Frage im Expertenforum Recht an Nicola Bader:

Sorgerecht entziehen

Nicola Bader

 Nicola Bader
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familienrecht

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Frage: Sorgerecht entziehen

Julie78

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Hallo Frau Bader, ich habe nun eine ernste Frage an Sie. Mein "Partner" bzw. der Vater von meinen Kindern (2 und 4 Jahre alt) (bin mir nicht sicher ob wir/ich! noch ein richtiges Paar werden (wollen)), er hat eine ernste psychische Erkrankung bei der er eigentlich sein Leben lang Tabletten einnehmen muss um ein normales Leben führen zu können. Nun ist die Sache so, dass er sich die Erkrankung leider immer noch nicht eingestanden hat (ich habe ihn sehr unterstützt dabei) und die Tabletten sowie seine Therapie bei einer Psychologin erneut abgesetzt hat (ohne mein Wissen). Wir sind nicht verheiratet, haben aber gemeinsames Sorgerecht. Seit 1,5 Jahren lebe ich in einer getrennten Wohnung, allerdings im gleichem Miethaus (hier werde ich aber bald ausziehen da die Wohnung auf Dauer für mich zu klein ist und ich aufgrund der Nähe zu seiner Wohnung bedenken habe für die Zukunft wenn er mal wieder krank werden sollte). Da der Vater der Kinder in den letzen 5 Jahren 4 Mal erkrankt ist und auch auf beruflicher Ebene fast nichts auf die Beine gestellt hat, habe ich die Hoffnung aufgegeben und mache mir ernste Sorgen für die Zukunft (speziell was den Wohl der beiden Kinder in einer akuten Zeit anbetrifft). Es ist beispielsweise so, dass wenn ich in der Kita sage, die Kinder werden derzeit nur von mir abgeholt, weil es dem Vater ernsthaft nicht gut geht, der Vater dennoch aufgrund des Sorgerechtes, das Recht hat, seine Kinder abzuholen. Somit würde bzw. könnte es mal passieren, dass er in einem akuten Krankheitsfall die Kinder abholen möchte, die Betreuer im Kindergarten es vielleicht nicht merken, dass der Vater erkrankt ist und ich dann nicht weiß wo meine Kinder sind, weil er beispielsweise nicht auf die Uhrzeit achtet, nicht Bescheid sagt oder wie auch immer, schlimmstenfalls mit denen an einen anderen Ort fährt und nicht erreichbar ist. So ein Fall ist bisher nicht aufgekommen, aber aufgrund seiner Erkrankung (schizzoaffektive Störung), kann dies durchaus mal passieren. Deshalb überlege ich vorsorglich, ihm das Sorgerecht zu entziehen, ihm aber zu Erlauben die Kinder zu sehen, weil ich möchte, dass die Kinder einen Vater haben. Ich möchte das nicht aus Boshaftigkeit machen, wir haben keinen Streit, es ist eine reine, vorsorgliche Angelegenheit. Was für Chancen habe ich und wie gehe ich da am Besten vor? Derzeit befindet sich der Erkrankte in einem Krankenhaus. Ich selbst befinde mich derzeit noch im letztem Elternjahr, gehe jedoch wieder arbeiten und baue mir meine berufliche Laufbahn für die Zeit nach der Elternzeit auf, da ich dann auch selbständig arbeiten möchte. Wo könnte man sich diesbezüglich noch erkundigen?


Nicola Bader, Rechtsanwältin

Nicola Bader, Rechtsanwältin

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Hallo, ich finde auch am besten, erst mal mit ihm zu reden und dann mit dem Jugendamt. Vielleicht ist er einsichtig und verzichte von alleine. Ansonsten müssen Sie darlegen, inwieweit er tatsächlich aufgrund seiner Erkrankung nicht in der Lage ist, wesentliche, die Kinder betreffende Entscheidungen mit zu tragen. Im Zweifel muss ein Gutachten belegt werden. Nachteilig ist dann natürlich für Sie, dass es noch nicht passiert ist, dass er nicht erreichbar war. Allein die theoretische Möglichkeit macht es nicht aus. Liebe Grüße NB


