Frage: Schreien lassen und dabei bleiben

Hallo Frau Höfel! Ich möchte mir gerne eine Zweitmeinung von Ihnen einholen.. Mein Sohn ist elf Wochen alt und schläft nur in Bewegung (Kinderwagen, Autofahren oder Zuhause wenn ich ihn schuckel) oder an der Brust ein. Meine Hebamme meint ich soll ihn abends ins Beistellbett legen und mit Körperkontakt und Zureden schreien lassen ohne ihn hochzunehmen, damit er sich daran gewöhnt. Wenn ich ihn nicht alleine lass gefährdet das nicht die Bindung sagt sie. Ich habe es nun zwei mal ausprobiert...beide male habe ich ihn allerdings zwischendurch hochgenommen und beruhigt, da mir der Kleine so leid tat. Er hat sehr doll geschrien, teilweise schon heiser... Was halten Sie von der Methode? Auch das einschaukeln bis zum Schlaf und dann ablegen hat sie kritisiert das es das Baby verwirrt. Lange Zeit konnte ich aber nur so mal zur Toilette oder etwas essen und ich war immer sofort da wenn er wach wurde damit er nie das Gefühl hatte allein zu sein. Ps: Einen Termin bei einem Osteopathen habe ich in 2 Wochen. Danke im voraus für ihre Antwort

