schneeflockenkind
Guten Tag, unsere Situation ist folgende: meine Tochter ist jetzt 19 Monate alt und liebt das Stillen heiß und innig. Wir haben auch sehr harte Zeiten durch gemacht dieses Jahr ich war sehr gesundheitlich angeschlagen und sie wurde mit 17 Monaten operiert etc. Ich habe es immer raus gezögert bzw gemerkt der Zeitpunkt ist der falsche. Ich stille sie noch mittags, abends, nachts und morgens. Allerdings der Druck von außen wächst (sogar eine Stillberaterin sagte letztens: was stillst du etwa immer noch?!) und mich verunsichert das immer sehr. Ich merke aber auch eigentlich strengt es mich schon gedanklich an was zu verändern weil es ein großer Kampf werden würde..Denkt ihr es regelt sich automatisch-das sie weniger will?! Und welche Mahlzeit würdet ihr am ehesten angehen..nachts?! Was ist wenn ich nächstes Jahr wieder schwanger werden sollte? Habe irgendwie wenig Zuspruch von außen..vielleicht helft ihr?Danke
Liebe schneeflockenkind, um es einmal krass auszudrücken: Deine Umgebung hat keine Ahnung. Die WHO empfiehlt ausdrücklich für ALLE Kinder eine Stillzeit von bis zu zwei Jahren und darüber hinaus. Es steht in der Innocenti Deklaration ausdrücklich, dass diese Empfehlungen für alle Kinder und nicht nur für Kinder in Drittweltländern Anwendung finden. Die amerikanische Akademie der Kinderärzte (AAP) empfiehlt ebenfalls eine mindestens einjährige Stillzeit für alle Kinder und darüber hinaus solange Mutter und Kind es wollen. Vielleicht noch als erstaunliche Feststellung: In älteren Schriften aus Österreich findet sich der Spruch „drei Karfreitag soll das Kind ziehen", was ebenfalls auf eine mindestens zweijährige Stillzeit hinaus läuft. Wenn das längere Stillen tatsächlich negativ wäre, würden kaum renommierte Organisationen wie WHO und AAP dazu raten. Statistisch gesehen stillen sich die Mehrzahl der Kinder, denen der Zeitpunkt des Abstillens selbst überlassen wird irgendwann zwischen den zweiten und vierten Geburtstag ab, wobei es Abweichungen nach unten wie nach oben gibt. Wenn es dir und deinem Kind beim Stillen gut geht, dann gibt es keinen Grund, dass Du jetzt abstillst. Du schadest damit weder dem Kind noch dir, im Gegenteil es gibt eine ganze Reihe von gut dokumentierten Vorteilen sowohl für dich als auch dein Kind, die sich aus einer längeren Stillzeit ergeben. Für dich zur Rückenstärkung und Information hänge ich dir noch einen Text an, der sich mit dem Langzeitstillen beschäftigt. LLLiebe Grüße Biggi „Was Du stillst noch?" Stillen des „älteren" Säuglings Elizabeth Hormann, IBCLC Vortrag, gehalten am Berlin Brandenburgischen Stillseminar, Berlin, 25. Oktober 1997 Wenn wir die Abstillkurven von 64 Gesellschaften (nicht USA und Europa) vergleichen, zu einer Zeit, als wenig kommerzielle und westliche Einflüsse das traditionelle Ernährungsmuster störten, so machen wir interessante Feststellungen: So gut wie keine dieser Gesellschaften hat ihre Kinder vor einem Jahr abgestillt. Bis 2 Jahre war es ein relativ kleiner Prozentsatz der Kinder, der keine Muttermilch mehr bekam. Dies stieg im nächsten halben Jahr rapid an. Bis zum dritten Geburtstag wurden immer noch über ein Viertel der Kleinkinder gestillt; die Restlichen stillten sich zum größten Teil im nächsten Jahr ab; einige wenige haben erst im fünften Lebensjahr die Stillbeziehung ganz beendet. Auch in den USA gab es immer langzeit gestillte Kinder, aber die Proportionen sind ganz anders. Die überwiegende Mehrheit ist in den frühen Lebensmonaten ganz abgestillt worden; bis zum ersten Geburtstag gingen 90% nicht mehr an die Mutterbrust. Die Beantwortung der Frage, wie es dazu gekommen ist, dass Kinder in Industrieländern im Vergleich zu denen in anderen Länder auf der Welt und im Vergleich