Reaktion auf Beitrag von Nicole Bach: Chronischer Schlafmangel (05.01.) und Biggis Antwort

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Reaktion auf Beitrag von Nicole Bach: Chronischer Schlafmangel (05.01.) und Biggis Antwort

Liebe Nicole, liebe Biggi, hier meldet sich mal ein Papa zu Wort, dessen jetzt 4-monatiger Sohn auch voll gestillt wird. Ich lese mit Interesse die Forumbeiträge und schätze Biggis Hilfe für uns junge Eltern sehr. Nach der Lektüre von Nicoles Beitrag und Biggis Antwort hatte ich allerdings das Gefühl, es sei notwendig, Nicole etwas stärker zu unterstützen. Chronische Übermüdung und psychische Erschöpfung sind meines Erachtens kein unabwendbares Schicksal einer stillenden Mutter und auch kein Gütesiegel für optimalen Einsatz. Eine ausgeschlafene und ausgeglichene Mami ist das beste, was einem Baby passieren kann. In dem Bemühen, alles richtig machen zu wollen (was ich übrigens für ein fragwürdiges Bemühen halte, weil es das Gefühl des Scheiterns garantiert), sollten die Eltern (nicht nur die Mamis!) versuchen, die richtige Balance zu finden. Ich glaube, weder Hera Lind noch das idealisierte Mutterbild der "Rundum-zur-Verfügung-Mami" helfen Frauen wie Nicole weiter, aus ihrem Dilemma herauszufinden. Die Bedürfnisse des Kindes --immer-- über die nach wie vor vorhandenen eigenen Bedürfnisse zu stellen, funktioniert nur eine gewisse Zeit. Biggi, Dein Zitat aus dem amerikanischen Buch (wir leben hier in Amerika) bezieht sich ja wohl nicht auf das Stillproblem. Die generelle Aussage, "liebevolle Fürsorge und beständiges Eingehen auf die Bedürfnisse des Kindes sind erforderlich" ist sicherlich ok und wird von modernen Eltern wohl nicht in Frage gestellt, aber daraus ableiten zu wollen, über ewige Zeiten hinweg nachts nicht mehr schlafen zu können und zweistündige Unterbrechungen zu aktzeptieren, halte ich persönlich für fragwürdig. Der Vergleich, Erwachsene würden ja auch gerne zu zweit im Bett liegen, hinkt auch, da ich in der Regel meine Frau nachts nicht alle 2 Stunden wecke und sie um Aufmerksamkeit bitte. Im übrigen ist nicht jeder in der Lage, weder finanziell noch persönlich, für alle anfallenden Aufgaben Küchen-, Putz-oder sonstige -hilfen in Anspruch zu nehmen. Viel sinnvoller halte ich es da, das Leben mit dem Kind so zu gestalten, dass dessen Bedürfnisse befriedigt werden und man selbst auch nicht zu kurz kommt. Da ist der Vater oder Partner auch stark gefordert und hoffentlich bereit, seinen Teil dazu beizutragen. Unsere Erfahrungen sind folgende: Zunächst hat meine Frau unseren Sohn etwa 30-40 Minuten gestillt, jetzt, nach 4 Monaten dauert es durchschnittlich 10 Minuten. Wenn er nach dem Stillen immer noch zur Beruhigung saugen will, dann kann er das gerne, wir alle wissen ja, wie wichtig das in dieser Phase ist - aber nicht eine Ewigkeit oder bis zum Einschlafen. Wir gönnen ihm stattdessen seinen Daumen (was wohl auch umstritten ist), den er gerne für 2-3 Minuten nimmt und dann während des Daumenlutschens in seinem Bettchen einschläft. Ausserdem hat er sein Schnuffeltuch, an das er sich in der Einschlafphase kuschelt. Wir haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht, unserem Sohn eine Einschlafhilfe zu geben, die für alle Beteiligten akzeptabel ist. Stillen bedeutet doch in erster Linie Nahrungsaufnahme der optimalen, naturvorgegebenen Art und erst an zweiter Stelle Beruhigungstechnik. Ich weiss, wovon ich spreche, unser Sohn wollte mit 2 Monaten nicht mehr einschlafen, ohne an Papas kleinem Finger zu saugen. Als das Spielchen 30 Minuten dauerte und jeder Rückzug mit Geschreie beantwortet wurde, da war mir und meiner Frau klar, dass wir das im Interesse von uns allen wieder ändern sollten - es hat 2 Tage gedauert und offensichtlich niemandem geschadet. Ich möchte daher Nicole ermuntern, mit dem Stillen weiterzumachen und ihre Tochter behutsam und schrittweise an ein anderes Einschlafritual zu gewöhnen, das der Mami eine ruhige Nacht mit Erholung garantiert. Chronische Erschöpfung ist zweifellos ein Warnsignal ihres Körpers, der ihr sagen möchte, dass sie ihre eigene Erholung im Auge behalten muss, was letzlich dem Kind sehr zugute kommt. Michael