von MonaRa am 09.07.2020, 13:41



Antwort auf: Schreien lassen und dabei bleiben

Liebe MonaRa, ihn ins Bett legen und ihn mit Körperkontakt begleiten - das ist die "harte" Tour. Hart für Mutter und Kind. Das Hochnehmen irritiert das Kind. Es liegt im Bett. Es weint. Es will nicht im Bett liegen - es will Nähe, Wärme, Sicherheit (evtl. Saugen). Es wird hochgenommen. Beruhigt sich. Wird wieder abgelegt. Es weint wieder, weil es Nähe, Wärme, Sicherheit (evtl. Saugen) will. Es weint wieder. Niemand reagiert oder reagiert erst später (Heiserkeit). Das Kind weint noch mehr, weil eben kam doch jemand .... Lange Rede, kurzer sinn - dieses Spiel können Sie lange spielen. Das Kind wird irgendwann vor Müdigkeit einschlafen oder resignieren. Das Kind ist elf Wochen alt! Fiel vielleicht das Wort verwöhnen? In diesem Alter leben die Kinder nur nach Ihren Bedürfnissen: Essen, kuscheln, schlafen, kuscheln und wieder von vorne. Wir würden das auch gerne, können es aber nicht mehr, da wir rundum von diversen Zwängen umgeben sind (Arbeit, Geschäftszeiten etc.). Deshalb gönnen Sie Ihrem Kind diese Zeit. Dazu noch der Standardtext: Was Ihr Sohn "gelernt (erfahren)" hat: bei Mama und Papa ist Wärme, da ist vertraute Stimme, da ist vertrauter Geruch, da ist Nahrung, da ist Sicherheit - da kann ich in den Schlaf gleiten. Mal ehrlich: was würden Sie sagen, wenn Ihr Mann sagen würde. Deine Kuschelei mit mir ist nach wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht nötig. Du musst lernen alleine (ein)zuschlafen. Sie würden Ihrem Mann einen Vogel zeigen!!!!! Ihr Kind ist aber erst 77 Tage alt! Der Tipp kann nur heißen: tragen, tragen, tragen und da sein und gelassen bleiben! Und das Kind trösten, wenn es weint! Wenn Sie nach New York ziehen, dann würden Sie sich zu Anfang völlig unsicher fühlen (Angst haben, heulen, sich ungerecht behandelt fühlen), wenn Sie sich nach 3 Wochen auf einmal irgendwo in der Stadt wiederfinden würden! Klar, Sie würden sich dann umschauen und gucken, ob Sie irgendetwas wiedererkennen - Ihr Kind kann das nicht, denn es kann nur einen kurzen Radius scharf sehen! Da gilt: aus dem Auge - aus dem Sinn - Verlassensein! Und Sie würden in New York nach dem Weg fragen - Ihr Kind kann das nicht - es weiß gar nicht, was ein Weg ist! Ihr Kind schläft auf dem Arm (in Sicherheit) oder vom Schaukeln des Kinderwagens (bekannte Bewegung) ein und wacht im Bett auf - da würde ich auch schreien! Ihr Kind ist irritiert. Irritiert, weil es auf dem Arm einschläft, aber an einer anderen Stelle wieder aufwacht! Das Kind weiß nämlich nicht, dass Sie es dort abgelegt haben! Wenn Sie vor dem Fernseher einschlafen und im Bett aufwachen, dann wissen Sie, dass Ihr Mann so nett war........Ihr Kind kann das nicht einordnen. Deshalb fühlt es sich im Moment auf Ihrem Arm am wohlsten und das ist gut (und völlig normal) so! Sicher können Sie sich noch erinnern wie es war als Sie Ihren Freund/ Ihren Mann kennengelernt haben! Da war schmusen, anschauen, knuddeln, knutschen, "zusammenkleben" angesagt - am liebsten hätte man sich doch überhaupt nicht losgelassen, oder? Und so geht es im Moment Ihrem Kind! Ihr Kind war 9 Monate im Bauch - und da herrscht eine wahnsinnige Geräuschkulisse, da ist richtig Krach! Diesen "Krach" inform von Herzschlag und Darmgeräuschen sucht Ihr KInd, um sich in Sicherheit zu wiegen, deshalb ist Tragen angesagt. Fiel vielleicht das Wort verwöhnen? Fragen Sie doch mal die anderen Leute, ob sie gerne verwöhnt werden! Ein paar Beispiele (ohne Ansehen der Person): Mag Ihr Freund es, wenn man ihn verwöhnt? Ein paar Schnittchen für die Kumpels und ihn beim Fernseh-Fußball-Abend? Abends eine warme Mahlzeit? Rücken eincremen nach dem Baden? Das Bier holen, obwohl er selber gehen kann? Kuscheln vorm Fernseher? DAS ist Verwöhnen! Mag Ihre (Schwieger)mutter es, wenn Sie Ihr aufmerksam zuhören? Wenn Sie Ihr zum Kaffee den Tisch nett richten? Mal eine kleine Aufmerksamkeit und sei es nur das Bemerken der neuen Frisur? DAS ist verwöhnen! Mag Ihre Nachbarin es, wenn Sie die Tageszeitung von unten mit hochbringen etc....... usw.! Fragen Sie Ihren Mann, wie es ihm gehen würde, wenn er von der Arbeit käme (nachdem er sich über die Kollegen geärgert hat und der Tag sowieso mies war) und Sie würden ihm einen großen Stopfen in den Mund schieben und ihn hin und her