Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Dr. med. Ludger Nohr:

Muss Kiga sein?

Dr. med. Ludger Nohr

Dr. med. Ludger Nohr
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frage: Muss Kiga sein?

Emma_83

Hallo Hr. Dr. Nohr, mein Sohn ist 4 Jahre alt. Mit 3 Jahren kam er in den Kiga. Wirklich wohl hat er sich nie gefühlt. Kurz fand er es spannend, aber nun möchte er partout nicht reingehen. Er will bei mir sein. Abends schon fragt er, ob er morgen rein müsse. Es gibt Tränen. Ich zerbreche mir ständig den Kopf. Wir sind nicht auf den Kiga angewiesen, da ich mit meinem kleinen Kind zu Hause bin. Als der Kiga geschlossen war, war es befreit und gelöst. Der Kiga ist für uns ehrlich betrachtet eine Belastung. Ich bin nicht der Meinung, dass ein Kind gegen seinen Willen rein sollte, aber der soziale Druck ist so groß und manchmal habe ich Angst, dass ich es falsch sehen könnte. Ich habe den Eindruck, als würde ich meinem Kind mehr schaden, wenn er in den Kiga gezwungen wird. Ist es vllt eine gute Lösung, ihn mit 5 Jahren in den Kiga zu geben- dann, wenn er in die Vorschule muss und er vorher viel am Vereinsleben (Kinderturnen, Fußball) teilnimmt? Muss jedes Kind in den Kiga? Wir sind jeden Tag auf dem Spielplatz und er hat dort die Chance, mit Kindern zu spielen. Er geht sehr offen auf Kinder zu, spricht sie an und spielt mit ihnen. Sobald er aber privat Kinder aus dem Kiga oder Erzieherinnen sieht, versteckt er sich hinter meinem Rücken, fasst nach meiner Hand- komplett anders als bei Kindern, die er zB auf dem Spielplatz trifft. Ich versuche, den Kiga positiv darzustellen. Ich danke für Ihre Einschätzung


Hallo, natürlich muß kein KiGa sein, der für das Kind dauerhaft eine Belastung darstellt (es wäre also eine hilfreiche Frage herauszufinden, was Ihren Sohn im KiGa so belastet oder stört). Die Frage ist immer, was tut den Kindern gut, was fördert ihre Entwicklung. Und da ist das soziale Interagieren in Gruppen, Wege des Zusammenseins finden zu müssen, mit verschiedenen Menschen, Charakteren und Temperamenten klarkommen zu müssen, eine wichtige Basiserfahrung. Wenn Sie das anders ermöglichen können, ist das besser, als permanent mit Bauchschmerzen im KiGa zu sein. Aber vorher würde ich versuchen das Problem zu klären, weil eine Lösung der Schwierigkeit auch eine wichtige Erfahrung sein kann. Denn solche oder ähnliche Situationen werden immer wieder auftreten können. Dr.Ludger Nohr


cube

Ich bin zwar nicht Dr. Nohr, hoffe aber, es ist ok, wenn ich dir als ganz normale Mutter antworte :-) Kein Kind MUSS in den KiGa. KiGa wurde in´s Leben gerufen, um den früher normalen Mehrfach-Müttern/Hausfrauen seinerzeit einige Stunden am tag zu verschaffen, in denen sie sich um den Haushalt kümmern konnten. Dann kam die Gesetzesänderung, dass Frauen ohne Zustimmung ihrer Ehegatten arbeiten gehen durften - also wurde erst Recht ernsthaft eine Betreuung gefordert bzw. gefördert (nutzt ja auch dem Staat). So entstanden KiGa und Hort. Heute ist die Doppel-Berufstätigkeit von Eltern Standard und KiGa deswegen unumgänglich. Und er dient natürlich heute auch der Frühforderung und den sozialen Kontakten, die eben nicht mehr so früher stattfinden. Als alle Mütter mit ihren Kindern daheim waren und die Kids immerSpielkameraden hatten. Wenn du aber deinem Kind genügend soziale Kontakte bieten kannst, es nicht den KiGa einfordert und es für dich total ok ist - dann musst du natürlich nicht und es wird deinem Kind auch nicht schaden. Ihn mit 5 dann zu schicken, finde ich gut - denn neben einfach Kontakten geht es ja auch darum, soziale Regeln einer Gemeinschaft zu lernen. Das ist für die Schule wichtig. Andere ausreden lassen, sich selbst mal zurück nehmen, warten können, sich mit dem Gewusel & Lautstärke "anfreunden" und einfach in einer Gruppe seinen Platz finden. Das er mit 5 aber lieber geht als jetzt, kann dir keiner versprechen.


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