Mitglied inaktiv - 06.01.2002, 19:00



Antwort auf: Reaktion auf Beitrag von Nicole Bach: Chronischer Schlafmangel (05.01.) und Biggis Antwort

? Lieber Michael, es ist schön, einen Vater im Forum zu treffen, beschäftigen sich doch in erster Linie Frauen mit dem Thema Stillen. Ich leugne keinesfalls, dass chronische Erschöpfung ein ernstzunehmendes Problem ist und mit Sicherheit profitiert ein Kind davon, wenn es seiner Mutter gut geht. Aber dennoch ist das Kind das schwächste Glied in der Kette und braucht nun einmal die beständige Fürsorge und das übrigens unabhängig davon, ob es gestillt wird oder nicht. So wie Du es beschreibst, ist euer Sohn ein eher „pflegeleichtes" Kind, das bereits von Anfang an verhältnismäßig kurze Zeit an der Brust gebraucht hat und sich recht widerspruchslos in das fügt, was Du und deine Frau ihm vorgebt. Doch lange nicht alle Kinder sind so. Ich habe Kinder erlebt, die sich nicht nach zwei Tagen arrangiert haben, sondern Tage und Wochen hindurch gebrüllt haben. Leider ist es nämlich nicht so, dass es von modernen Eltern nicht in Frage gestellt wird, dass Kinder liebevolles Eingehen auf die Bedürfnisse des Kindes für selbstverständlich halten (wäre dem so, hätten gewisse Bücher nicht einen solchen Verkaufserfolg). Du schreibst, dass du das Bemühen alles richtig zu machen für fragwürdig erachtest. Ich gehe mit dir konform, dass es sicher nicht möglich ist, alles richtig zu machen, halte aber das Streben danach nach wie vor für richtig. Vielleicht erinnerst Du dich an die Verfassung der USA, in der das „Streben nach Glück" verankert ist, das bedeutet auch keine Garantie für ein glückliches Leben, gibt aber den Ansporn es zu versuchen und niemand wird behaupten, dass der Versuch von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist, obwohl jeder weiß dass ein restlos glückliches Leben unrealistisch ist. Stillen bedeutet eben nicht in erster Linie Nahrungsaufnahme, es hat noch viele andere Facetten und es ist nicht möglich diesen Facetten eine echte Rangfolge zu geben. Ein Kind kann ohne Nahrung nicht leben, aber es kann auch ohne Zuwendung nicht leben, was der grausame Versuch von Friederich dem Großen nur zu deutlich bewiesen hat. Dass Du deine Frau nicht im Zweistunden-Rhythmus weckst, liegt daran, dass Du deutlich reifer bist als ein Baby. Aber trotzdem ist es für die meisten Paare sehr wichtig, sich nachts nahe zu sein und die Nähe des anderen selbst im Schlaf zu spüren. Deshalb hinkt der Vergleich nicht: das Kind hat genau so ein Bedürfnis nach Nähe, es ist jedoch noch sehr viel unreifer, was seine Bedürfnisse aber nicht weniger wichtig macht. Die Erschöpfung der meisten Mütter (und ich bin überzeugt, jede Mutter kennt diese Phasen, in denen sie denkt, sie kann nicht mehr, mich eingeschlossen) rührt nicht vom Stillen, sondern von der Tatsache, dass die Frau den Vertrag für eine Arbeit akzeptiert hat, die sonst kein klar denkender Mensch freiwillig annehmen würde: 24 Stunden Rufbereitschaft sieben Tage die Woche und das 52 Wochen im Jahr. Kein Anspruch auf Urlaub oder Krankenschein und keine Bezahlung in üblichen Sinn. An dieser Stellenbeschreibung lässt sich übrigens nichts ändern, ganz gleich wie man versucht, seinen Alltag mit Kind zu gestalten - es sei denn man ist bereit, sein Kind und dessen Bedürfnisse gelegentlich zu ignorieren. Selbst wenn es finanziell nicht möglich ist, sich Hilfe für den Haushalt zu besorgen, so ist es immer eine persönliche Entscheidung, was mir wichtiger ist. Geputzte Fenster oder eine Stunde Mittagsschlaf, Gemüse aus dem eigenen Garten oder Tiefkühlgemüse sind Entscheidungen, die jede Familie für sich treffen muss und mit etwas Überlegung und Organisationstalent lässt sich auch ohne finanzielle Beanspruchung vieles einfacher gestalten und so Möglichkeiten der Entlastung für die Mutter schaffen, ohne dass die Bedürfnisse des Kindes hinten an gestellt werden müssen. LLLiebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 06.01.2002