wiegen und ihm sagen: Schscht, ist alles gut! Schlaf ein bisschen......... oder geh nach nebenan und brüll da vor Dich hin! *grins* Oder wenn Ihre (Schwieger)mutter das Neueste erzählen will und Sie hören gar nicht hin, sondern telefonieren mit der Freundin! Kollegin Andrea hat es einmal ganz treffend ausgedrückt: "Verwöhnen" hat in Deutschland leider, speziell wenn es um Kinder geht, einen unguten Beigeschmack. Dabei wünscht sich doch eigentlich jeder, "verwöhnt" zu werden, denn in Wirklichkeit ist das ja nichts anderes als besonders umsorgt werden, jeden Wunsch von den Augen abgelesen zu bekommen, einfach das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. In diesem Sinne "verwöhnst" Du Dein Kind, und das braucht es auch und es ist richtig, was Du tust. Was die "anderen Seiten" betrifft, die davor warnen (woher wissen die eigentlich um Deinen Tagesablauf?): sie meinen "verziehen", d.h. maßlosen Wünschen nachgeben, unsinnige Dinge erlauben etc. und ist etwas ganz anderes. Genieße die kostbare Zeit mit Deinem Neugeborenen, "verwöhne" es nach Strich und Faden und laß Dich aber auch selber verwöhnen (Du bist ja auch noch im Wochenbett!). Es wird sich ganz sicher im Laufe der Zeit ein Familienrhythmus ergeben, der allen Beteiligten gerecht wird. Alles Gute!" Hier noch ein Brief einer anderen Forums-Nutzerin "es gibt solche Babys, meiner war auch so einer. Ich habe mir das Buch „Das 24-Stunden-Baby" von Dr. William Sears zugelegt - hier stehen so manche hilfreiche Erklärungen und auch Tipps. Zusammenfassend kann man sagen: das Einzige was hilft sind TRAGEN und/oder STILLEN und das rund um die Uhr und es ist das Beste was Du für Dein Baby tun kannst. Keine Bange, Du verwöhnst Dein Baby damit nicht, Du erfüllst nur seine existentiellen Bedürfnisse. (Ich habe mal den schlauen Satz gelesen ..."und glauben Sie nicht, dass Sie ihrem Baby damit irgendeine besondere Gunst erweisen. Getragen und Gestillt zu werden ist für ihn lediglich der Normalzustand." Nachdem ich das begriffen hatte wurde mein Leben einfacher. (Auch wenn das Tragen selbst natürlich anstrengend war) Unser Sohn wurde die ersten 3 Monate seines Leben quasi nicht mehr abgelegt, sondern er schlief und wachte nur in meinen Armen - und wenn ich zu müde wurde, übernahmen ihn andere hilfreiche Hände. Ein Freundin hat das mal folgendermaßen genannt - "Euer Sohn schläft nur auf Körpern, grins). Nachdem er jedenfalls begriffen hatte, dass er sich felsenfest darauf verlassen kann wurde er fast schlagartig zufrieden. Heute mit 11 Monaten ist er ein heiteres, gelassenes Baby, dass sich sicher sein kann, dass wir alles versuchen, seine Bedürfnisse zu erfüllen und damit in sich selbst ruht. Ich kann Euch nur wünschen, dass Ihr Euren Weg findet, LG Joshi" Bleiben Sie gelassen und tragen Sie Ihr Kind - das gibt ihm soviel Sicherheit. Ein gut gebundenes Kind wird im Leben immer sicher sein. Aber um dieses "gut-gebunden-sein" zu erreichen bedarf es Jahre! Jahre, in denen dem Kind immer wieder signalisiert wird: ja, ich bin da! Ja, hier bist Du sicher! Ja, komm her, egal, was Du hast! Dann kann ein Kind sich der Welt zuwenden. Was wir immer vergessen: unsere Kinder sind noch nicht fertig, wenn sie geboren werden. Unsere Schwangerschaft ist zu kurz! Wir müßten ca. 2 Jahre schwanger sein, damit unsere Kinder sich alleine ernähren könnten (also Essen greifen und essen), kurz nach der Geburt aufstehen und loslaufen könnten (Gefahr entrinnen) und in kürzester Zeit kommunizieren könnten." Ihr Sohn lebt nach seinen Bedürfnissen! Wünschen wir uns das nicht alle? Nach unseren Bedürfnissen leben? Wir können das nicht mehr - rundherum Zwänge. Lassen Sie Ihrem Sohn diese Zeit der Bedürfnisorientierung. Es ändert sich von selbst. Und nein, Sie machen nichts falsch!!!! Im Gegenteil!!!!! Liebe Grüße Martina Höfel

von Martina Höfel am 09.07.2020



Antwort auf: Schreien lassen und dabei bleiben

Danke, damit bestärken sie mich in meiner eigentlichen Denkweise. Wäre es eine gute Lösung ihn zb bis kurz vor dem einschlafen zu schuckeln und dann ins Beistellbett etc zu legen damit er sich daran gewöhnt und vor Ort einschläft um die Verwirrung zu vermeiden? Nachts und auch am Tag kann ich ihn ja nicht die ganze Zeit im Arm halten. LG

von MonaRa am 10.07.2020, 13:07



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