Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

Medikamentenumstieg nach Stillzeit (MC) bei weiterem KiWu

Frage: Medikamentenumstieg nach Stillzeit (MC) bei weiterem KiWu

Noise Line

Beitrag melden

Sehr geehrter Herr Dr. Paulus, nachdem ich sowohl Sie hier im Forum befragt habe, sowie eine Handvoll Internisten und Frauenärzte im Umkreis persönlich, ist meine derzeitige Einnahme des Prednisolons 5mg die Schwangerschaft hindurch und über die Stillzeit unbedenklich. Ich befinde mich seit August 2016 in Remission. Allerdings wurde mir angeraten nach der Stillzeit wieder vorstellig zu werden um vom Kortison auf ein anderes Medikament umzusteigen. Nun ist unsere Familienplanung nach einem Kind nicht abgeschlossen, daher erschließt sich mir die Frage.. wenn ich umstellen soll (da die Langzeiteinnahme vom Kortison bekanntlich negativ ist) auf welches Medikament? Haben Sie hier Erfahrungen? Die meisten Medikamente gegen Autoimmunerkrankungen wirken sich nicht positiv auf Schwangerschaften aus. Ein Krankheitsverlauf ohne Medikamemte bei mir wird von den Ärzten eher ausgeschlossen. Azathioprin vertrage ich schon mal nicht, 5-ASA mit seiner örtlichen Anwendung ist in meinem Fall nicht wirksam, zu Budesnoid liegen mir zu wenig Studien vor, Methotrexat ist natürlich direkt ausgeschlossen.. Wenn ich mich nicht irre bleibt nur der Umstieg nach der Stillzeit von Prednisolon auf TNF-alpha-Blocker, welche ich dann wieder vor dem nächsten Schwangerschaftswunsch 5 Monate zuvor absetzen muss und dann wieder beim Kortison lande. Oder meinen Sie es wäre möglich das Kortison über ca 3 Jahre durchzunehmen und erst nach der abgeschlossenen Familienplanung umzustellen? Ich komme aus dem Bodenseekreis, vielleicht haben Sie mir auch eine beratende kompetente Anlaufstelle. Ich war schon bei einigen Kollegen vorstellig. Herzlichen Dank Ihnen!