Antwort auf: Reaktion auf Beitrag von Nicole Bach: Chronischer Schlafmangel (05.01.) und Biggis Antwort

Hallo Michael, da stimme ich Dir voll zu. Ich persönlich gehe sogar so weit, daß ich nicht in allen Bereichen zurückstecken will, nur weil mich meine Kinder nachts vom Schlafen abhalten. Gebügelte Kleidung und auch mal was Nettes zu Essen gehören für mich dazu. So wichtig nehme ich mich selbst. Klar, meine Kleine ist erst 3 Monate und ich lasse sie nicht weinen (wohl aber mal kurz meckern) und wenn sie nachts nicht zur Ruhe kommt, darf sie auch mal bei mir Kuscheln, aber ein 10 Monate altes Baby ist schon eine ganze Ecke weiter und wenn es alle 2 Stunden gestillt werden will, hat es keinen Hunger, sondern ein Schlafproblem und das sollte man zur Not sogar mit dem Programm von "Jedes Kind kann Schlafen lernen" angehen. Das hat nichts mit Liebesentzug zu tun. Die fehlenden (sie fehlen ja nicht wirklich, wenn das Baby schläft) Kuschelminuten nachts bekommt es ja tagsüber doppelt und dreifach von einer ausgeruhten Mama zurück. Ich wünsche Nicole, daß es ihr bald gelingt, nachts wieder mehr Schlaf zu bekommen. Wie gesagt, falls das Ausquartieren nicht so ohne weiteres klappt, empfehle ich das og. Buch! Viele Grüße! Jutta

Mitglied inaktiv - 06.01.2002, 23:40



Antwort auf: Reaktion auf Beitrag von Nicole Bach: Chronischer Schlafmangel (05.01.) und Biggis Antwort