zu den meisten Kindern im Laufe der Geschichte der Menschheit so früh abgestillt werden, würde den Rahmen dieses Referats sprengen. Sie besteht aus einer Kombination von geschichtlichen, kulturellen und kommerziellen Faktoren. Was ich hier darlegen möchte, sind die wissenschaftlichen Begründungen für die Fortsetzung des Stillens nach den ersten Lebensmonaten, in denen die Vorteile des Stillens mehr oder weniger unbestritten sind. Die ersten 6 Monate Muttermilch hat alles, was ein Baby braucht, um sich optimal körperlich und geistig zu entwickeln. Es geht vor allem um die Entwicklung des Gehirns und nicht darum, das möglichst größte Baby in kürzester Zeit zu produzieren. Der niedrige Eiweissgehalt der Muttermilch ist unter anderem dafür ein Vorteil. Aus der Erfahrung mit künstlicher Babynahrung mit hohem Eiweissgehalt wurde festgestellt, dass solche Nahrung nicht nur zum schnellen Körperwachstum das erstrebte Ziel führte, sondern auch zu hohen Aminosäurewerten im Blut, die eine permanent negative Auswirkung auf das Zentralnervensystem haben könnten (Cunningham 253). DHA (Docosa Hexanoic Acid), eine langkettige Aminosäure, einzigartig in der Muttermilch, sammelt sich im Gehirn (und in der Retina) und ist für deren strukturelle Entwicklung wichtig (Cunningham 254). Diese und sämtliche anderen wissenschaftlichen Entdeckungen sind die Theorie, aber wie sieht es in der Praxis aus? Stillende Mütter haben immer geglaubt, dass ihre Kinder deswegen klüger seien als die Nachbarskinder, die künstliche Babynahrung bekamen. Jetzt gibt es Forschungen, die diese Behauptung zu bestätigen scheinen. Frühgeborene, die in den ersten Lebenswochen die Milch der eigenen Mutter durch Sonde bekommen hatten, hatten nach 8 Jahren durchschnittlich 10 Punkte mehr auf der 10 Skala als die Kinder die künstlich ernährt worden waren (Cunningham 254). Weil diese Studie nur die Muttermilchernährung ohne das Stillen an der Brust erfasst hat, hat sie effektiv die Interaktionen zwischen Mutter und Kind als Faktor in der intellektuellen Entwicklung ausgeklammert und dabei die Vermutung bestätigt, dass Muttermilch per se das Wachstum des Gehirns und Zentralnervensystems positiv beeinflusst. Das gestillte Kind hat nicht nur ein ganz anderes Gehirn und Zentralnervensystem; auch seine Körperentwicklung verläuft anders. Gestillte Kinder haben eine Tendenz, etwas weniger zu wiegen als künstlich ernährte Kinder. Das Fettpolster ist anders aufgebaut und durch den natürlichen Sättigungsmechanismus lernen sie, ihren Appetit zu steuern. Haut und Muskulatur fühlen sich bei Stillkindern anders an (Stuart Macadam 20). Unterschiede im Blutbild und in der Darmflora sind messbar. Nicht nur dank den nutritiven Komponenten, sondern auch wegen der bioaktiven Zusammensetzung Immunfaktoren, Enzyme, Wachstumsfaktoren und Hormonen, die in der Muttermilch einzigartig sind hat das Stillkind lebenslänglich einen anderen Körper als seine nicht gestillte Kohorte, also flaschenernährte Kinder. Um nur einen Faktor unter die Lupe zu nehmen: Die Rolle der Immunfaktoren ist auch in Industrieländern nicht unerheblich. Kurzfristig und langfristig stimuliert das Stillen den Aufbau und die Steuerung des Immunsystems des Kindes und bietet Schutz gegen die Entwicklung sowohl von Autoimmun und Herzkranzarterienkrankheiten als auch vor Allergien. All dies sind mehr als genug Gründe, ein Kind 6 Monate voll zu stillen. Aber welche Vorteile hat es, das Stillen danach fortzusetzen? Stillen bis ca. ein Jahr Ab Mitte des ersten Lebensjahrs zeigt das Kind großes Interesse an dem, was seine Mitmenschen essen. Wird es ihm nicht angeboten, drückt es sein Missfallen ganz deutlich aus ein intellektueller Sprung, aber auch eine Reaktion auf Körpersignale, dass