Echte Angst oder "Theaterspiel"

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Echte Angst oder "Theaterspiel"

Hallo Frau Ubbens, ich lese oft mit, heute muss ich selber mal eine Frage loswerden. Wir hatten nie Probleme mit unserem Sohn, 5,5 Jahre, wenn es um Arztbesuche oder dergleichen ging. Er hat immer gut mitgemacht. Nun hat er sich Anfang Dezember das Bein gebrochen. Es folgten einige Arzttermine, auch ein kurzer Krankenhausaufenthalt mit OP (und Begleitperson), nun im Nachgang Physio usw. Hier wurde er von Termin zu Termin schon immer ungnädiger, wollte das Bein nicht zeigen, sagte er hätte Angst. Ich vermutete durch die starken Schmerzen die er bei der Behandlung am Tag des Bruchs hatte. Auch zum ersten Physio-Termin saß er auf meinen Schoß gekauert, sprach kein Wort nachdem die Therapeutin den Raum betreten hatte. Mit Geduld und Ruhe haben wir ihn doch zum mitmachen bewegen können, mittlerweile geht er gern hin. Nun zu meiner eigentlichen Frage: Heute hatten wir einen Zahnarzttermin. Wieder das gleiche Bild, er hat sich als die Ärztin kam auf den Stuhl gekauert, hat sich geweigert den Mund zu öffnen. Sie hat ihm alles mit einer Engelsgeduld erklärt (die ersten bleibenden Backenzähne sollten versiegelt werden), er ist vom Stuhl gesprungen, erst zu mir, dann hat er sich hinter meinem Stuhl versteckt. Die Ärztin und ich waren uns einig, dass eine Behandlung unter Zwang keinem nützt, wir haben einen neuen Termin gemacht und sind gegangen. Meine Vermutung war noch immer, dass dieses Verhalten ein Resultat aus den vielen Terminen der letzten 3 Monate war. Im Flur sagt der "verängstigte" Junge nur: "Ja, es hat mal wieder geklappt". Mir ist fast die Hutschnur geplatzt! Ich war so perplex, dass ich ihn auf dem Parkplatz nur angeraunzt habe, er hätte also gar keine Angst gehabt sondern drinnen nur Theater gespielt? Ich kann dieses Verhalten einfach nicht einschätzen. Und vor allem, wie verhalten wir uns als Eltern richtig? Wenn er echte Angst hat will ich ihn natürlich nicht zwingen, wenn ich aber nun davon ausgehen muss, dass es eine Masche ist und er genau weiß welche "Knöpfe" er bei uns drücken muss, kann ich das nicht durchgehen lassen. Zu Hause habe ich mich ruhig mit ihm hingesetzt um das Geschehen zu besprechen. Er sagte nur "Entschuldigung" und dass es kein Theater gewesen sei... Ich würde mich freuen, wenn Sie einen guten Rat für uns hätten! Liebe Grüße Soho

von Soho1521 am 24.02.2021, 16:45



Antwort auf: Echte Angst oder "Theaterspiel"

Liebe Soho, zeigen Sie Ihrem Sohn, was die Zahnärztin machen möchte. Geben Sie etwas Butter, Sahne oder ähnliches auf ein Wattestäbchen und "versiegeln" die Backenzähne. Ihr Sohn kann spüren, dass es nicht weh tut. Gerne darf er dann (oder vorher) auch Ihnen die Zähne "versiegeln". Ggf. darf auch mit einer kleinen Belohnung gearbeitet werden. Vielleicht darf er sich nach erfolgreichem Zahnarztbesuch ein Pixibuch oder ein kleines Auto aussuchen? Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 25.02.2021



Antwort auf: Echte Angst oder "Theaterspiel"

Unser Kind ist Ärzten, die auch Spritzen setzen könnten, seeehr skeptisch gegenüber :-) Interessanterweise ist er beim Zahnarzt aber sehr entspannt. Ich würde sagen, es ist eine Mischung aus beidem. Die Unsicherheit, was passieren könnte also auch das Wissen darum, dass du vermutlich genau deswegen recht schnell bereit bist, eine Untersuchung/Behandlung abzubrechen. Und wenn Kind dann gerade hauptsächlich keinen Bock hat (nicht zwingend zu große Angst), wird diese Karte gespielt. Wirklich komplett gelogen ist es ja nicht. Ich würde dir raten, noch mal mit ihm zu reden. Ja, du verstehst, dass die Beinbehandlung nicht schön war und er deswegen auch ängstlicher ist gegenüber Ärzten. Aber: der Zahnarzt macht etwas ganz anderes. Es wird nicht weh tun und es ist NOTWENDIG, es wird gemacht - entweder bei diesem Termin oder einem nächsten. Erkläre ihm die Folgen wenn es nicht gemacht wird, betone aber den positiven Aspekt des Versiegelns für ihn. Mit 5,5 ist er alt genug, den Unterschied zwischen Bein gebrochen und Zähne versiegeln zu verstehen. Ich denke, es hängt auch davon ab, wie klar/souverän du auftrittst. Ich gehe inzwischen auch dazu über, dem Arzt die Kommunikation zu überlassen. Als Autoritätsperson klappt das häufig besser, als wenn Mutti sich auch immer noch gleich mit einschaltet und auf´s Kind einredet. Ich schalte mich nur noch ein, wenn es gar nicht anders geht.

von cube am 25.02.2021, 12:48



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