Liebe Jutta, sorry, dass ich mich einmische. Ich stimme Dir in allen Punkten zu - ausser diesem umstrittenen Einschlafprogramm. Kinder haben keine Schlafprobleme, das ist ihr angeborenes , natürliches Schlafverhalten. Die ELTERN haben die Schlafprobleme. Wenn man auf amazon.de die Rezensionen zu diesem Buch liest, merkt man: nichts polarisiert mehr. Die einen sind begeistert - haben sie doch wieder ruhige Nächte. Die anderen sind entsetzt - weil sie diese Vorgehensweise zwar vielleicht für "erfolgreich", aber doch sehr fragwürdig erachten. Denen schliesse ich mich an. Ich finde es entsetzlich, Kinder alleine zu lassen und schreien zu lassen. Wer Kinder bekommt, muss sich im Klaren darüber sein, dass durchgeschlafene Nächte ein Luxus sind. Diese Frage "Naaaaaaaaaaaa? Schläft Deine Tochter schon durch?" - die geht mir unglaublich auf den Zeiger. Als ob man die Qualität eines Kindes am Durchschlafen messen könnte. Du hast in allen Punkten recht: eine Mutter, die sich nicht vernachlässigen will und dies NICHT auf Kosten ihres Kindes tut, die möchte ich auch sein. Ich bin auch gut frisiert und trage auch gern schöne Kleidung. ABER: nicht auf Kosten des Kindes. Nochmal: wer Kinder bekommt, muss sich im Klaren drüber sein, dass das Kind Bedürfnisse hat, die es - im Gegensatz zu uns Erwachsenen - alleine nicht erfüllen kann, und daher stehen diese an erster Stelle. Es sind nicht die zeitlich verschobenen Kuscheleinheiten, die diese Trainingsprogramme erfolgreich machen. Die Kinder flüchten aus Verzweiflung vor der nächtlichen Angst und Einsamkeit in einen traumlosen Tiefschlaf, vor dem von Schlafexperten gewarnt wird: der traumlose Tiefschlaf erhöht das Risiko des plötzlichen Kindstodes. Keine durchgeschlafene Nacht ist dies Risiko wert. Ich bin so frei und kopiere Dir mal einen Erfahrungsbericht einer Frau rein, die - mittlerweile erwachsen - ein solches Kind war, dem man tagsüber die Kuscheleinheiten gab, und sie ihm nachts verweigert. Die Spätfolgen dieser Einstellungen sind kaum abzusehen, aber ich meine, Urvertrauen hat man - oder es wurde zerstört. Ich hab es . Meine Eltern haben mich - Gott sei dank - nie schreien lassen. Ich bin nicht verwöhnt, ich bin nicht verdorben, und mein Eltern haben mir eine glückliche Kindheit ermöglicht (und zwar tag UND nacht, nicht nur bei Tageslicht und wenn sie ausgeschlafen waren) und dennoch nicht fürchterlich gedarbt. Ich bin ihnen heute noch dankbar und gebe das Gleiche mit Dankbarkeit und Liebe an meine Tochter weiter. Und - wohlgemerkt - gut gebügelt, gepflegt anzusehen und in Kürze wieder berufstätig, wenngleich nicht immer ausgeschlafen. Ich hoffe, Du verstehst mich nicht falsch, aber dieses umstrittene Einschlafbuch bekümmert mich. Mir tun die Kinder unglaublich leid, deren Eltern diese Trainings anwenden. Lies mal die Rezensionen auf amazon.de und folgenden Bericht. Vielleicht relativiert dies einiges. Herzliche Grüße von Doro, die gepflegte Mütter auch gerne mag und gutes Essen auch :-) Die Opfer-Mütter sind auch nicht mein Ding, aber es gibt einen Weg zwischen Opfer und Egoismus. P.S. sorry für das lange Posting. Es ist mir aber ein echtes Anliegen... **************************** Quelle: www.uebersstillen.de Dieser interessante Artikel wurde mir am 28.8.2000 von einer Leserin meines Artikels "Ferber - nein Danke!" zur Veroeffentlichung zugeschickt: Meine Tochter Noemi ist jetzt 6 Monate alt. Sie schläft nicht alleine ein und noch viel weniger durch. Statt dessen wird sie Abend für Abend in den Schlaf gestillt, und wenn sie immer noch nicht schläft, umhergetragen oder auf dem Pezziball wippend in den Schlaf gewiegt. Alles in allem recht anstrengend. Dies kann so nicht bleiben, hören wir von allen Seiten - die Ferber-Methode muß her. Schließlich muß das arme Kind endlich in seiner Entwicklung zur Selbständigkeit unterstützt werden. Was wir laut Ferber mit unserem Kind tun sollten, hat mich über alle Maßen entsetzt. Noch viel erschreckender finde ich, daß offenbar die große Mehrheit der Eltern recht überzeugt davon ist und ihren Kindern auf diese Weise das Ein- und Durchschlafen beibringt. Seine Empfehlungen sind mir deshalb zutiefst zuwider, weil ich selbst als Kind auf sehr ähnliche Art und Weise gelernt habe, nachts meine Eltern nicht zu "brauchen". Statt Geborgenheit in den Armen meiner Mutter beim Einschlafen hatte ich Kuscheltiere und andere leblose Gegenstände. Damit ich "keine Angst" vor der Dunkelheit hatte, steckte in der Steckdose eine Nachtlampe, deren diffuser Schimmer all die tagsüber so vertrauten Gegenstände noch gespenstischer erscheinen ließ. Vor Monstern hatte ich nie Angst, jedoch bin ich unzählige Male zu Tode erschrocken, weil ich im Halbdunkel bestimmte Dinge im Zimmer nicht gleich erkannt habe. Niemals habe ich meinen Eltern davon erzählt, denn ich wußte ja, daß sie im Zimmer nebenan sind und meine Ängste deshalb ungerechtfertigt