Nächtliches Stillen, Einschlafroutine und Schlafproblemchen

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Nächtliches Stillen, Einschlafroutine und Schlafproblemchen

Hallo liebe Frau Welter, zum Einstieg in meine leider etwas längliche Frage unsere Situation: Unsere Tochter ist 6 Monate alt, wird vorwiegend gestillt und bekommt seit dem 4. Monat auch das zu essen, was sie gerne (vom Tisch oder aus dem Glas) mag, dazu. Das klappt sehr gut, sie isst gerne, viel und dabei noch eher unabhängig von ihren Milchmahlzeiten. Mein Mann und ich kümmern und abwechselnd um unser Baby, da wir beide 50% Teilzeit arbeiten. Deswegen ist auch guter Schlaf ziemlich wichtig für uns, da wir im Job fit sein müssen und es leider kein "können" oder "sollen" gibt, auch wenn das schön wäre - ist einfach nicht möglich. Dazu kommt: Wir sind beide Wissenschaftler und brauchen viel Konzentration bei der Arbeit, weshalb ich auch nicht sagen kann, ich könnte meinen Job auch übermüdet noch einigermaßen gut machen. Ich brauche eigentlich mind. 6h Schlaf dafür. Und ich gebe zu, deswegen haben wir schon ein paar idealisierte Wünsche an das Schlafverhalten vom Baby. Wir sind aber auch Realisten, also ist schon klar, dass es nicht perfekt laufen wird, nur weil man das gern will. Aber ich finde, man kann ja mal rausfinden, wie man den Schlaf "so gut wie möglich" unterstützen kann... Das Stillen klappt bei uns sehr gut, und hat es von Anfang an. Ich hatte eigentlich vor, nur 2-6 Monate zu stillen, aber mittlerweile habe ich von all diesen Vorstellungen Abstand genommen und möchte es machen, solange es für uns drei einfach passt. Mein Baby bekommt auch seit der Geburt die Flasche, da wir das als Vorbereitung auf die Arbeit direkt so eingeübt hatten, was auch kein Problem ist. Sie trinkt Tee, Milch und sogar Suppe aus der Flasche und ich kann direkt danach die Brust geben, ohne dass es einen Unterschied macht. Schnuller hat sie auch, weil sie sonst 24/7 am Daumen lutschen würde (ganz egal, wie viel sie an der Brust trinkt) und davon bin ich kein Fan. Nun zu unseren Schlafproblemen. Ich fand von Anfang an, dass es "natürlich" ist, einem Kind zum Schlafen die Brust zu geben, weil das Sicherheit und Geborgenheit vermittelt und einen leeren Bauch möchte ich selber ja auch vorm Schlafengehen nicht haben. Es ergibt einfach Sinn. Genauso okay finde ich es, wenn das Kind nachts mal Hunger oder Durst hat. Ich habe schließlich auch immer eine Trinkflasche am Bett stehen usw. Ich habe aber immer drauf geachtet, dass sie merkt, dass sie nach dem Stillen ins Bett gelegt wird bzw. abgelegt wird. Wir hatten bis 4 Wochen Familienbett, aber dann wurde es zu eng, das Bett ist einfach zu schmal und das Kind wandert ziemlich, bis wir alle am Rand liegen und keiner mehr pennen kann... Außerdem will sie im Familienbett quasi alle 2h trinken, das wird dann auch mir zu bunt. Vom 2. Mo. an hat sie in ihrem Bett geschlafen, der Umstieg ging erstaunlich leicht. Oft hat sie die ersten Minuten einfach den Schnuller gehabt und dann ausgespuckt, einen Seufzer abgegeben und gepennt. Mit 4 1/2 Monaten wollte sie ihn plötzlich nicht mehr, denn da schossen die ersten Zähne ein und sie wollte nur noch auf hartem Zeug kauen. Dann kam noch eine fette Hitzewelle. Da hat sie zum ersten Mal nicht mehr durchgeschlafen. Zuvor waren wir bei 6-7,5h und das sogar mit "Koliken"/Blähungen den ganzen 3. LM lang. Ich musste sie nur in ihrem "Zeitfenster" hinlegen und alles war gut. Also mit Stillen vorher... Und eine "ganz schlechte Nacht" sah so aus, dass sie 1x, max. 2x trinken wollte. Jetzt ist es so, dass mein Schatz max. 4-5h schläft, wenn es super gut läuft. Nur noch alle