die Zeit gekommen ist, seinen gastronomischen Horizont etwas zu erweitern. Das heißt aber nicht, dass Muttermilch plötzlich nicht mehr wertvoll ist. Sie bleibt während dem ersten Lebensjahr und oft darüber hinaus das wichtigste Nahrungsmittel, nach wie vor eine Quelle von hochwertigen Kalorien, Eiweiss, Vitaminen und Mineralien. Die nächsten sechs Monate oder länger sind eine Kennenlernzeit, in der feste Nahrung Muttermilch ergänzt, aber nicht ersetzt. Auch der Immunschutz und die Entwicklung des Zentralnervensystems wird im zweiten Halbjahr fortgesetzt. Hier gilt das Prinzip von dosisbezogener Auswirkung. Bei der o.g. Studie mit Frühgeborenen war ein Verhältnis ganz eindeutig. Je mehr Muttermilch, desto höher der IQ Wert (Stuart Macadam 18). Die Verbindung zwischen Muttermilchdosis und der Wahrscheinlichkeit der Entwicklung bestimmter Krankheitsbilder ist noch klarer. • Allergien Kinder, die 6 Monate oder länger gestillt wurden, haben weniger Allergien (5%) als die, die weniger als 6 Monate gestillt wurden (36%) (Strimas JH, Chi OS, 1988). • Haemophilus Influenza Typ B Stillen länger als sechs Monate schützt gegen diese Krankheit (Takala, AK et al 1989). • Otitis media Stillen länger als sechs Monate reduziert Otitis media drei bis fünffach bis zum Alter von 27 Monaten (Teei, DW, Klein, JO, Rosner, B, 1980). • Malocclusion Als die Stilldauer von 12 auf 3 Monate reduziert wurde, stieg die Prävalenz von Malocclusion von 3% auf 16% (Labbok, MH und Hendershot, GE, 1987). • Lymphoma in der Kindheit Für Kinder unter 15 Jahren ist das Risiko fünf bis achtfach höher, wenn sie weniger als 6 Monate (oder gar nicht) gestillt wurden (Davis MK, Savitz, DA und Graubord, BI, 1988). • Diabetes Wenn Kinder 12 Monate oder länger gestillt wurden, ist die odds ratio für die Entwicklung dieser Krankheit 0.54 im Vergleich zu nicht gestillten Kindern. • Multiple Sklerose Ein zwei bis dreifach erhöhtes Risiko für Multiple Sklerose entsteht, wenn ein Kind weniger als 7 Monate oder gar nicht gestillt wurde. Stillen im zweiten Lebensjahr und danach Was spricht für das weitere Stillen nach dem ersten Geburtstag? Überraschend viel: Ernährung, z. B.: Zwischen dem 6. und 24. Lebensmonat beträgt die Muttermilchmenge rund 500 ml täglich. Sie kann also einen großen Teil der Kalorien, die ein Kind in diesem Alter braucht, liefern. Im Notfall kann die Milchmenge gesteigert werden und auch ein Kind, das normalerweise Beikost isst, kann wieder ausschließlich mit Muttermilch ernährt werden. Muttermilch liefert 70 Kilokalorien pro 100 ml zweimal die Energiedichte eines Abstillbreis. Kinder im zweiten Lebensjahr können ihren Energiebedarf zu 31% durch Muttermilch decken. Stillkinder im Alter von 13 18 Monaten erhalten bei gleicher Nahrungsmenge 25% mehr Energie als nicht gestillte; ältere Kinder erhalten 17% mehr. Je nach Studie gibt es auch Hinweise darauf, dass Muttermilch noch mehr Energie im zweiten Lebensjahr liefern könnte. Eine Studie aus Uganda machte deutlich, dass dort die Energiebedürfnisse in dieser Lebensphase durch Muttermilch zu 53% gedeckt wurden. Wenn man daran denkt. wie wenig viele Kinder im zweiten Lebensjahr essen sie haben einfach keine Zeit; die Welt ist dafür viel zu interessant sind diese Ergebnisse nur logisch. Wenn ein Kind vor dem zweiten Geburtstag abgestillt wird, braucht es selbstverständlich viel mehr feste Nahrung als vorher laut einer Studie wurden die anderen Nahrungsmittel um 60% erhöht und auch das reicht nicht immer aus. Unter Umständen kann ein abgestilltes Kind unter einem Energiedefizit leiden einem 28%igen Defizit laut einer Studie von 1982. Eine andere Studie zeigte, daß nicht gestillte Kinder nur 84% der vorgeschlagenen Kalorieneinnahme hatten, während noch