Dr. Wolfgang Paulus

Dr. Wolfgang Paulus

Beitrag melden

Warum Sie eine Einnahme von Budesonid im Gegensatz zu Prednisolon als unzureichend untersucht ausschließen, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Aufgrund des ausgeprägten Abbaus während der ersten Leberpassage liegt die Bioverfügbarkeit von Budesonid in der Blutbahn lediglich bei 9 bis 12 %. Alternativ ist inzwischen bei Kinderwunsch durchaus über eine Therapie mit den TNF-Inhibitoren Infliximab und Adalimumab nachzudenken. Eine Publikation berichtet von einem unauffälligen Schwangerschaftsausgang nach wöchentlicher Gabe (40 mg/Woche) von Adalimumab bei M. Crohn während der gesamten Schwangerschaft (Vesga et al 2005). Ein weiterer Fallbericht beschreibt ebenfalls einen unkomplizierten Schwangerschaftsausgang nach Dauermedikation mit Adalimumab (40 mg pro Woche) in der Schwangerschaft (Mishri et al 2006). Weitere Fallberichte ergaben auch keine Hinweise auf eine fetale Schädigung (Roux et al 2006, Coburn et al 2005). In einer Fallserie von 26 exponierten Schwangerschaften wurden zwei Kinder mit angeborenen Anomalien (Mikrozephalie, Nondeszensus testis) registriert (Johnson et al 2008). In einer Studie auf der Basis des OTIS-Registers verglich man 74 Schwangerschaften von Patientinnen mit rheumatoider Arthritis, die bei Konzeption unter Therapie mit Adalimumab standen, mit 80 Rheumatikerinnen, die während der Schwangerschaft kein Adalimumab erhielten. Dabei zeigte sich kein signifikanter Unterschied in Abort- bzw. Fehlbildungsrate. In diesem Kollektiv behielten 33 Patientinnen die Therapie mit Adalimumab während der gesamten Schwangerschaft bei (Bumester et al 2016). Wir verfügen bisher über 30 Rückmeldungen nach mütterlicher Anwendung von Adalimumab in der Schwangerschaft: 2 Schwangerschaftsabbrüche 2 Spontanaborte 24 unauffällige Schwangerschaftsausgänge 2 Neugeborene mit kleineren Anomalien (Vorhofseptumdefekt, Nierenstau) Allerdings wurde die Therapie mit Adalimumab nur in drei Fällen über das I.Trimenon hinaus fortgesetzt. Noch mehr Erfahrungen existieren für die verwandte Therapie mit Infliximab. Bei Infliximab handelt es sich um einen monoklonalen Antikörper gegen Tumornekrosefaktor (TNF-alpha), der zur Behandlung von M. Crohn eingesetzt wird. Bei einer Halbwertszeit von 9,5 Tagen ist 2 Monate nach letzter Applikation nicht mehr mit relevanten Antikörper-Spiegeln zu rechnen (Product Information Remicade). Inzwischen liegt eine größere Fallsammlung (n=100) zur Anwendung von Infliximab kurz vor bzw. nach Eintritt einer Schwangerschaft vor, aus der sich keine erhöhte Fehlbildungsrate erkennen lässt (Katz et al 2004): 18 Schwangerschaftsabbrüche 14 Spontanaborte 61 unauffällige Schwangerschaftsausgänge 3 angeborene Anomalien Eine Publikation berichtet von einer Schwangerschaft mit Frühgeburt in der 24.SSW nach mütterlicher Medikation mit Infliximab in den ersten Schwangerschaftswochen bei M.Crohn (Srinivasan 2001). In einer Sammlung von 10 Fällen mit Fortführung der Infliximab-Medikation während der Schwangerschaft bei M. Crohn fand sich keine angeborene Anomalie (Mahadevan et al 2005). Eine prospektive Studie konnte bei 83 Anwenderinnen von TNF-alpha-Blockern keine Zunahme der kindlichen Fehlbildungsrate im Vergleich zu Patientinnen mit Autoimmunerkrankungen unter anderen Therapieschemata feststellen (Diav-Citrin 2014). Bei Anwendung von Adalimumab während der Schwangerschaft könnte wegen der TNF-alpha-Hemmung die normalen Immunantworten des Neugebo-renen beeinflusst werden. Wenn Mütter während der Spätschwangerschaft mit Adalimumab behandelt wurden, gelangt Adalimumab möglicherweise über die Plazenta in das Serum der Kinder. Infolgedessen haben diese Säuglinge eventuell ein erhöhtes Risiko für Infektionen. Auf die Verabreichung von Lebendimpfstoffen an Säuglinge, sollte für 5 Monate nach der letzten Gabe von Adalimumab verzichtet werden (Fachinfo Humira 2012). Bei Adalimumab ist ähnlich wie bei Infliximab nicht von einer relevanten Plazentagängigkeit im I./II.Trimenon auszugehen (Sellinger et al 2012). Eine dänische Studie mit 80 Schwangeren untersuchte den Effekt von Infliximab (n=44) und Adalimumab (n=36) auf die kindliche Infektanfälligkeit (Julsgaard et al 2016). Im Mittel dauerte es 4 Monate bei Adalimumab und 7,3 Monate bei Infliximab, bis die Wirkstoffe aus dem kindlichen Organismus eliminiert waren. Bakterielle Infektion traten nach der Geburt bei 5% der exponierten Kinder auf, virale Infekte bei 20%, jedoch allesamt ohne schwerwiegende Komplikationen. Zwölf Monate nach Geburt konnten man bei keinem Kind Antikörper gegen Tumornekrosefaktor nachweisen. Die Autoren empfehlen daher, Lebendimpfstoffe im ersten Lebensjahr zu meiden. Im Gegensatz zur Frühschwangerschaft konnte nach der 30.SSW ein diaplazentarer Transfer von Infliximab nachgewiesen werden. Um die intrauterine Exposition zu minimieren, kann man bei geringer Krankheitsaktivität einen Verzicht auf die Anwendung von Infliximab im letzten Trimenon erwägen. Bei kompliziertem Krankheitsverlauf ist jedoch ein Absetzen der Medikation in der Spätschwangerschaft nicht zwingend erforderlich, da keine besonderen kindlichen Störungen beschrieben sind (Gisbert et al 2009).


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.

