ADHS - ADS

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Geschrieben von AmyBell am 20.06.2022, 12:08 Uhr

ADS steht im Raum

Hallo zusammen,

ich bin gerade etwas überfordert und überwältigt. Unsere Tochter (5 1/2) ist wegen einer Angststörung in Behandlung. Die Ursache für die Angststörung ist bekannt, oder besser gesagt, der ausschlaggebende Treiber.
Nun ist es so, dass die Therapeutin im Feedback Meeting heute gesagt hat, dass sie in der Zukunft (dieses Jahr) auch gerne eine Abklärung machen würde zum Thema ADHS / ADS, zusammen mit den Kinderärzten. Sie zieht ihr Meinung aus dem, was in den Stunden und Stunden an Anamnese mit uns herauskam, den Gesprächen mit anderen Leuten, die dem Kind nahestehen (Kindergartenlehrerin, Kitabetreuung) und eben dem, was sie beobachtet hat.
Sie sagt, die Abklärung muss sehr genau gemacht werden von geschultem Personal und sie lässt lieber ein Kind zuviel abklären als einen zu wenig, damit ihr kein Kind, das Hilfe bräuchte, durch die Finger gleitet.

Ich habe mich bisher gar nicht wirklich mit dem Thema befasst, weil ich auch keine Berührungspunkte hatte. Eine Vermutung hatten wir Eltern zwar schon, vorallem mein Mann (er hatte das wohl auch, nur gab es damals eben noch kein ADHS, damals war er eben einfach ein Kind, dass nicht "funktionierte"), aber wir haben bewusst nicht ADHS in den Raum gestellt, weil wir wollten, dass die Therapeutin und der begleitende Kinderarzt, das Kind selber erleben, ohne Stempel.
Nun habe ich mich heute mal eingelesen und dachte bei den Fachartikeln zu ADS.......schei**e ja, das würde fast alles erklären. Wie eine Liste zum Abhaken, da würde sich sogar der Kreis zu ihrer Angststörung schliessen.

Natürlich lassen wir das Abklären, die Ärzte sind uns bekannt, geschult und sehr gut. Da habe ich volles Vertrauen. Aber irgendwie bin ich gerade ganz hart unten aufgeschlagen.
Warum schon wieder mein Kind? Was kann ich machen? Geht das wieder weg? Verwächst sich das? Wie kann man das behandeln? Wie soll das in der Schule klappen?

All das geht mir im Kopf rum. Sorry, dass ist jetzt gerade noch ganz frisch.

Daher erstmal, danke fürs Lesen!
Und warum ich überhaupt schreibe: Wie ist es euren, inzwischen vielleicht älteren, Kindern damit ergangen?
Wie haben sie damit ihr Leben gestaltet?
Sind sie glücklich?

 
6 Antworten:

Re: ADS steht im Raum

Antwort von Jesssy am 20.06.2022, 16:37 Uhr

Nicht ganz die Frage, die du gestellt hast, aber ich bin eine erwachsene AD(H?)Slerin Die Diagnose war für mich ein riesen Geschenk, weil sie mir geholfen hat, mich zu verstehen, und Strategien für mein Leben zu entwickeln. Und weil sie mir den Druck genommen hat, sein zu müssen wie nicht ADSler. Ja, man kann damit glücklich werden Ich hab studiert, bin verheiratet und jetzt schwanger mit Kind Nr. 1. Für mich war Schule nicht so das große Problem. Wobei es in meinem speziellen Fall hilfreich war, mich früher einzuschulen, weil ich die Ausmerksamkeit nie halten konnte, wenn mir etwas zu langsam ging oder nicht schwierig genug für mich war. Ich hab die Herausforderung gebraucht, um überhaupt aufzupassen. Aber da macht bestimmt jeder andere Erfahrungen. Da findet ihr auch euren Weg :)

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Re: ADS steht im Raum

Antwort von kea2 am 21.06.2022, 10:48 Uhr

ADS vererbt sich zu einem großen Anteil, aber es wurde in unserer Generation fast nie und davor nie diagnostiziert.
Das waren halt Kinder, die irgendwie problematisch waren.

Wenn man das in der Familie hat und die Verwandtschaft mal auf die Anzeichen hin abcheckt, findet man eigentlich immer noch weitere Betroffene, die aber nichts davon wissen. Das ist dann z.B. der cholerische Opa oder die Oma, die immer etwas tun muss.
Meistens arbeiten diese Leute ganz normal oder haben ganz normal gearbeitet. Es sei denn, sie sind sehr stark betroffen.