gestillte Kinder 108% der optimalen täglichen Kalorien zu sich nahmen. Bioverfügbarkeit, Vitamine und Mineralien Die Kalorien der Muttermilch sind keine leeren Kalorien. „Muttermilch bleibt auch die wichtigste Quelle an hochqualitativem Eiweiss, Vitaminen und anderen Nährstoffen" (Helsing und King, 1982). Hochqualitativ und gut bioverfügbar. Wieviel eines Nährstoffes in der Milch ist, ist nicht die interessante Frage. Wir müssen danach fragen, wie bioverfügbar er ist. Es nutzt also nichts, wenn der Nährstoff nur da ist und das Kind nicht darüber verfügen kann. • Eiweiss wird in der Muttermilch besonders gut absorbiert. Im zweiten Lebensjahr deckt Muttermilch die Eiweissbedürfnisse zu 38%. Und die Ergebnisse bei den Vitaminen und Mineralien sind noch eindrücklicher: • Vitamin A wird im zweiten Lebensjahr 100%ig durch Muttermilch gedeckt. In Entwicklungsländern kann dies besonders wichtig sein. Es wurde da festgestellt, dass nicht gestillte Kinder einem sechs bis achtfach höheren Risiko an Xerophthalmie (einer Vitamin A MangelErkrankung des Auges) zu erkranken ausgesetzt sind als gestillte Kinder. Der Schutz bleibt auch nach dem Abstillen erhalten. • Eine tägliche Einnahme von 500 ml Muttermilch liefert 19 mg Vitamin C, 95% der Menge, die Kinder im zweiten Lebensjahr brauchen (Armstrong, 1987). Gegen Ende des ersten Lebensjahres ist die Vitamin CKonzentration der Muttermilch 3,3 mal höher als im Blutplasma der Mutter. Selbst wenn die Mutter erniedrigte Vitamin C Werte hat, wird es in der Milch bis zu 6 12fach angereichert. Stillkinder erhalten so höhere Konzentrationen an Vitamin C als Kinder, die mit Vitamin C angereicherter künstlicher Babynahrung, Gemüse und Früchten ernährt werden. • Eisen ist zu 50% in der Muttermilch im zweiten Lebensjahr erhalten, Kalzium zu 44%, Niacin zu 41 %, Folsäurezu 26% und Riboflavin zu 21%. Eisen ist eines der wichtigen Beispiele der Bioverfügbarkeit. Es ist zwar niedriger in der Muttermilch als in der Kuhmilch, nur wird es aus der Muttermilch zu rund 70% absorbiert (vgl. 10% in Kuhmilch), so dass ein Stillkind besser mit Eisen versorgt ist als ein nichtgestilltes Kind. Immunfaktoren Immunfaktoren sind auch noch wichtig. Früher wurde angenommen, dass nur im Kolostrum sehr hohe Anteile bereitstünden, die sich im Verlauf der Laktation zurückbildeten und nach sechs Monaten nur noch von geringer Bedeutung seien. Heute ist bekannt, dass die Immunglobulinmengen nach dem sechsten Monat steigen, offensichtlich als Reaktion auf die absinkende Milchmenge. Mit 20 Monaten entspricht der Spiegel von IgA und IgG der Höhe, die nach einer Laktationsdauer von zwei Wochen gemessen wurde. Wenn wir darüber nachdenken, ist es auch ganz logisch, dass einige Schutzfaktoren in dieser Zeit steigen, weil Kinder ab sechs Monaten sehr mobil werden; sie kommen überall hin und stecken die unmöglichsten Dinge in den Mund. Sie brauchen viel Schutz. Dieser Schutz erfolgt durch verschiedene Immunfaktoren in der Muttermilch, darunter: Lysozym, ein unspezifischer antimikrobieller Faktor wird in Muttermilch angereichert und erreicht in einigen Fällen nach 12 Monaten die gleiche Menge wie im Kolostrum. Nach neueren Untersuchungen weiss man, dass es bis zum 25. Lebensmonat des Kindes' ansteigt und erst dann abfällt. 1 ml Muttermilch enthält rund 4000 lebende Zellen (überwiegend Lymphozyten und Makrophagen) , die das Wachstum von Bakterien, Viren, Pilzen und Parasiten hemmen. Der Bifidusfaktor in der Muttermilch fördert nach wie vor das Wachstum des Lactobazillus bifidus im kindlichen Darm, so dass sich Staphylokokken gar nicht erst ausbreiten können. Interferon, ein antiviraler Faktor, und Laktoferrin, das durch seine Eisenbindung ein Wachstum von E. coli, Staphylokokkus aureus und einigen Candidapilzen verhindert, sind ebenfalls in der Muttermilch enthalten. Laktoferrin zeigt kontinuierlich ansteigende Werte. Wie wichtig ist dieser immunologische Aspekt für das ältere Stillkind? Diesbezüglich ist die Studie von Chandra aus Kanada sehr interessant, weil seine Studienobjekte gesunde Kinder der Mittelklasse in einem gut entwickelten Industrieland waren. 