paar Tage mal. Immer öfter schläft sie nur 1,5-2,5h am Stück. Es ist dabei offenbar vollkommen wurscht, wie entspannt der Tag war, wir sind oder wann ich sie ins Bett bringe. Auch wird sie nun schon um 8 müde, früher wollte sie erst halb 11 ins Bett, was für uns super passte. Das Problem dabei ist, dass sie dann sofort ihre Tiefschlafphase von ca. 4h (bis - mit viel Glück - 6h) macht, danach wacht sie wesentlich leichter auf. D.h. wir müssten quasi mit ihr früh schlafen gehen, damit wir ihre Schlafzeit selber voll nutzen können. Würde ich sogar noch mitmachen - aber dazu ist es dann wieder zu unberechenbar, ob sie überhaupt pennt, nur weil sie gerade müde ist. Neuerdings wacht sie nämlich kurz nach dem Hinlegen wieder auf. Stillen brauche ich dann gar nicht probieren, weil meistens eh nichts mehr kommt, und sie wird dann an der Brust allerhöchstens wacher und möchte damit spielen... oder mit meinem Nachthemd! Wie gesagt... unabhängig von der Uhrzeit. Müde ist sie natürlich dennoch und dann schreit sie irgendwann. Letztlich schleppt mein Mann sie dann 10 min bis 1h rum, bis sie schläft, und sich in 50% der Fälle ablegen lässt. Das Ganze wiederholt sich des Nächtens, wo sie ebensolche Behandlung einfordert. Mir ist schon klar, dass Kinder Einschlafrituale brauchen und wir haben eine Spieluhr, sie wird gestillt, und abends wird alles ruhig und ein bisschen dunkel gemacht, damit sie merkt, jetzt wird der Tag beendet. Wir haben selber eine gute Schlafhygiene und keine Schlafprobleme und gehen immer alle zusammen ins Bett. Jetzt war ich in der Hebammenpraxis zur Beratung und dort empfahl man mir, sie tagsüber hinzulegen, auch mit Einschlafritual und nicht mit Stillen. Welches - müssten wir selbst finden. Das Kind würde sich sonst an das Tragen und Stillen gewöhnen und das immer so wollen. Ich finde, mein Kind schläft eigentlich sehr gut und reguliert sich ziemlich super. Sie spielt allein, sie beschäftigt sich und ist allgemein nicht fordernd. Tagsüber nehme ich sie aus rein praktischen Gründen oft in die Trage, da ich auch mal in Ruhe den Abwasch machen will oder eine Simulation am PC, wozu es echt hilfreich ist, wenn sie schläft... Jetzt wurde mir empfohlen, das nicht mehr zu machen, weil das für sie dann DAS (eine) Einschlafritual wird. Sie hat aber auch jetzt noch Nächte, wo sie komplett so durchpennt. Es ist nicht so, dass sie das immer braucht. Und bis zum 4,5. Monat reichte Stillen, Bäuerchen, Kuss und "Mach Schlafi" sagen aus... Zudem trage ich sie einfach gern. Das ist für mich kein Transportmittel, sondern irgendwo Zuwendung (ich besitze nicht mal nen Kinderwagen) und ich möchte sie nicht tagsüber immer nur weg von mir irgendwo liegen lassen, nur weil das bequem ist. Ich habe selber das Gefühl, dass meine Kleine Tag und Nacht sehr wohl schon unterscheiden kann. Man merkt es auch, dass sie zB. genau checkt, wenn draußen Tag ist, obwohl das Rollo unten ist. Dann will sie nicht mehr schlafen. Und wenn es dunkel wird, wird sie müde. Wir unterstützen sie dabei, das zu lernen und wir erwarten ja nicht, dass sie täglich 8h pennt. Aber ich möchte ihr gern helfen, ruhiger zu schlafen, nicht mehr eine halbe Stunde Weinen und Tragenlassen und Cluster Feeding, wenn ihr nachts mal ein Furz quer sitzt ;-) Und vor allem suche ich eine praktische Hilfestellung, wie ich ihr das Einschlafen möglichst unkompliziert erleichtern kann. Nachts 5x stillen mache ich nicht mit, max. 2x, da mir sonst alles weh tut. Ich habe auch oft Rückenschmerzen, instabiles Becken, muss aufpassen + will dann einfach liegen bleiben (liegend stillen, natural nursing usw. machen wir alles, aber 30 min auf der/den bd. Seite/n ist trotzdem