das liegen? Milch habe ich eigentlich schon reichlich. Kann es sein, dass die Milch nicht mehr gehaltvoll genug ist? Sollte ich ihr abends etwas anderes zufüttern? Wenn ja, was am Besten? Leider mag sie keine Flasche. Ich habe es schon mit Pre-Nahrung aus der Flasche versucht, aber sie nimmt die nicht. Nachts schläft sie direkt neben meinem Bett oder ich nehme sie mit in mein Bett - aber das nützt auch nichts. Vielleicht haben Sie ja einen Tipp für mich .... Besten Dank und lg Tina


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Liebe Tina, Sie sind wie so viele Menschen zwei Gerüchten aufgesessen: 1. mit zunehmendem Alter schläft ein Kind immer länger und das bleibt so, dass mit sechs Monaten spätestens alle Kinder durchschlafen und 2. ein Baby brauche nur die entsprechende Menge einer bestimmten Nahrung und dann würde es durchschlafen. Beides ist schlicht falsch. Studien haben belegt, dass die frühe Einführung von fester Kost KEINEN positiven Einfluss auf das Schlafverhalten des Kindes hat und es ist entwicklungsbedingt so, dass Kinder ab vier bis sechs Monaten (wieder) vermehrt nachts aufwachen. Gäbe es die "Wundernahrung", die ruhige Nächte garantiert, wäre sie außerdem längst (mit großem Werbeaufwand bekannt gemacht) im Supermarkt oder der Apotheke zu kaufen und es würde sich jemand eine goldene Nase damit verdienen. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. In unzähligen Ratgebern und Broschüren steht, dass ein Baby mit etwa zwei bis drei Monaten nachts längere Schlafphasen haben wird und mit etwa einem halben Jahr damit zu rechnen sei, dass es "durchschlafe". Und genau diese Erwartung, die allerdings absolut unrealistisch ist, haben dann auch die Eltern. Gleichzeitig ist der Markt überschwemmt von Büchern, in denen verschiedene Strategien propagiert werden, wie ein Baby oder Kleinkind das Schlafen "lernen" könne. Würde die Mehrzahl aller Kinder tatsächlich dem immer wieder verkündeten Schema gemäß schlafen, dann bräuchte kaum jemand alle diese Schlafratgeber und dann würde es sie auch nicht in jedem Buchladen geben, denn es würde sie ja keiner kaufen. Buchhändler und Verlage sind aber nicht darauf aus, Bücher zu produzieren, die im Regal verstauben. Es ist also einfach so, dass eine unrealistische Erwartungshaltung auf das reale Verhalten des Babys trifft und damit machen wir Eltern uns und unseren Kindern das Leben schwer. Vermehrtes nächtliches Aufwachen ist ab etwa vier bis sechs Monaten ein normales Verhalten bei Babys und zwar nicht, weil das Kind nicht mehr satt würde, sondern entwicklungsbedingt. Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Es gibt jedenfalls genügend Gründe dafür, dass das Kind unausgeglichen ist und nachts häufiger aufwacht. Für die Mütter ist es meist schwer, diesen "Rückschritt" zu akzeptieren. Doch in Wirklichkeit ist es ein Fortschritt, denn das Kind hat wichtige neue Entwicklungsschritte gemeistert und ist dabei noch weitere anzugehen. Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen (die dem Kind das nächtliche Stillen "abgewöhnen"), die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden und selbst die Verfechter sprechen sich gegen eine Anwendung in diesem Alter aus, bleibt Ihnen in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Wenn Sie gerne lesen und ein Buch lesen möchten, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich Ihnen wärmstens "Schlafen und Wachen ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen, das Sie im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL Stillberaterin bekommen können. Haben Sie ein wenig Geduld mit sich und Ihrem Kind und versuchen Sie sich den Alltag so einfach wie möglich zu machen, damit Sie genügend Ruhe für sich bekommen. Es kommen auch wieder einfachere Zeiten. LLLiebe Grüße Biggi Welter


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