60 Kinder wurden über einen Zeitraum von 24 Monaten untersucht. Im Hinblick auf drei übliche Erkrankungen fand er erhebliche Unterschiede bei deren Auftreten bei gestillten und künstlich ernährten Kindern : Atemwegserkrankungen auf 10 gestillte Kinder kommen 23 Flaschenkinder Durchfall auf 10 gestillte Kinder kommen 35 Flaschenkinder Mittelohrentzündungen auf 10 gestillte Kinder kommen 95 Flaschenkinder Nach der Einführung fester Nahrung, sind Stillkinder besonders in Entwicklungsländern für Durchfall anfällig. In Bangladesch wurden noch gestillte Kinder und nichtgestillte Kinder zwischen 6 und 35 Monaten bezüglich Durchfallerkrankung verglichen. Die Energieaufnahme bei nicht gestillten Kindern fiel um 40%; bei gestillten Kindern blieb sie fast unverändert. Die Stillkinder bekamen auch 2,5 mal soviel Eiweiss wie die nicht gestillten. Bei Durchfall ist ein Appetitverlust häufig auch in Industrieländern. Doch viele Stillkinder trinken sehr gerne, auch wenn sie sonst keinen Appetit haben. Es wird vermutet, dass das hochqualitative Eiweiss in der Muttermilch dazu führt, dass ein krankes Kind wieder Appetit auf Kohlenhydrate hat, die für die Gewichtszunahme so wichtig sind (Armstrong, 1987) und dies ist bei unseren Kindern auch nicht unwichtig. Das „natürliche" Abstillalter Aus dem bisher Gesagten ist klar geworden, dass Muttermilch ihre Nahrungs und immunologischen Werte behält, so lange sie produziert wird. Trotzdem muss die Stillbeziehung irgendwann zur Ende kommen aber wann? Die Anthropologin Katherina Dettwyler hat versucht, durch kulturvergleichende Studien und durch Vergleiche der Säugetiere untereinander diese Frage in etwa zu beantworten. Ich werde hier auf die Vergleiche der Säugetiere verzichten obwohl sie hoch interessant und überzeugend sind, und nur kulturenvergleichende Studien berücksichtigen. Auf ihrer Suche nach einem "hominiden Entwurf" (hominide blueprint) für das „natürliche" Abstillalter hat sie verschiedene Kriterien angeschaut: • Alter, in dem das Kind das Geburtsgewicht vervierfacht hat • Alter, in dem das Kind ein Drittel des durchschnittlichen Erwachsenengewichts erreicht hat • Bezug auf das Gewicht einer erwachsenen Frau (Abstillalter in Tagen = 2,71 mal das Gewicht einer erwachsenen Frau in Gramm) • Vergleich zu Schwangerschaftswochen (6 x Schwangerschaftswochen auf vergleichenden Primatendaten basiert. • Alter beim Durchbrechen der ersten Backenzähne. Nach keinem der Kriterien würde ein Kind unter 2,3 Jahren abgestillt und die Grenzen reichen bis 6 Jahre für Mädchen und 7 Jahre für Jungen. Sechs Jahre übrigens ist der Zeitpunkt, wann das eigene Immunsystem des Kindes reif und eigenständig wird. Bis zu diesem Punkt, schreibt Dr. Dettwyler, können die Lymphokine in der Muttermilch die aktive Immunantwort sowohl im Serum als auch sekretorisch steigern (Dettwyler, 56). Ist die Idee, dass Muttermilch eine positive Auswirkung auf das Immunsystem des Kindes bis zu 6 Jahren haben könnte, so weit hergeholt? Ganz und gar nicht. Gespendete Muttermilch als Behandlung für verschiedene Krankheitsbilder ist mittlerweile weit verbreitet: • Marinkovich (1988) behandelt IgA lnsuffizienz mit 100ml frischer Frauenmilch täglich • Asquith berichtet über den Einsatz von Frauenmilch bei der Therapie für Leukämie oder Knochenmarktransplantation • Erichson (1990) berichtet, dass