sehr unangenehm). Deshalb wird sie, wenn sie nachts wach wird, viel von meinem Mann in den Schlaf geschaukelt... aber das ist halt auch kein Zustand, v.a. weil es ewig dauert. Also MEINE FRAGEN zu dieser Situation :-) Wie kann ich meinem Kind das Einschlafen erleichtern? Kann man nach und nach bestimmte Dinge tun, um dem Baby die Selbstregulation zu ermöglichen, soweit es passt? (Ich finde nicht, dass ein Baby sich immer selbst regulieren muss, aber DASS es das tut, ist meiner Meinung nach schon so, das sehe ich schon beim Spielen, bei Langeweile, wenn sie "mal einfach so" einschläft, weil sie entspannt ist... dass sie das halt einfach mal kann, mal nicht, und ich möchte sie gern im Lernen dieser Fähigkeit unterstützen...) Muss ich aufhören, sie tagsüber zu tragen, damit sie nachts besser pennt? Darf man wirklich nur EIN Einschlafritual haben oder reicht auch eine gute Schlafhygiene und Einschlafstimmung am Abend, damit mein Kind Tag/Nacht - Wachen/Schlafen versteht? Ich habe einfach Bedenken, dass wir's jetzt versauen und sie dann mit 1,5-2 Jahren vielleicht überhaupt nicht gut schläft. Für mich hängt da recht viel dran, da ich noch eine Dr.-Arbeit schreiben will und wenn es nicht geht, muss ich auf lange Frist im anderen Zimmer nächtigen, was ich super schade fände. Gerne auch Buch/Link-Empfehlungen! Viele Grüße + vielen Dank im voraus :-)

von Ada Love am 01.10.2018, 15:35



Antwort auf: Nächtliches Stillen, Einschlafroutine und Schlafproblemchen

Liebe Ada Love, Sie machen nichts verkehrt, Ihr Baby ist gerade sechs Monate alt und braucht Nähe und auch das Getragenwerden! Ich hänge Ihnen zum Thema einen interessanten Artikel an, der zwar schon alt ist, aber nicht weniger richtig :-). Ihr Kind wird von ganz alleine lernen, alleine einzuschlafen, ohne Druck und ohne Brüllen. Genauso wie Sie es beschreiben, machen es Mütter seit Urzeiten mit ihren Babys und es hat noch nie einem Baby geschadet. Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist es so, dass Mütter ihre Babys in den Schlaf stillen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses „natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit „Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben. Es hat seinen Grund, warum stillende Mütter die besten Einschlafhilfen SIND. Beim Saugen an der Brust findet ein Baby das, was es braucht: Trost, Nahrung, Sicherheit. Es liegt vermutlich an einer gewissen neurologischen Unreife, wenn einige Babys das mehr brauchen als andere, und es "verwächst" sich wirklich von alleine!! Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Das Buch von William Sears, "Schlafen und Wachen", dass es z.B. über La Leche Liga Deutschland zu kaufen gibt, kann hier tatsächlich hilfreich sein. Nicht, dass es große Auswege aufzeigen würde, aber es erklärt, warum das so ist mit unseren Babys, und warum das auch ok ist. Allein das Wissen kann eine Mutter schon beruhigen, und ihr den Stress nehmen, sie hätte ihrem Kind etwas Verkehrtes antrainiert. Sehr empfehlenswert ist von Sibylle Lüpold das Buch: "Ich will bei euch schlafen - Ruhige Nächte für Eltern und Kinder." Von ihr ist auch die Broschüre "Kinder brauchen uns auch nachts", in der 20 namhafte Experten wie Dr. William Sears, Prof. Dr. Gerald Hüther und Prof. Dr. Remo Largo gute Argumente liefern , weshalb von der Anwendung eines Schlaftrainings, wie zum Beispiel der Ferber-Methode, abzuraten ist. http://www.fuerkinder.org/files/broschre_kinder_brauchen_uns_auch_nachts_de.pdf LLLiebe Grüße Biggi „Menschenbabys werden mit offenen Augen geboren wie die Nestflüchter im Tierreich. Menschenbabys können sich in den ersten Lebenswochen und monaten noch nicht