Ähnliche Fragen

Hallo Herr Dr. Paulus, aufgrund einer Mastitis in der Stillzeit wurde mir folgendes Antibiotikum verschrieben:  Staphylex 500mg  in folgender Dosierung : 2-2-2 für 7-10 Tage ist das unbedenklich fürs gestillte Kind? Vielen Dank

Lieber Dr. Paulus, bei uns hat sich unerwartet ein Nachzügler eingeschlichen und meine Übelkeit wird sicher bald losgehen. In meinen letzten 3 Schwangerschaften litt ich monatelang an Hyperemesis Gravidarum. Ich habe mich mit Vomex und Agyrax über Wasser gehalten.  nun stille ich allerdings mein gerade 2 Jahre altes Kleinkind noch. Nicht mehr ...

Lieber Herr Dr. Paulus, ich stille unser knapp dreijähriges Kind noch abends bis morgens (ca. 3x). Abstillen bekomme ich auf die Schnelle nicht hin, befürchte ich. Aufgrund einer akuten Blasenentzündung habe ich gestern Monurilgranulat als Einmalgabe verschrieben bekommen. Das Medikament soll ja möglichst lange in der Blase verbleiben. Leider h ...

Sehr geehrter Herr Dr. Paulus, ich habe nächste Woche einen Termin zum Allergietest ("Pricktest"), ggf. Epikutantest sowie eine Blutentnahme. Sind die beiden Testverfahren (Pricktest und Epikutantest) in der Stillzeit durchführbar oder besteht eine Gefahr zwecks Übergang von Medikamenten/Substanzen in die Muttermilch? Aktuelle stille ich noch a ...

Guten Tag Herr Dr. Paulus, ich habe ein Belastungsasthma und habe aktuell bei einem Atemwegsinfekt mit leichter Luftnot Schwierigkeiten.    Während meiner Schwangerschaft wurde mir von meiner Gynäkologin gesagt, dass ich den Foster Nexthaler (6 Mikrogramm pro Inhalation) bei Beschwerden nach Bedarf oder bei einem akuten Infekt auch 1x morge ...

Guten Tag, Sind 3 Gramm Bockshornklee (6 Kapseln) in Form von Kapseln während der Stillzeit giftig? Ich habe diese täglich während der Stillzeit genommen um besser abpumpen zu können, mit Rücksprache der Hebamme. Im Nachhinein mache ich mir Sorgen weil ich gelesen habe dass ein Experiment an Mäusen gezeigt hat dass Bockshornklee neurotoxisch is ...

Guten Tag Dr. Paulus, gerne wollte ich einmal fragen, welches das Mittel der Wahl gegen Zwangsstörung in Kinderwunsch und Schwangerschaft und Stillzeit ist und in welcher Dosierung? Und: Wenn man sich entscheiden würde, das Mittel vor Beginn des Kinderwunsches abzusetzen, wie lange vorher müsste man dies dann tun, damit kein Wirkstoff mehr i ...

Sehr geehrter Herr Dr. Paulus,  ich habe im April mein erstes Kind geboren, stille voll und fühle mich aktuell nicht sehr wohl. Stimmungsschwankungen, Ängste, ab und zu Traurigkeit begleiten mich. Auch meine Schilddrüse war nach der Geburt nicht mehr richtig eingestellt und ich bin aktuell in einer leichten Schuldrüsenüberfunktion, die sich lau ...

Sehr geehrter Herr Paulus,  ich leider unter einem seberrhoischen Ekzem im Gesicht, das sich jetzt in der Stillzeit wieder verstärkt zeigt. Meine Hautärztin hat mir folgende Creme für die tägliche Pflege empfohlen: ISDIN Nutradeica Gelcreme. Sie hatten mir in der Schwangerschaft die Einschätzung gegeben, dass ich diese verwenden darf. Gil ...

Guten Tag, ich habe das Thema bereits woanders im Forum geteilt, wollte jedoch auch Ihre Meinung zu dem Thema hören. Ich hoffe das ist in Ordnung. Ich habe Clindamicyn 300 mg (je 1 Tablette 2x täglich) erhalten von meiner Frauenärztin. Sie weiß dass ich voll stille. Ich werde (auch wenn ich es laut ihr nicht muss) einen Abstand zur Einnahme und ...