Frage im Expertenforum Recht an Nicola Bader:

AU vs. individuelles Beschäftigungsverbot

Nicola Bader

 Nicola Bader
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familienrecht

zur Vita

Frage: AU vs. individuelles Beschäftigungsverbot

allmountain

Beitrag melden

Kurz:Kann es zu Problemen kommen bei einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und späteren Austellen eines individuellen Beschäftigungsverbotes? Ich bin schwanger und leide (erst seitdem) unter großen Ängsten und starken Stressreaktionen aufgrund meiner Arbeitsplatzsituation. Längere Fassung für alle anderen: Gestern hatte ich die Gefährungsbeurteilung an meinem Arbeitsplatz. Ich bin 13SSW und arbeite in einem Wohnheim für chronisch psychisch kranke Erwachsene. Die Arbeit hat mir immer Spaß gemacht. Bin seit 8 Jahren dort beschäftigt. Seit meiner nun zweiten Schwangerschaft leide ich unter massiven Ängsten und Sorgen, das mir an meinem Arbeitsplatz etwas passiert (durch bsp- Aggressionen der Bewohner/ psychische Dekompensationen). Ich habe Herzrasen, kann nachts kaum schafen, zittere am ganzen Körper, habe eben fürchterlich Angst etc. Meine Chefin erteilt mir kein generelles BV, da sie ,,ihre" Bewohner nicht über einen Kamm scheren will (mögliche Aggressionen) und meint, mir könne ja überall was passieren. Im Grunde würde sie mich aber verstehen. Mir stände daher durchaus frei zu meinem FA zu gehen und mir ein Individuelle Beschäftigungsverbot ausstellen zu lassen. Mein FA ist bis Mitte nächster Woche natürlich im Urlaub. Also bin ich zum Hausarzt. Weil der aber wohl noch nie ein BV ausgesprochen hat, hat er mich nun 4 Wochen krank geschrieben. Diagnosen sind Angststörung, Anpassungsstörung. In der Zeit solle ich das Gespräch zu FA suchen, ansonsten schreibe er mich noch weiter krank. Aber der FA kann doch kein BV erteilen, solange ich krank geschrieben bin? und danach? sind die Diagnosen nicht auch Gründe für ein BV? Darf ich erst deswegen krank geschrieben sein und aus gleichem Grunde im Anschluss ein BV bekommen? Eigentlich liegt es ja im Grunde nicht an mir sondern an der Schwangerschaft und Arbeitsplatzsituation. Ich überlege, die AU überhaupt abzugeben. Und lieber zum Vertretungs-Frauenarzt zu gehen. Ich möchte nicht wegen Unwissenheit meines Hausarztes später in finanzielle Einbußen/Schwierigkeiten kommen, die in dem Sinne gar nicht sein müssten?! Weiß jemand Rat?


Nicola Bader, Rechtsanwältin

Nicola Bader, Rechtsanwältin

Beitrag melden

Hallo, ich würde mich ans Gewerbeaufsichtsamt wenden. Ansonsten an einen Vertretung Frauenarzt. Es muss festgestellt werden, ob eine Gefahr besteht. Gleichwohl bin ich der Ansicht, dass man ja nicht pauschal sagen kann, dass von allen psychisch erkrankten eine potentielle Gefahr ausgeht. Insofern bin ich der Ansicht, Ihr Arbeitgeber kann Sie durchaus in ein Teilgebiet versetzen, wo keine Gefahr droht. Die Krankschreibung mit dem Beschäftigungsverbot vor, sie können also jetzt im Moment keinen Beschäftigungsverbot bekommen. Auf der anderen Seite kriegen sie nach sechs Wochen bei der Krankschreibung ihm Krankengeld. Liebe Grüße NB


Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Vielleicht hat eine andere Frau oder Frau Bader eine bessere Idee aber mein Vorschlag lautet: Wende Dich ans Gewerbeaufsichtsamt. Deine Angst ist ja nicht unbegründet und dein AG hat eine ordnungsgemäße Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Es reicht ein Patient mit Aggressionspotenzial, die Aussage mit alle über einen Kamm scheren, ist für mich nicht nachvollziehbar. Für mich klingt das nach BV wegen Gefahr im Beruf und nicht individuelles BV wegen psychischer Probleme. Entgeltfortzahlung gibt es nur für die Dauer von sechs Wochen pro Krankheit. Ganz genau findest Du das alles, wenn Du nach Entgeltfortzahlungsgesetz googelst. Viel Erfolg und alles Gute.


Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Hättest du die Ängste nicht, wenn du wüßtest, dass du nächste Woche zu Hause bleiben kannst? Wenn das zutrifft, ist es eine Indikation für ein BV. Wenn du die Ängste ständig hast, würde ich von einer Angststörung ausgehen, die eine AU bedingt. Und AU ist abrechnungtechnisch immer vorrangig. AU schließt BV aus. Aber der Tipp ist gut, beim Gewerbeaufsichtsamt anzurufen.


allmountain

Beitrag melden

Danke für eure Antworten. Ja, die Angst entstand erst in den ersten Wochen der Schwangerschaft. Vorher habe ich ganz normal ohne Probleme gearbeitet. Mit der heutigen AU ist mir ein großer Stein vom Herzen gefallen und ich bin schon deutlich beruhigter. Das Gewerbeaufsichtsamt möchte ich ungern einschalten, da ich dann befürchte nach bzw in meiner Elternzeit an meinem Arbeitsplatz nicht mehr willkommen zu sein.


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.

Ähnliche Fragen

Sehr geehrte Frau Bader, ich arbeite in einer Zahnarztpraxis da ich durch meine Schwangerschaft nicht mehr mit in die Assistenz darf hat mir mein Arbeitgeber angeboten statt den üblichen 40 Stunden pro Woche nur noch 30 Stunden zu arbeiten und "je dicker der Bauch wird desto weiter gehen wir dann mit den Arbeitsstunden runter"!. Jetzt meine Fra ...

Hallo, habe von meinem FA ein vorläufiges individuelles Beschäftigungsverbot bekommen, weil ich Angst habe mich im Großraumbüro mit Covid zu infizieren. Schlafe seit Tagen schlecht und fühle mich extrem gestresst. Home-Office hat Chef abgelehnt. Für ihn ist das Beschäftigungsverbot ok. Wer stellt mir nun eines aus, das nicht vorläufig ist?

Guten Tag Frau Bader, muss man bei individuellem Beschäftigungsverbot durch den Frauenarzt und dieser stimmt im Sinne der Erholung einer Urlaubsreise ins Ausland zu, diesen Urlaub dem Arbeitgeber melden? Muss zudem die Unbedenklichkeitserklärung vom Frauenarzt schriftlich ausgestellt werden, für den Fall, dass es im Ausland zum Einsatz der Kranke ...

Hallo meine Frauenärztin hat mir ein vorläufiges individuelles beschäftigungsverbot ausgestellt ich arbeite aber teilweise im Einzelhandel wofür auch das beschäftigungsverbot sein soll und auf minijob Basis wo anders darf ich den minijob trotzdem weiter ausüben oder nicht? In dem Schreiben von der Ärztin stand nicht speziell drin für welche Tätigke ...

Sehr geehrte Frau Bader, ich bin 38 Jahre alt und habe nach 3 Fehlgeburten Diagnose: Habituelle Aborte. Aktuell bin ich wieder schwanger. Kann das der Grund für individuelles BV für die ganze Schwangerschaft sein? Ich arbeite im Krankenhaus und habe außerdem sehr große Belastung , viel Stress und Kontakt mit Kinder, die auch erkältet sein können ...

Guten Tag Frau Bader, ich befinde mich seit der 15. Schwangerschaftswoche im individuellen Beschäftigungsverbot. Nun erhalte ich weiter das gleiche Gehalt wie vor dem Beschäftigungsverbot. Regulär würde ich ab dem 1. November 2024 jedoch in eine höhere Gehaltsstufe aufsteigen (TVV ÖD Kommunen) und würde im November auch eine Einmalzahlung erhal ...

Sehr geehrte Frau Bader.  Gerne möchte ich in meiner Schwangerschaft in ein individuelles Beschäftigungsverbot gehen (nur 5 Stunden), da ich einen sehr anstrengenden Job habe. So weit ich weiß bezahlt der Arbeitgeber mich normal weiter. Jedoch Frage ich mich,ob es Auswirkungen auf die Berechnung des Elterngeldes hat. Vielen Dank für Ihre Bem ...

Schönen guten Tag, Meine Frage bezieht sich auf das individuelle Beschäftigungsverbot. Ich habe zwei Angestellten Verhältnisse und habe nun vom Hauptarbeitgeber ein Attest für ein individuelles Beschäftigungsverbot für JEDE Tätigkeit erhalten. Kann diese Attest auch beim Arbeitgeber meiner Nebentätigkeit so eingereicht werden und wäre dies hier ...

Hallo, Mir wurde vor 2 Wochen ein individuelles Beschäftigungsverbot ausgesprochen, nachdem ich mehrere Wochen krank war. Ich hab von Anfang an unter starker Übelkeit gelitten und konnte dem Druck auf der Arbeit schon vor der Schwangerschaft kaum noch standhalten. Seitdem ich schwanger bin, konnte ich noch 2 Wochen arbeiten, aber danach ging ...

Sehr geehrte Frau Bader,  ich bin einfach nur neugierig.  Auf einer arbeitsrechtlichen Schulung wurde mir durch eine Rechtsanwältin für Arbeitsrecht erklärt, dass der Arbeitgeber praktisch keine Handhabe hat, wenn einer Schwangeren ein individuelles Beschäftigungsverbot durch einen Arzt ausgestellt wird.  Das irritiert mich, da ich hier i ...