verbrannte Kinder Frauenmilch besser vertragen als die übliche hypermolekulare Nahrung und • Wright benutzt mit Erfolg frische Frauenmilch für Erwachsene in den ersten Tagen nach Lebertransplantation (Springer, persönliche Kommunikation, 1996). Ist es so schwierig zu glauben, dass die Milch der eigenen Mutter lange Zeit. bis ins Schulkindalter als effektiver Stimulus für das kindeseigene Immunsystem dienen kann? Sollten wir unsere Abstillvorschläge so hoch setzen? Nicht unbedingt. Die Vorschläge bleiben nach wie vor die Gleichen: „Im Idealfall wird die Still beziehung fortgesetzt, bis das Kind ihr entwachsen ist" (Grundsatz 6, La Leche Liga). Das eine Kind wächst aus seinem Stillbedürfnis früher, das andere später hinaus. Weil das Stillen eine Partnerschaft ist, spielen auch die Bedürfnisse der Mutter eine Rolle. Wir möchten hier keine neue Vorschriften erstellen, sondern durch das Anschauen der wissenschaftlichen und anthropologischen Daten einen erweiterten Blick für das „normale" Abstillalter und eine grössere Toleranz für die Mütter, deren Stillpraktiken von der kulturellen Norm abweichen schaffen. Ich hoffte, mit diesem Referat dazu beigetragen zu haben. REFERENZEN Bradley, J., Baldwin, S., Armstrong, H. Breastfeeding: a neglected household Ievel weaning food resource. in Alnwick D., Moses S., Schmidt OG. (eds.) Improving young child feeding in eastern and southern Africa' Household Ievel feod technology. International Development Research Centre. Ottawa, Canada IDRC 265e 1988 Chandra, RK. Prospective studies of the effect of breastfeeding on incidence of infection and allergy. Acta Paediatr Scand. 68 :691 694 1979 Cunningham, AS. Breastfeeding: adaptive behavior fot child health and longevity in Stuart Macadam P. and Dettwyler KA. Breastfeeding' Biocultural Perspectives New York: Aldine de Gruyter, 1995. Davis MK., Savitz DA., Graubard BI. Infant feeding and childhood cancer I.an.cet 2: 365 3868 1988 Dettwyler KA. A time to wean: The hominid blueprint fot the natural age of weaning in modern human populations in StuartMacadam P. and Dettwyler KA. Breastfeeding' Biocultural Perspectives NewYork: Aldine de Gruyter, 1995. Helsing E. and King FS.. Breastfeeding in practice Oxford University Press, Oxford, UK. 1982 Labbok MH., Hendershot GE. Does breastfeeding protect against malocclusion? An analysis of the 1981 child health supplement to the National Health Interview Survey Am J Prev Med 3: 227232 1987 Mayer EJ., Hamman RF., Savitz DA. et sI. Reduced risk of insulin dependent diabetes mellitus (lDDM) among breastfed children Diabetes 37: 1625 1632 1988 Pisacane AN., Impagliazzo M., Russo R. et sI. Breastfeeding and multiple sclerosis British Medical Journal 308: 1411 1412 1994 Strimas JH., Chi DS. Significance of IgE level in amniotic fluid and cord blood fot the prediction of allergy. Ann Allergy 61: 133 136 1988 Stuart Macadam P. Biocultural perspectives on breastfeeding in Stuart Macadam P. and Dettwyler KA. Breastfeeding: Biocultural perspectives. New York: Aldine de Gruyter, 1995 Takala AK., Eskola J., Palmbren J. et sI. Risk factors of invasive Haemophilus influenzae type b disease among children in Finland J.Pediatr. 115:694 701 1989 Teele DW, Kleine JO., Rosner B. Beneficial effects of breastfeeding on duration of middle ear effusion (MEE) after first episode of acute otitis media (AOM) Pediatr. Res. 14:494 1980
Mitglied inaktiv