selbstständig fortbewegen wie die Nesthocker im Tierreich. Menschenbabys sind weder Nestflüchter noch Nesthocker. Menschenbabys sind TRAGLINGE Schon immer haben kleine Kinder ein Bedürfnis danach, getragen zu werden, und je jünger sie sind, um so deutlicher zeigen sie, dass sie getragen werden wollen. Eltern kennen die Situation, dass sich das Baby nur auf dem Arm wohl zu fühlen scheint nur zu gut. In Ländern, die nicht dem westlichen Kulturkreis zuzuordnen sind, ist es für die Mütter oft selbstverständlich ihre kleinen Kinder stets mit sich am Körper zu tragen. Ihre Lebensumstände lassen ein Ablegen des Kindes vielfach einfach nicht zu. Die Babys und Kleinkinder leben in ständigem, engen Körperkontakt mit der Mutter und niemand stellt in Frage, ob diese ”Methode” ein Kind aufzuziehen für das Kind und/oder die Mutter gut oder schlecht sei. Wie anders erleben wir diese Situation: Geben wir unserem instinktiven Verhalten nach und entscheiden wir uns dafür, unser Kind mit uns herumzutragen und so an unserem Alltagsleben teilhaben zu lassen, wird diese Entscheidung von vielen unserer Mitmenschen in Frage gestellt und wir werden gewarnt, welch schlimme Folgen unser Verhalten für das Kind und nicht zuletzt für uns, die wir unsere Kinder tragen, haben wird. Beschäftigen wir uns daher zunächst einmal mit den weit verbreiteten Vorurteilen gegenüber dem Tragen. 1. Die Wirbelsäule des Babys nimmt durch das Tragen Schaden. Die Meinung, dass das Tragen ungesund für die Wirbelsäule des Babys sei, ist sehr weit verbreitet. Und diese Befürchtung hinterlässt auch leicht nagende Zweifel bei den Eltern. Wie sollen sich Eltern sicher sein, dass ihr Baby nicht im späteren Leben von Rückenschmerzen geplagt wird, deren Ursache darin liegt, dass es als Säugling herumgetragen wurde. Nun gibt es neben der orthopädischen Erklärung ein sehr einfaches Gegenargument zu dieser Behauptung, das ich durch eigene Anschauung untermauern kann: während der Zeit, in der ich mit meiner Familie in Afrika gelebt habe, habe ich keinen Afrikaner kennengelernt, der Probleme mit seinem Rücken oder seinen Bandscheiben hatte. Obwohl sie alle als Baby (und zum Teil auch noch als Kleinkind) die meiste Zeit auf dem Rücken ihrer Mutter verbracht haben, hatten sie eine viel bessere Körperhaltung als die meisten Europäer. Andererseits sind die Wartezimmer unserer Orthopäden voll mit Menschen, die als Baby brav im Kinderbett oder Kinderwagen gelegen sind und nun eine schwere Last mit ihrem Rücken haben. Soweit ein Erfahrungsargument, nun zu der medizinischen Erklärung: Der runde Rücken des Babys erschreckt viele Menschen. Würde ein Erwachsener so sitzen, hätte er tatsächlich einen Wirbelsäulenschaden. Beim Baby jedoch ist der Rundrücken normal. Das Kind hat viele Monate lang rund zusammengerollt (in der so genannten Totalkyphose) im Mutterleib verbracht. Und eben diese Haltung versucht ein Neugeborenes einzunehmen. Es rollt sich zusammen, zieht die Beine an und beugt die Knie. Die Wirbelsäule des Kindes braucht Zeit um sich zu entwickeln und schließlich die Doppel S Form anzunehmen. Beginnt das Baby den Kopf zu heben bildet sich erst die Halslordose (erste Streckung), die Halswirbelsäule richtet sich auf. Im nächsten Schritt lernt das Kind seinen Oberkörper selbstständig aufrecht zu halten. Die Wirbelsäule streckt sich bis das Kind mit vollkommen geradem Rücken sitzen kann und es kommt zur zweiten Wirbelsäulenkrümmung nach hinten, der Brustkyphose. Die eingezogene Rundung im Kreuz bildet sich heraus, sobald das Baby anfängt sich zum Stehen hochzuziehen. Bei der so genannten Lendenlordose kippt das Becken leicht nach hinten und es wird die Voraussetzung