Guten Tag,
ich wollte fragen ob Sie eventuell Tipps für mich haben bezüglich der Breikost. Meine Tochter ist 6 Monate und 9 Tage alt. Meine Hebamme hatte mir empfohlen bis einschließlich 6. Monat voll zu stillen und dann mit der Kost zu beginnen. Ich habe vor 9 Tagen angefangen und meine Tochter weint bei der Mahlzeit. Ich habe erst Karotte versucht, dann Kartoffel, Pastinake und heute Kürbis, aber nichts davon scheint ihr zu schmecken. Gestern würgte sie sogar, und ich habe den Löffel nur ganz sanft in den gestipst. Sie macht den Mund immer beim ersten Löffel weit auf. Normalerweise würde ich da ziemlich entspannt sein, aber gestern hatte ich die U5 und meine Kinderärztin war besorgt, dass sie nicht nachdem 4. Monat Brei bekommt und sagt das diese Ansicht veraltet sei. Mit Nachdruck teilte sie mir mit, dass das Baby JETZT Brei essen muss, sonst hat sie Eisenmangel und das kann die Gesundheit beeinträchtigen. Das hat mir soviel Druck gemacht, dass ich selber heute schon richtig nervös wurde beim füttern.
Soll ich auf mein Mamaherz hören und meinem Baby Zeit geben oder ist es wirklich so drastisch, dass sie jetzt ordentlich essen muss?
Liebe Grüße
von
BloNdy1987
am 25.06.2021, 14:49
Antwort auf:
Babybrei
Hallo BloNdy1987
ja, es ist anfangs irritierend, wenn die Beikost nicht so recht klappen will. Aber es ist doch schon ganz prima, dass dein Baby den Mund aufmacht. Bist du denn selbst auch schon bereit für Beikost? Denn du klingst ein bisschen ambivalent.
Weißt du, Babys dürfen und können Beikost nach dem 4. Monat bekommen. Es ist jeodch nur und lediglich eine mögliche Option und keinesfalls ein Muss.
Wenn ein gesundes, reif geborenes Baby 4 Monate alt ist, d.h. wenn es den vierten Lebensmonat vollendet hat und den fünften Lebensmonat beginnt, dann wäre dies theoretisch der frühestmögliche Zeitpunkt, ab welchem du mit Beikost starten könntest. Das Alter allein sagt allerdings noch nichts darüber aus, ob es auch für dein eigenes Baby sinnvoll wäre, um mit Beikost zu beginnen. Ab diesem Zeitpunkt ist ein Baby überhaupt nur frühestens soweit, um Kontakt mit Nahrungsmitteln - außer Milch - zu haben bzw um zu essen. Aber das Alter allein sagt noch überhaupt nichts darüber aus, ob (d)ein Baby auch ansonsten die sog. Beikostreife erreicht hat. Für die Beikostreife muss ein Baby noch viele weitere Punkte erfüllen als nur das Alter. Und viele Babys sind tatsächlich erst mit Beginn des 6. oder 7. Lm oder später wirklich richtig beikostreif.
Die Beikostreifezeichen sind:
Ein (gesundes) Baby ist beikostreif, wenn 1. der Zungenstoßreflex weg ist. Wenn es 2. mit leichter Unterstützung im unteren Rücken sitzen kann (ausreichende Rumpfspannung hat, dadurch sich selbst aufrecht halten kann) und wenn es 3. sehen und gezielt greifen kann, um sich Nahrung zum Mund zu führen (Stichwort Motorik, Auge-Hand-Mund-Koordination).
Am allerwichtigsten ist natürlich Punkt 1. Der Zungenstoßreflex muss weg sein. Denn wenn dieser Reflex nicht verschwunden ist, wird das Baby nichts essen können. Ist dieser Punkt bei deinem Baby erfüllt?
Punkt 2 ist wichtig, weil sich die Rumpfspannung ebenfalls auf die Nahrungsaufnahme (Schlucken, Sicherheit u.a.) auswirkt. Du darfst dein Baby aber im unteren Rücken stützen. Mit dieser Haltung kann dein Baby gefahrenfrei schlucken. Das ist wichtig, denn ein Baby muss aufrecht sein um gefahrenfrei zu essen.
Dein Baby sollte auch in der Lage sein, Gegenstände gezielt zu greifen und an bzw in den Mund zu stecken. Tut sie das bereits zur Genüge? Dann wird sie auch Nahrung greifen und zum Mund führen.
Wenn du alle diese Zeichen zusammen beobachtest, dann ist dein Baby beikostreif und kann und wird den Brei vom Löffel annehmen. Vieleicht nimmt sie nicht gleich voller Begeisterung den Löffel an. aber alles weitere ist ab dann nur noch Gewöhnungs-und Übungssache. Und noch dazu muss dein Baby natürlich leicht hungrig sein, um Brei essen zu können.
Gerade nach Bedarf gestillte Babys haben nicht immer zur gleichen Zeit gleich viel Hunger. Bist du jetzt schon viel beruhigter?
Dein Baby ist momentan noch jung genug, um nachfolgend noch genügend Zeit zu haben, um die Beikostreife zu erlangen. Vielleicht ist morgen schon alles anders.
Weißt du, man muss, was die Reifezeichen betrifft, das alles eher umgelkehrt betrachten.