Liebe schneeflockenkind, ich stille meine Kleine seit 25 Monaten, und den Gegenwind der Außenwelt kenne ich zur Genüge. Wie viele habe ich Phasen hinter mir, in denen ich immer am Zweifeln war, so wie Du es auch beschreibst, Phasen, in denen ich meinte, mich der "Außenwelt" erklären zu müssen (was sehr frustrierend war), eine sehr lange Lesephase, in der ich mich wissenschaftlich auf den neuesten Stand der Erkenntnisse brachte, Phasen, in denen ich mich nach außen auch abgrenzen lernen musste (eine Übung, die uns unser ganzes Leben lang nützt), und jetzt bin ich in der Phase, in der ich mir sicher bin und weiß: Entscheidend ist keine einzige Stimme von außen, sondern nur und ausschließlich die Frage, ob wir uns als Familie, Kind, Mama, Papa so wohl fühlen und der Weg zu uns passt. Mein Kind genießt das Stillen, ich tue es, Papa findet es so praktisch und gut fürs Kind - es gibt keinen Grund damit aufzuhören, sich selbst und dem Kind (und Papa) den Stress zu geben, das Stillen zwangsabzustellen. Wenn Du Dich mit Deinem Kind so wohl fühlst, genieße die Zeit, lass die anderen reden; sie müssen nicht Dein Leben leben, und sie reden oft doch sehr gedankenlos daher, ohne eine Ahnung zu haben, welche Konsequenzen ihr Gerede für Dich haben könnte. Ich finde es wichtig, dass mit dem Älterwerden des Kindes das Stillen auch schon mal in den Hintergrund geschoben werden kann, wenn Mama selbst mal ein bisschen mehr Freiraum braucht. Darum gehe ich abends schon mal zum Sport und Papa geht mit unserer Tochter ins Bett, dann ohne vorher zu stillen. Ich war auch schon hier und da mal einen ganzen Tag weg, und Papa hat sich mit seiner Tochter einen Abenteuertag daraus gemacht. Das geht alles, wenn man möchte. Nachts stillen wir nur noch, wenn unsere Kleine krank ist bzw. einen heftigen Bedarf hat (Entwicklungsschub, Zähne o.Ä.). Auch das konnte ganz ohne Schreien mit ihr erarbeitet werden. Dafür stillt sie von den frühen Morgenstunden bis zum Aufstehen sehr intensiv. Ansonsten stillt sie nach Bedarf, ich gebe das nicht vor, ich frage sie nicht danach, und ich verschiebe das Stillen nur, wenn es gerade zu ungünstig für mich ist (z.B. wenn ich mein heißes Essen auch wirklich heiß essen möchte oder wenn ich gerade mitten in einer Arbeit bin). Dann bitte ich sie zu warten, bis ich XX fertig gemacht habe, und dann erinnere ich sie aber auch daran, dass sie jetzt könnte, wenn sie noch wollte. Sie hat sich angewöhnt, diese Wartezeiten mit Buch oder anderer Beschäftigung zu verbringen, und normalerweise achtet sie genau darauf, ob ich jetzt mit der besagten Tätigkeit fertig bin. Sie erwartet dann, Bescheid zu bekommen. Das finde ich richtig rührend. Ich kann auch nicht sagen, wie oft sie am Tag stillt, und warum sie das tut, weiß sie selbst am besten, mal aus Hunger, mal aus Durst, mal, weil sie die Nähe sucht, mal weil es sie irgendwo zwickt, mal, weil sie frustriert ist wegen etwas... Ich habe irgendwann angefangen, ihr das ganz selbst zu überlassen, sie wird schon wissen, was sie braucht. Und sie wird damit aufhören, wenn sie soweit ist. Dieses Loslassen war für mich ein großes Stück Erleichterung. Manche Dinge können unsere Kleinen ja wirklich schon ganz autonom selbst regeln. :-) Ich beschreibe das so ausführlich, weil ich es selbst immer wieder faszinierend finde, wie so ein Alltag mit älterem Stillkind aussieht; dass hier wie bei allen anderen Dingen, Grenzen ausgehandelt werden müssen, Kompromisse gemacht und Entgegenkommen signalisiert werden müssen, von beiden, Mutter und Kind, und dass das eine ganz einzigartige Erfahrung ist. Das ewige Argument, die Kinder wären abhängig, ist ein Witz. Sie SIND abhängig, und zwar im Vergleich zu allen anderen Lebewesen unendlich lange. Sie werden nicht MEHR abhängig gemacht, wenn wir sie naturgemäß stillen, so lange sie es offensichtlich noch brauchen. Ich gebe meinem Kind ja auch zu essen und frage mich nicht, ob ich es damit abhängig mache. Das nächste Argument, die Kinder würden psychisch abhängig werden und immer nur an Mama hängen, ist hinreichend bei bis zu