sind. Irgenwann fing ich an mich selbst dafür zu hassen, daß ich offensichtlich jede Menge ungerechtfertigter Wünsche hatte, wie zum Beispiel, mit meinen Eltern im selben Bett zu schlafen. Warum konnte ich nur nicht zufrieden sein, wo doch meine Eltern "immer" für mich da waren? Irgendwas mußte mit mir nicht stimmen, so dachte ich. Nicht, daß meine Eltern mich unter "besonderen Umständen", wie zum Beispiel einem heftigen Gewitter, nicht in ihr Bett gelassen hätten. Alle Angst war wie weggeblasen, höchstens ein wohliges Gruseln, wenn es blitzte und krachte. Wie sehr wünschte ich mir, diese Geborgenheit auch in der folgenden Nacht wiederzuerleben, jedoch wurde mir bedeutet, daß ich doch ein eigenes Bett hätte, in dem ich prima schlafen könnte. Es sei also nicht "nötig". daß ich wieder im Elternbett schlafe. Wieder fühlte ich mich schuldig, ein so sehnsüchtiges Verlangen nach nächtlicher Nähe zu meinen Eltern zu spüren. Wohlgemerkt, bei uns lag das Elternschlafzimmer direkt neben dem Kinderzimmer und durch die stets geöffnete Tür hatte ich Blickkontakt zu meinen Eltern. Aber was hätte ich darum gegeben, mich anzukuscheln an etwas Lebendiges. Ich fing an, Ehepaare zu beneiden. Ich dachte mir, wie gut es doch Erwachsene haben, da sie heiraten können und doch tatsächlich jede Nacht im selben Bett schlafen können, ohne daß das jemand schlimm findet. Ich wollte auch erwachsen sein und heiraten, denn dann müßte ich beim Einschlafen nie wieder Angst haben. Aber ich war Kind und allein. So "gewöhnte" ich mich mit den Jahren daran, daß man wohl nichts dran ändern kann. Nacht für Nacht wartete ich nach dem Gutenachtkuß darauf, daß mich der Schlaf übermannt und von meiner Angst erlöst. Zwar dachte ich manchmal, daß ich so nicht weiterleben könnte, aber ich war überzeugt, daß es an mir läge, daß ich irgendwie falsch, "unersättlich" wäre. Und so hütete ich mich, vor meinen Eltern zuzugeben, daß es mir wirklich schlecht ging. Meine Eltern waren tagsüber so fürsorglich, da konnte ich ihnen doch nicht zumuten auch noch abends oder gar nachts etwas von ihnen zu fordern? Bis ins Teenageralter hinein ging das so, ohne daß meine Familie gemerkt hätte, daß etwas nicht stimmt. Ich sagte nichts und hatte auch sonst keinerlei Verhaltensauffälligkeiten. Tagsüber war ich ein geselliges, selbstbewußtes, freundliches Kind, gut in der Schule, bei bester Gesundheit. Abends ging ich brav ins Bett und schlief durch bis zum nächsten Morgen. Meine Eltern hätten niemals niemals aus meinem Verhalten irgendwelche Schlüsse ziehen können, wie es mir innerlich wirklich ging. Es war mir nichtmal selbst klar, was mir fehlt, ich hatte nur ein inneres brennendes Gefühl, daß mir "etwas" fehlt. Aber WAS? Es war Nestwärme, die mir meine Eltern glaubten tagsüber in ausreichender Weise geben zu können. Ich habe sehr lange gebraucht, um das zu erkennen. Seitdem ich weiß, daß es der menschlichen Spezies regelrecht einprogrammiert ist, als Kind rund um die Uhr, VOR ALLEM aber in der Dunkelheit der Nacht, die Nähe eines Erwachsenen zu "brauchen", nicht als Unterhaltungsprogramm, sondern als sichere Zufluchtsstätte, leicht und jederzeit zu erreichen, kam ich wieder mit mir selbst ins Reine. Schließlich sicherte dies unseren Vorfahren in der Savanne das Überleben. Verlor ein Baby den Körperkontakt zum Erwachsenen, mußte es einfach sofort laut schreien, da es sich in der Tat in Todesgefahr befand. Ebenso in den Jahren des Heranwachsens. Seitdem mir das klar ist, verurteile ich mich nicht mehr für mein starkes kindliches "Bedürfnis" nach Körpernähe, ebensowenig für die schrecklichen Gefühle, die durch den Mangel derselben entstanden sind. Es waren meine absolut natürlichen und richtigen Instinkte, die mein heftiges Verlangen danach entstehen ließen, und nicht etwa die unersättlichen Wünsche eines zivilisationsbedingt verwöhnten Kindes. Unsere Kinder werden sich um jeden Preis an die Lebensbedingungen, die wir ihnen bietet, anpassen, egal, wie natürlich oder unnatürlich diese sein mögen. Verhaltenstörungen, würden sich erst bemerkbar machen, wenn die Lebensbedingungen so unnatürlich werden, daß das Kind sie nicht mehr kompensieren kann. Auch ich habe meine Aufwachsbedingungen hervorragend kompensiert. Ich führe ein erfolgreiches Leben ohne finanzielle Sorgen, habe eine glückliche Beziehung, Freunde, usw.. ABER: niemals werde ich mich in meinem Leben so richtig gut aufgehoben fühlen, einfach "wissen", egal was passiert, es ist immer jemand für mich da. Immer die Angst, die Alpträume meiner Kindheit könnten irgendwann in Zukunft in veränderter Form zurückkehren und ich wäre dann, wenn ich am dringendsten jemanden brauchen würde, verlassen und allein. Dies ist der Preis, den ich bezahlt habe und ich muß sagen, er ist zu hoch für ein ganzes Leben. Beate

Mitglied inaktiv - 07.01.2002, 00:38



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