dafür geschaffen, dass das Kind die ersten Schritte gehen kann. Nun ist die Doppel S Form fertig. Aus dieser Sicht ist das Liegen auf einer ebenen Unterlage eher unphysiologisch, da die Streckung der Wirbelsäule nicht auf die sich entwickelnde Muskelkraft zurückzuführen ist, sondern durch die Schwerkraft erzwungen wird. Nicht unerwähnt lassen möchte ich, dass sich das Tragen im Tragetuch positiv auf die Entwicklung der Hüften beim Kind auswirkt. In den Ländern, in denen Säuglinge am Körper der Mutter getragen werden, sind Hüftluxationen sehr selten. Auch hier ist etwas, was dem Erwachsenen unangenehm vorkommt, und für ihn auch unbequem und schädlich wäre, der Physiologie des Säuglings angepasst. Die Hüftpfannen eines Neugeborenen sind noch nicht vollständig ausgebildet. In einigen Fällen sind sie so flach, dass die Gelenkkugel (Hüftkopf) immer wieder nach oben herausrutscht und keine richtige Knochenkappe gebildet werden kann. In der Spreizhaltung, die die Beine des Kindes annehmen, wenn es an den Körper eines Erwachsenen gebunden wird, drückt der Gelenkkopf im richtigen Winkel in die Mitte der Gelenkpfanne. Dadurch wird die Bildung einer Wölbung, die den Gelenkkopf vollständig umschließt, unterstützt. Trotzdem muß einem Verdacht auf einen angeborenen Hüftschaden nachgegangen werden. Das Tragen im Tragetuch ist kein Allheilmittel gegen Hüftluxation, es kann die Behandlung lediglich unterstützen. 2. Das Tragen wirkt sich schädlich auf den Rücken der Mutter / des Vaters aus. Der nächste Einwand zielt auf die Gesundheit der Mutter oder des Vaters. Es geht um die Rückenschmerzen, die sich einstellen, wenn das Kind umgebunden wird. Es gibt Mütter / Väter die mit Rückenschmerzen auf das Tragen reagieren. Häufig werden diese Schmerzen durch Verspannungen oder Muskelkater hervorgerufen. In diesem Fall kann eine Massage die Schmerzen lindern und die Dauer der Tragezeiten sollte nur langsam gesteigert werden. Wird das Kind vor dem Bauch getragen, kommt es häufiger zu Schmerzen, weil sich die Mutter/der Vater nach hinten lehnen, um einen Ausgleich zu schaffen. Dabei können Nerven gequetscht werden, was wiederum starke Schmerzen zur Folge haben kann. Abhilfe kann das Tragen auf dem Rücken schaffen. Das Tragen auf der Hüfte führt zu einer einseitigen Belastung. Daher sollten die Seiten abgewechselt werden. Vorteilhaft bei dieser Trageposition ist, dass ein großer Teil des Gewichtes über die Hüftknochen und das Hüftgelenk direkt auf die Beine abgeleitet wird und so die Wirbelsäule teilentlastet wird. Am wenigsten Probleme verursacht das Tragen auf dem Rücken. 3. Das Kind wird verwöhnt und verzogen. ”Ja, das ist jetzt schon total verwöhnt” ”Ihr verzieht das Kind, nachher will es nur noch auf den Arm” ”So lernt das Kind ja nie alleine einzuschlafen, alleine zu spielen, sich mit sich selbst zu beschäftigen ...” ”Wie soll das Kind denn seinen Rhythmus finden, wenn Du es ständig mit dir herumziehst”. So und ähnlich lauten viele Aussagen so genannter wohlmeinender Freunde, Verwandte und auch wildfremder Menschen, von denen man auf der Straße angesprochen wird. Was ist dran an dieser Theorie, dass das Baby durch die Zuwendung, die es erhält verwöhnt und verzogen wird? Bernadette Stäbler beschreibt in ihrem Buch ”Mama” die Angst, sein Kind nicht richtig zu erziehen: ”Und schon ist sie da, diese Angst, sein Kind zu verziehen. Welche Ursachen hat sie? Denn, wer dieses unschuldige Baby anschaut, fühlt sich sehr glücklich. Niemand kann sich vorstellen, dass es eines Tages unerwünschte Handlungen vollbringen wird. Wenn wir also von ”verziehen” sprechen, haben wir ein älteres Kind vor Augen. Das Kind im Trotzalter, das immer ”nein” ruft, lässt seine Mutter denken: ”Was für einen Dickkopf habe ich mir großgezogen. Sicher habe ich es falsch gemacht!” Ist es wirklich so wichtig, dass unsere Kinder vor der Zeit lernen, alleine zu schlafen, alleine zu sein und sich mit sich selbst zu beschäftigen? Ist es notwendig, dass wir Erwachsenen unseren Lebensrhythmus ändern und an das Baby anpassen, damit sich das Kind gut entwickelt? Auch hierzu möchte ich wieder aus dem Buch von Bernadette Stäbler zitieren: ”In vielen ursprünglich lebenden Kulturen, die wir ”primitiv” nennen, wurden inzwischen Untersuchungen durchgeführt, deren Ergebnisse eine Umwälzung unserer Ansichten über die herkömmliche Kindererziehung mit sich brachten. Ich möchte eine afrikanische Studie herausgreifen und vereinfacht darstellen: Die erste Gruppe gebar ihre Babys zuhause und ließ diese keinen Moment allein. Geborgen bei der Mutter, wurden sie nach Bedarf gestillt und mußten niemals schreien. Bald ging die Mutter wieder auf das Feld, um die gewohnte Arbeit zu verrichten, das Neugeborene in ein Tragtuch geschlungen. Die Kontrollgruppe bekam ihre Babys im Krankenhaus mit aller medizinischen Hilfe, einschließlich schmerzlindernden Medikamenten. Gleich nach der Geburt wurden Mutter und Kind getrennt, um zu ruhen. Die Babys bekamen Fläschchen und Schnuller, weil dies ”das Moderne” war. Daheim schliefen die Kinder in ihrem Bettchen, in ihrem eigens dafür hergerichtetem Zimmer. Allein, ohne Körperkontakt. Alles ging recht zivilisiert zu, nämlich nach einem genauen Zeitplan, denn die Kinder sollten sich früh an ein geordnetes Leben gewöhnen und weder kleine Tyrannen noch nervös werden. Ein Jahr später offenbarte sich das Unerwartete: Die Kinder der ersten Gruppe waren in allem den anderen voraus: Sie waren intelligenter in ihren Verhaltensweisen und auch viel sozialer eingestellt, selbst die körperliche Entwicklung war besser, obwohl sie die ganze Zeit ”festgebunden” waren. Ähnliche Ergebnisse ergaben vielseitige Studien in den verschiedensten Kulturkreisen. Wenn wir versuchen, dies mit einer natürlichen, einfühlsamen Intelligenz nachzuvollziehen, wissen wir, warum das Ergebnis so ausfallen mußte. Das Baby fühlt sich bei seiner Mutter geborgen. Es muß seine Kräfte nicht für das Weinen verbrauchen. Der mütterliche Körper gibt ihm Wärme. Wenn das Baby sich an seine Mutter schmiegt, fühlt es ein wenig von dem Glück, das es neun Monate lang im Mutterleib haben durfte. Es kennt von daher ja auch schon die Herztöne seiner Mutter, es kennt sogar schon ihre Stimme und nun sieht es endlich ihr Gesicht, ihre Augen und darf an der Brust trinken, wenn es möchte. Das ist das Glück, die mütterliche Liebe, die Impulse gibt für die Intelligenz und das soziale Verhalten. Wenn das Baby sich an die Körperbewegungen der Mutter anpassen muß, während sie ihre alltägliche Arbeit verrichtet, übt es in wundervoller Weise seine Muskeln und den Gleichgewichtssinn.” 4. Das Tragen engt die Mutter ein. Bindet sich die Mutter das Kind um, so ist sie noch stärker ”angebunden” und muß ihre eigenen Interessen noch weiter in den Hintergrund stellen. Ihr Aktionsradius wird noch stärker eingeschränkt. Stimmt das wirklich? Zunächst einmal: Elternschaft verändert unser Leben. Niemand kann ernsthaft erwarten nach der Geburt eines Kindes bruchlos sein ”altes” Leben wieder aufnehmen zu können. Und dann macht es gerade das umgebundene Kind leichter mobil und flexibel zu sein. Der Stadtbummel mit dem Kind im Tragetuch (oder Snuggli o.