cube

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Hast du denn schon mal mit dem Jugendamt gesprochen? Und mit deinem Partner? Wie steht er dazu bzw. weiß er überhaupt von deinem Vorhaben? Möglicherweise würde er ja selbst zustimmen. Ansonsten würde das Familiengericht entscheiden. Eine psychische Erkrankung an sich reicht aber nicht aus, um das SR zu entziehen. Das Gericht würde verschiedene Aspekte beurteilen wie zB Förderungsgrundsatz, Kontinuitätsgrundsatz, Bindung Kind-Vater und je nach Alter Kindeswille. Sicher kommt es eben auch auf die Art der Erkrankung an. Depressionen sind eben anders zu bewerten als eine bipolare Störung oder Schizophrenie. D.h. letztendlich wird as Einzelfallentscheidung. Deine Vorhaben bzgl. Umzug ist übrigens nicht so einfach: momentan habt ihr das gemeinsame SG. Zwar wohnt ihr nicht in einem HH, aber im gleichen Haus. Du darfst nicht so einfach mit Kind wegziehen und damit - je nach Entfernung - den Umgang erschweren. Ich kann deine Sorgen gut verstehen und eine schizoaffektive Störung kann sehr schwerwiegend sein. Ich denke aber, ohne Anwalt wird das schwierig mit dem Sorgerechtsentzug. Du musst ja praktisch nachweisen, dass er sich nicht im Sinne des Kindeswohles kümmern kann bzw. in akuten Phasen möglicherweise eine Gefährdung für die Kinder besteht. Ich bin gespannt, was Frau Bader dir raten wird.


Julie78

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Mit dem Jugendamt habe ich noch nicht gesprochen. Und mit dem Kindsvater auch noch nicht. Wie gesagt, er würde es wohl nicht toll finden da er auch in besseren Zeiten keine richtige Krankheitseinsicht hat und es nicht für notwendig halten würde. Ich habe nicht vor weit weg zu ziehen, einfach in der Umgebung bleiben damit die Entfernung zwar weiter wird aber eine Nähe erhalten bleibt. Dieses Mal konnte ich es verändern, dass die Kinder ihn krank und anders sehen, aber beim nächsten Mal kann es passieren, dass das halt nicht klappt. So etwas möchte ich denen ersparen. Zudem ist unsere Wohnung eh auf Dauer zu klein und in 3 Jahren geht das eine Kind schon zur Schule. Der Vater kann die Kinder besuchen und umgekehrt, mir ist halt nur eine kleine Entfernung zwischen den Wohnungen wichtig. Er hat es in den vergangenen Jahren nicht geschafft bestimmte Sachen die wichtig wären zu erfüllen. Er hat die Tabletten wieder abgesetzt und auch seine Therapie abgebrochen und somit seinen Rückfall begünstigt. Ansonsten, in guten Zeiten ist er ein toller Vater und das möchte ich ihm auch nicht wegnehmen. Ich möchte mich halt nur schlauer machen was ich vielleicht besser tun sollte als Vorkehrung für die Zukunft.


Felica

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Völlig egal wie weit du weg ziehst, ohne seien Zustimmung darfst du es einfach nicht. Wobei das nur teils stimmt, du darfst hinziehen wo du hin willst, die Kinder aber nicht. Mindestens ein Kind hast du mit ihm bekommen obwohl du von der Krankheit wusstest, auch das wird sicherlich zur Sprache kommen. Mein Rat wäre also auch, erst mit dem JA sprechen, dann weiter planen. Sonst kann das alles gegen dich verwendet werden. Wegen KiGa, auch wenn du das alleine Sorgerecht hast, bedeutete das nicht das der Vater die Kinder nicht abholen könnte. Glaubst du die Erzieher achtend a dann wirklich drauf wenn sie den Vater kennen?