Zweijährigen widerlegt worden: Tatsächlich scheinen sie selbstsicherer und fester auf eigenen Füßen zu stehen als Kinder, die nicht oder früh ab-gestillt wurden. Bei über Zweijährigen gibt es dazu noch keine empirisch relevanten Untersuchungen (mir jedenfalls nicht bekannt), aber es gibt Erfahrungswerte, und auch die zeigen vor allem eher mehr Selbstbewusstsein und soziale Kompetenz bei den länger gestillten Kindern. Dann gibt es Leute, die behaupten, die Kinder würden das dann ja immer einfordern und Mama missbrauchen, herumschubsen, Tyrannen werden, am T-Shirt ziehen (letzteres ist das offensichtlichste Beispiel, wieviel Macht die Boulevardpresse in unseren Köpfen hat) usw. Aber auch das ist ein Witz. Ich schaffe ja auch nicht meine Schränke ab, weil mein Kind sie immer so gern ausräumt. Ich bringe meinem Kind bei, welche Schränke es ausräumen darf und welche dafür tabu sind. Das muss ich mit allen Dingen machen, also auch mit dem Stillen. Noch ein beliebtes Argument: Die Kinder würden ja so nie selbst schlafen lernen und seien immer abhängig. Dieses Argument ist auch ein Witz, wenn man bedenkt, dass wir eine weitgehend ungestillte bzw. kurz gestillte Gesellschaft sind und in der Welt die allergrößten Schlafprobleme haben (in Deutschland), während in vielen Ländern, in denen länger gestillt wird, das Thema "Schlafen" überhaupt nicht bemerkt wird, weil es kein Problem darstellt. Unsere Kinder werden ganz sicher nicht mehr noch mit 10 Jahren in den Schlaf gestillt werden wollen. ;-) Nebenbei kann mein Kind trotz Einschlafstillen auch ohne Stillen einschlafen, wie die meisten älteren Stillkinder, die ich kenne. Was den Sinn des langen Stillens anbetrifft, hat Biggi mir seinerzeit (in der Zweifelphase) auch den Bericht von Frau Hörmann geschickt, und der hat mich sehr beeindruckt. Du hast ihn jetzt auch, weißt also wieviel Sinn das lange Stillen macht. Bei Schwangeren ist es oft so, dass die Milch weniger wird oder ganz weggeht. Dann ist bei einigen das Stillen damit schon zuende, weil das Kind die Technik bis zur Geburt des nächsten verlernt hat. Andere stillen weiter und danach beide Kinder. Das nennt man Tandemstillen, und die Mütter, die ich kenne, die das machen, haben offensichtlich weniger Stress mit Eifersüchteleien vom großen zum kleinen Kind. Frag doch mal im benachbarten Stillforum die Tandemstillenden Mütter bzw. die mit zwei Kindern, wie das bei ihnen war. Was eine Frau in dieser Situation macht, hängt wieder ganz davon ab, mit welcher Lösung sie und ihre Familie sich am wohlsten fühlen können. Ich denke, solange Du Dich wohl fühlst, so lange Dein Kind es möchte, so lange musst Du gar nichts ändern, sondern es Dir so nett wie möglich machen mit dem gemütlichen Stillen. Wo Du Deine Grenzen siehst, kannst Du diese ja Deinem Kind beibringen einzuhalten. Mit sanfter Klarheit geht das meist auch ohne viel Geschrei und Frust, zumindest ist das meine Erfahrung. Die Zeit ist so schnell vorbei! Genieße sie, solange sie anhält! Dein Kind wird irgendwann entscheiden, dass es nicht mehr stillen möchte. Oder Du wirst irgendwann den Punkt erreichen, wo Du selbst das nicht mehr möchtest. Und dann ist es auch nicht schwer, das zu ändern, denn meist sind beide bereit, wenn es eine/r ist. Ich hoffe, dieser ewig lange Text konnte Dir etwas Mut machen. Ich schreibe mich immer so in Rage, weil ich es so gut nachfühlen kann, wie so viele Frauen sich allein auf weiter Flur fühlen, wenn sie tun, was für die Spezies Mensch ganz normal und natürlich ist. :-) Ganz viele liebe Grüße Sileick
schneeflockenkind
Liebe sileick, danke für deine aufbauenden Worte und Zuspruch! Ich muss sagen du bist ein riesen Schatz! Das hilft sehr..DANKE
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