Gerda81
Liebe Frau Henkes, meine Tochter ist 3 1/2 und seit einem halben Jahr im Kindergarten. Sie geht recht gern hin, hält sich aber noch sehr an die Erzieherinnen. Sie malt und singt viel mit anderen Kindern, spricht dann aber nicht viel mit ihnen, ist sehr schüchtern, beobachtet total gerne. Generell ist sie Kindern gegenüber schon immer zurückhaltend. Bei Erwachsenen hingegen ist sie nahezu eine kleine Draufgängerin. Nun sprach mich die Erzieherin darauf an, dass meine Tochter es lustig fände ab und zu andere Kinder zu ärgern. Ich kenne dieses Verhalten von ihr nicht. Ich sehe aber sehr wohl, dass es ihr schwerfällt mit Kindern zu agieren. Bei Kindern, die sie kennt, geht es. Sie spielt dann schon, ist aber auch eher unsicher. Bei Erwachsenen hingegen ist sie manchmal schon zu selbstsicher. Sie hat aber auch viel mehr Kontakt zu Erwachsenen, vor allem durch ihre fast erwachsenen Schwestern. Finden sie ihr Verhalten außergewöhnlich oder sogar behandlungsbedürftig?
Guten Tag, das Verhalten Ihrer Tochter ist nicht außergewöhnlich und schon gar nicht bedarf es einer Behandlung. Ihre Tochter ist im Umgang mit anderen Kindern noch ungeübt und weiß nicht, wie sie in Kontakt treten soll. Für Kinder ist das Ärgern eine nicht seltene Methode, um die anderen auf sich aufmerksam zu machen. Es bringt schüchterne Kinder zudem endlich mal aus der passiven Rolle in die aktive. Das Ärgern sichert Kindern ziemlich zuverlässig die Aufmerksamkeit der anderen und löst eine Reaktion aus. Die ist für Dreijährige bereits relativ sicher vorhersehbar. Ihre Tochter kann sich also darauf einstellen. Bei einer "friedlichen" Kontaktaufnahme kann sie nicht mit einer so eindeutigen Reaktion rechnen und weiß also nicht, was sie zu erwarten hat. Wenn Ihre Tochter mit der Zeit mehr Selbstwertgefühl entwickelt hat, werden sich ihr andere Möglichkeiten der Kontaktaufnahme eröffnen. Solange werden die ErzieherInnen sicher darauf achten, dass Ihre Tochter sich im sozialen Bereich allmählich einpassen kann. Ihre Familie kann Ihre Tochter unterstützen, indem Sie (vielleicht vor allem die großen Schwestern) ihr bei bestimmten "draufgängerischen" Verhaltensweisen signalisieren, dass sie als Kindergartenkinder auch keine Lust hätten mit ihr zu spielen, wenn sie sowas (ärgern) macht. Bei der Entwicklung des Selbstwertgefühls können Sie Ihre Tochter unterstützen, indem Sie Ihr kleine Aufgaben geben, die sie schon gut bewältigen kann und Ihr immer wieder zeigen, was sie gut kann. Dadurch kann Ihre Tochter lernen, sich selbst gut anzunehmen und mit sich zufrieden zu sein. Es sollte dabei aber um sehr kindgemäße Dinge gehen. Zu den sicher sehr liebevollen und zugewandten Schwestern kess zu sein, gehört meines Erachtens nicht zu den Verhaltensmöglichkeiten, die wirklich das Selbstwertgefühl fördern. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes
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