Meiner Meinung nach wächst ADS sich nicht aus, aber die meisten lernen, damit umzugehen. (Das ist noch nicht komplett erforscht.)

Ich empfand die Diagnose bei unserem Sohn als Erleichterung. Die Probleme gibt es ja mit und ohne Diagnose.
Ich selbst erkenne mich in ihm als Kind wieder. Ich dachte damals als Kind abwechselnd, ich sei ein Volltrottel (wegen der Konzentrationsschwächen) oder ein Alien. Dann lieber eine medizinische Erklärung.
Ich habe übrigens ein Diplom und arbeite in der IT-Branche.

Wenn Ihr eine Diagnose habt, wird man Euch Therapien und eventuell Medikamente für Eure Tochter anbieten. Was da passt, ist individuell.

Schule ist anstrengend für diese Kinder, weil sie leicht ablenkbar sind und weil sich nur sehr schwer konzentrieren können, wenn sie etwas nicht interessiert. Die Träumer bekommen viel nicht mit, weil sie sich wegträumen. Die hyperaktiven Kinder haben oft Ärger mit den Lehrern.
Das heißt aber nicht, dass ADS-Kinder in der Schule keine guten Leistungen bringen können.
Unser Sohn ist trotz ADS auf dem Gymnasium. Er ist kein sonderlich guter Schüler, bzw. seine Leistungen sind sehr schwankend, und er braucht relativ viel Unterstützung von uns. Aber die Lehrer sagen, er ist da auf jeden Fall richtig.

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Re: ADS steht im Raum

Antwort von AmyBell am 22.06.2022, 8:23 Uhr

Hi Jesssy,

danke für deine Antwort. Ja, ich habe die Eltern gefragt, aber deine frühe Antwort als Ex-Kind war genau richtig in dem Moment. Es freut mich zu lesen, dass es dir so gut ergangen ist im Leben. Ich finde es immer wichtig von Betroffenen zu hören, auch wenn das natürlich sehr subjektiv ist, aber wenn man nur die klinische Seite im Internet recherchiert, dann ist es ja wie mit Kopfweh googlen.....kann auch ein Hirntumor sein.

Ich fand es sehr interessant, was du gesagt hast zum Thema Unterforderung. Das habe ich nämlich auch beobachtet, wenn sie Interesse hat, dann saugt sie alles auf wie ein Schwamm, aber Gott bewahre, es interessiert sie nicht, dann kann ich es 28 mal sagen und sie schaut mich an wie der erste Mensch. Gut zu wissen.

Danke und alles Gute für dich und deine Familie!

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Re: ADS steht im Raum

Antwort von AmyBell am 22.06.2022, 8:33 Uhr

Hi Kea,

danke, dass du mir geantwortet hast! Es freut mich, dass dein Sohn sein Leben ganz gut meistert und seine Lehrer ihn wertschätzen. Ein verständnisvolles Umfeld ist sehr wichtig, deswegen bin ich nach dem ersten Schock inzwischen auch dankbar, dass wir eine so aufmerksame Kinderpsychologin haben, die sich der Abklärung annehmen will. Gerade bei Mädchen wird ADS wohl selten oder sehr spät diagnostiziert.
Eine Diagnose ändert die Tatsachen nicht, aber es nimmt den Druck und erklärt viel. Mir hilft soetwas, zu wissen, warum oder was los ist. Auch als Mutter, dann kann ich ganz andere Strategien finden für mein Kind.

Ja, früher wurde gab es sowas nicht. Ich habe erst durch meine Tochter erfahren, dass es Hochsensibilität gibt und dass ich das auch habe. Es hat mich nach 37 Jahren sehr befreit zu wissen, dass ich ok bin, nur eben anders, aber nicht falsch.
Von meinem Mann kommt wohl das ADS und jetzt wo ich drüber nachdenke, wohl auch von seinem Vater. Natürlich alles ohne Diagnose. Schade für sie, aber es gibt mir viel Hoffnung, denn aus beiden ist etwas geworden im Leben und sie sind glücklich.

Unsere Tochter hat nun sowohl meine Hochsensibilität als auch sein ADS wie es scheint. Mir ist wichtig, dass das jetzt vor der Schule geklärt wird und nicht erst in der 1-2 Klasse.

Uns ist wichtig, dass sie mit dem Wissen aufwächst, dass sie so wie sie ist, gut ist und dass sie nicht 37 Jahre lang kämpfen muss um bei einem Menschen anzukommen, den sie akzeptieren kann. Sie soll die Hilfe bekommen, die sie braucht und ihre Nische finden. Uns ist egal, was das ist, solange sie damit glücklich sein kann.