cube

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Ich kann verstehen, das du dir Sorgen machst, ob er auch in Phasen von Schüben ausreichend Sorge tragen kann. Andererseits denke ich auch das der Punkt, warum du trotz seiner dir bekannten Erkrankung sogar noch ein zweites Kind bekommen hast, zur Sprache kommen wird. Hat sich die,Krankheit verschlimmert? Oder hat er nur nicht das erreicht, was du im Bezug darauf im Kopf hattest und Du nutzt die Krankheit nun gegen ihn? Sicher wird auch der Vergleich mit anderen Erkrankungen herangezogen werden. Eine Krebserkrankung ist auch schlimm für die Kinder und macht den erkrankten möglicherweise unfähig, sich zu kümmern - dennoch würde keiner auf die Idee kommen, einem Elternteil das SR deswegen zu entziehen. Ich will dich damit nicht ärgern, aber das sind Fragen, die möglicherweise aufkommen und deine Motivation evt zweifelhaft erscheinen lassen. Dazu kommt die Frage: seid ihr nun noch ein Paar oder nicht? Wenn du aus dem Haus ausziehst sollte man meinen, ihr seid keines bzw Du trennst dich endgültig. Dann wäre es doch eh so, dass eine Ungangsregelung gefunden werden müsste. Würde das denn nicht erst mal reichen? er hätte dann doch eh keinen ständigen bzw. Nur noch abgesprochenen Kontakt. Wenn du wirklich denkst, der Vater stellt eine Gefahr für das Wohl der Kinder dar, wirst du das auch beweisen müssen. Gab es denn überhaupt schon Zwischenfälle, in denen er seiner Aufsichtspflicht zB nicht nachgekommen ist und das nachweislich mit seiner Erkrankung zu tun hat? (Wir haben übrigens selbst psychische Erkrankung in der Familie - die Thematik ist mir also nicht ganz unbekannt) Letztendlich wird es so sein, das SR vom Familiengericht entschieden wird. Und tatsächlich ist es so: Du kannst hinziehen wohin Du willst - Eure Kinder aber nicht. Ihr habt ja bereits getrennte Wohnungen. Ein Umzug wegen Trennung ist es also nicht. Da könnte man halt auch unterstellen, Du willst - gerade im Zusammenhang mit Antrag auf alleiniges SR - den Kontakt zum Vater erschweren. Ich würde mich da auf jeden Fall anwaltlich beraten lassen. Nicht hier im Netz sondern persönlich.


cube

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Während ich das eben geschrieben habe, ist mir klar geworden, was mich an deiner Frage irritiert. Ich denke nämlich, wenn man in einer Beziehung mit einem erkrankten Menschen ist, gibt es 2 Möglichkeiten: entweder liebe ich den jenigen und bin dazu auch bereit, seine Erkrankung mit zu tragen. Dann kann ich das auch vor meinen Kindern so leben ohne das diese schaden nehmen. (Immer vorausgesetzt, es ist nichts was mit gewalttätigen ausbrechen, Verfolgungswahn oder sonstigen gefährdenden Dingen zu tun hat). Oder aber ICH will/kann das nicht mehr. Dann trenne ICH mich, weil ich keine Fassade aufrecht erhalten will, die letztendlich natürlich auch den Kindern nur schaden würde. Diese würden ja merken, das ICH das alles eigentlich nicht mehr will und gar nicht mehr zu Papa wirklich stehe. Bei Dir scheint das aber gar nicht klar zu sein. Willst DU dich trennen oder gibt es noch Hoffnung? Wenn nicht, dann trenne dich endgültig - das hat dann aber vermutlich eher nichts in erster Linie mit Kindeswohl zu tun und dementsprechend muss doch auch nicht gleich das SR zur Debatte stehen.


la-floe

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hi, egal, ob dein Ex SR hat oder nicht: er hat immer noch ein Umgangsrecht. Und solange du nicht nachweisen!!!! kannst, dass das Kindeswohl gefährdet ist auch unbegleitet. D.h. außerhalb deiner Wohnung und ohne dich. Und er muss während seiner Umgänge auch nicht für dich erreichbar sein und er darf die Kinder auch an einen anderen Ort bringen (solange er sie bei Umgangsende wieder zurückbringt)- Anna


Strudelteigteilchen

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Ganz ehrlich: Wegen einem "Es KÖNNTE sein..." mit so vielen "Wenns" (WENN er in einem akuten Krankheitsfall die Kinder abholt und WENN die Erzieherinnen nicht merken, daß er erkrankt ist, und WENN er dann nicht auf die Uhrzeit achtet und WENN er dann nicht erreichbar ist) wird ihm mit 99%iger Wahrscheinlichkeit nicht das SR entzogen. Da mußt Du schon bissi mehr und vor allem Konkreteres auf den Tisch bringen. Sowieso hilft das ASR Dir keinen Deut weiter, solange er ein Besuchsrecht hat - und auch das wird Dir die Argumentation für das ASR verhageln. Denn das o.g. Szenario ist ja auch denkbar, wenn er die Kinder zu einem Besuchstermin bei Dir abholt und DU nicht merkst, daß er gerade "erkrankt ist". "Erkundigen" kann man sich bei einem Anwalt vor Ort, der Dich auch bezüglich Deines konkreten Falles besser beraten kann. Wenn Du irgendwas durchziehen willst - ASR oder eingeschränktes Besuchsrecht oder Was-auch-immer - wirst Du ihn eh brauchen.


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