Sehr geehrter herr Dr Posth,
wir versuchen unsere beiden Kinder (21 Monate und 6 Wochen)forumsgerecht zu erziehen. Es gab jedoch schon mehrfach die Situation in der unsere Kleine einige Minuten schreien musste, da ich gerade mit der Großen beschäftigt war (zb beim baden die Große unmöglich kurz allein lassen wenn die kleine sich meldet. Es gab auch eine Situation in der ich die Kleine gestillt habe und die Große ist gefährlich gestolpert und auf das Gesicht gefallen sodass ich die Kleine sofort ablegen musste. Es gab riesen Gebrüll. Wie wirken sich solche Sotuationen auf das Baby aus. Bei der Großen gab es solche Situationen nie.
Danke Ihnen
von
Marmita
am 02.12.2013, 08:03
Antwort auf:
Schreien lassen eines Neugeborenen
Hallo, es ist natürlich immer schwerer, die Bedürfnisse eines Kindes rechtzeitig zu befriedigen, wenn schon ein zweites Kind da ist, das auch Aufmerksamkeit und Zuwendung benötigt. Da bleibt es naturgemäß nicht aus, dass auch schon mal eine kleine Weile vergeht, bis man seinen Säugling umfassend zufriedenstellen kann. Aber das verkraftet die Natur des Menschen dadurch, dass die vielen guten Momente und das insgesamt einfühlsame Verhalten der Bindungs- und Bezugspersonen diese kurzen Frustrationen wieder ausgleichen. Es geht in der Bindung eigentlich immer nur die so genannte Nettobilanz, also um den Vergleich von gelungen und misslungenen Bindungserfahrungen, wobei die gelungenen folgerichtig einigermaßen deutlich überwiegen müssen.
Gelingt das nicht, dann entstehen Formen der unsicheren Bindung, entweder eher ambivalent oder vermeidend. Beides sind Strategien im Verhalten des Kindes, die für sich genommen noch keine echten Störungen sind, aber das Risiko für eine sich entwickelnde Beziehungsstörung oder gar frühe Bindungsstörung mit sich bringen. Man sollte sich also schon immer etwas einfallen lassen, wie man die Frustration für das kleinste und schwächste "Wesen im Nest" gut schützen kann. Die Tiere gehen mit diesen Nestküken nicht sehr zimperlich um. Wir Menschen sollten aufgrund unserer empathischen Fähigkeiten andere Verhaltensweisen entwickeln, nämlich immer den Schutz des Schwächsten. Viele Grüße.
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 05.12.2013