Ich wünsche deinem Sohn alles gute und danke dir, dass du dir die Zeit genommen hast mir von euch zu erzählen.

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Re: ADS steht im Raum

Antwort von desireekk am 22.06.2022, 13:42 Uhr

AD(H)S ist kein "Stempel des Unglücks" sondern eine Diagnose mit der man dann arbeiten kann.

Mein Großer wurde dem ADHS-Spektrum zugeordnet, mein Kleiner eher ADS.

Der Große studiert, schreibt supergute Noten, nimmt immer noch Medikamente, wenn auch inzwischen eher widerwillig, aber er merkt dass es hilft.

Der Kleine hat mit 16 aufgehört Medikamente zu nehmen. Nicht weil er sie nicht mehr brauchte, sondern weil er ins Militär wollte und da musste er lange vorher medikamentenfrei sein.
Er lebt gut ohne, die Schule war schwierig ohne zum Schluss.

Eine Diagnose hilt einfach gezielt anzusetzen. Es ist ne eine Entschuldigung, aber immer eine Erklärung und Hilfe zu besseren/effektiveren Therapieansätzen.

LG

D

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Re: ADS steht im Raum

Antwort von Godzilla am 02.08.2022, 15:02 Uhr

Ooh das find ich großartig, dass eure Tochter schon so früh Unterstützung bekommt!

Ich hab meine Diagnose erst mit fast 30 auf eigene Faust bekommen.
Ja, ein glückliches, erfülltes und erfolgreiches Leben ist möglich, aber die ersten zweieinhalb Dekaden auf sich allein gestellt zu sein in einer Welt, die nicht für unsere Gehirne gemacht ist, ist schon hart.
Umso besser, dass ihr jetzt schon bescheid wisst!

Ich bin nicht der Meinung, dass sich das 'verwächst', denn zugrunde liegen dem ja Unterschiede in Genetik, Gehirnstruktur, Neurochemie, Persönlichkeit.
Diese Unterschiede seh ich per se auch nicht als Krankheit, das ist einfach meine Persönlichkeit.

Das, was sich 'verwachsen' kann, ist wie sehr eine Liste an Diagnosekriterien noch zutrifft.
Da dürfte eure Ärztin aber eh sehr gut sein, dass sie entdeckt hat, dass hinter den Ängsten der Tochter ADHS steckt.

Das mit der Hochsensibilität ist, find ich, eh ein gutes Beispiel. In der falschen Umgebung, mit der falschen Erwartungshaltung und ohne Unterstützung kann Hochsensibilität ein Riesennachteil, eine Behinderung sein.
In der richtigen Umgebung und mit der richtigen Unterstützung ist Hochsensibilität quasi eine Superpower - sie muss nur eben richtig gepflegt und gut eingesetzt werden.

Mit ADHS ist es ähnlich. Nur wohl noch um einiges schwieriger. Kommt natürlich auch auf die Ausprägung an.
Ich kenne viele großartige, starke, glückliche ADHSler, aber ich kenne keine mit einem 'geraden' und gewöhnlichen Lebensweg.

Üblicherweise haben wir es gerade am Anfang unseres Lebens schwieriger, denn die 'normalen' Tipps und Rezepte funktionieren oft bei uns nicht. Wie ein sehr kompliziertes Hochleistungsgerät, das aber mit der falschen Bedienungsanleitung geliefert wird. Je länger man versucht, das Gerät mit der falschen Anleitung zu bedienen, desto mehr wird das Gerät darunter leiden.
Richtige Anleitung gibt's leider nicht, die muss eins selbst herausfinden durch viel ausprobieren und tüfteln.
Es gibt zwar inzwischen ganz viel gute Tipps, die dabei helfen können, aber auch etliche ganz schlechte, die sich gut anhören aber für euch nicht funktionieren werden.

Wenn wir dann aber mal unseren Platz in der Welt gefunden haben, können wir oft wirklich Großartiges leisten.
Uns steht alles offen außer Langeweile und Durchschnitt.

Übrigens kann Medikation in dem meisten Fällen trotzdem enorm hilfreich sein.
Keine Medikation der Welt wird uns "normal" machen, aber sie kann uns helfen, unser Potenzial besser zu nützen.
Sie reduziert einfach enorm den Aufwand, den es braucht, um im Alltag zurecht zu kommen.

Alles Liebe auf dem weiteren Weg!

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