ä.) ist um ein vielfaches einfacher als mit dem Kinderwagen, mit dem jede Treppe, jedes Einsteigen in einen Bus und jeder unebene Waldweg zum Kraftakt werden. Die Hausarbeit lässt sich leichter mit einem zufrieden im Tuch schlafenden Kind erledigen als mit einem nervenzerfetzend schreienden Kind in der Babywippe. Schnell in den Kindergarten, um das größere Kind abzuholen, kein Problem auch nicht bei schlechtem Wetter das Baby ist ja gut aufgehoben und fühlt sich wohl am Körper der Mutter. Und nicht zu vergessen: mindestens eine Hand ist frei für das Geschwisterkind. Und nun wenden wir uns den Vorteilen des Tragens zu: 1. Das Kind lebt im Kontakt mit der Mutter. Es erfährt Zuwendung einfach nebenbei, es nimmt teil am Leben der Mutter und kann seine Umgebung aus dem gleichen Blickwinkel wie sie erleben. Das Kind ist bei seiner Mutter und gleichzeitig in Sicherheit. Ein Kind auf dem Rücken der Mutter, wenn diese bügelt, reißt kein Bügeleisen herunter. 2. Tragen gibt der Mutter Sicherheit. Tragen verhilft der Mutter zu mehr Sicherheit in der Beziehung zu ihrem Kind, weil sie es spürt. Sie lernt es leichter zu verstehen. Getragene Kinder sind ausgeglichener, weil ihre Bedürfnisse schneller gestillt werden. Das Kind schreit weniger und verringert dadurch das Gefühl der Mutter etwas falsch zu machen. 3. Die Mutter hat Kopf und Hände frei. Mit dem Kind auf dem Rücken, kann die Mutter (wieder) ihrem Alltag nachgehen ohne ständig unterbrochen zu werden oder unruhig auf das Kind zu horchen. ”Der Tag wächst wieder zusammen”. Viele Dinge die mit dem Kinderwagen unmöglich sind, sind mit dem getragenen Kind kein Problem. 4. Tragen stimuliert das Baby. Durch das Tragen erfährt das Baby eine gute Stimulation für die Verdauung, die Atmung und das Immunsystem, denn das Tragen ist gleichzeitig eine Körpermassage. Auch die Sinne und das Gleichgewicht werden gefördert. 5. Tragen hilft bei Koliken Die Verdauung beim Kind funktioniert am besten, wenn es entspannt und gleichmäßig und tief atmet. Richtiges Atmen verhilft zum richtigen Verdauen, wobei die konstante Außenwärme eine förderliche Rolle spielt. Blähungen und Koliken sind ein Problem für viele Babys und ihre Eltern. Diese quälenden Bauchschmerzen entstehen im Dickdarm, weil übermäßiges Gase gebildet werden. Sie blähen den Darm auf, ähnlich wie einen Luftballon. Das tut weh und schafft Unruhe. Genauso schlimm ist es, wenn durch die Entstehung der Gase Verspannungen entstehen und die Darmbeweglichkeit verhindert wird. Verspannungen im Bauch verhindern die Entspannung des Kindes. Durch das Tragen am Körper lässt sich das Kind beruhigen und es kann tiefer atmen. Die Bauchmassage bringt dem Kind Erleichterung und die Wärme lindert und löst die seelische und körperliche Anspannung. 6. Im Tragetuch ist das Baby den Abgasen weniger ausgesetzt. Messungen haben ergeben, dass die durch Kraftfahrzeuge verursachte Schadstoffkonzentration in der Luft in Kinderwagenhöhe (ganz besonders bei Buggys) höher ist als in der Höhe eines Erwachsenen. Getragene Kinder bekommen daher weniger Schadstoffe ab.“ (Aus „Tragen“, Denise Both, 1997).

von Biggi Welter am 01.10.2018



Antwort auf: Nächtliches Stillen, Einschlafroutine und Schlafproblemchen

Hey, Nur ein kleiner Tipp von mir bezüglich des nächtlichen Stillens: Wenn du das Gefühl hast, dass deine Tochter gar nicht mehr richtig trinkt, sondern nur noch nuckelt, versuch doch mal, sie abzudocken und dann gleich sanft mit einem Finger unter ihrem Kinn ihren Mund „zuzuhalten“. Der Tipp stammt aus dem Buch „Schlafen statt schreien“ von Elizabeth Pantley, das ich auch sonst empfehlen kann! Der „Kinn-Trick“ klappt vielleicht nicht beim ersten Mal, aber bei meinem Sohn hat er Wunder gewirkt, das Einschlafstillen zu erleichtern!

von Rotkehlchen am 01.10.2018, 21:31



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