Ab Beikostreife wird dein Baby, nach und nach, mehr Begeisterung für Beikost entwickeln, sogfern die Möglichkeiten bestehen. Doch solange die Beikostreife fehlt, nützt es nicht viel deinem gesunden Baby Beikost anzubieten. Aber umgekehrt, wenn langfristig die markanten Punkte welche die Beikostreife charakterisieren ausbleiben, dann kann dies ein Hinweis sein, dass der KiA hier vielleicht einmal genauer hinsehen müsste. Denn es handelt sich dabei um allgemeine Reifezeichen. D.h. die Beikostreifezeichen stehen im direkten Zusammenhang mit der gesamten Entwicklung. Es gibt natürlich Toleranzbereiche, genau so wie auch nicht jedes Baby zur gleichen Zeit mit dem Krabbeln oder Sprechen anfängt. Es gibt aber sehr wohl bestimmte Zeitfenster ab denen ein Nichtkönnen beim Baby als auffällig zu bezeichnen ist und ggf Nachhilfe o.a. gefordert wäre. Dies müsste mit dem KiA besprochen werden.
Mit Beginn des 7. Lm, so alt wie dein Baby jetzt ist, bleibt auf jeden Fall noch eine Menge Zeit, bis dein Baby mit der Beikost beginnen wird oder kann und Beikost essen wird.
Hast du denn den Eindruck, dass dein Baby schon so weit ist?
Sieht dich deine Tochter vielleicht neugierig und interessiert an wenn du etwas isst? Lass deine Tochter doch einfach mal von deiner, mit Brei benetzen Fingerkuppe, etwas probieren.
Als Stillmama kannst du das Abenteuer Beikost nämlich ohenhin ganz locker angehen.
Anfangs gibst du Brei, einfach nur um dein Baby mit Beikost vertraut zu machen. Ihr dürft euch dafür die Zeit nehmen, die dein Baby braucht. Anfangs sind es 1 Löffel, 2 Löffel, 3 Löffel und nach einer Woche seid ihr bei einer kleinen Steigerung von mehreren Löffeln angekommen. Zum Gemüse gibst du Öl und steigerst auch hier die Menge langsam. Es ist sinnvoll behutsam beim Steigern der Löffelanzahl voranzugehen, damit sich dein Baby daran gewöhnen kann. Denn das beugt Verdauungsirritationen vor. Dein Baby wird anfangs noch immer fast ausschließlich durch Muttermilch satt. Beikost ist am Anfang wirklich nur eine Art Anpassung und Umgewöhnung. Wenn dein Baby sich an das Beikostprozedere gewöhnt hat und gut und gerne den Brei isst, kannst du die Menge sofern vom Baby gewollt, in größeren Schritten steigern. Achte immer auf die Zeichen deines Babys und reagiere entsprechend. Wenn dein Baby Brei begeistert isst, kannst du mit einem weiteren Breitypus weiter machen.
Weil der nutritive Aspekt der Beikost anfangs, bei nach Bedarf gestillten Babys, zunächst noch nicht die oberste Priorität hat, beginnen immer mehr Eltern, einen breifreien Beikostweg zu gehen.
Bestimmt hast du schon davon gehört.
BLW bzw breifrei ermöglicht dem Baby einen selbstbestimmten Weg, Beikost kennen- und lieben zu lernen.
Mehr dazu hier:
https://www.rund-ums-baby.de/experten/kochen-fuer-kinder/Antwort-Selbstgemachter-Brei_49049.htm
Der tatsächliche Nutzen der Beikost beim Stillbaby liegt anfangs dennoch zunächst vorrangig bei der Gewöhnung an diese. Es geht anfangs weniger um die Nährstoffe oder die Essmenge. Es geht anfangs vielmehr um das Neue, was auch die allgemeine Gewöhnung an Nahrung (fürs Mikrobiom u.a) und auch motorische Aspekte einschließt.
Als Stillmama brauchst du keine Mahlzeit zu ersetzen.
Als Stillmama darfst und kannst du die Stillmahlzeiten ergänzen.
Du kannst deinem Baby Brei geben und danach stillen. Muttermilch ist für die Aufnahme von Eisen aus der Beikost förderlich.
Gib deinem Baby so viel Brei, wie es schafft. Danach darfst du stillen.
Steigere die Essmengen langsam, damit sich der Verdauungstrakt langsam gewöhnen kann.
Als Stillmama kannst du die Beikost sehr entspannt angehen.
Ab Beikostreife kannst du aös Stillmama die Beikost zunächst als Ergänzung zur Mumi sehen, die deinem Baby vor allem Abwechslung und Annäherung (s.o.) ermöglicht. Anders als bei mit Säuglingsmilch ernährten Babys steht bei nach Bedarf gestillten Babys nicht das Ersetzen einer Milchmahlzeit im Vordergrund, sondern das Ergänzen.
Beikost hat auch das Ziel, dass dein Baby neue Geschmackseindrücke, neue Esstechniken, Rituale, Konsistenzen und Nahrung i.A. kennen lernen kann, damit sich der Organismus langsam umstellen und umgewöhnen kann.
Beikost ist viel mehr als nur das Ersetzen von Mumi oder Säuglingsmilch.
Beikost ist ein wichtiger Schritt in der Entwicklung. Es geht auch um das spielerische Entdecken der verschiedenen sensorischen Eigenschaften von Lebensmitteln, um das Loslassen von Mama etc.
Wichtig ist ab Beikostreife hauptsächlich, dass dein Baby Beikost bekommt, um sich mit kleinen Mengen mit dieser neuen Essweise auseinanderzusetzen und um sich damit anzufreunden. Dein Baby muss nicht viel essen, aber sollte die Möglchkeit bekommen so viel zu essen wie es schafft.
Füge die Beikostmahlzeiten so in euer Tagesgeschehen ein, dass sie verlässliche Pausen zu festgelegten Zeiten werden, wodurch der Tag eine Struktur bekommt.
Habt beide (alle) ganz viel Spaß und Freude mit der Beikost.
Also dann,
viel Spaß
Grüße
Birgit Neumann
von
Birgit Neumann
am 25.06.2021